Indische Philosophiesysteme

Aus Yogawiki

Es gibt sechs klassische Indische Philosophiesysteme, auch Shaddarshana genannt. Es wird zwischen sechs Darshanas (Darshana= "Sichtweise", Weltanschauung) unterschieden:

  1. Purva Mimamsa
  2. Vaisheshika
  3. Nyaya
  4. Samkhya (auch Sankhya)
  5. Yoga
  6. Uttara Mimamsa = Vedanta
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Hierbei handelt es sich um Versuche die Wahrheit zu bechreiben. Es gibt unterschiedliche Standpunkte, die teilweise widersprüchlich sind. Dennoch sind sie je nach Situation alle gültig und anwendbar, da es sich um verschiedene Sichtweisen derselben Wirklichkeit handelt.

Purva Mimamsa

Mimamsa bedeutet "Erörterung", "Reflektion", Purva Mimamsa bedeutet "Erörterung, Untersuchung des vorderen Teils der Veden". Jaimini fasste ihn zusammen, weswegen er als Begründer dieser Schule gilt.

Purva Mimamsa ist eine theistische Sichtweise, die davon ausgeht, dass Gott die Welt geschaffen hat. Es beinhaltet die Philosophie über die Existenz eines Himmels und einer Hölle. Ob man nach dem Tod in den Himmel oder in die Hölle kommt, hängt von den Punyas und den Papas ab. Punyas sind gute Taten. Wenn man diese vollbringt, kommt man in den Himmel, da man gutes Karma angesammelt hat, wodurch man im nächsten Leben in glückliche Verhältnisse hineingeboren wird. Papas sind Sünden. Wer sündigt, kommt in die Hölle, da man schlechtes Karma ansammelt und im nächsten Leben in schlechten Verhältnissen wiedergeboren wird.

In der Purva Mimamsa Philosophie gibt es also Handlungen die entweder als positiv oder negativ bewertet werden. Weiterhin gibt es Vorschriften über die Reinheit und die Ausführung von Ritualen und Handlungen. Außerdem existieren bestimmte Rituale, die man ausführen kann um etwas Bestimmtes zu erreichen. Um Punyas zu erhöhen, beziehungsweise Papas abzubauen gibt es auch Sühne und Bußübungen.

Insgesamt entspricht die Purva Mimamsa Philosophie in vielen Teilen christlichen Vorstellungen. Purva Mimamsa ist in Indien die populärste Philosophie und ist am Weitesten verbreitet.

Vaisheshika

Vaisheshika bedeutet wörtlich "sich auf Unterschiede beziehend". Sein Begründer heißt Kanada. In der Richtung des Vaisheshika handelt es sich um eine logisch-naturwissenschaftliche, [Materialismus|materialistische]] herangehensweise. Das Universum wird als Zusammenspiel von Anus (=Atomen) und den Kräften und Naturgesetzten, den Shaktis oder Energien, betrachtet. Es wird davon ausgegangen, dass alles nur aus Materie besteht, selbst die Seele. Ziel des Lebens ist es sich zu vergnügen; allerdings sollen dabei jedoch die Rechte von anderen geachtet werden und ihnen kein Schaden zugefügt werden. Darüber hinaus gibt es kein höheres Ziel.

Schließlich gibt es grundlegende Kategorien des Erkennens um zu einer geordneten Wahrnehmung des Kosmos zu gelangen. Die Vaisheshika Philosphie entspricht weitgehend der westlichen Grundhaltung und Wissenschaft.

Nyaya

Nyaya steht für "Norm, Regel, Logik, Methode". Es gibt zwei Ausprägungen der Nyaya- Philosophie, die Logisch- Schlussfolgernde und die Bhakti Orientierte.

  1. Die logisch- schlussfolgernde Nyaya Philosophie wurde im ca. 6.-3. Jahrhundert vor Christus durch Gotama begründet. Sie beruht auf Dialektik und logischen Beweisen. Mithilfe der Naturgesetze werden Objekt und Subjekt der menschlichen Erkenntnis untersucht. Somit kann diese Herangehensweise auch als Zweig der Vaisheshika betrachtet werden.
  2. Die Bhakti orientierte Nyaya Philosophie beinhaltet eine dualistische Weltanschauung. Es wird davon ausgegangen dass Gott die Welt geschaffen hat. Dieser Ansicht nach sind Gott und Mensch auf ewig getrennt, was die Ursache von menschlichem Leid ist. Durch bedingungslose Hingabe kann man sich Gott annähren. Um diese Hingabe zu erzeugen gibt es zahlreiche spirituelle Praktiken. Dieser Bhakti orientierte Zweig hat von seiner Ansicht nach Ähnlichkeiten mit christlichen Ansätzen. Die Art und Weise der Ausführung des hier erwähnten Bhakti- Aspekts ist auch in der Hare Krishna Bewegung wieder zu finden.

Samkhya=Sankhya

Samkhya bedeutet "Klassifizierung", "Aufzählung". Die Samkhya Philosophie wurde von Kapila begründet.

Die Samkhya Philosophie hat einen atheistischen Ausgangspunkt, da Gott nicht erwähnt wird. Vielmehr geht es um das Konzept von Purusha und Prakriti. Purusha ist das reine Bewusstsein oder auch die Seele. Prakriti ist die Urnatur, die aus den drei Gunas (den Grundeigenschaften der Natur: sattwa, rajas und tamas) in ihrem unmanifesterietem Zustand besteht. Ursprünglich befindet sie sich im Gleichgewicht. Das Konzept von Purusha und Prakriti impliziert eine dualistische Weltanschauung, da Purusha und Prakriti seit Anbeginn getrennt sind und auch getrennt bleiben.

Diese Philosophie liefert eine Theorie über die Entstehung der Welt: Purusha hat den Wunsch die Welt zu erleben. Daraufhin bewegt sich die Prakriti und manifestiert sich zuerst als Spandana, die kosmische Urschwingung. Diese geht weiter immer weiter in die Welt hinein und wird zu einer Manifestation von Sattwa, Rajas und Tamas. Sattwa entspricht der Kausalwelt, Rajas, der Astralwelt und Tamas der physischen Welt. Sie unterliegen Parinama, ständiger Veränderung. Purusha manifesteirt sich in zahllosen Chittas, Einzelseelen oder Gemütern, durch die er die Welt sieht und erlebt.

Die Entstehung von Leid ist in der Samkhya Philosophie dadurch begründet, dass sich Purusha mit dem Chitta identifizeirt. Purusha sucht nämlich das, was eigentlich in ihm ist: Sat Chit Ananda, jetzt in der äußeren Welt, infolge von Avidya, Nichtwissen. Die Welt (Prakriti) ist für den Menschen (Purusha) da, damit er seine Erfahrungen machen kann und schließlich aber auch zu seiner Urnatur, dem reinen Bewusstsein, zurückkehren kann.

Die Sankhya Philosophie umfasst also auch eine Theorie der Wahrnehmung, eine Theorie des Geistes und eine Beschreibung die Entstehung der Welt und der individuellen Seele. Es gibt Methoden um die Identifikation von Purusha mit Chitta zu überwinden:

Eine Ausprägung des Samkhya besagt, dass es so viele Purushas gibt, wie es Seelen/Chittas gibt und dass mit dem Aufhören der Identifikation und Verhaftung jede Seele wieder zu ihrem eigenen Purusha zurückkehrt, ihrer eigenen Bewusstseinseinheit.

Yoga

Yoga steht einerseits für "Einheit, Harmonie", in der indischen Philosophie bezieht sich Yoga auf das Yogasystem des Patanjali, beziehungsweise auf das was von ihm gesammelt und in den Yoga Sutras um 600 v.Chr. – 200 n. Chr. niedergeschrieben wurde. Eine Kernaussage aus Patanjalis gesammeltem Werk lautet: "Yogas chitta vritti nirodhah" = „Yoga ist das Zur-Ruhe-Bringen der Gedanken im Geist“. "Tada drashtuh svarupe vasthanam" = „Dann ruht der Wahrnehmende in seinem wahren Wesen".

Yoga beruht hauptsächlich auf der Samkhya-Philosophie, allerdings gibt es drei Unterschiede:

  1. Nicht nur Unterscheidungskraft, Verhaftungslosigkeit und Beobachtung führen zur Befreiung. Stattdessen gibt es im Yoga eine Vielzahl von Techniken und Methoden. Alles, was dem Ziel dient den Geist zur Ruhe zu bringen und zum „wahren Wesen“ zurückzukehren, zur Erkenntnis des Selbst zu kommen, ist Yoga. Es gib also eine breite Übungspraxis, und das ständige Bemühen um die Praxis, letzteres wird auch Abhyasa genannt.
  2. Es gibt das Konzept von Ishwara, einem persönlichen Gott. Er ist als eine besondere Manifestation des Purusha anzusehen, die frei ist von Verhaftungen, Karma Kleshas (Leiden), Unwissenheit und Wünschen.
  3. Es existiert nur ein Bewussstsein, ein Purusha, der sich in allen Wesen manifestiert.

Es gibt auch noch andere Yogasysteme, die z.B. in der Bhagavat Gita beschrieben werden: Karma Yoga, Jnana Yoga und Bhakti Yoga.

Uttara Mimamsa = Vedanta

„Uttara Mimamsa“ bedeutet die „Untersuchung des hinteren Abschnitts des Veda. „Vedanta“ steht für „Ende des Wissens“, also für die Erkenntnis der höchsten Wirklichkeit, nach Erkenntnis dessen es nichts mehr zu erkennen, zu wissen und zu wünschen gibt.

Die Vedanta Sutras wurden von Badayana zusammengefasst: Hierhin wird das wechelseitige Verhältnis von Brahman und Atman beschrieben, was die Grundlage der Uttara Mimamsa Philosophie darstellt. Das Konzept von Brahman und Maya sind auch von entscheidender Wichtigkeit. Brahman steht für das Absolute, wohingegen Maya die Kraft der Illusion repräsendtiert. Brahman und Atman sind allerdings nie getrennt und nur scheinbar zwei. In Wirklichkeit gibt es immer nur Brahman. So spricht man auch von einer Analogie von Wachzustand zu Traumzustand und Tiefschlaf. Die Welt ist eine Illusion. Es scheint nur so, als sei die Welt geschaffen, solange unser Bewusstsein es so erfasst. In Wirklichkeit hingegen existiert nichts, das heißt cih bin weder Körper noch Geist, ich bin das unsterbliche Selbst. Dies wird in drei Hauptsätzen postuliert:

Die Hauptsätze der Vedanta Philosophie

  1. Brahma satyam = Brahma allein ist wirklich
  2. Jagat mithya = Die Welt ist unwirklich
  3. Jivo brahmaiva napara = Die individuelle Seele ist nichts anderes als Brahman

Die lyrische Übersetzung lautet:

„In drei Sätzen sei es verkündet, was man in tausend Büchern findet:
Brahman ist wirklich.
Die Welt ist Schein.
Das Selbst ist nichts als Brahman allein.“

Auf der relativen Ebene integriert das Uttara Mimamsa-System alle Aspekte der vorher beschriebenen Systeme: Gesetze des Karma, Gesetze der materiellen Welt, Ishwara, der auch ein Produkt der Maya ist. Es erklärt Viveka, die Unterscheidung zwischen dem Wirklichen und dem Unwirklichen, Vairagya, die Entsagung. Der Yogaweg gilt als Vorbereitung den Geist kennenzulernen, zu kontrollieren und fähig zu machen zur Unterscheidung. All diese Praktiken helfen und bereiten vor, um Jnana Yoga überhaupt zu verstehen.

Die Hauptzweige der Vedanta Philosophie

Die Drei Hauptzweige der Uttara Mimamsa/Vedanta lauten:

Seine wichtigste Lehrer waren Gaudapada, Shankara (ca. 788-820 n.Chr.), Padmapada, Sureshwara und Vidyaranya.

Sein Hauptvertreter war Ramanuja.

Sein Hauptvertreter war Madhva.

Zusammenfassung - philosophische Grundfragen beantwortet aus Sicht der sechs klassischen indischen Philosophiesysteme

Wie ist die Welt Entstanden?

Wer bin ich?

Was ist das Ziel des Lebens?

  • Purva Mimamsa: das Lebensziel ist es in den Himmel zu kommen und die Hölle zu vermeiden, wofür Rituale ausgeführt werden können. Man soll seinem Dharma folgen, seine Pflicht erfüllen.
  • Vaisheshika: Ziel des Lebens ist sich möglichst viel zu vergnügen und Freude zu haben. Dabei sollen gewisse ethische Prinzipien beachtet werden.
  • Nyaya: a) die Realität erkennen oder b) Gott möglichst nahe kommen.
  • Samkhya: 1. Erfahrungen zu machen. 2. sich von Prakriti lösen und mit Purusha verschmelzen, das heißt zum ursprünglichen Bewusstsein zurück kommen.
  • Yoga: Ziel des Lebens ist es die Einheit zu verwirklichen. Wenn der Geist zur Ruhe gebracht wird, kommt man zu seinem wahren Wesen, Purusha, also Samadhi (Befreiung).
  • Vedanta: das Leben führt ultimativ zu Moksha, der Befreiung. Wenn die Täuschung überwunden wird, kann die Einheit erfahren und realisiert werden.

Seminare

Siehe auch