Shubheccha
Shubheccha, (Sanskrit: शुभेच्छा śubhecchā f. śubha 'Gutes, Segen' und icchā 'Wunsch, Sehnsucht'): Sehnsucht nach Wahrheit, die erste der sieben Bhumikas (Stadien der spirituellen Entwicklung). Der Yogi (Aspirant in diesem Stadium genannt) erkennt seine Unwissenheit, und es entsteht der Wunsch des tiefen Studiums der überlieferten Schriften, um die Wahrheit zu erfahren. Andere Schreibweisen für Shubheccha sind Subecha, Shubecha, Shubhecha, Subhecha. Korrekt ist Devanagari शुभेच्छा, ausgesprochen śubhecchā.
Sukadev über Shubheccha
Niederschrift eines Vortragsvideos (2014) von Sukadev über Shubheccha
Shubheccha ist der gute Wille, Shubheccha ist die erste der sieben Bhumikas, der Wunsch nach Wahrheit. Shubheccha kommt von zwei Worten: "Shubha" heißt "gut" und "Iccha" heißt "Wille". Shubheccha ist der Wille zum Guten oder ist der gute Wille, das gute Verlangen, eben der Wunsch, das Höchste zu erfahren, der Wunsch nach Befreiung, die Sehnsucht nach Gottverwirklichung. All das steckt in Shubheccha drin.
Vielleicht hast du auch schon die Schreibweise "Subecha" gesehen. Aber die Schreibweise Subecha ist nicht ganz korrekt: Korrekt schreibt man "Shubheccha" bzw. "Śubhecchā". "Shubha" und "Iccha" werden zu Shubheccha. Shubheccha ist die erste der sieben Bhumikas. Bhumikas sind die sieben Stufen der spirituellen Evolution, wie sie im Yoga Vasishtha beschrieben werden. Yoga Vasishtha, einer der alten Menschheitstexte, ist der Dialog zwischen Rama, dem Schüler, und Vasishtha, dem Lehrer. Und dort spricht Vishwamitra über die sieben Bhumikas. Die sieben Bhumikas sind die sieben Stufen der Evolution und Shubheccha ist der erste: Sehnsucht nach Wahrheit, Verlangen nach Wahrheit oder einfach der gute Wille nach etwas Höherem.
Shubheccha ist charakterisiert durch vier Eigenschaften, die so genannten "Sadhana Chatushtaya", die Vierheit des Sadhanas. Auf Shubheccha folgt Viveka, die Unterscheidung zwischen dem Wirklichen und dem Unwirklichen, Viveka zwischen dem Selbst und dem Nicht-Selbst, Viveka zwischen dem Ewigen und dem Vergänglichen, Viveka zwischen dem Vergnügen und der wahren Freude. Viveka ist also die erste der Sadhana Chatushtaya nach Shubheccha. Das zweite "Sadhana Chatushtaya" ist Vairagya. Vairagya ist die Verhaftungslosigkeit, Vairagya ist auch die Abwesenheit von Gier und Verhaftung. Vairagya heißt, die tiefe Überzeugung, dass ein rein äußerliches gelebtes Leben nicht dauerhaft glücklich macht.
Das dritte der Sadhana Chatushtaya nach Shubheccha ist Shatsampat, die sechs edlen Schätze der Gleichmut und Gelassenheit. Und als viertes folgt dann Mumukshutva und Mumukshutva ist der intensive Wunsch nach Befreiung. Auf Shubheccha folgt auch der gute Wille, aber der intensive Wunsch nach Befreiung ist Teil des guten Willens, also Shubheccha. Shubheccha ist erstmal gekennzeichnet davon, dass du wünschst, zur Befreiung zu kommen. Und ein guter Wille ist aber nicht nur der Wunsch nach Befreiung, sondern auch mit Vairagya, Viveka und Grundgelassenheit verbunden, das macht es zu Shubheccha. Wenn du dann wirklich täglich praktizierst, einen Weg gehst, dann bist du auf Vicharana, auf der zweiten Stufe der Evolution, angekommen.
Und jetzt werde ich dir noch die anderen Bhumikas nennen. Da ist also als erstes Shubheccha, zweitens, Vicharana – rechtes Streben, als drittes Tanumanasa – Ausdünnen des Geistes, transparent werden des Geistes, viertens, Sattvapatti – Erlangen von Reinheit, fünftens, Asamshakti, das heißt, von nichts berührt, Padarthabhavani – verankert sein in einer höheren Wirklichkeit, und schließlich Turiya – die höchste Befreiung, dauerhafte Verankerung in der höchsten Befreiung. Alles fängt an mit dem ersten Schritt und der erste Schritt ist hier Shubheccha. Nicht alle Menschen haben Shubheccha.
Shubheccha heißt tatsächlich, dass du ein spirituelles Streben hast, daher ist es der erste Schritt der bewussten spirituellen Evolution. Du findest auf den Yoga Vidya Seiten noch mehr über Shubheccha, es gibt auch eine ganze Vortragsreihe. Sie heißt "der spirituelle Weg", dort werden die sieben Bhumikas genauer beschrieben. Gehe einfach auf www.yoga-vidya.de, suche dort nach "der spirituelle Weg", und so findest du eine ganze Vortragsreihe. Oder suche direkt "Shubheccha", dort schreibst du es am besten "Subecha", und dann findest du viele Vorträge. Auch wenn es sanskritmäßig korrekter wäre, Shubheccha zu schreiben, aber auf den Yoga Vidya Seiten steht relativ häufig noch Subecha. Langfristig werden wir das aber umstellen, den korrekten Begriff "Shubheccha".
Shubhecca, die erste Entwicklungsstufe des spirituellen Weges
- Ein Vortrag von Sukadev Bretz 2018 -
Shubhecca bedeutet spirituelles Erwachen, die erste Stufe der sieben Bhumikas, ‚Bhumika heißt Entwicklungsstufe, Entwicklungsebene. ‚Bhumi‘ hat etwas mit Ebene zu tun, etwas Gewordenes, etwas sich entwickelndes und Bhumika ist eine Entwicklungsebene auf dem spirituellen Weg. Die sieben Bhumikas sind:
- 1. Shubheccha – spirituelle Sehnsucht
- 2. Vicharana – systematische spirituelle Praxis oder auch spirituelles Streben
- 3. Tanumanasa – Transparentwerden, durchlässig werden zum Göttlichen
- 4. Sattvapatti – Erlangen von Reinheit
- 5. Asamsakti – durch nichts berührt
- 6. Padarthabhavini – beständiger Bewusstseinszustand im höchsten Ziel Gottes
- 7. Turiyaga – dauerhaftes Verweilen in Samadhi
Was heißt Shubhecca?
Shubhecca ist gekennzeichnet durch die vier Sadhana Chatushtayas. Shubhecca ist charakterisiert durch Sadhana Chatushtaya, das heißt die Vierheit der spirituellen Praxis, wir können auch sagen, das Erwachen von vier Eigenschaften eines Aspiranten. Wenn eine dieser vier erwacht, dann ist man auf Shubhecca. Die vier Eigenschaften sind:
- 1. Vairagya – Abwesenheit von Gier und Wünschen
- 2. Viveka – Unterscheidungskraft
- 3. Shatsampat – die sechs Tugenden der Gelassenheit
- 4. Mumukshutva – intensives Verlangen nach Befreiung, nach einer höheren Wirklichkeit
Vairagya – Abwesenheit von Gier und Wünschen
Vairagya heißt ein Zustand, der gekennzeichnet ist durch die Abwesenheit von ‚raga‘, ‚raga‘ heißt mögen, Wunsch, Gier, Verhaftung usw. Einfach ausgedrückt ist Vairagya die tiefe innere Erkenntnis, Sehnsucht, Verwirklichung, das tiefe innere Gefühl, dass ein äußerlich gelebtes Leben einen nicht dauerhaft glücklich macht.
Vairagya, kann man auch sagen, ist eine gewisse Enttäuschung oder gar Verzweiflung an der Welt. Vairagya bedeutet, man weiß, spürt, erfährt und fühlt, dass die äußere Welt einen nicht dauerhaft glücklich machen wird. Das kann aus einer Enttäuschung heraus geschehen, es kann aus einem Verlust heraus geschehen, es kann aus heiterem Himmel heraus kommen, es kann aus einem Erfolg heraus kommen, wenn man nachher feststellt, dass es einen nicht so befriedigt.
Viveka – Unterscheidung
Man könnte sagen, Vairagya ist das Emotionale, Viveka ist das Intellektuelle, Viveka kann heißen die tiefe Überzeugung und die tiefe Verwirklichung, intellektuelle Klarheit, dass äußeres Leben allein nicht sinnvoll sein kann.
Es kann zum Beispiel heißen die Unterscheidung zwischen dem Ewigen und dem Vergänglichen, insbesondere die Erkenntnis, dass das äußere Leben vergänglich ist. Es kann heißen die Unterscheidung zwischen dem Selbst und dem Nicht-Selbst. Es kann auch heißen die tiefe Erkenntnis ‚Ich bin nicht der Körper, ich bin nicht der Geist, wer bin ich überhaupt‘, also die tiefe Frage ‚Wer bin ich?‘ ist ein Teil von Viveka und ‚Was ist der Sinn des Lebens?‘ – wenn diese Frage intellektuell wichtig ist, ist Viveka da, oder auch die tiefe Überzeugung es muss ein Göttliches hinter allem geben, es muss ein Göttliches geben, was ist dieses Göttliche?
Oder auch: Man liest viel über Menschen, die spirituell sind oder man liest über Gott und wenn dann die Frage kommt und wichtig wird: ‚Was ist denn überhaupt Gott?‘ und das wichtig wird, dann ist Viveka erwacht.
Oder auch das Suchen nach Wahrheit, selbst viele Physiker, Wissenschaftler, Biologen etc. sind auf Shubhecca. Sie wollen herausfinden: Was ist das Universum, wer bin ich, was ist der Sinn hinter dem Ganzen? Intellektuell ist es Viveka.
Shatsampat – die sechs edlen Tugenden des Gleichmut
Shubhecca ist keine Depression, es gibt die Depression als Gemütszustand, wo Menschen aus einer Enttäuschung heraus oder aus Überanstrengung, einem Burnout oder einer traumatischen Erfahrung heraus in ein Gefühl der Sinnlosigkeit kommen und in ein Gefühl, dass nichts einen Sinn macht. Shatsampat heißt ein gewisser Gleichmut, eine gewisse Heiterkeit inmitten der Veränderungen des täglichen Lebens. Man könnte vielleicht ein erfolgreiches Leben führen, aber man sieht den Sinn dahinter nicht, und man fühlt, dass das nicht alles gewesen sein kann. Auch wenn man aus irgendeinem Grund plötzlich eine Gelassenheit hat, ob man erfolgreich ist oder weniger erfolgreich, ob Menschen einen mögen oder nicht, loben oder nicht, wenn das einfach weniger wichtig ist und man eine heitere Gelassenheit hat, ist das ein Zeichen für Shatsampat.
Mumukshutva – intensives Verlangen nach Befreiung, nach einer höheren Wirklichkeit
Schließlich tritt Mumukshutva auf, du kennst vielleicht Moksha (Befreiung, Erlösung, Gottverwirklichung, Selbstverwirklichung). Mumukshutva heißt intensive Sehnsucht nach der höheren Wirklichkeit, man sehnt sich nach der höheren Wirklichkeit, man möchte sein Leben danach ausrichten.
Shubhecca kann auf unterschiedliche Weise erwachen, bei manchen ist Vairagya zuerst da, bei manchen Viveka, bei manchen Mumukshutva, bei manchen Shatsampat.
Formen von Shubheccha
Wie entsteht Shubheccha, wie kommt man auf Shubheccha? Auf Shubheccha zu kommen geschieht letztlich, es geschieht auf verschiedene Weisen.
Shubheccha von Kindheit an
Es gibt Menschen, die kommen zu Shubheccha fast auf die Welt, haben es von Kindheit oder Jugend an, es gibt Menschen, die so lange sie sich zurück erinnern eine Sehnsucht nach einer höheren Wirklichkeit haben. Manche hatten spirituelle Erfahrungen als Kind, können sich an Gotteserfahrungen, Gnaden-Momente als Kind erinnern, manche erinnern sich an das Gefühl der Sinnlosigkeit des äußeren Lebens als Jugendlicher, manche haben schon als Teenager begonnen spirituell zu praktizieren. Man könnte sagen, sie sind mit Shubheccha geboren.
Plötzliches Erwachen
Als zweites kann Shubheccha entstehen durch ein plötzliches Erwachen. Plötzlich kommt die spirituelle Sehnsucht, man weiß gar nicht, warum. Es gibt Menschen, die berichtet haben, ein normales Leben gehabt zu haben, mal mehr, mal weniger zufrieden damit waren, und plötzlich hat sich alles geändert, sie seien aufgewacht und es war alles anders.
Durch Schicksalsschlag
Manchmal kommt Shubheccha durch einen Schicksalsschlag, zum einen durch eine Erkrankung, man hatte ein schönes Leben, vielleicht auch ein herausforderndes Leben, vielleicht mit Höhen und Tiefen, mal schöner mal weniger schön und dann kam eine Erkrankung, entweder die eigene oder einer wichtigen Person im Leben. Dann ist plötzlich alles anders, alle Sicherheiten, auf die man gebaut hat, sind weggebrochen und man stellt sich die Frage: Vor dem Hintergrund, dass alles, was gewesen ist mit einem Mal vorbei sein kann – was ist der Sinn des Lebens, was soll das Ganze? – Shubheccha entsteht.
Auflösung äußerer Strukturen
Bei manchen entsteht es auch durch einen Verlust, sei es Verlust des Arbeitsplatzes, bei der Firma, für die man sich so sehr engagiert hat oder man hat sich selbständig gemacht und es kommt ein persönlicher Konkurs, oder man hat etwas anderes aufgebaut und es verschwindet, oder der Partner verlässt einen oder die Kinder gehen aus dem Haus, also in einem normalen Entwicklungsstadium kommen die Fragen. Oder sie kommen bei einer anders gearteten Lebenskrise.
Kontakt zu Spiritualität
Manche kommen zu Shubheccha durch einen Vortrag oder das Lesen eines spirituellen Buches, vielleicht durch intellektuelle Neugier, mal irgendwo hingegangen, vielleicht mitgenommen von Partner/in, Kollege, Freud/in und dann kommt plötzlich diese Sehnsucht. Es sind einige Fälle bekannt, wo eine Frau ihren Partner mal mitgenommen hat zu einem Vortrag, fast geködert: ‚Geh doch mal mit auf diesen Vortrag, dann können wir anschließend zusammen etwas anderes machen‘ und dann war der Partner, der bisher mit Spiritualität nichts am Hut hatte, eher gelächelt hat über das, was die Partnerin so macht, plötzlich ergriffen und das Leben hat sich geändert. Oder jemand bekommt ein spirituelles Buch geschenkt und plötzlich ist alles anders. Davon gibt es gar nicht mal wenige Fälle.
Spirituelle Erfahrungen
Auch nicht selten ist eine plötzlich auftretende spirituelle Erfahrung. Menschen haben ein normales Leben, was auch immer normal ist, jedenfalls kein spirituelles Leben, und plötzlich werden sie in eine spirituelle Erfahrung hineinkatapultiert, vielleicht über eine Naturerfahrung, vielleicht in einem Unfall, vielleicht im Frisch-Verliebt-Sein mit einem Partner / einer Partnerin, vielleicht in irgendeinem anderen außergewöhnlichen Bewusstseinszustand.
Manche Menschen kommen sogar über eine Droge in einen spirituellen Bewusstseinszustand und danach verändert sich alles mögliche. Eine spirituelle Erfahrung kann diese Sehnsucht nach dieser spirituellen Erfahrung erhöhen. Wenn man irgendwo in eine spirituelle Erfahrung hineinkatapultiert wurde und erfährt, wie schön und großartig es ist, welche Freude dort ist, was für eine andere Welt daraus entsteht, dann will man das vertiefen.
Üben von Hatha Yoga
Es gibt auch Menschen, die kommen durch Hatha Yoga auf den spirituellen Weg. Sie haben vielleicht eine Yogastunde mitgemacht oder einen Yogakurs oder machen vielleicht schon seit Tagen, Wochen, Monaten, Jahren Yoga und über Hatha Yoga wird die Sehnsucht der Seele stärker. Vielleicht ist das auch bei dir so gewesen, du hast vielleicht Yoga geübt wegen Rückenbeschwerden, um Kopfweh loszuwerden, um was für dich selbst zu tun, um wieder neue Kraft zu bekommen, weil Partner/Partnerin dich mitgeschleppt hat, weil dein Kollege / deine Kollegin vom Yoga vorgeschwärmt hat und er oder sie, seit er/sie Yoga macht fünf Jahre jünger aussieht, wolltest du es auch probieren. Und dann kann es sein, dass die Yoga Praktiken helfen, die Sehnsucht deiner Seele hörbar zu machen. Hatha Yoga hilft Spannungen wegzunehmen, hilft dass Prana fließen kann, die höheren Chakren aktiv werden. Und wenn du zu deiner spirituellen Evolution bereit bist, erwacht die Sehnsucht deiner Seele – Shubheccha.
So gibt es also viele Gründe, die zu Shubheccha führen. Du kannst einen Moment überlegen, wie du zu Shubheccha gekommen bist. Ich vermute, dass du zumindest auf Shubheccha bist, ansonsten hättest du längst aufgehört zu lesen, vermutlich hast du diese Sehnsucht, überlege, wie sie in dein Leben getreten ist, vielleicht sogar mehrmals, vielleicht sogar auf verschiedene Weisen. Denke einen Moment lang darüber nach, wie du auf den spirituellen Weg gekommen ist, oder ob es ein wiederkehrendes Thema ist.
Manifestationen von Shubheccha
Es gibt verschiedene Manifestationen von Shubheccha, vielleicht wirst du dich oder manche deiner Mitmenschen dabei wieder erkennen.
Eine Manifestation von Shubheccha ist eine gefährliche Manifestation, das ist die Verzweiflung am Leben, die scheinbare Sinnlosigkeit des Lebens. Die ist eben dann da, wenn Vairagya besonders groß ist: die tiefe Überzeugung, dass nichts im Leben einen glücklich machen wird, die Erkenntnis anders als andere zu sein, vielleicht sogar die tiefe Erfahrung auf dem falschen Planeten geboren zu sein, niemand versteht einen, die Überzeugung welchen Sinn es haben soll, Geld zu verdienen, die Frage danach, wie eine Partnerschaft einen dauerhaft glücklich machen soll oder ob es der Sinn des Lebens sein kann, Kinder in die Welt zu setzen und dann irgendwann alt zu werden, im Altersheim zu enden und schließlich dement aus dem Leben zu scheiden, welchen Sinn hat das Ganze, wenn alles, was aufgebaut wurde, irgendwann zu Ende ist?
Spirituelle Sehnsucht
Es gibt Menschen die haben diese spirituelle Verzweiflung, aber in einer Gesellschaft, wo Spiritualität nicht so ganz normal ist, finden sie vielleicht keine Unterstützung. So gibt es viele Menschen, die aus spiritueller Verzweiflung Dinge tun, die gefährlich sind.
- Spirituelle Verzweiflung kann heißen eine spirituelle Suche und die kann man betäuben und kommt in eine Sucht hinein. Gar nicht mal wenige Menschen mit Alkohol- oder Drogensucht sind eigentlich spirituelle Aspiranten. Sie suchen nach etwas, finden es nicht und betäuben diese Suche durch ihre Sucht. Das bringt natürlich ganz eigene Probleme mit sich.
- Es gibt auch Süchte ohne Substanzen, es gibt Menschen, die wollen ihre spirituelle Sehnsucht betäuben oder sich von ihr ablenken: Sei es von einem Ort zum anderen reisen, sei es, dass sie sich in Workaholismus hineinbegeben, sich ständig tätig halten, sei es, dass sie in eine Art Handysucht hineingehen, ständig in den sozialen Medien sind, sich alles mögliche anschauen, kommunizieren, Spielsucht usw. um ja nicht die Sehnsucht der Seele zu spüren.
- Es gibt sogar Menschen, die aus spiritueller Sehnsucht Suizid-gefährdet werden, weil sie denken, das äußere Leben mache sie nicht glücklich und dann denken es gibt nichts auf dieser Welt, was sie glücklich machen könnte und dann scheiden sie aus dem Leben heraus.
Wichtig wäre zu erkennen: Spirituelle Sehnsucht zu haben ist etwas Gutes, spirituelle Sehnsucht zu haben ist etwas Wertzuschätzendes, spirituelle Sehnsucht zu haben heißt auf der ersten Stufe der spirituellen Erfahrung zu sein. In der hierauf folgenden Lektion geht es um Rama und sein Erwachen der spirituellen Sehnsucht, eine Geschichte aus der Yoga Vasishta.
Intellektuelle Neugier
Eine weitere Manifestation von Shubheccha ist eine intellektuelle Neugier, die Faszination über das Spirituelle, man will mehr über Spiritualität wissen, man will mehr darüber lernen und liest dann vielleicht viele Bücher. Man liest Bücher über den spirituellen Weg, man ist fasziniert davon, aber man ist noch nicht auf Vicharana, der zweiten Stufe des spirituellen Strebens, weil man nicht regelmäßig praktiziert. So gibt es eine Reihe von intellektuellen Suchern, die auf Shubheccha sind, aber nicht wirklich praktizieren.
In diese Richtung gehört ein weiterer Typ von Shubhecchis, das sind die Wissenschaftler, die Philosophen, manche Intellektuelle, die suchen nach etwas Höherem, sie haben eine tiefe Sehnsucht herauszufinden, wie die Welt funktioniert, wie der Mensch funktioniert, was Menschsein heißt, was die Welt ist, ob es eine höhere Wirklichkeit gibt. Das ist aber intellektuell und so ist auch das Shubhecca, aber es ist keine spirituelle Praxis, die die Psyche so transformiert, dass Gott erfahrbar wäre.
Spiritueller Schaufensterbummel
Eine weitere Manifestation wäre der spirituelle Schaufensterbummel: Es gibt Menschen, die probieren mal dieses, mal jenes, aber machen nichts so intensiv, dass sie dadurch eine innere Transformation erfahren würden.
Menschen, die vielleicht mal ein bisschen Yoga praktizieren, dann mal ein Wochenendseminar machen, dann ein paar Tage nichts, danach gehen sie vielleicht zu einem Taoismus Seminar und beschäftigen sich damit, machen dann ein paar Tage nichts, dann gehen sie vielleicht auf ein Tantra Seminar, danach mal auf christliche Exerzitien, dann mal einen Sufi-Meister besuchen, danach mal eine Weltreise, mal in einen Ashram und dann wieder ein Tanzkurs, Töpferkurs usw.
Damit soll nicht gesagt werden, dass man sich notwendigerweise auf ein spirituelles System festlegen muss, sondern dass in dieser Manifestation von Shubhecca alles nur oberflächlich, aber nichts so tief berührt wird, dass es wirklich transformiert.
Wann immer es dazu kommen müsste, dass man sich transformieren müsste oder mit seinen Themen konfrontiert wird, dann weicht man aus und macht etwas anderes. So gibt es unterschiedliche Aspiranten, die auch tatsächlich unterschiedliche Wege miteinander verbinden oder unterschiedlichen spirituellen Systemen folgen in unterschiedlichen Lebensabschnitten, das sind Manifestationen des spirituellen Weges, aber Schaufensterbummel als Shubheccha heißt oberflächliches Hineinspüren, aber nicht so weit oder tief gehen, dass es zu einer tiefgreifenden spirituellen Transformation führen würde.
Intermittierende Spiritualität
Eine nächste Form von Shubheccha wäre intermittierende Spiritualität, dass heißt man übt mal eine Weile, dann wieder nicht, übt wieder und übt nicht. Man könnte auch sagen:
- es gibt Menschen, die sind Schönwetter-Yogis,
- es gibt andere, die sind Schlechtwetter-Yogis.
Um wirklich spirituellen Fortschritt zu machen, muss man Allwetter-Yogi sein.
- Schlechtwetter-Yogis sind solche, die Yoga praktizieren, wenn es ihnen schlecht geht, denn Yoga hilft ihnen sich besser zu fühlen, wenn es ihnen dann gut geht, hören sie auf.
- Die Gutwetter-Yogis praktizieren, wenn es ihnen gut geht und wenn es ihnen schlecht geht, sind sie enttäuscht, hören auf, bis es ihnen irgendwann wieder gut geht.
Vicharana wäre der nächste Schritt und das heißt regelmäßig und dauerhaft zu praktizieren.
Aufgaben auf Shubheccha
Es gibt verschiedene Aufgaben auf Shubheccha.
Sich selbst wertschätzen
Das erste wäre es, wenn spirituelle Sehnsucht da ist, tiefes Nachdenken über das Leben, den spirituellen Fragen Raum zu geben, sich selbst wertzuschätzen dafür, dass man diese tiefen Fragen hat.
Kontakt zu anderen Suchenden
Die nächste Aufgabe wäre, erkennen, dass es andere gibt, die diese Fragen stellen und sich mit diesen Menschen auch verbinden. Es ist wichtig, gerade wenn man ein Umfeld hat, wo keiner manifest auf dem spirituellen Weg ist, dass man die Gemeinschaft von anderen Menschen sucht, die auch auf dem Weg sind. Der Mensch ist nun mal ein zoon politicon, dass heißt ein geselliges Wesen. Wenn du irgendwo bist, wo du der Einzige bist auf dem spirituellen Weg, dann fühlst du dich allein und einsam.
Doch vermutlich wäre es auch einfach gut, wenn du mal diese Themen ansprichst. Vermutlich gibt es viel mehr Menschen, die sich auf Shubheccha oder Vicharana befinden, als du denkst. Weil aber viele Menschen sich nicht trauen, ihrer spirituellen Sehnsucht Ausdruck zu geben, darüber zu sprechen, kann es sein, dass du in deinem Umfeld viele hast, die alle die gleiche Sehnsucht haben, aber weil keiner sich traut darüber zu sprechen, denkt jeder er sei ganz allein. Äußere ruhig deine tiefen Fragen und schaue ob es vielleicht andere gibt, die auch auf diesem Weg sind.
Überblick verschaffen über spirituelle Wege
Eine nächste Aufgabe wäre, dir einen spirituellen Überblick zu verschaffen. Dies ist ein gutes Gegenmittel gegen Fanatismus, denn eine Gefahr auf dem spirituellen Weg ist immer Fanatismus, Menschen, die denken ihr Weg sei der einzige, haben eine Neigung zum Fanatismus und Menschen mit spiritueller Sehnsucht werden manchmal Opfer von spirituellen Fanatikern.
Daher verschaffe dir, wenn Shubhecca erwacht ist, einen gewissen spirituellen Überblick und entwickle eine Weite des Geistes. Sei dir bewusst, es gibt verschiedene Wege zum höchsten und es gibt in allen Religionen spirituelle Menschen, die Gottverwirklichung erreichen. Und es gibt auch die Möglichkeit die Gottverwirklichung außerhalb einer etablierten Religion zu erreichen und es gibt auch die Möglichkeit zu verschiedenen Stadien verschiedenen spirituellen Richtungen zu folgen. Entwickle eine Weite des Geistes.
Verschiedenes ausprobieren, um den eigenen Weg zu finden
Eine weitere Aufgabe gerade zu Anfang kann sein: ausprobieren um den eigenen Weg herauszufinden. Also sich nicht nur einen intellektuellen Überblick zu verschaffen, sondern das ein oder andere auszuprobieren. Auch das kann dir helfen, herauszufinden, was für dich am besten ist. Aber du musst jetzt nicht notwendigerweise zu Anfang des Weges verschiedene Seminare mitmachen, mal Zen Buddhismus, Vipassana Buddhismus, tibetischer Buddhismus, Theravada Buddhismus, jesuitische Exerzitien, Franziskanerkloster-Aufenthalt, Yoga Vidya, Sivananda Yoga, Hare Krishna, Kriya Yoga, Vedanta, Neo-Vedanta, Neo-Tantra, Sufismus, Schamanismus etc., du musst nicht alles ausprobieren. Wenn du zu Anfang deines Weges merkst, dass du das machen willst, ist es gut, ein intellektueller Überblick ist gut.
Aber es kann auch sein, dass du einfach von deiner spirituellen Sehnsucht gleich zu Anfang auf den spirituellen Weg gezogen wirst, bei dem du dauerhaft bleibst, bis du die Gottverwirklichung erreichst. So ist es zum Beispiel bei meinem Meister Swami Vishnu Devananda gewesen, der im Alter von 16 oder 17 eine Art spirituelles Erwachen hatte, das durch das Lesen eines spirituellen Traktates von Swami Sivananda hervorgerufen wurde und er ist dann bis zum Ende seines Lebens diesen Weg gegangen. Er hat aber auch eine große intellektuelle Weite und hat seinen spirituellen Weg auch angereichert durch Wissen und Praktiken verschiedener Wege.
Wenn du zügig zum spirituellen Erwachen kommst und zügig einen spirituellen Weg gehst, ist das gut, aber habe auch einen offenen und weiten Geist und natürlich ist die Aufgabe auf Shubhecca auf die nächste Stufe zu gehen – Vicharana.
Entwicklungsstufe heißt ja, es gilt den nächsten Schritt zu gehen, die nächste Stufe zu gehen. Irgendwann reicht es aus, sich einen Überblick verschafft zu haben, irgendwann sollte die Phase in der spirituellen Verzweiflung zu schwelgen überstanden sein, irgendwann ist die Phase des Ausprobierens vorbei und jetzt gilt es den spirituellen Weg zu gehen, spirituell zu streben, sein Leben spirituell auszurichten und dann bist du auf Vicharana.
Gefahren auf Shubhecca
Gefahren auf Shubhecca sind Verzweiflung, Süchte, Verdrängung bis zum Suizid. Es kann auch ein Steckenbleiben bei Intellektualität sein, Schaufensterbummel und Wellness-Spiritualität im Sinne von Wohlfühlen wollen, es soll weiter gehen, wir wollen zur Transformation kommen.
Eine weitere Gefahr ist es Menschheitsverführern zum Opfer zu fallen, einem Lehrer oder einer spirituellen Richtung zu folgen, die mit Gewalt verbunden ist, mit Fanatismus und dich in tiefe Probleme stürzen wird.
Darüber wird noch gesprochen, wenn es um Vicharana geht und um sattwige, rajasige und tamasige Spiritualität, um sattwige, rajasige und tamasige spirituelle Lehrer.
Video Vortrag über Shubheccha:
Dieser Videovortrag von und mit Sukadev ist der neununddreißigste Vortrag der Vortragsreihe „Yoga Vidya Schulung“.
Autor/Sprecher: Sukadev Kamera/Schnitt:Nanda
Weitere Informationen findest du unter dem Stichwörtern Bhumika und Spiritualität.
Ramas Erwachen – eine Shubhecca Geschichte aus dem Yoga Vasishta
Shubhecca heißt Sehnsucht nach Wahrheit und das ist eine Geschichte über das Erwachen von Rama wie sie im Yoga Vasishta erzählt wird, einer Yoga Schrift auf der auch das Konzept der sieben Bhumikas beruht. Ich nehme mir einiges an erzählerischer Freiheit, wie das in den spirituellen Traditionen üblich ist.
Es war einmal vor langer langer Zeit ein Königssohn und der hieß Rama. Dieser Rama sollte in naher Zukunft den Thron besteigen. Sein Vater Dasharatha freute sich darüber, dass Rama langsam erwachsen wurde, denn er selbst wollte sich zurückziehen und seinen Lebensabend genießen. Rama, der Königssohn bat seinen Vater: „Lass mich einmal durch das ganze Königreich reisen, lass mich inkognito reisen, lass mich sehen, was die Menschen so wollen, was sie beschäftigt. Wenn ich das Königreich regieren soll, dann sollte ich ja wissen, was die Menschen im Königreich machen, was sie beschäftigt, was ihre Probleme sind, was sie von der Regierung erwarten, was sie sich erhoffen“. Dasharatha war darüber froh und so reiste Rama durch das ganze Königreich.
Nach einiger Zeit, einigen Monaten, vielleicht sogar länger, kam Rama zurück, transformiert – er, der vorher voller Freude, Enthusiasmus, Humor war, voller Heiterkeit war plötzlich müde, traurig, depressiv, melancholisch. Er, der so viel Freude hatte zu reiten und auf Tanzveranstaltungen dabei zu sein, wollte fast nichts mehr machen. Er blieb in seiner Kammer, ab und zu kam er mal heraus, aber der Lebensmut war aus ihm draußen.
Dasharatha machte sich verständlicherweise große Sorgen. Er rief die ganzen Ärzte des Königreichs, sie fassten den Puls, sie schauten auf die Zunge, sie schauten Rama an und sagten: „Körperlich ist alles in Ordnung“. Damals gab es noch keine Psychologen, auch keine Psychopharmaka, es gab Ayurveda Stärkungsmittel, die Rama verschrieben wurden, aber die nutzten nichts.
Dasharatha rief dann die Weisen seines Landes zusammen und bat sie sich Rama anzuschauen und herauszufinden, was mit ihm falsch sei. Die Weisen kamen und es gab einen Weisen names Vishvamitra, auf der Versammlung der Weisen bat er den König Rama herzuholen. Rama kam in den Raum, Vishvamitra ging zu ihm hin und fragte Rama: „Rama, sag mir doch, was ist los mit dir? Was bedrückt dich?“ und Rama hatte jetzt das Gefühl, dass da zum ersten Mal jemand war, der wirklich fragte. Vorher als die Ärzte, Dasharatha oder seine Geschwister ihn fragten, hatte er immer das Gefühl gehabt, dass sie sich nicht wirklich dafür interessieren, was ihn beschäftigt, sondern dass sie nur finden, dass er so wie er ist nicht richtig ist und überlegen wie sie ihn ändern können. Aber bei Vishvamitra merkte er tatsächliches Interesse, er merkte dass er wirklich wissen wollte, was in ihm vorging.
Jetzt sprudelte es aus Rama heraus: „Ich war in meinem Königreich, bin Monate gereist, ich habe mit Menschen gesprochen und habe festgestellt, dass kein Mensch wirklich glücklich ist. Menschen leiden unter Verlusten, Menschen sind krank, Menschen werden krank, Menschen, die sich eine Weile erholt haben, haben einen Unfall, verlieren ihre körperlichen Fertigkeiten, irgendwann sterben sie. Oh Vishvamitra, vor dem Hintergrund der Sterblichkeit der Menschen und dass alles einmal zu Ende ist und dass das Leben in Krankheit, Alter und Tod endet, wie könnte ich da glücklich sein? Ich soll ein Königreich regieren, soll Menschen helfen, glücklich zu werden und weiß, alle werden irgendwann sterben, so viele leiden unter Krankheiten, so viele leiden unter Unfällen.
- Menschen haben Wünsche, aber die Wünsche machen sie nur unglücklich.
- Menschen haben einen Wunsch und der Wunsch geht nicht in Erfüllung und Menschen leiden und sind unglücklich als Konsequenz.
- Geht der Wunsch in Erfüllung, vielleicht nachdem sie vieles dafür getan haben, das zu erreichen und danach verlieren sie das Objekt des Wunsches wieder und leiden als Konsequenz.
- Die Menschen haben einen Wunsch, wollen es erreichen, sie erreichen es und dann bleibt es mit ihnen und sie stellen fest, es bringt ihnen nicht das dauerhafte Glück, das sie sich erhofft haben.
- Menschen streben nach Reichtum, erlangen einen gewissen Reichtum, leisten sich das Haus, das sie bauen wollten und danach fühlt es sich schal an.
- Menschen streben nach einer bestimmten Stellung, tun alles um sie zu erreichen und merken, es fühlt sich schal an.
Oh Vishvamitra, wie kann ich ein Königreich regieren, wo ich weiß, dass alles was ich tue, die Menschen nicht glücklich machen wird? Oh Vishvamitra, Menschen denken immer, andere sind glücklicher. Menschen haben auf der einen Seite Angst vor dem Tod und verdrängen andererseits, dass sie irgendwann sterben werden.
- Der Knecht denkt, dass der Bauer glücklich ist,
- der Bauer glaubt, dass der Kaufmann, der mehr Geld hat, glücklich ist,
- der Kaufmann denkt, dass die Adeligen, die eine bessere Stellung haben, glücklich sind,
- die Adeligen denken, dass der König glücklich ist…
Oh Vishvamitra, ich weiß, auch mein Vater, der König ist nicht wirklich glücklich. Vor dem Hintergrund dieses Leidens, der Vergänglichkeit und der Sinnlosigkeit aller Wünsche, wie könnte ich glücklich sein und wie könnte ich so ein Königreich regieren?“
Als Vishvamitra dies hörte, war er froh, denn er erkannte Rama litt nicht unter einer Depression, Rama litt nicht unter einer Krankheit und nicht unter einer Erschöpfung, sondern Rama war auf der ersten Ebene der spirituellen Evolution, auf Shubheccha. Man könnte sagen, er hatte eine Anamnese gemacht, indem er Rama hat reden lassen. Jetzt kam die Diagnose und die sagte er Dasharatha, Rama und allen Versammelten. Er sagte zu Dasharatha: „Oh König, dein Sohn ist nicht krank, ihm fehlt nichts. Im Gegenteil, dein Sohn ist zu bewundern, er hat Shubhecca erreicht, die erste Ebene des spirituellen Erwachens. Er hat erkannt, dass in dieser äußeren Welt kein dauerhaftes Glück ist. Er hat die Vergänglichkeit dieser Welt durchschaut, in ihm ist spirituelle Sehnsucht erwacht.
Jetzt wäre es die Aufgabe auf Vicharana zu gehen, das heißt spirituelles Streben, spirituelle Praktiken. Jetzt sollte er spirituell praktizieren und wenn er spirituell praktiziert und sein Leben spirituell ausrichtet, wird er auch wieder erkennen, dass auch das Leben als Königssohn ihm dazu hilfreich ist.
Rama wird nicht dadurch glücklich werden, dass du ihm mehr Zeitvertreib gibst, besseres Essen oder Heilmittel, Rama wird nur dann wieder glücklich sein, wenn er wieder einen Sinn im Leben sieht und wenn er erkennt: Hinter all der Vergänglichkeit gibt es die Ewigkeit, hinter allem Leiden gibt es das höchste Glück, hinter allen Höhen und Tiefen des Lebens ist die spirituelle Aufgabe. Leben ist dazu da, Gott zu verwirklichen und ein Königreich zu regieren heißt auch Gott zu dienen und Menschen dabei zu helfen, spirituell zu wachsen und selbst spirituell zu wachsen.
Oh König, Rama hat jetzt einige Aufgaben: Vicharana, spirituelles Streben, spirituelle Praxis, den Alltag spiritualisieren. Dann wird er zu Tanumanasa kommen, er wird diese göttliche Wirklichkeit spüren, durch sich wirken lassen. Er wird zu Sattvapatti kommen, zur Reinheit und irgendwann wird er zu Asamsakti kommen, zur Erleuchtung.
Aber keine Angst, oh Dasharatha, das wird nicht heißen, dass er sich zurückziehen wird. Auch nach der Erleuchtung wird er weiter leben, wird weiter seine Aufgaben als König erfüllen, so lange er dort Karma hat. Geht das Karma zu Ende wird er die Leitung des Königreichs an andere übertragen. Er wird zu Padarthabhavini kommen, dauernde Erfahrung Gottes, bis er schließlich in Turiyaga ist, dauernder Samadhi und sein Körper wegfällt.
Damit Rama dorthin kommt, braucht er die Unterweisung durch seinen Guru, aber der Guru von Rama werde nicht ich sein, sondern Vasishta. Und Vasishta möge Rama unterrichten in dem spirituellen Leben und ihn ausbilden.“
Und so geschah es, dass Vasishta Rama die Grundprinzipien des spirituellen Lebens erläuterte und Rama diese umsetzte. Die Erläuterungen zum spirituellen Leben, die Vasishta an Rama gegeben hat, wurden dann nieder geschrieben in einer Schrift namens „Yoga Vasishta“, und da Rama als Königssohn kein Intellektueller war, ist diese Schrift nicht voller intellektueller Beschreibungen, sondern voller spiritueller Geschichten, die das spirituelle Leben ausdrücken. So kann ich dir auch empfehlen das Yoga Vasishta selbst zu lesen, wir haben es bei Yoga Yidya in zwei Bänden herausgegeben. Es gibt Laghu Yoga Vasishta, die kleine, die ist kurz und es gibt die größere, da stehen so viele wunderbare Geschichten, die dir auf deinem spirituellen Weg helfen können.
Vielleicht magst du gleich etwas überlegen, ob du auch ein bisschen ergriffen bist von den Fragen von Rama, von den Fragen nach dem Sinn des Lebens vor dem Hintergrund der Vergänglichkeit und des Todes, von Krankheit und Alter, vor dem Hintergrund, dass die Erfüllung von Wünschen einen nicht dauerhaft glücklich macht. Dann sei dir bewusst, es gibt einen Weg zum Glück, auch zum dauerhaften Glück und das ist der spirituelle Weg, der dich zur Erleuchtung führen will. Es ist wichtig zu verstehen: Äußere Sachen machen nicht glücklich, wenn Geld glücklich machen würde, müssten alle Milliardäre glücklich sein, aber sie sind es nicht notwendigerweise. Wenn Ruhm glücklich machen würde, dann würden alle Menschen, die großes Ansehen haben, glücklich sein, sie sind es nicht…
Es gibt glückliche Menschen, das sind die Erleuchteten. Ich hatte das große Glück einige Erleuchtete kennen lernen zu können und es war schön in ihrer Gegenwart zu sein und ihr spirituelles Glück zu erfahren. So kann ich dir sagen:
Praktiziere, gehe den spirituellen Weg, das ist der Weg zu dauerhaftem Glück und das ist ein sinnvolles Leben und dieser Sinn bleibt auch erhalten, wenn dir die körperliche Gesundheit durch Unfälle oder Krankheiten genommen wird.
Das ist ein Weg der sinnvoll ist, auch dann, wenn du äußere Verluste hast und ich würde sogar sagen, das ist auch ein Weg, der sinnvoll bleibt, auch nach dem Tod, insbesondere, wenn man von Reinkarnation ausgeht. Aber selbst wenn du nicht von Reinkarnation ausgehst, und annimmst, dass es nur ein Leben gibt, egal welche spirituelle Richtung du gehst, alle gehen davon aus, dass es wichtig ist, den spirituellen Weg zu gehen, er ist ein Weg, der Sinn im Leben gibt, Freude gibt, der dir hilft mit Freude und Liebe ein Leben zu führen und dir hilft auch nach dem Tod weiter zu kommen, bis zu Erleuchtung, Gotteinheit, Verwirklichung. Vielleicht magst du ein paar Momente nachdenken, überlegen, was all das für dein Leben zu bedeuten hat oder bedeuten könnte.
Video Vortrag - Eine Shubheccha Geschichte - Ramas Erwachen
Sukadev erzählt in diesem Videovortrag eine Geschichte über Shubhecha: Er erzählt, wie Rama erwacht ist zu einer Höheren Wirklichkeit, wie er die erste Bhumika erreichte. Rama gilt heute als Avatar, als göttliche Inkarnation, als Manifestation von Vishnu. Es gibt jedoch eine Menge von Geschichten in den Schriften, in denen Rama als spiritueller Aspirant, als Suchender, dargestellt wird – so auch in dieser Geschichte. Hier spielt nicht nur Rama und sein Vater Dasharatha eine wichtige Rolle – sondern auch Vishvamitra, ein großer Rishi.
Dies ist der vierzigste Vortrag der Vortragsreihe „Yoga Vidya Schulung“.
Autor/Sprecher: Sukadev Kamera/Schnitt:Nanda
Weitere Informationen findest du unter dem Stichwörtern Spiritualität und Bhumika.
Die vier Grundvorraussetzungen für Shubheccha
- Viveka (Unterscheidungskraft); die richtige Unterscheidung zwischen dem Vergänglichen und dem Unvergänglichen, dem Nichtwahren und dem Wahren, der Illusion und Wirklichkeit.
- Vairagya (Wunschlosigkeit, Verhaftungslosigkeit, Leidenschaftslosigkeit)
- Shatsampat "Die sechs edlen Tugenden"; die Beherrschung der körperlichen und geistigen Organe.
- Shama = Gleichmut
- Dama = Kontrolle
- Uparati = Vermeiden
- Titiksha = Duldungskraft, Aushalten können
- Shraddha = Glauben, Vertrauen
- Samadhana = beständige Ruhe, Ausgeglichenheit, Harmonie
- Mumukshutwa das tiefe Verlangen, der innige Wunsch nach Befreiung aus dem Kreislauf von Geburt und Tod.
Siehe auch
- Bhumikas
- Sadhana Chatusthaya
- Jnana Yoga
- Samadhi
- Vairagya
- Samprajnata Samadhi
- Tanumanasa
- Yoga Vasishtha
- Vicharana
- Bhumi
- Asamsakti
- Sattvapatti
Literatur
Weblinks
- Die sieben Bhumikas
- Die sieben Stufen von Jnana von Swami Sivananda
- Kapitel XII Samadhi, aus Samadhi Yoga von Swami Sivananda
- Raja Yoga Sutra von Patanjali, Erstes Kapitel: Samadhi Pada Theorie des Geistes
- Wir nennen uns Yoga Vidya, von Sukadev Bretz
- Shankara - großer Lehrer des Vedanta
Seminare
Yogalehrer Ausbildung
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Spirituelles Retreat bei Yoga Vidya
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