Fünf Zustände des Geistes
Die Fünf Zustände des Geistes, Chitta Bhumi, sind Mudha, Kshipta, Vikshipta, Ekagrata, Niruddha. Mehr dazu in dem Hauptartikel Chitta Bhumi sowie in unterem Video.
Video - Chitta Bhumi - Die fünf Zustände des Geistes
Hier ein Vortrag zum Thema Chitta Bhumi - Die fünf Zustände des Geistes von und mit Sukadev Bretz aus der Reihe Yoga Vidya Schulung, Vorträge zum ganzheitlichen Yoga.
Raja Yoga: Fünf Zustände des Geistes
- Ein Vortrag von Sukadev Bretz -
Die Yoga Sutras beschäftigen sich mit Funktionsweise und Beherrschung des Geistes
- ähnlich wie auch die Psychologie
- westliche Psychologen beschäftigen sich mit Bewusstsein, Yoga mit Überbewusstsein (Madhana Mohan)
Geist ist Bindeglied zwischen unserem wahren Selbst Purusha und der Natur Prakriti
- um wahres Selbst zu erkennen, muss der Geist sehr rein und klar sein
- wenn Gedankenwellen zur Ruhe kommen, entsteht Freude – Ananda
- mit unruhigem Geist zerstreuen wir unsere psychische Energie
- führt dazu, dass wir uns ausgelaugt, müde, reizbar und depressiv fühlen
“Der Mensch möge durch das Selbst nur erhoben werden; er erniedrige sich nicht selbst; denn allein das Selbst ist sein Freund, und allein das Selbst ist sein Feind.“ (BG VI-5)
- hier ist mit Selbst (atman) das relative Selbst gemeint
- wir können uns selbst erniedrigen oder Dinge tun, von denen wir wissen, dass sie nicht gut für uns sind
- Freunde und Feinde existieren nicht außen, sondern nur im Geist
- der niedere Geist (Ashuddha Manas) bindet an Samsara
- der höhere, sattvige Geist (Shuddha manas) hilft zur Erlangung von moksha durch Selbstbeherrschung und Sinneskontrolle
- der Geist ist ein wunderbares Werkzeug und das sollte er auch bleiben
Patanjali gibt Anleitung, wie wir Gedankenruhe erklären und erreichen können:
- um Geist verstehen und beherrschen zu können, analysieren wir ihn
- wir machen uns die geistigen Funktionen bewusst und werden zum Zeugen
- Identifikation mit dem Geist löst sich und wir erkennen unsere wahre Natur
- wir sind selbst puruśa, nicht Geist als Funktion von prakrti
Bedeutung der Geschichte vom Ring
Geschichte vom Ring (Yoga Geschichten, S. 31)
- Die Frau ist glücklich, weil ihr Geist jetzt konzentriert ist (Tratak auf Ring)
- alle anderen Gedanken an Chef, Auto, angebranntes Essen sind weg
- Imitat angefertigt und Originalring im Safe der Bank aufbewahrt
- angenommen: eines Tages gleiche Situation und gleiche Stimmung
- Mann holt Ring aus dem Safe und gibt ihn der Frau noch einmal
- die Magie des Augenblicks ist nicht mehr da
- nicht der Ring macht glücklich, es war der Gemütszustand durch äußere Objekte hervorgerufen
wir können lernen, geschickt mit dem Geist umzugehen, um Gemütszustände zu erzeugen, die mit Freude (ananda) verbunden sind
- zunächst durchaus auch mit äußeren Dingen
- durchaus gut, sich kleine Ziele zu setzen und danach zu streben
- das konzentriert den Geist
- man kann sich freuen, wenn man es erreicht hat
- mit Menschen, Aufgaben und Dingen, die wir tun (insbesondere im Sinne von Karma Yoga)
- wir können lernen, unseren Geist grundlos glücklich zu machen (unabhängig von Äußerem)
- Meditation und Achtsamkeit im täglichen Leben
Bedeutung der Geschichte: Schatz unter dem Kopfkissen
Der Schatz unter dem Kopfkissen (Inspirierende Geschichten, S. 181)
- wir lachen jetzt alle, aber eigentlich lachen wir über uns selbst
- wer ist der Fremde? – unser Geist, der voller Wünsche ist und das Glück in sinnlichen Dingen sucht
- der Pilger? – Gott
- der Schatz? – die Wonne des Atman
- wir suchen unser Glück im Äußeren
- denken, wir brauchen dieses oder jenes
- rennen dem nach und dabei wird der Geist einigermaßen konzentriert
-> wahres und dauerhaftes Glück finden wir aber nicht im Äußeren, sondern im Inneren
Fünf Grundzustände des Geistes
Yogaweisheit des Patanjali (I-2, S. 19-22) - Yogas citta-vrtti-nirodha
- 1) Nirodha - ganz ohne Gedanken
- 2) Ekagrata - vollkommen konzentriert
- 3) Vikshipta - konzentrierend, sammelnd
- 4) Kshipta - zerstreut
- 5) Mudha - deprimiert/unklar
Vergleich Vortrag
- 5) in mudha würdet ihr „so“ dasitzen, der Geist ist schon längst weggetreten, der da vorne kann ruhig was erzählen
- 4) in kshipta hört ihr den Vortrag und gleichzeitig denkt ihr alles mögliche andere, ohne einen Gedanken zu Ende zu denken
- 3) in vikshipta hört ihr zu, seid konzentriert, ab und zu fliegt ein anderer Gedankenfetzen vorüber, ihr folgt im Wesentlichen dem Vortrag
- 2) in ekagrata seid ihr vollkommen konzentriert, hängt an meinen Lippen, hört noch nicht mal die Worte wirklich – fast telepathische, wonnevolle Verbindung – Worte gehen direkt zum Herzen, „Flow-Erfahrung“
- 1) in nirodha bekommt ihr nichts mit vom Vortrag und seid im Zustand transzendentaler Wonne – ihr habt Zugang zu Chid und wisst nachher trotzdem alles was gesagt ist, obgleich ihr nichts mitbekommen habt
Vergleich See
- Wasser ist Geistsubstanz manas
- der Schatz am Fuß des Sees wird atman genannt
- um den Schatz sehen zu können, muss der See ruhig und klar sein
- das wird verhindert durch
- Bewegungen des Wassers sind Gedankenwellen vrittis
Fünf Arten von Gedankenwellen
(Kap. I, Vers 6-11)
Schmutz im See, der nach und nach nach oben steigt, ist unser Geist chitta (bei Patanjali ist chitta das, was in den Veden Antakarana ist)
mudha – Wasser ist völlig verschmutzt
- man ist nicht bei sich Selbst und sieht nichts vom Schatz
- das führt zu Traurigkeit, Trägheit, Müdigkeit, Antriebslosigkeit, Depression
- dominierend sind Gedanken wie „Ich kann nicht“, „Ich will nicht“, „Keiner mag mich“, „Alles hat keinen Sinn“
- Wunsch, sich im Mauseloch zu verkriechen
- Gründe für einen unklaren Geist
- äußerer Grund
- innerer Rhythmus
- es geschieht ohne erkennbaren Anlass
kshipta – Wasser kann sehr unruhig sein
- ständig an etwas anderes denken und vergessen, was wichtig ist
- zu viele Dinge gleichzeitig tun wollen
- zum Beispiel Was möchte ich alles am freien Tag tun? – spazieren, schlafen, lesen, lernen, Frage stellen, unterhalten, Sauna,…
- Gründe für unruhigen (Geist-) See
- Wind (letztlich unser prana) bläst und bringt chitta durcheinander
- Boote (äußere Ereignisse) auf dem See erzeugen Unruhe
- Schlamm/Fische (Eindrücke aus Unterbewusstsein) bewegen sich von unten herauf, kommen an die Oberfläche und wühlen den See auf
- die Frucht von kshipta ist meistens (spätestens nach 2 Stunden) mudha
- Menschen tun viele Dinge und verbrauchen ihre Energie
- nehmen alle möglichen Sachen, um den Geist künstlich irgendwie rajasig zu machen (kshipta, vikshipta)
- mehr psychische Energie wird aufgebraucht, man rutscht in Depression
- in beide Zuständen (mudha und kshipta) ist nicht viel Glück im Geist
- Atman, das Selbst, Sat Chid Ananda ist nicht sichtbar oder spürbar
- man stellt fest, die äußeren Dinge des Lebens sind nicht ganz so schön sind, wie wenn man sie – oberflächlich betrachtet – anschaut
vikshipta – gleichmäßiges Wellenbild
- Bemühen um Konzentration (dharana)
- ab und zu taucht Gedanke auf
- wir versuchen, in der Masse der Gedanken etwas zu finden, woran wir uns festhalten können
- die Meister sagen: „Kämpfe nicht mit dem Geist, dann kommt das Rad zum Stillstand.“ – wir sollen zuschauen, wie sich das Rad bewegt (Zeuge)
- man kann schon etwas von dem Schatz erkennen
- Geist kann sich länger konzentrieren
- wir können Freude spüren und haben etwas Zugang zu Sat-Chid-Ananda
ekagrata – nur noch eine Gedankenwelle
- wörtlich: einpünktig
- Meditation (dhyana)
- ist Folge von vikshipta – Bemühen um Konzentration
- entspanntes, absichtsloses vikshipta führt zu ekagrata
- nur ein Gedanke auf der Oberfläche des Geistes
- Grenzen der Individualität und evtl. Körpergefühl können sich auflösen
- wir können Freude spüren und haben etwas Zugang zu Sat-Chid-Ananda
- in Psychologie als Flow Erfahrung bezeichnet…
- man fließt mit, es fließt einfach, Ego spielt keine Rolle
- tritt ein, wenn es kein Bemühen zur Konzentration gibt, sondern sie einfach geschieht
- zum Beispiel in Vorträgen, beim Mantrasingen, Programmieren, Handwerken, Kochen
nirodha – Wasser ist klar und ruhig
- ohne geistige Erscheinungsformen, Dualität
- es gibt keine Gedanken mehr im Geist – Nirvikalpa Samadhi
- man kann klar sehen, das Licht des Selbst strahlt durch unseren Geist
Wie oft wir in diese Gemütszustände fallen, hängt von Gunas in unserem Unterbewusstsein ab
- mudha entspricht tamas
- nirodha und ekagrata entspricht sattva
- kshipta entspricht rajas mit einer Spur tamas
- vikshipta entspricht rajas mit einer Spur sattva
- wenn man sich nicht bemüht und an sich arbeitet, bleibt der Grundzustand im Leben konstant
- nach völliger Veränderung stellt sich nach einer Weile der vorherige innere Gemütszustand wieder ein (Glückslevel in moderner Psychologie)
- mit viel tamas ist man viel in mudha
- mit viel rajas ist man häufiger in kshipta
- mit viel sattwa ist man viel in vikshipta und ekagrata
- Aufgabe eines Aspiranten ist es, nicht zu lange in mudha oder kshipta zu bleiben
- überlegen, was man konkret bei depressiver Stimmung tun kann
Wie kann man sich von einem Zustand in den anderen versetzen?
- es ist individuell und je nach Situation verschieden
- manchmal geschieht es automatisch durch äußere Einflüsse
- jemand klopft auf die Schulter und lobt einen
- äußerer Druck, bei dem man sich nicht selbst bemitleiden kann
- Modell hilft, sich weniger mit Gemütszuständen zu identifizieren
- nicht zu sagen: „Ach, ich bin heute so kaputt!“; „Ich bin so deprimiert!“; „Mir geht es wieder so schlecht!“
- sondern stattdessen: „Mein citta ist heute in kshipta“; „Mein citta ist in mudha“
- man kann leichter etwas ändern und überlegen, wie man da raus kommt
- westliche Menschen denken manchmal, wenn sie krank sind, haben sie etwas Grundsätzliches falsch gemacht und leiden dann mehr, anstatt sich auszuruhen
Mehr sattvige Sachen machen
- Asanas, Pranayama erhöhen sattva – Geist weniger in mudha und kshipta, mehr in vikshipta
- Tiefenentspannung wirkt genauso, 10 min nach Arbeit, im Auto, im Sitzen in öffentlichen Verkehrsmitteln, und so weiter.
- sich reinigen (Kriyas), Aufladeübungen am Morgen vor der Meditation
- wenn sattva erhöht wird, haben wir mehr Energie und es fällt leichter, zu vikshipta und ekagrata zu kommen und zu bleiben
- Mantra wieder holen, Mantrasingen und Meditation schaffen mehr sattva
- sattviger Gemütszustand als Hintergrund
- Mensch hat meistens immer einen Gedankenhintergrund (80% im Westen denken meistens negativ über sich – stärkeres mudha und kshipta)
- wenn Gedankenhintergrund ein kritischer ist und wir selbstkritisch sind, dann reagiert man auch auf andere
- Grundstimmung, die wir haben, bestimmt wie wir auf Menschen reagieren
(zum Beispiel: jemand spricht einen nicht an - gute Laune, deprimiert, gereizt)
- Grundstimmung besteht aus Gedanken – wenn wir Gedanken verändern, verändert sich die Grundstimmung
- einfache Weise, Gedanken zu verändern, ist Mantra zu wiederholen
- einfach mal entspannen, mit etwas Bestimmtem beschäftigen
- manchmal reicht es, dem Geist zu sagen: „Das ist jetzt eine Depression, die will ich nicht.“ und ihn davon abzubringen
Zeitmanagement bei zerstreutem Geist
- alles aufschreiben, bewusst den Tag planen
- sich selbst Ziele setzen, Prioritäten setzen
- eins nach dem anderen erledigen
- „deadline“
man kann ein Tagebuch führen
- Yogi will Raja werden, Herrscher über den Geist
- Ein bis zwei Wochen lang den Geist beobachten
- wie viele Minuten, war ich in dem jeweiligen Zustand?
- interessant, ob und wie es gelungen ist, selbst von einem in den anderen Gemütszustand zu kommen
Geist bewusst trainieren achtsam zu sein bei dem, was man gerade macht
- eine Yogastunde war dann gut, wenn man an nichts anderes gedacht hat als das, was in dem Moment war (Training von vikshipta und manchmal ekagrata)
- wenn jemand spricht, sich zur Aufgabe machen, ihm wirklich zuzuhören
- entspanntes vikshipta, um Stress zu überwinden und größere Lebenszufriedenheit zu haben
Zusammenfassung/Schluss
wenn wir auf dem Yogaweg sind, wollen wir nirodha erreichen
- Gemütszustand der vollkommene Stille des Geistes, durch den die Freude des Selbst durchstrahlt
- Zeit reduzieren in mudha und kshipta und um vikshipta bemühen
- Bemühung um vikshipta erhöht die Lebenszufriedenheit und unser Seinsgefühl
- wenn vikshipta länger da ist, fällt Geist in ekagrata und irgendwann in nirodha
wenn wir Gründe für Bewegung und Unruhe des Geistes nach und nach ausschalten
- nicht zwanghaft auf äußere Einflüsse reagieren
- Unterbewusstsein langsam reinigen und Geist nach innen richten
- Prana harmonischer machen
kommen wir schließlich dazu, dass der Sehende in seinem wahren Wesen ruht.
Tada drastuh svarupe vasthanam (Yoga Sutra – Kapitel 1, Vers 3)
Siehe auch
Literatur
- Sukadev Bretz: Meditieren lernen in 10 Wochen - Übungsbuch mit MP3-CD
- Sukadev Bretz: Die Yoga Weisheit des Patanjali für Menschen von heute
- Sukadev Bretz, Ulrike Schöber: Der Pfad zur Gelassenheit
- Swami Sivananda: Inspiration und Weisheit
- Swami Sivananda: Erfolgreich leben und Gott verwirklichen
- Swami Sivananda: Bhagavad Gita
Seminare
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