Schöpfung
Als Schöpfung wird der Ursprung der Welt (Kosmos, Erde, Natur, Lebensformen) bezeichnet. Zugeschrieben wird der Akt der Schöpfung einem Schöpfer oder Erschaffer. Der Begriff Schöpfung bezeichnet demnach sowohl den Akt der Erschaffung als auch das Erschaffene (die Welt) selbst. Nahezu alle Religionen kennen eine Schöpfungstheorie oder einen Schöpfungsmythos. Dabei geht dem Akt der Schöpfung meist die Annahme eines Nichts oder Chaos voraus. Aus diesem heraus erschafft eine höhere Macht (Schöpfer, Gott) selbstbestimmt die Welt, bzw. das Universum.
Schöpfungsmythen dienen also als theologische Erklärung des Ursprungs der Welt, des Universums und der Menschheit. Die schöpfende Kraft wird des leichteren Verständnisses wegen häufig in personifizierter, vermenschlichter Form (Gott oder Göttin) dargestellt. Der Akt der Schöpfung wird nicht von allen Religionen als vollendet angesehen; so gibt es beispielsweise im Katholizismus die Vorstellung, dass er sich als immerwährender Prozess kontinuierlich fortsetzt.
Im Gegensatz zu den religiösen Schöpfungsmythen und –theorien, geht die Naturwissenschaft von der Entstehung des Universums durch physikalische Ursachen aus. Der Begriff der Schöpfung findet in der Naturwissenschaft jedoch keine Anwendung und ist dem theologischen, evtl. auch philosophischen Kontext vorbehalten.
Die Weltreligionen und ihre Schöpfungsmythen
Antike Schöpfungsmythen
Zu den ältesten heute bekannten Schöpfungsmythen zählen die aus vorchristlicher Zeit stammenden Mythen der Sumerer, alten Ägypter und Babylonier. Das sumerische Atrahasis-Epos (entstanden um 1800 v. Chr.) und das babylonische „Enuma Elisch“ (aus dem 1. vorchristlichen Jahrtausend; eine genaue Datierung ist nicht möglich) sind hierbei wegen ihres Alters und ihrer vollständigen Überlieferung besonders hervorzuheben. In diesen Epen wird von Göttern berichtet, die sich den Menschen als ihr Ebenbild, aber auch als dienstbaren Geist erschaffen, um die Mühen des Seins von sich selbst abzuwenden. Ähnlichkeiten zur christlichen Schöpfungsgeschichte in der Bibel (Genesis) legen den Schluss nahe, dass Motive dieser alten Mythen später von den Christen übernommen wurden.
Gemäß des "Theogonie" genannten Werkes des im 7. vorchristlichen Jahrhundert lebenden griechischen Dichters Hesiod, entstand die Welt aus einem Chaos und brachte Gaia, die Urmutter allen Lebens hervor. Sie ist die Vorfahrin aller Götter und der Menschen, die diese nach ihrem Ebenbild erschufen. Die vom persischen Religionsstifter Zarathrustra zwischen 1800 und 600 v. Chr. (eine genauere Datierung ist nicht möglich, da auch die Lebensdaten Zarathustras umstritten sind) geründete Religion des Zoroastrismus sieht zunächst einen einzelnen Gott verantwortlich für die Erschaffung der geistigen und materiellen Welt. Damit ist der Zoroastrismus die erste bekannte monotheistische Religion, zumindest, was ihre Ursprünge betrifft. Später gesellen sich weitere Gottheiten, Engelswesen und – erstmals in der Geschichte der Schöpfungsmythen – auch ein göttlicher Gegenspieler hinzu. Letzterer wird später von anderen Religionen übernommen als Teufel oder Satan.
Christentum
Das als „Genesis“ bezeichnete erste Buch Mose der Bibel stellt die Erschaffung der Welt durch einen allmächtigen Gott dar. Dieser Gott erschafft in sechs Tagen das Universum, die Welt sowie alle Lebewesen und ihren Lebensraum. Viele Motive dieser Geschichte erinnern an die vorchristlichen Mythen der Sumerer und Ägypter, der große Unterschied jedoch besteht darin, dass die Erschaffung der Welt aus christlicher Sicht von einem einzigen Gott vorgenommen wird. Insbesondere im Katholizismus wird jedoch die Auffassung vertreten, dass die Schöpfung keineswegs ein abgeschlossener Prozess sei, sondern sich permanent fortsetzt.
Judentum
Auch die Juden erkennen den im Buch Genesis wirkenden Gott mit seiner Erschaffung der Welt aus dem Nichts als Schöpfer an. Engelswesen und der Teufel als Konkurrent Gottes sind aber vermutlich erst zu einem späteren Zeitpunkt aus dem in Persien beheimateten Zoroastrismus übernommen worden, als die von Juden besiedelten Gebiete unter persischen Einfluss gerieten.
Islam
In der heiligen Schrift des Islam, dem Koran, finden sich zahlreiche Elemente der christlich-jüdischen Schöpfungsgeschichte wieder. Allerdings wird hier dem Akt der Erschaffung der Welt durch einen Gott („Allah“) nicht so viel Bedeutung zugeschrieben; eine zusammenhängende Schöpfungsgeschichte findet sich im Koran nicht. Allerdings lassen sich einige der 99 Namen Gottes mit „Schöpfer“ übersetzen. Viel bedeutender ist im Islam die Frage nach der Entstehung des Korans selbst. Der Annahme, er habe schon immer existiert und sei somit unantastbar, steht die Frage gegenüber, ob es sich um ein von Menschen geschaffenes und somit kritisierbares Werk handelt.
Buddhismus
Der Buddhismus kennt keine konkrete Schöpfungsgeschichte. Zwar finden sich in den alten Schriften des Theravada-Buddhismus Gottheiten, die von sich selbst glauben, ewige Schöpfer der Welt zu sein, diese unterliegen jedoch einem Irrtum, da sie sich aufgrund ihrer langen Lebensdauer nicht an ihren Ursprung erinnern können. Dass der Buddhismus die Frage nach der Schöpfung ignoriert, begründete der Religionsstifter Siddharta Gautama (Buddha) selbst damit, dass das Nachsinnen über eine niemals zu beantwortende Frage wie diese sinnlos und somit als Zeitverschwendung zu betrachten sei.
Hinduismus
Der Hinduismus sieht das Universum in einem ständigen Zyklus aus Erschaffung, Erhaltung, Vergehen und Wiedererschaffung. Als Erschaffer wird dabei der Gott Brahma verehrt, während die anderen beiden Hauptgötter Vishnu und Shiva für das erhaltende, bzw. zerstörerische Element stehen. Sie werden allerdings weniger als Gottheiten denn als Aspekte des Lebens in seinem endlosen Kreislauf betrachtet. Ein Schöpfungszyklus umfasst nach hinduistischer Auffassung mehrere Trillionen (Menschen-)Jahre, die für Brahma jedoch nur einen Tag bedeuten – ein Hinweis auf die Bedeutungslosigkeit des Zeitbegriffs. Aber auch die Wirkungszeit Brahmas unterliegt Grenzen. Nach hundert Jahren (100 x 365 Brahma-Tage) versinkt Brahma im höchsten Wesen, zusammen mit all den geschaffenen Welten. Dieses Brahma noch übergeordnete Wesen ist der eigentliche Schöpfer, der unveränderliche, unsterbliche, anfangslose Herr, die Seele des Universums. Die Frage nach dem Davor und Danach stellt sich nicht: Er war immer und er wird immer sein.
Schöpfung im nichtreligiösen Kontext
Yoga und Schöpfung
Die yogische Philosophie beruht auf dem Schöpfungsmythos des Hinduismus. Der Kreislauf der Wiedergeburten, die Evolution und der Glaube an das karmische Prinzip spiegeln alle den großen Schöpfungskreislauf wieder. Der von den Yogis angestrebte Eingang in Samadhi (Befreiung aus dem Kreislauf der Wiedergeburten) stellt die endgültige Auflösung in der Ur-Seele des Universums dar.
Naturwissenschaft und Schöpfung
Die Naturwissenschaft nimmt den Urknall als Anbeginn des Universums an. Er wird als physikalisches Phänomen beschrieben, aus dem nicht nur das Universum selbst sondern auch Raum und Zeit, hervorgegangen sind. Da weder der Zustand vor dem Urknall noch das Ereignis selbst naturwissenschaftlich ganz zu erfassen und zu erklären ist, gibt es bis heute keine allgemein anerkannte wissenschaftliche Definition. Der Begriff Schöpfung findet in der Naturwissenschaft keine Anwendung und ist philosophischen oder religiösen Kontexten vorbehalten. Die sich ausweitenden naturwissenschaftlichen Erkenntnisse finden jedoch immer mehr Akzeptanz in der Theologie, die versucht, die Urknalltheorie mit einer göttlichen Schöpferkraft in Verbindung zu bringen.
Philosophie und Schöpfung
Im alten Griechenland wurde die Frage der Schöpfung auch auf philosophischer Ebene behandelt. Während Platon an der Vorstellung eines „göttlichen Handwerkers“ festhielt, wurde in anderen philosophischen Schulen die Idee der „creatio ex nihilo“ (Schöpfung aus dem Nichts) diskutiert, die wiederum in Gegensatz zu der damals weit verbreiteten Überzeugung „ex nihilo nihil fit“ (aus nichts entsteht nichts), die auch von Aristoteles vertreten wurde, entgegenstand.
Auch andere Denker der Antike und des Mittelalters machten sich Gedanken zum Schöpfungsthema. So vertrat der lateinische Kirchenlehrer und Philosoph Augustinus (354-430) die Auffassung einer fortdauernden Schöpfung (creatio continua), eine Annahme, die später von bekannten Philosophen wie Descartes und Spinoza aufgegriffen wurde und dauerhaft Eingang in den Katholizismus gefunden hat. Thomas von Aquin lehrte dagegen im 13. Jahrhundert die Theorie einer Schöpfung aus einer ersten Ursache und folgte damit dem Gedanken Aristoteles´, der an einen „unbewegten Erstbeweger“ glaubte. Nikolaus von Kues, deutscher Philosoph, Mathematiker und Theologe des 15. Jahrhunderts, erklärte die Schöpfung als Ausprägung des göttlichen Wesens.
Die Schöpfung des Alls
Artikel aus „Der Weg zum Selbst“ von Heinrich Zimmer.
Das Hauptziel der heiligen Schriften ist, den Schein der Welt als solchen zu lehren und das einzige höchste Geistige als einzige Wirklichkeit zu offenbaren. Die ganze Lehre von der Schöpfung des Alls ist im Hinblick auf diese Erkenntnis gemeint. Die heiligen Schriften gehen dabei tief in Einzelheiten und beschäftigen die Wahrheitssucher der untersten Stufe mit Erzählungen von den verschiedengestaltigen Erscheinungen des Geistigen, wie sie einander folgen. Sie erzählen von der Kraft, die das Göttlich-Geistige aus dem Gleichgewicht reinen In-sich-Ruhens bringt (Prakriti) und zur Entfaltung von Welt und Ich führt, handeln vom gespiegelten Innesein, von dem Auseinandertreten der Grundwerte, aus deren Mischung sich die greifbaren Elemente aufbauen, vom Weltall, vom Leibe und vom Leben und so fort.
Aber für den Wahrheitsschauer auf höherer Stufe deuten die heiligen Schriften — um es kurz zu sagen — an: Die ganze Welt mit ihren Gestalten entfaltet sich wie die Sphäre eines Traumes mit anscheinender Wirklichkeit und scheinbar unabhängig selbständigem Dasein dank dem Nichtwissen um das Selbst und dem Besessensein von sich aufdrängenden Vorstellungen und Regungen, das sich aus dem Nichtwissen ergibt.
Die heiligen Schriften suchen die Welt in ihrer Unwahrheit darzutun und die Wahrheit zu offenbaren. Wer das Selbst kraft gerader und unmittelbarer Erfahrung in seiner Wirklichkeit erlebt hat, erkennt jenseits alles Zweifels, dass die Erscheinungswelt als eine eigenständige unabhängige Wirklichkeit ein reiner Wahn ist.
Das exoterische Schöpfungsbild
Artikel aus dem Buch „Das System des Vedanta“ von Paul Deussen, Elibron Classics, 2. Auflage, 1906, S. 248 - 269.
Allgemeines
Maßgebend für die Vorstellungen über die Entstehung der Welt sind vor allen andern zwei Upanishadstellen, die wir zunächst hier mitteilen:
1) Taittiriya Upanishad 2,1: „Wahrlich, aus diesem Atman ist der Akasha entstanden, aus dem Akasha der Wind, aus dem Wind das Feuer, aus dem Feuer das Wasser, aus dem Wasser die Erde, aus der Erde die Pflanzen, aus den Pflanzen die Nahrung, aus der Nahrung das Sperma, aus dem Sperma der Mensch."
2) Chandogya Upanishad 6,2,2-3,2: „Seiend nur, o Teurer, war dieses am Anfang, eines nur und ohne zweites. Dasselbige beabsichtigte (Aikshata):'Ich will vieles sein, will mich fortpflanzen.' Da schuf es das Feuer (Tejas). Dieses Feuer beabsichtigte: 'Ich will vieles sein, will mich fortpflanzen.' Da schuf es das Wasser. Darum, wenn ein Mensch heiß ist, und er schwitzt, so entstehet aus der Hitze das Wasser. Dieses Wasser beabsichtigte: 'Ich will vieles sein, will mich fortpflanzen.' Da schuf es die Nahrung. Darum, wenn es regnet, so entstehet reichliche Nahrung, denn aus dem Wasser eben entstehet die Nahrung, die man isst. Fürwahr, diese Wesen hier haben dreierlei Samen [d. h. Ursprung] , aus dem Ei Geborenes, lebend Geborenes und aus dem Keim Geborenes. Jene Gottheit beabsichtigte: 'Wohlan, ich will in diese drei Gottheiten [Feuer, Wasser, Nahrung] mit diesem lebenden Selbste [der individuellen Seele] eingehen und auseinanderbreiten Namen und Gestalten; jede einzelne von ihnen aber will ich dreifach machen.' Da ging jene Gottheit in diese drei Gottheiten mit diesem lebenden Selbste ein und breitete auseinander Namen und Gestalten. Jede einzelne von ihnen aber machte sie dreifach.
Wie man sieht, werden in der ersten Stelle fünf Elemente: Akasha, Wind, Feuer, Wasser und Erde, in der zweiten hingegen nur die drei letzten erwähnt. Die ausführlichen Erörterungen unserer Autoren darüber, wie hierin kein Widerspruch liege, indem man in der zweiten Stelle Akasha und Wind aus der ersten ergänzen müsse, können wir, soweit sie bloß exegetischen Charakters sind, hier wohl auf sich beruhen lassen. Bei dieser Gelegenheit aber kommt es zu einer Kontroverse über das Entstandensein des Akasha, welche von erheblichem Interesse ist.
Akasha nämlich, was man gewöhnlich mit Äther übersetzt, ist nicht sowohl dieses als vielmehr der alldurchdringende, allgegenwärtige Raum, wie die Volksausdrücke: Akasham Kuru, „mache Raum", Akasho Jatah, „es ist Raum geworden", zu erkennen geben; jedoch der Raum, aufgefasst als ein Körperliches, als ein Element; — eine Auffassung, die allen denen nicht fern liegt, welche den Raum für etwas Ansichseiendes (d. h. unabhängig von unserm Erkenntnisvermögen Vorhandenes) und somit Reales halten. In diesem Sinne machen ihn die Inder zum Träger des Schalles, in welchem sie also nicht eine Erschütterung der Luft erkannten, wodurch dann weiter auch das Element der Luft eine kompaktere, an den Begriff des Windes streifende Bedeutung erhält. Im Sinne dieser materiellen Auffassung des Raumes macht Shankara (S. 558,1) gegen die Buddhisten, welche den Akasha rein negativ als „die Abwesenheit von Hemmungen" (Avarana Abhava) definieren, geltend, dass dann an der von einem Körper, z. B. einem fliegenden Vogel, eingenommenen Stelle kein Akasha sein könne, dass man in ihm somit nicht „die Abwesenheit der Hemmung", sondern dasjenige Reale, durch welches die Abwesenheit der Hemmung konstituiert, wörtlich: charakterisiert wird (Tad Vastu Bhutam, Yena Avarana Abhavo Vishishyate), erkennen müsse, — was im Grunde auf den Wortstreit, ob ein Negatives noch real heißen könne, hinausläuft und deutlich zeigt, wie die Vorstellung des Akasha zwischen der des Raumes und der einer Materie in der Schwebe bleibt. Diesen Charakter hat sie auch in der folgenden Kontroverse gegen Kanada, der mit richtigem Blick die Heterogenität des Akasha von den Elementen erkennt, derzufolge er zwischen der körperlichen Natur und der in ihr sich manifestierenden Naturkraft (Brahman) als Bindeglied in der Mitte steht.
Die Entstehung des Raumes (Akasha), nach 2,3,1-7
Mit unverhohlenem Spotte erwähnt Shankara die Meinung der in die Fußstapfen des erlauchten Kanabhuj (Spitzname für Kanada) Tretenden: „dass man sich eine Entstehung des Raumes nicht vorstellen könne" (S. 608,6). Wir wollen sehen, inwiefern dieser Spott begründet ist, indem wir aus dem Chaos der Erörterungen die wesentlichen Argumente und Gegenargumente herausheben.
Der Raum kann nicht entstanden sein, sagt Kanada, aus folgenden Gründen : 1) Wie soll man sich das Kausalverhältnis zwischen dem Raume als Wirkung und seiner Ursache vorstellen? Die Ursache (Karanam) einer Wirkung (z. B. eines Gewebes) hat drei Momente als Samavayi Dsamavayi Nimitta Karanam, d. h. inhärierende Ursache (die Fäden), nicht-inhärierende Ursache (die Verbindung der Fäden) und bewirkende Ursache (Weber und Webstuhl). Die inhärierende Ursaehe wird gebildet durch eine Substanz, welche a) homogen (Ekajatiyaka), b) vielheitlich (Aneka) ist [wie die Atome des Kanada]. „Für den Raum nun gibt es keine homogene und vielheitliche Ursubstanz, aus welcher als inhärierender Ursache nebst der Verbindung derselben [d. h. ihrer Partikeln] als nicht-inhärierender Ursache der Raum entstehen könnte. Ist sie aber nicht vorhanden, so ist noch viel weniger an eine sich ihrer annehmende bewirkende Ursache für den Raum zu denken." (S. 608,8 fg.).
2) Bei den entstandenen Elementen (z. B. dem Feuer) können wir uns einen Unterschied vorstellen zwischen der Zeit, ehe sie waren, und der Zeit, nachdem sie geworden sind. Diesen Unterschied können wir uns beim Raume nicht vorstellen [Na Sanebhavayitum Shakyate, S. 609,4, d. h. also: Wir können keinen Zustand vorstellen, in dem der Raum nicht war]. „Denn wie kann man annehmen, dass vor der Schöpfung kein Platz, keine Hohlheit, kein Offenes gewesen wäre?" (S. 609,5)
3) Der Raum ist unentstanden, weil er von der Erde usw. wesensverschieden (Vidharma) ist, sofern er als Merkmale die Alldurchdringung (Vibhutvam) usw. hat (S. 609,6).
4) Endlich wird der Raum von der Schrift selbst „unsterblich, allgegenwärtig, ewig" genannt (S. 610,3). Nach allem diesem muss man annehmen, dass vor der Schöpfung, wo nach der Schrift „eines nur und ohne zweites" war, der Raum mit Brahman eine alldurchdringende, gestaltlose Einheit gebildet habe, wie Wasser mit Milch untereinander gemischt, welche sich bei der Schöpfung schied, in der Art, dass der Raum unbeweglich blieb, während Brahman sich bestrebte (Yatate, die 'Welt hervorzubringen (S. 612,3).
Nachdem Shankara zunächst darauf hingewiesen, dass Wasser und Milch, obwohl gemischt, doch begrifflich verschieden bleiben, fur das Seiende vor der Schöpfung aber eine begriffliche Einheit verlangt werde (S. 617,15), schickt er sich zu einer Widerlegung der Argumente Kanadas an; vorher aber gibt er für die Entstehung des Raumes folgenden positiven Beweis.
(S. 618,13): „Soweit man irgend etwas durch Umwandlung Entstandenes sieht, seien es Krüge, Töpfe und Eimer, oder Armbänder, Spangen und Ringe, oder Nadeln, Eisenpfeile und Schwerter, so weit bemerkt man auch in der Welt Teilung. Hingegen kann kein Unentstandenes jemals irgendwie als geteilt gedacht werden. Die Teilung des Raumes aber wird aus der Erde usw. [die in ihm sind] erwiesen; folglich muss auch er eine Umwandlung sein." [Also: Alles Entstandene ist teilbar; nun ist der Raum teilbar; ergo —!].
Im Gefühle wohl der Schwäche dieser Argumentation springt unser Autor von ihr in das metaphysische Gebiet über, wo er besser zu Hause ist: Der Atman hingegen, sagt er, ist nicht durch Erde usw. geteilt; denn der Raum [das Prinzip der Teilung] ist aus ihm entstanden; folglich ist der Atman nicht eine Umwandlung. Mit diesem Gedanken, welcher in der tiefsinnigen Erkenntnis der Raumlosigkeit des Ansichseienden wurzelt, geht Shankara über zu der schönen Darlegung der Aseität des Atman, der Seele, die wir Kap. VIII, 6 (S. 137) übersetzt haben. Dann aber wendet er sich gegen die obigen Argumente des Kanada, indem er versucht, sie der Reihe nach zu widerlegen.
1) Die Ursache braucht nicht notwendigerweise homogen und vielheitlich zu sein;
a) nicht homogen: denn die Fäden und ihre Verbindungen brauchen nicht homogen zu sein, und ebensowenig die bewirkende Ursache, der Webstuhl. [Alles das hat auch niemand behauptet]. — Oder soll die Homogenität nur von der inhärierenden Ursache behauptet werden? Auch das gilt nicht unbedingt. Denn man dreht den einheitlichen Strick aus Garn und Kuhhaaren; und man webt mancherlei Decken aus Fäden und [ungesponnener] Wolle. Oder soll die Homogenität der Ursache nur bedeuten, dass sie ein Seiendes und eine Substanz ist? Das versteht sich von selbst, und die Forderung ist überflüssig.
b) Die Ursache braucht auch nicht vielheitlich zu sein. Denn die Atome des Kanada wirken ja auch jedes für sich. Es ist nicht nötig, dass die Ursache aus mehreren Faktoren bestehe; denn die Wirkung kann auch durch Umwandlung stattfinden, indem eine Substanz in einen verschiedenartigen Zustand übergeht und dann Wirkung heißt. Die Substanz kann dabei vielheitlich sein, wie Erde und Same, die zur Pflanze werden, oder auch einheitlich, wie Milch, die zu saurer Milch wird. Und so ist, nach der Schrift, aus dem einheitlichen Brahman die vielheitliche Welt mit Raum usw. entstanden (S. 621,5-623,4).
2) Es ist ungereimt, zu behaupten, dass man sich, in bezug auf den Raum, keinen Unterschied vorstellen könne zwischen der Zeit vor und der Zeit nach der Schöpfung; denn dass jetzt der Raum mit den Körpern da ist, und dass das alles vor der Schöpfung nicht da war, das eben ist der Unterschied. [Womit freilich Kanada nicht begriffen, viel weniger widerlegt ist.] Übrigens erklärt die Schrift ausdrücklich (Brih.3,8,8, übersetzt S. 143), dass Brahman unter anderm raumlos (Anadram, „nicht Äther", wie wir S. 143 übersetzten) sei (S. 623,5-12).
3) Auch das geht nicht an, dass der Raum unentstanden, weil von der Erde usw. wesensverschieden sei. Denn erstlich ist, wo die Schrift widerspricht, ein Vernunftschluss auf die Unmöglichkeit der Entstehung trüglich; dann aber folgt die Entstehung auch durch einen Vernunftschluss selbst: Der Raum ist nicht ewig, weil er der Träger nicht-ewiger Qualitäten ist, [etwa des Schalles? — der würde doch unter keinen Umständen eine wesentliche Qualität des Raumes sein daher man, wie für Gefäße usw., einen Anfang für ihn ansetzen muss. Behauptet ihr, dass er sich darin von dem Atman nicht unterscheidet? — Von dem hat noch niemand einem Anhänger der Upanishaden bewiesen, dass er der Träger nicht-ewiger Qualitäten ist. Es ist übrigens auch noch gar nicht einmal erwiesen, dass der Raum alldurchdringend (Vibhu ist (! S. 624,5; dieselbe monströse Behauptung S. 700,4).
4) Wenn der Raum von der Schrift unsterblich genannt wird, so geschieht es nur in dem (relativen) Sinne, in dem auch die Götter unsterblich heißen (worüber S. 71). Wenn es aber von Brahman heißt, er ist „dem Raume gleich allgegenwärtig ewig," so ist dies eben ein Bild, wie wenn es heißt, „die Sonne läuft wie ein Pfeil," womit ja nicht gesagt ist, dass sie nur dieselbe Schnelligkeit wie ein Pfeil habe; und dann heißt es auch von Brahman: „Er ist größer als der Raum" (S. 175) und: „Was von ihm verschieden, das ist leidvoll" (S. 154). Somit ist das Entstandensein des Raumes erwiesen (S. 624,6-625,7).
Die Entstehung von Luft, Feuer, Wasser, Erde, nach 2,3,8-13
Wie aus dem Atman der Akasha, so ist aus dem Akasha der Vayu (Luft oder Wind) entstanden, dessen von der Schrift (Chand. 4,3,1. Brih. 1,5,22) gelehrte Unsterblichkeit und Unvergänglichkeit daher nur als relativ (Apekshika), nämlich im Vergleich mit den übrigen Elementen, die sämtlich aus ihm hervor- und in ihn zurückgehen, zu verstehen ist und nur in der niedern Wissenschaft gilt (S. 626,5), was wohl dahin zu verstehen sein wird, dass in der betreffenden Schriftstelle (Brih. 1,5,22) Vayu ein Repräsentant des Aparam Brahma ist. Wie aus dem Akasha der Wind, so ist aus diesem wieder das Feuer (2,3,10), aus dem Feuer das Wasser (2,3,11) und aus dem Wasser die Erde hervorgegangen (2,3,12), denn diese, und nicht Reis, Gerste u. dgl., ist unter der "Nahrung" in der zu Eingang unseres Kapitels angeführten Chandogyastelle zu verstehen, erstens, weil es der Zusammenhang fordert, der mehr gilt als der Sprachgebrauch (S. 634,5), sodann weil "die Nahrung" weiterhin (Chand. 6,4) als „das Schwarze" bezeichnet wird, was sich auf die Erde bezieht, die stellenweise zwar weißlich wie Milch und rötlich wie [glühende] Kohlen (S. 633,9), in der Regel aber schwarz ist, daher sie auch in den Puranas Çarvarï (die Nacht) genannt wird (p. 633,11). Die Pflanzen gehen, nach andern Schriftstellen, erst aus der Erde hervor, daher hier durch das Wort „Nahrung" die Erde angedeutet wird.
Wie ist nun dieses Hervorgehen der Elemente auseinander zu verstehen? Dieselben sind doch ohne Erkenntnis (Acetana), ohne Erkenntnis aber (ein wichtiger Grundsatz unseres Systems) ist keine Bewegung möglich (S. 635,1; vgl. 528,7). Man muss also annehmen, dass Gott selbst sich in die Elemente umwandelt (S. 635,3) und, nachdem er z. B. Wind geworden ist, das Feuer schafft (S. 630,10); sein Verhältnis zu den Elementen drückt die Schriftstelle (Brih. 3,7,3) aus: „Der, in der Erde wohnend, von der Erde verschieden ist, den die Erde nicht kennt, dessen Leib die Erde ist, der die Erde innerlich regiert, der ist deine Seele, dein innerer Lenker, dein Unsterbliches" (vgl. S. 160 fg.). Sonach ist in allen Elementen Brahman der innere Lenker und Aufseher und vollzieht als solcher die Bewegungen derselben (S. 635,7).
Es ist also festzuhalten, dass die elementare Schöpfung, d. h. die ganze unorganische Natur als solche unbeseelt und somit der Bewegung unfähig ist, wie der Wagen, wenn er nicht gezogen wird (S. 507,9. 727,1), und dass demnach, wenn z. B. das Wasser fließt, nicht das Wasser als solches, sondern Brahman in ihm dieses bewirkt (S. 507,12); und der Widerspruch ist nicht erheblich, wenn an seiner Statt gelegentlich den (von ihm geschaffenen und abhängigen) Naturgöttern derartige Funktionen zugewiesen werden, worüber wir S. 69 fg. gesprochen haben.
Auch die psychischen Organe (Buddhi, Manas und Sinne), die wir in unserm psychologischen Teile näher kennen lernen werden, sind, ebenso wie die Elemente, aus Brahman emaniert, mag man nun annehmen, dass sie mit diesen gleichartig und sonach auch gleichzeitig entstanden sind (S. 640,1), oder dass sie von den Naturelementen wesensverschieden sind und dann als vor oder nach denselben hervorgegangen angesehen werden müssen (S. 640,3). In jedem Falle sind sie, sowie die Elemente, an sich etwas Lebloses, und beide, die Elemente wie die Organe, sind nur erschaffen als Mittel zum Zwecke, wie wir weiterhin sehen werden.
Zwischenbemerkung über den Untergang der Welt, nach 2,3,14
Man muss annehmen, dass bei der periodischen Reabsorption der Welt in Brahman die Elemente, so wie sie aus einander entstanden sind, in umgekehrter Reihenfolge eines in das andere zurückgehen; denn so lehrt es die Erfahrung, indem z. B. bei einer Treppe das Herabsteigen umgekehrt ist wie das Heraufsteigen (S. 637,5); daher, wie das Gefäß wieder zu Ton, das Eis wieder zu Wasser wird (S. 637,6), so auch die Auflösung der Elemente in der Art geschieht, dass das weniger Feine in das Feinere, die entferntere Wirkung in die jedesmal nähere zurückgeht (S. 637,9), denn es geht nicht an, anzunehmen, dass die Wirkung noch fortbesteht, wenn ihre Ursache untergeht (S. 638,4).
Sonach wird also am Ende des Kalpa die Erde wieder zu Wasser, das Wasser zu Feuer, das Feuer zu Luft, die Luft zu Akasha, der Akasha zu Brahman. Diese Anschauung ist geeignet, auf die naturwissenschaftlichen Motive der Lehre von der stufenweisen Evolution und Absorption der Elemente, worüber wir sonst gar nichts erfahren, einiges Licht zu werfen: die Beobachtung, wie Festes sich in Wasser auflöst, Wasser in der Feuerhitze verdampft, Feuer mit seinen Flammen in der Luft verflackert (Chand. 4,3,1: Yada Va' Agnir Udvayati, Vayum Eva Api Eti), Luft nach der Höhe zu sich mehr und mehr zum leeren Raume verdünnt, mochte zu dieser Stufenfolge der Weltauflösung und, durch Umkehrung, zu der entgegengesetzten der Weltschöpfung führen.
Die organische Natur, nach 3,1,24. 20-21
Die eigentliche Schöpfung der Welt, welche, wie es scheint, als Scheibe zu denken ist, schließt mit der Schöpfung der unorganischen Natur ab. Denn in der organischen Natur tritt uns ein gänzlich neues Prinzip entgegen: Es ist die Seele, welche in all den tausend Erscheinungen des Lebens, in allen Gestalten der Götter, Menschen, Tiere und Pflanzen zur Verkörperung gelangt. Zwar sind auch die Seelen ein Ausfluss des Brahman, aus welchem sie nach den Upanishaden (z. B. Mund. 2,1,1, übersetzt S. 142; Kaush. 3,3. 4,20. Brih. 2,1,20) entsprungen sind wie aus einem Feuer die Funken, und in welches sie ebenso wieder zurückkehren; aber weder ihr Entstehen aus Brahman noch ihre Rückkehr in dasselbe werden von unserm Systeme im strengen Sinne des Wortes verstanden: Denn die Seele besteht mitsamt ihren Organen (Pranas) und dem „feinen Leibe" von Ewigkeit her und, falls nicht Erlösung eintritt, in Ewigkeit hinein; ihr Eingehen in das Brahman beim Tiefschlafe, Tode und Weltuntergang geschieht so, dass der Same von ihr übrig bleibt, aus dem sie, nebst ihren Organen, unverändert wieder hervorgeht; wovon später.
Als verkörperte Seelen haben wir alle lebenden Wesen (Bhutam, genauer [im Gegensatze zu den Mahabhutani oder Elementen S. 140,13] Pranimah S. 300,5. 303,4), also nicht nur alle Götter, Menschen und Tiere, sondern auch die Pflanzen zu verstehen (daher die Ausdrücke: Brahmadi Sthavaranta S. 61,11; Brahmadi Stambaparyanta S. 604,2). Auch die Pflanzen (Sthavara) also sind, wie S. 774,5 ausdrücklich anerkannt wird, Stätten des Genießens (resp. Leidens), auch sie haben eine lebendige Seele (Kshetrajna S. 772,5; Jiva S. 773,3), welche um unlauterer Werke willen in sie eingegangen ist (S. 774,6) und Lust und Schmerz empfindet (S. 772,4), an welchem jedoch die vom Monde zurückkehrenden und in den Pflanzen vorübergehend als Gäste weilenden Seelen, wie wir später sehen werden, nicht teilnehmen.
Wird die Pflanze abgeschnitten, zermalmt, gekocht usw., so zieht die in ihr wohnende Pflanzenseele aus (Pravasati), wie jede Seele, wenn ihr Leib zerstört wird (S. 773,13 fg.). Auch Erkenntnis müssen die Pflanzen teilweise haben, indem sonst das Wandern der Lotosblume von einem Teiche zum andern und das Emporsteigen der Schlingpflanze an dem Baume nicht erklärlich sind (S. 478,9); denn, wie öfter ausgesprochen wird: ohne Erkenntnis (Cetana) keine Bewegung (Pravritti).
Im allgemeinen allerdings steht der Pflanzenwelt als dem Unbeweglichen (Sthavara) die Tierwelt als das Bewegliche (Jangama) gegenüber (S. 769,4. 113,1. 118,17. 178,5. 642,1. 687,4); zur Charakterisierung der letzteren mag dienen, dass der Kuh (S. 507,14) Erkenntnis und Liebe zu ihrem Kalbe zugesprochen wird, sowie, dass die Gänse (Hansa) imstande sind, in einem Gemische von Wasser und Milch beide zu unterscheiden, was wir nicht können (S. 799,3). Im Übrigen sind wir über den Unterschied zwischen tierischer und menschlicher Erkenntnis auf dasjenige beschränkt, was die Anm. 34, S. 59, übersetzte Stelle darüber bietet. Seltsam berührt es uns, wenn S. 491,7, wie den Göttern unendlicher Genuss und den Menschen ein mittleres Schicksal, so den Tieren als Los „unendliches Leiden" zugesprochen wird. Übrigens kann sich eine solche Anschauung wohl nur da bilden, wo die Höhe der Lust nach dem Grade der Intelligenz bemessen wird, wo somit die intellektuellen Genüsse als die höchsten geschätzt werden.
Einer Klassifizierung der organischen Wesen begegnen wir 3,1,20-21, wo dieselben (ebenso wie Ait. Up. 3,3 p. 243) nach dem Entstehungsgrunde eingeteilt werden in
- Udbhijja, aus dem Keim Geborene (Pflanzen),
- Svedaja, aus Schweiß (feuchter Hitze, "Sveda", wofür Badarayana das wunderliche Wort "Samshoka" hat) Geborene, z. B. Ungeziefer,
- Andaja, aus dem Ei Geborene,
- Jarayuja, aus dem Mutterschoß (wörtlich dem Chorion) Geborene.
Die beiden letzten Klassen entstehen durch Zeugung, die beiden ersteren ohne dieselbe (S. 768,10). Die zu Eingang unseres Kapitels, S. 249, mitgeteilte Chandogyastelle statuiert nur drei Klassen, indem sie die beiden ersten zusammenfasst, sofern beide keimartig, die einen aus der Erde, die andern aus dem Wasser hervorbrechen (S. 769,3), doch ist die Trennung gerechtfertigt, indem die erste Klasse die unbeweglichen, die zweite bewegliche Wesen befasst (S. 769,5).
Physiologische Bemerkungen, nach 2,4,20-22. 3,1,2
In der Stelle der Chandogya Upanishad, deren Anfang wir oben S. 2413 übersetzten, wird im weiteren Verlaufe gezeigt, wie alles aus den drei Urelementen, Glut, Wasser und Nahrung dreifach gemischt ist, so dass z. B. bei dem natürlichen Feuer, bei Sonne, Mond und Blitz das Rote aus dem Glutelement, das Weiße aus dem Wasserelement, das Schwarze aus dem Nahrungselement entspringt. Ein Überwiegen des einen der drei Elemente über die beiden andern bedingt die Unterschiede von Feuer, Wasser, Erde usw. in der Natur (S. 737,13; das Feuer in der Natur ist Trivritkritam Tejas, „das dreifach gemachte Feuer", S. 144,1, im Gegensatze zu dem Atrivritkritam Tejaj Prathamajam S. 143,7).
Das Motiv dieser Mischungstheorie scheint der Wunsch zu sein, zu erklären, wie auch der menschliche Leib, obgleich er bei seiner Ernährung nur einzelne Stoffe aufnimmt, dennoch aus allen drei Urelementen besteht, wobei die feineren Teile, wie der Rahm bei der Milch, nach oben, die gröberen nach unten gehen. Derjenige, welcher diese Dreimischung in der Natur und im Leibe vollbringt, ist, wie S. 733 fg. ausgeführt wird, nicht die individuelle Seele, sondern Brahman.
Dass aber der Leib aus den drei Elementen, Nahrung, Wasser und Glut besteht, geht daraus hervor, dass man ihre Wirkungen in ihm wahrnimmt. Anderseits enthält er die drei Stoffe (Dhatu): Wind, Galle und Schleim (S. 743,8). In welchem Verhältnisse dieselben zu den Elementen stehen, wird nicht gesagt. Das Übergewicht haben im Leibe die flüssigen Substanzen, Säfte, Blut usw. (S. 743,11); „in anderer Hinsicht" allerdings wieder die erdigen (S. 743,12; in welcher, bleibt unerörtert); dass er aber wesentlich flüssig ist, ersieht man daran, dass der Körper aus zwei Flüssigkeiten, dem [männlichen] Samen und dem [weiblichen] Blute ursprünglich entsteht (S. 743,13; vgl. Arist. met. 11,4 S. 1044A35 und Ait. âr. 2,3,7,3).
Der Streit mit den Buddhisten über die Realität der Außenwelt, nach 2,2,28-31
Ähnlich wie Kant neben dem transzendentalen Idealismus die empirische Realität der Außenwelt festhielt und (gegen Berkeley) verfocht, so hindert auch die Vedantisten ihre Lehre von dem Nichtwissen als dem Grunde alles in Name und Gestalt ausgebreiteten Daseins nicht, die Realität der Außenwelt gegenüber den Buddhisten idealistischer Richtung zu behaupten. Bei der hohen Wichtigkeit dieser Frage und der Schwierigkeit der sie behandelnden Stelle unseres Werkes, wollen wir dieselbe hier in extenso übersetzen.
Unmittelbar vorher (2,2,18-27) geht die Besprechung des buddhistischen Realismus, auf welchen sich der buddhistische Idealist in den Anfangsworten bezieht.
Der Buddhist spricht: [S. 566,12 fg.] „Indem man die Hinneigung mancher Schüler zu den äußern Dingen bemerkte, hat man ihnen zu Gefallen diese Lehrmeinung von [der Realität] der Außenwelt aufgestellt. Nicht aber ist sie die Ansicht Buddhas; [S. 567] vielmehr ist, was er wollte, die Lehre von der alleinigen Kategorie (Skandha) der Vorstellung (Vijnanam). Nach dieser Vorstellungslehre beruht die Außengestalt [nur] in dem Intellekte (Buddhi), und das ganze Welttreiben von Erkennen, Erkanntem und [[[Genuss]] der] Frucht ist nur etwas Innerliches; und gäbe es selbst Außendinge, so würde doch, ohne dass es in dem Intellekte beruhte, dieses Welttreiben von Erkennen usw. nicht von statten gehen können.
Aber womit wird denn bewiesen, dass das ganze Welttreiben nur etwas Innerliches ist, und dass es über die Vorstellung hinaus keine Außendinge gibt? Damit, dass dieselben unmöglich sind! Angenommen nämlich, es gäbe äußere Objekte, so müssten dieselben, z. B. die festen Körper, entweder unendlich klein (Paramanu) oder ein Aggregat von unendlich Kleinem sein; unendlich klein nun kann das, was die Perzeption als festen Körper usw. umgrenzen muss, nicht sein, weil ein unendlich Kleines nicht sichtbar und erkennbar ist; aber auch kein Aggregat von unendlich Kleinem: weil ein solches weder als verschieden von dem unendlich Kleinen noch als identisch mit ihm [S. 568] gedacht werden kann [nicht als verschieden, weil es aus ihm besteht, nicht als identisch, weil es dann in allen seinen Teilen sich der Wahrnehmung entziehen würde]. Dasselbe gilt von den Gattungen [[[Jati]], als welche nur in den Individuen existieren].
Ferner: Wenn die Erkenntnis (Jnanam), die ihrer Natur nach ein Allgemeines ist, indem sie allein durch die Empfindung (Anubhava) erzeugt wird, je nach den Gegenständen Partei ergreift als Erkenntnis der Säule, Erkenntnis der Wand, Erkenntnis des Gefäßes, Erkenntnis des Gewebes, so ist dies nicht anders möglich als durch eine Differenzierung (Vishesha), welche die Erkenntnis betrifft. Somit muss man unweigerlich die Wesenseinheit (Sarupyam) der Erkenntnis mit den Gegenständen zugeben. Hat man diese aber zugegeben, so ist, da die Gestalt des Objektes in der bloßen Erkenntnis beschlossen liegt, die Hypothese (Kalpana) der Existenz von Dingen überflüssig.
Auch weil die Apperzeption (Upalambha) notwendigerweise beide miteinander befasst, ist keine Trennung von Objekt und Vorstellung (Anubhavam) möglich; denn es geht nicht an, das eine von diesen beiden zu apperzipieren, ohne dass man auch das andere apperzipiert; und dem wäre nicht so, wenn sie ihrer Natur nach verschieden wären, denn dann würde kein Grund vorhanden sein, der es hinderte. Auch darum also gibt es keine Dinge.
Es ist aber dabei wie z. B. im Traume. Wie nämlich im Traume oder bei Sinnestäuschungen (Maya) Perzeptionen (Pratyaya) von Luftspiegelungswasser, Gandharvastädten u. dgl. ohne äußeren Gegenstand in der Form von Auffassendem und Aufzufassendem entstehen, ebenso muss es [S. 569] mit den Perzeptionen im Wachen von Säulen usw. seine Bewandtnis haben, wie daraus hervorgeht, dass sie von jenen darin, dass sie Perzeptionen sind, sich nicht unterscheiden.
Aber woher rührt, wenn kein äußeres Objekt vorhanden ist, die Mannigfaltigkeit der Perzeptionen? Wir antworten: von der Mannigfaltigkeit der [subjektiven] Erscheinungen (Vasana). Indem nämlich in dem anfanglosen Samsara die Vorstellungen und die Erscheinungen, sowie Samen und Pflanzen, wechselseitig voneinander Ursache und Wirkung sind, so erklärt sich die Mannigfaltigkeit ohne Widerspruch. Auch ist anzunehmen, dass für die Regel [das Wachen] so gut wie für die Ausnahme [den Schlaf] die Mannigfaltigkeit der Erkenntnis lediglich in den Erscheinungen ihren Grund hat. Und dass im Traume usw. auch ohne Außendinge eine Mannigfaltigkeit der Erkenntnis von den Erscheinungen hervorgebracht wird, darin stimmen wir ja beide überein; nur dass ich überhaupt keine Mannigfaltigkeit von Erkenntnissen, die nicht durch Erscheinungen, sondern durch Außendinge veranlasst würde, annehme. Auch darum also gibt es keine Außendinge."
Hierauf erwidert der Vedantist: „Dass es keine Außendinge gebe, lässt sich nicht behaupten. Warum? Weil man sie apperzipiert. Denn man apperzipiert das äußere Objekt je nach der Perzeption als eine Säule, eine Wand, ein Gefäß, ein Gewebe; und was man apperzipiert, das kann doch nicht nichtsein. Es kommt mir vor, wie wenn einer, der isst, während sich die durch das Essen vollbrachte Sättigung ganz unmittelbar fühlbar macht, sagen wollte: 'Ich esse nicht und werde auch nicht satt.' Ebenso ist es, wenn einer durch die Berührung mit den Sinnesorganen ganz unmittelbar [S. 570] die Außendinge apperzipiert und dabei versichert: 'Ich apperzipiere nicht, und das Ding da ist nicht da.' Wie lässt sich auf solches Reden etwas geben?"
Der Buddhist: „Aber ich sage ja gar nicht, dass ich keine Gegenstände apperzipiere; ich behaupte nur, dass ich nichts außerhalb der Apperzeption apperzipiere."
Der Vedantist: „Jawohl, das behauptest du! Aber nur wegen der Hakenlosigkeit deines Rüssels [die Elefanten werden durch Haken gelenkt] und nicht aus Gründen! Denn wir werden gezwungen, über die Apperzeption hinaus Objekte anzunehmen, und zwar durch die Apperzeption selbst. Denn kein Mensch apperzipiert eine Säule oder eine Wand als bloße Apperzeption, sondern als Objekte der Apperzeption apperzipiert alle Welt die Säule und die Wand. Und dass alle Welt das tut, ergibt sich daraus, dass auch diejenigen, welche die Außendinge bestreiten, dafür Zeugnis ablegen, wenn sie sagen: 'die innerlich erkannte Gestalt erscheint, als wäre sie draußen.' Denn auch sie nehmen das von aller Welt anerkannte Bewusstsein von dem Draußen zur Hilfe, wenn sie, um die Außendinge zu bestreiten, mit ihrem 'als wäre sie draufsen' das Draußen vergleichsweise heranziehen. Denn wie könnten sie sonst sagen: 'als wäre sie draufsen?' Denn kein Mensch sagt: Der und der sieht aus, als wäre er der Sohn einer Unfruchtbaren. Darum muss man, wenn man dem Gefühle gemäß das Wesen des Seienden auffasst, sagen: 'dasselbe erscheint draußen'; nicht aber: 'als wäre es draußen'.
Aber wurde nicht daraus, dass keine Außendinge möglich sind, geschlossen, dass es bloß scheine, als wären sie draufsen? — [S. 571] Ja, aber dieser Schluss ist nicht berechtigt. Denn nach dem, was bewiesen oder nicht bewiesen wird, entscheidet sich, was möglich oder nicht möglich ist; nicht aber umgekehrt nach dem, was möglich oder nicht möglich ist, das, was zu beweisen oder nicht zu beweisen ist. Denn was durch eines der Erkenntnismittel, Wahrnehmung usw. (S. 93 fg.) apperzipiert wird, das ist möglich (oder: wirklich, Sambhavati), und was durch kein Erkenntnismittel apperzipiert wird, das ist nicht möglich (wirklich). Die Außendinge nun werden, je nach ihrer Art, durch alle Erkenntnismittel apperzipiert; wie kann man da auf Grund so willkürlicher Reflexionen, wie die über die Ausnahmen und Nichtausnahmen [das Träumen und das Wachen] behaupten, dass sie nicht möglich sind, wo man sie doch apperzipiert!
Und darum, weil die Erkenntnis mit dem Objekte konform ist, kommt das Objekt nicht in Wegfall. Denn gäbe es kein Objekt, so würde jene Konformität mit ihm nicht statt haben; dass aber das Objekt existiert, folgt daraus, dass man es als draußen apperzipiert. [S. 572] Somit hat die Notwendigkeit, Perzeptionen und Objekte zugleich zu apperzipieren, darin ihren Grund, dass beide sich verhalten wie Mittel und Vermitteltes, nicht darin, dass sie identisch sind.
Weiter: Wenn man die Erkenntnis des Gefäßes und die Erkenntnis des Gewebes unterscheidet, so liegt die Verschiedenheit in dem, was unterscheidet, dem Gefäße, dem Gewebe, nicht in dem, was unterschieden wird, der Erkenntnis. Denn eine weiße Kuh und eine schwarze Kuh sind verschieden in der Weiße und Schwärze, nicht darin, dass sie Kühe sind. Also durch die zwei wird die Unterscheidung des einen vollbracht, und durch das eine die der zwei. [Sie würden nicht unterschieden werden, wären sie nicht eins darin, dass sie Erkenntnis sind; — oder soll man lesen: 'Naikasmac Ca'?] Folglich sind Objekt und Erkenntnis verschieden. Und auch darauf können wir uns hierbei berufen, dass man das Sehen des Gefäßes und die Erinnerung an das Gefäß unterscheidet. Denn auch hier liegt die Differenz in dem, was unterschieden wird, dem Sehen, dem Erinnern, nicht in dem, was sie unterscheidet, dem Gefäße; ebenso wie hei den Worten Milchgeruch und Milchgeschmack die Differenz in dem was unterschieden wird, dem Geruch und Geschmack, nicht in der sie unterscheidenden Milch liegt.
Auch kann zwischen zwei [bloßen] Vorstellungen (Vijnanam), die zeitlich verschieden sind, da sie sich durch ihr eigenes Zum-Bewusstsein-Kommen aufzehren, kein gegenseitiges [S. 573] Verhältnis von Aufzufassendem (Grahya, und Auffassendem (Grahaka) stattfinden [als wäre auch das Subjekt eine Vorstellung, Vijnanam!], indem dadurch die von den Buddhisten selbst aufgestellten Theorien ... [deren Aufzählung wir hier übergehen] hinfällig werden würden.
Und nun weiter: Du nimmst doch eine Reihenfolge von Vorstellungen an, warum denn nimmst du nicht die Außendinge, wie Säule und Wand, an? Du meinst, weil die Vorstellung empfunden wird? Aber die Außendinge werden ja doch auch empfunden! Oder meinst du, dass man die Vorstellungen, weil es in ihrem Wesen liegt, zu erhellen, wie eine Lampe an ihnen selbst empfindet, die Außendinge hingegen nicht? Also etwas, was sich seinem Wesen nach absolut widerspricht, ebenso als wenn du sagtest: 'Das Feuer verbrennt sich selbst' , das nimmst du an, und die widerspruchslose, allgemeine Annahme, dass durch die über sich selbst hinausreichende Vorstellung das Außending empfunden wird [S. 574], die nimmst du nicht an! Das ist ja eine große Weisheit, die du da an den Tag legst! Die Vorstellung selbst, sofern sie über das Ding hinaus liegt, wird überhaupt gar nicht empfunden, weil dies ihrem eigenen Wesen widerspricht. [Hier, wie noch öfter, schwankt der Begriff der Vorstellung zu dem des vorstellenden Subjektes hinüber, was durch das für sie gebrauchte Wort Vijnanam erleichtert wird.]
Man könnte einwenden: Wenn die Vorstellung ihrer Natur nach von einem über sie hinaus Liegenden aufgefasst werden muss, so muss dieses wieder von einem andern aufgefasst werden, dieses wieder von einem andern, und so in infinitum. Und ferner: Wenn die Erkenntnis ihrer Natur nach wie eine Lampe erhellend ist, und man nimmt an, dass dieselbe von einer andern Erkenntnis erkannt wird, so kann doch, wegen der Gleichheit beider, kein Verhältnis von Erhellendem und Erhelltem statthaben, und die Annahme wird überflüssig.
Aber beide Einwendungen halten nicht Stich. Da nur die Vorstellung aufgefasst wird, und somit für die Auffassung des Subjektes (Sakshin) der Vorstellung kein Bedürfnis vorhanden ist, so liegt ein regressus in infinitum nicht vor: denn Subjekt und Perzeption sind ihrer Natur nach entgegengesetzt und verhalten sich wie Apperzipierendes und Apperzipiertes; das Subjekt aber ist an sich selbst gewiss und kann nicht geleugnet werden [vgl. die Ausführung S. 137]. Und wenn weiter behauptet wurde, dass die Vorstellung wie eine Lampe keines anderen bedarf, was sie erhellt, sondern sich von selbst kund tut, so bedeutet dies so viel wie eine Vorstellung, die durch die Erkenntnismittel nicht apprehendierbar und ohne ein sie Apprehendierendes ist, welche ebensowenig sich kund tun würde, wie tausend Lampen, wenn sie mitten in einem Felsblock säßen. Aber wenn die Vorstellung ihrer Natur nach Empfindung ist, haben wir damit nicht [S. 575] die Thesis des Gegners zugegeben?
O nein, sondern wie die Lampe, damit sie leuchtet, noch eines andern Apprehendierenden, des Auges, als Mittels bedarf, ebenso bedarf auch die Vorstellung noch der Sichtbarmachung, und erst indem noch ein anderes, sie Apprehendierendes da ist, wird wie bei der Lampe ihr Scheinen offenbar. Aber, könnte der Gegner sagen, wenn du das apprehendierende Subjekt als selbstverständlich erklärst, so ist das meine Behauptung von der Selbstkundwerdung der Vorstellung, nur mit andern Worten ausgedrückt. Dem aber ist nicht so, weil die Vorstellung als Merkmale Entstehung, Vergänglichkeit und Nichteinheitlichkeit hat [zufällig, nicht wie das Subjekt notwendig ist, was übrigens nur auf ihren Inhalt, nicht aber auf die Form zutrifft, die eben das Wesen des Subjektes konstituiert]. Somit haben wir bewiesen, dass auch die Vorstellung, wie die Lampe, von einem über sie hinaus Liegenden apprehendiert werden muss.
Wenn weiter der Leugner der Außendinge behauptet, dass, ebenso wie die Perzeptionen im Traume, auch die Perzeptionen im Wachen von Säulen usw. ohne äußern Gegenstand entstehen, weil beide darin, dass sie Perzeptionen [S. 576] sind, sich nicht unterscheiden, so antworten wir: Die Perzeptionen im Wachen können nicht entstehen wie die Perzeptionen im Traume. Warum? Weil sie wesensverschieden sind. Denn zwischen Traum und Wachen ist Wesensverschiedenheit. Worin besteht denn diese Wesensverschiedenheit? In der Widerlegbarkeit und Nichtwiderlegbarkeit. Denn was im Traume apperzipiert wurde, das widerlegt sich; denn der Erwachte spricht: 'Irrtümlich habe ich eine große Volksversammlung apperzipiert, denn es ist keine große Volksversammlung da, sondern mein Geist war vom Schlafe befangen, daher entstand jener Irrtum.'
Ebenso finden die Sinnestäuschungen je nach der Art ihre Widerlegung. Hingegen gibt es keinen Zustand, in dem ein im Wachen apperzipiertes Objekt, z. B. eine Säule, widerlegt würde. Dazu kommt, dass das Traumgesicht eine [bloße] Erinnerung ist, das Sehen im Wachen hingegen eine Apperzeption. Der Unterschied zwischen Erinnerung und Apperzeption aber liegt vor Augen und macht sich von selbst fühlbar: denn er besteht darin, dass man von einem Gegenstande getrennt oder nicht getrennt ist; und wenn man sich z. B. eines geliebten Sohnes erinnert, so apperzipiert man ihn nicht, sondern man wünscht ihn zu apperzipieren. [S. 577]
Da dem so ist, so kann man nicht behaupten, dass die Apperzeption im Wachen trügt, weil sie, sowie die Apperzeption im Traume, [nur] Apperzeption ist. Denn der Unterschied zwischen beiden macht sich von selbst fühlbar. Was sie aber selbst fühlen, das dürfen die vermeintlichen Weisen nicht abstreiten. Aber eben, weil ihr Gefühl Protest einlegt, und sie die Grundlosigkeit der Perzeptionen im Wachen an ihnen selbst nicht dartun können, darum möchten sie dieselbe aus der Verwandtschaft mit den Traumperzeptionen erweisen. Aber eine Eigenschaft, die einer Sache an sich selbst nicht zukommt, die kommt ihr auch nicht dadurch zu, dass sie mit einer andern Sache verwandt ist. Denn wenn man fühlt, dass das Feuer heiß ist, so wird es nicht dadurch kalt, dass es [als Element] mit dem Wasser verwandt ist. Die Verschiedenheit aber zwischen Traum und Wachen haben wir nachgewiesen.
Noch müssen wir auf die Behauptung antworten, dass die Mannigfaltigkeit der Erkenntnis auch ohne die Objekte durch eine Mannigfaltigkeit von [subjektiven] Erscheinungen (Rasana) zustande kommen könne. Wir entgegnen: Das Vorhandensein von Erscheinungen ist nicht möglich, wenn, wie du annimmst, keine Apperzeption äußerer Objekte stattfindet. Denn in der Apperzeption der Objekte [S. 578] haben die je nach dem Objekt verschieden gestalteten Erscheinungen ihren Grund; wenn aber keine Objekte apperzipiert werden, worin sollen da die mannigfaltigen Erscheinungen ihren Grund haben? Auch bei Annahme der Anfanglosigkeit würde, vergleichbar der sich aneinander haltenden Reihe von Blinden, nur ein regressus in infinitum ohne stützende Basis eintreten, welcher das Welttreiben aufhöbe, nicht aber euere Meinung bewiese.
Wenn ferner der Leugner der Außenwelt sich auf die Regel und Ausnahme [Wachen und Träumen] beruft, um zu beweisen, dass eine Erkenntnis, um zu entstehen, als Grund Erscheinungen und nicht Objekte hat, so ist auch das, wenn es so steht wie wir sagten, als widerlegt zu betrachten; denn ohne die Apperzeption von Objekten können die Erscheinungen überhaupt nicht entstehen. Und da ferner die Apperzeption der Gegenstände auch ohne die Erscheinungen bestehen kann, hingegen die Erscheinungen nicht ohne die Apperzeption der Gegenstände entstehen können, so dienen auch die [in Rede stehenden] Regel und Ausnahme dazu, die Realität der Objekte zu bekräftigen. Es sind ja auch die Erscheinungen nur bestimmte Eindrücke (Samskara); Eindrücke aber können, wie die Erfahrung zeigt, nur durch eine stützende Basis zustande kommen; für dich aber gibt es eine solche Basis der Eindrücke nicht, weil du als Richtschnur befolgst, dass es keine Apperzeption gebe.
[S. 579] Wenn du endlich als Basis der Erscheinungen eine 'Vorstellung der Innenheit' (Alaya Vijnavam, aufstellst, so kann dieselbe ebenso wenig wie die 'Vorstellung der Außenheit' (Pravritti Vijnanam) mit deiner Theorie von der Dauerlosigkeit zusammenbestehen und darf daher nicht als Substrat der Erscheinungen dienen. Denn ohne dass man ein Kontinuum, welches die drei Zeiten verbindet, oder ein alle Gegenstände überschauendes Oberstes annimmt, ist ein die Erinnerungen — wie sie von den durch Raum, Zeit und Ursache bedingten Erscheinungen abhängig sind — verknüpfendes Tun unmöglich. Soll aber jene 'Vorstellung der Innenheit' ein Konstantes bedeuten, so hast du damit dein Prinzip [der Dauerlosigkeit] aufgegeben."
Siehe auch
Literatur
- Das große illustrierte Yogabuch von Swami Vishnudevananda (zum Thema Schöpfung und Hinduismus, S. 309-311)
- Göttliche Erkenntnis von Swami Sivananda
- Der Weg Zum Selbst von Heinrich Zimmer, Rascher Verlag Zürich, 1944, 1. Auflage
- Vedanta für Anfänger von Swami Sivananda
- Vedanta - Der Ozean der Weisheit von Swami Vivekananda
- Paul Deussen: Das System des Vedanta, Elibron Classics, 2. Auflage, 1906.
- Soami Divyanand: Vedamrit - Die Botschaft der Veden. ISBN 3-926696-03-6 (Übersetzung der Veden auf Deutsch, Bd. 1); ISBN 3-926696-13-3 (Bd. 2); ISBN 3-926696-26-5 (Bd. 3)
- Wilfried Huchzermeyer: Die heiligen Schriften Indiens - Geschichte der Sanskrit-Literatur.(edition-sawitri.de) ISBN 3-931172-22-8
- Moritz Winternitz: Geschichte der Indischen Literatur, Leipzig, 1905 - 1922, Vol. I - III. Reprint in englischer Übersetzung: Maurice Winternitz: History of Indian Literatur, Motilal Barnarsidass, Delhi, 1985.
- Aurobindo: Das Geheimnis des Veda, 2. Auflage 1997, Hinder + Deelmann, ISBN 3-873481-65-0
- Lokamanya Bâl Gangâdhar Tilak: Orion ou Recherches sur l'Antiquité des Védas, Milan, Éditions Archè, 1989
Weblinks
- Tantra und das Warum der Schöpfung
- "Die Schöpfung" aus Göttliche Erkenntnis von Swami Sivananda
- Der Mensch - die Krone der Schöpfung
- "Die Schöpfung der Welt" aus Antworten auf Fragen von Swami Krishnananda
- "Schöpfung" ein Gedicht von Atmanshanti
- Brahma - Gott der Schöpfung
- Über Hinduistische Götter
- Meditation Anleitungen, darunter einige abstrakte Techniken aus dem Vedanta
- Artikel von Swami Sivananda: Vedanta
- Divine Life Society - Sivananda Ashram
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