Erleuchteter

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Erleuchteter: Was ist ein Erleuchteter? Woran erkennt man einen Erleuchteten und wie kannst du selbst zu einem Erleuchteten, einer Erleuchteten werden? Wie hilft Dir Yoga auf Deinem Weg?

Im Yoga geht es darum, dich nach und nach von Anhaftungen und Begrenzungen zu befreien.

Erleuchteter

Du hast sicherlich vom Buddha gehört. Buddha heißt wörtlich „der Erleuchtete“ oder auch „der Erwachte“.

Was ist ein*e Erleuchtete*r

In der Bhagavadgita stellt Arjuna, der Schüler dem Lehrer, Krishna, immer wieder die Frage: Was ist ein Erleuchteter? Wie geht er? Wie steht er? Wie spricht er? Wie verhält sich ein Erleuchteter?

Krishna antwortet darauf: Ein Erleuchteter ist jemand, der überall das Göttliche sieht. Ein Erleuchteter erkennt in sich selbst das göttliche Licht. Ein Erleuchteter sieht in jedem Anderen das göttliche Licht. Ein Erleuchteter weiß, das hinter allem, was in dieser Welt ist eine unendliche göttliche Wirklichkeit ist.

Letztlich ist der Erleuchtete aufgewacht zu einer göttlichen Wahrheit. Die meisten Menschen haben vergessen wer sie wirklich sind, beziehungsweise sie haben es schon lange vergessen.

Der Erleuchtete hat die Gottverwirklichung erreicht, die Selbstverwirklichung. Durch Nirvikalpa Samadhi wird man zum Erleuchteten. Oder auch durch Bhava Samadhi.

Was heißt es, erleuchtet zu sein

Im Rajayoga wird gesagt: Yogas chitta vritti nirodha. Yoga ist das zur Ruhe bringen des Geistes. Dann im dritten Vers des Yoga Sutra: Tada drashtu svarupe vastanam. Dann ruht der Sehende in seinem wahren Wesen.

Erleuchtet zu sein heißt also in seinem wahren Wesen zu ruhen, zu erkennen, wer man wirklich ist.

Im Vedanta wird gesagt: Das Alltagsbewusstsein der Menschen beruht auf einer Illusion. Jagan mithya, die Welt wie der typische Mensch sie erlebt ist eine Illusion. Brahma satyam. Es gibt eine unendliche Wirklichkeit hinter allem, die nennt sich Brahman, das Absolute. Jivo brahmay vanapara. Das Individuum ist nichts anderes als dieses Brahman. Ein Erleuchteter hat genau das erkannt.

Erlangen der Erleuchtung

Im Bhakti Yoga wird gesagt: Die Erleuchtung erlangst du durch die Gnade Gottes. Bete zu Gott. Richte dein Handeln auf Gott aus. Mache dich zum Diener des Göttlichen. Fühle dich als Instrument des Göttlichen. Dann wird Gott, die Göttin, das Göttliche dir die Erleuchtung schenken. Du wirst zum Erleuchteten werden.

Im Kundalini Yoga wird gesagt erhöhe dein Prana, deine Lebensenergie. Reinige deine Nadis, deine Energiezentren. Öffne deine Chakren, deine Nadis, deine Energiekanäle. Öffne deine Chakren, die Energiezentren. Dann wird irgendwann die Kundalini erwachen und dich in höhere Chakras führen. Wenn die Kundalini im Sahasrara Chakra mit Shiva verschmilzt, dann bist du zum Erleuchteten, zum lebendig Befreiten, zum Jivanmukta geworden.

Eigenschaften eines Erleuchteten

Die Bhagavad Gita beschreibt die Eigenschaften des Erleuchteten auch: Wer gleichmütig ist in Erfolg und Misserfolg gegenüber Vergnügen und Schmerz, wer Alle mit dem gleichen Geist der Liebe behandelt, Freunde, Gegner, Gleichgültige, wem ein Stück Gold, ein Klumpen Lehm, das Gleiche bedeutet, der ist ein Erleuchteter.

Irgendwannn wirst du die Erleuchtung erlangen. Freue dich darüber.

Erleuchteter

Nach einem Artikel von Swami Sivananda im Buch Inspiration und Weisheit

Ein Erleuchteter hat die Befreiung erlangt. Ein Erleuchteter hat die höchste Verwirklichung erlangt. Ein Erleuchteter ist durchdrungen vom Licht Gottes. Der Erleuchtete lebt in der Welt, ist aber nicht von der Welt. Er weilt in der unendlichen Freude des höchsten Bewusstseins. Der Erleuchtete ist wie Gott selbst auf Erden. Der Erleuchtete, die Erleuchtete, ist voller reiner Liebe. Sie ist erfüllt von Mitgefühl und Barmherzigkeit. Der oder die Erleuchtete hat außergewöhnliche Liebenswürdigkeit. Aus den Augen eines Erleuchteten strahlt verborgene Kraft und Stärke.

Woran erkennst du einen Erleuchteten oder eine Erleuchtete

Ein Erleuchteter, eine Erleuchtete hat keine selbstsüchtigen Interessen. Er oder sie ist frei von Sorgen, Schwierigkeiten, Problemen, Kummer, Furcht und Leid. Der Körper einer Erleuchteten mag weiter Schmerz empfinden und dies mag auch auf dem Gesicht sichtbar werden, aber sie wird niemals unter Schmerzen wirklich leiden. Ein Erleuchteter ist nicht den Stimmungen unterworfen. Ein Erleuchteter, eine Erleuchtete hat eine tiefe innere Heiterkeit und Friedfertigkeit. Schwächen und Begrenzungen sind für den Erleuchteten kein Problem. Er oder sie strahlt in der unendlichen Natur, im reinen Bewusstsein. Wer in Kontakt mit einer Erleuchteten kommt, erfährt Frieden und Freude.

Die Größe von jemand Erleuchtetem kann nicht wirklich beschrieben werden. Die Augen eines Erleuchteten strahlen und leuchten. Die Handlungen sind uneigennützig und heilig. Die Worte einer Erleuchteten sind lieblich , inspirierend und haben eine starke Wirkung. Auch schon die Körperhaltung eines Erleuchteten strahlt Friedfertigkeit aus. Wenn du den Blick eines Erleuchteten auf dir spürst, wirst du im Tiefen berührt werden.

Der oder die Erleuchtete hat intuitives Wissen erlangt. Er oder sie hat klare Einsicht in die wichtigen Dinge des Lebens bekommen. Wenn du in Kontakt mit einem/einer Erleuchteten kommst, erfährst du eine tiefe Inspiration, ein tiefes Erhobenwerden, eine große Harmonie.

In der Bibel heißt es: an seinen Früchten werdet ihr es erkennen. Der Erleuchtete ist frei von Ich-Denken, frei von Angst, frei von Sorgen, frei von Zweifeln. Das sind die vier Kennzeichen eines Erleuchteten. Jemand Erleuchtetes hat einen Seelenfrieden, eine innere Freude und Wonne. Ein Erleuchteter macht sich keine Sorgen um körperliche Bedürfnisse. Selbst wenn Todesgefahr besteht, wird eine Erleuchtete keine Angst haben. Für einen Erleuchteten gibt es kein Hängen am Leben. Eine Erleuchtete wird auch nicht an Nahrung hängen. Wenn der Erleuchtete nicht die Lieblingsspeise bekommt, macht es ihm nichts aus. Wenn ein Erleuchteter getadelt wird, Kritik empfängt, macht es ihm nichts ein. Eine Erleuchtete kann nicht erschrecken, eine Erleuchtete kann nicht nicht beunruhigt werden. Ein Erleuchteter bleibt ruhig inmitten aller Ablenkungen.

Das Doppelbewusstsein einer Erleuchteten

Wenn jemand bis zum Hals im Wasser in der gleißenden Sonne steht, hat er eine zweifache Erfahrung: Weil der Kopf der Sonne ausgesetzt ist, spürt er dort Hitze. Wenn der Körper unten im kalten Wasser ist, spürt er Kälte. Eine Heilige, eine Erleuchtete, spürt auch dieses doppelte Bewusstsein. Eine Erleuchtete, eine Heilige, ein befreiter Weiser, spürt auf der einen Seite die körperlichen Dinge und die psychischen Dinge, er lebt in dieser Welt und spürt etwas: die Sinne, den Körper und so weiter. Aber gleichzeitig spürt der Verwirklichte, die Heilige, Gottes Bewusstsein, die reine Freude. So genießt der Erleuchtete gleichzeitig die Wonne Brahmans und nimmt das Elend dieser Welt wahr.

Der Unterschied zwischen jemand Erleuchtetem und einem weltlichen Menschen

Für einen Jivamukta, einen Selbstverwirklichten, einen Jnani, einen Wissenden, existiert weiter das gegenständliche Universum. Aber für den Erleuchteten ist dieses gegenständliche Universum nichts als Traum – wie eine Fata Morgana oder wie ein Schauspiel. Für einen weltlichen Menschen ist diese Welt wirklich. Der Weltliche macht sich Sorgen und rennt hinter allem her. Die verwirklichte Seele strebt nach nichts Neuem mehr. Die Verwirklichte spielt ihren Part in dieser Welt wie ein Schauspieler, ist von nichts berührt, tut aber das, was zu tun ist.

Erleuchtung erreichen, eines der Ziele eines Yogi

Die allumfassende Sichtweise eines Erleuchteten

Für den Jivamukta, den/die Erleuchtete, gibt es nur Gott überall. Daher sieht er dieses Göttliche in jedem Menschen, in jedem Tier. Daher ist eine allumfassende Sicht charakteristisch für den Erleuchteten. Für ihn sind Schlangen und Skorpione, Insekten und Stechmücken, Wespen und Bienen nur Teil von ihm oder ihr selbst. Für den Erleuchteten gibt es keinen Unterschied zwischen einem Heiligen und einem Verbrecher, zwischen einem Wohlmeinenden und einem Gegner. Für ihn oder sie ist alles Manifestation des Göttlichen.

Erleuchtete sind ein Segen für die Welt

Erleuchtete geben allen Halt und Kraft. Erleuchtete können Menschen Inspiration geben. Erleuchtete sind Verkörperungen der göttlichen Gnade für die Menschen. Blumen duften und blühen. Blumen erfreuen die Menschen. Ebenso machen es die Erleuchteten. Sie berühren das Herz der Menschen und führen sie zur Vollkommenheit und zur Unendlichkeit. Erleuchtete sind Kraftwerke spiritueller Energie. Erleuchtete strahlen spirituelle Energien in alle Welt aus.

Wenn du jemand Erleuchtetes kennst, dann setze Dich vor ihn oder sie. Deine Sorgen werden verschwinden, Zweifel werden sich auflösen. Du wirst Freude und Frieden erfahren. Auch, wenn du dich auf Erleuchtete einstimmst, die nicht mehr im Körper sind, spürst du immer noch ihre Kraft und ihre Gegenwart.

Erleuchtete reinigen dich wie heiliges Wasser. Schon, wenn du den Namen eines Erleuchteten aussprichst, kannst du den Segen erfahren. Wenn du das Bild eines Erleuchteten anschaust und zu diesem Erleuchteten betest, spürst du viel Kraft, viel Freude. Deine Fehler werden verschwinden.

Erleuchtete leben ewig

Erleuchtete haben das immerwährende, das ewige Leben erlangt. Erleuchtete spüren keine Sehnsüchte, keine Wünsche, kein Leiden. Erleuchtete mögen den Körper verlassen. Sie mögen so physisch sterben wie alle anderen auch. Aber Erleuchtete erfahren die Einheit mit Brahman und verschmelzen mit diesem Brahman nach dem Tod vollständig. Erleuchtete existieren in einer relativen Welt weiter. Sie erfüllen dich mit Segen und Kraft. Auch wenn der Erleuchtete selbst eins mit Brahman ist, durch das Denken an ihn wirst du mit spiritueller Kraft erfüllt sein.

Erfahre auch du den Zustand der Erleuchtung

Auch du kannst die Erleuchtung erlangen. Du kannst zum Erleuchteten werden. Die Erleuchteten selbst haben viel praktiziert. Sie haben sich intensiv bemüht. Auch du kannst dieses erreichen. Auch du kannst Erleuchtung erlangen. Erleuchtete haben sich intensiv bemüht – sogar einen ausdauernden Kampf geführt. Sie haben intensives Sadhana, intensive spirituelle Praxis geübt. Erleuchtete haben intensiv meditiert. Sie haben uneigennützig gedient, haben an ihrem Charakter gearbeitet. Sie haben schlaflose Nächte verbracht. Sie sind auch durch Phasen der Zweifel und der Sorgen gegangen. Die Erleuchteten sind geduldig weiter vorangeschritten. Sie haben fleißig weiter geübt. So haben sie viele Hindernisse überwunden. Auch du kannst lange Nachtwachen halten, intensiv praktizieren, an deinem Charakter arbeiten, intensiv üben. So kannst du alle Verzweiflung, Leiden und Niedergeschlagenheit überwinden.

Erleuchtete sind jetzt Leuchtfeuer für die Welt. Auch du kannst ein Erleuchteter, eine Erleuchtete werden. Strebe danach, bemühe dich intensiv, meditiere. Jetzt – vom Herzen her.

Video Erleuchteter

Hier findest du ein Vortragsvideo zum Thema Erleuchteter :

Autor/Sprecher/Kamera: Sukadev Bretz, Gründer von Yoga Vidya, Seminarleiter zu Yoga und Meditation.

Der Erleuchtete: Hier noch ein weiteres Video zum Thema Erleuchtung:

Erleuchteter Audio Vortrag

Hier die Audiospur des oberen Videos zu Erleuchteter :

Die erleuchtete Person

Meditation Mönch Erleuchtung Gottverwirklichung Asana.jpg

- Abschnitt aus dem Buch: Yoga der Liebe von James Swartz -

Der Text beginnt mit dem Thema der nondualen Hingabe und führt uns danach in das Thema der dualistischen Hingabe, dem Zwischenschritt auf dem Weg zur Nondualität, genauso wie es die „Bhagavad-gītā“ tut, die uns zuerst die Selbsterkenntnis vorstellt und danach karma-yoga und upāsana-yoga. Dieses erste Kapitel zeigt uns das Bild einer vollkommen selbstverwirklichten Person, der Verkörperung nondualer Liebe.

Narada Bhakti Sutra - Vers 1

athāto bhaktiṃ vyākhyāsyāmaḥ ॥ 1॥
Vers 1: „Daher werden wir nun die Logik der Hingabe lehren.“

Menschen werden aus logischen Gründen zu Verehrern Gottes und ihre Hingabe entwickelt sich auf logische Weise. Der folgende Vers der „Bhagavad-gītā“ sagt:

„Vier Arten von tugendhaften Menschen geben sich Gott hin: die Leidenden (arthas), die nach Wohlstand Strebenden (arthārthīs), die nach Erkenntnis Suchenden (jijñāsus) und die Weisen (jñānīs).“ [BhG 7.16]

Die ersten drei sind dualistische bhaktas, mit unterschiedlichen Beweggründen, der letzte ist eine vollkommen selbstverwirklichte Person. Der Leidende ist emotional zerrüttet und möchte vom Leiden erlöst werden. Der nach Wohlstand Strebende sucht nach weltlichen Objekten: Geld, Vergnügen, Position, Anerkennung, Kindern, beruflicher Stellung – nach allem, was glücklich macht. Der nach Erkenntnis Suchende ist spirituell weiter entwickelt und bittet den Herrn um die Qualifikationen, die nötig sind, um die Wahrheit der Realität zu verstehen, einen geeigneten Lehrer für die Selbsterforschung und, schlussendlich, Selbsterkenntnis, die in nonduale Hingabe mündet.

Eine weise Person ist ein nondualer bhakta. Damit man nicht dem Irrtum erliegt, dass Hingabe und Nondualität sich gegenseitig ausschließen, weist uns vedānta darauf hin, dass die nonduale Realität zwei Ordnungen kennt, das Reale (satya) und das scheinbar Reale (mithyā), die nicht miteinander in Konflikt stehen. Daher kann die Person des jñānī den Herrn in Form von Objekten und Erfahrungen verehren und sich gleichzeitig der immer gegenwärtigen, immer erlebten nondualen Liebe erfreuen, welche die Natur des Selbst ist.

Bedauerlicherweise grassiert in der heutigen spirituellen Welt der Anti-Intellektualismus und viele Lehrer und Lehren verwirren die Leute mit der Vorstellung, dass der Pfad der Selbsterforschung nur einer von vielen möglichen Pfaden sei, um Befreiung zu erlangen. Leider aber führt nur der Pfad der Selbsterforschung zu Befreiung, denn der bhakta ist bereits frei und nonduale Liebe ist seine Natur; er versteht diese Tatsache nur einfach nicht.

Außerdem behaupten die Unwissenden, dass vedānta ein schwieriger, trockener, intellektueller Pfad sei, den kluge Leute besser meiden sollten und dass dualistische Hingabe in diesen schwierigen materialistischen Zeiten angenehmer und leichter sei. Zudem habe der bhakta dabei wunderbare Erfahrungen, die für trockene Intellektuelle niemals erreichbar sind. Gleichzeitig ignorieren diese Leute die unangenehme Wahrheit, dass die vielen unterschiedlichen mystischen Erfahrungen, nach denen sie so dürsten, einmal enden werden und eines Tages dem bhakta vorhersehbare emotionale Frustrationen und Depressionen bringen werden.

Die Idee, dass Erleuchtung eine Erfahrung sei, ist anti-vedisch. Sie wird in der „Bhagavad-gītā“ nicht gelehrt, in der īśvara (Kṛṣṇa) sagt:

„Unter den vier Arten sich Hingebender ist der Weise überlegen, weil er sich stetig und ausschließlich dem hingebungsvollen Dienen widmet. Ich bin dem, der Weisheit kultiviert, sehr lieb, und er ist mir auch lieb.“ [BhG 7.17]

Die Worte „stetig und ausschließlich“ bedeuten, dass die Erfahrung von nondualer Liebe, die durch Selbsterforschung herbeigeführt wird, nicht entsteht und vergeht, wie das bei mystischen Erfahrungen der Fall ist. Nach Erfahrungen zu streben erfordert dauernde Anstrengung, Wissen ist dagegen anstrengungslos. „Hingebungsvolles Dienen“ bezieht sich nicht auf bestimmte Übungen der Hingabe, sondern auf ein Herz, das sich fortwährend bewusst ist, dass seine Natur Liebe ist.

Es ist nichts Falsches daran, dich an Gott zu wenden, wenn du Kummer hast oder von starkem Verlangen nach Objekten getrieben bist. Wenn du aber verstehst, dass das Streben nach allen Dingen eigentlich das Streben nach Freiheit ist, weil du in diesem Moment, in dem du bekommst was du begehrst, ein (zumindest momentanes) Gefühl von Freiheit erlebst, dann wirst du gezwungen sein, daraus den Schluss zu ziehen, dass du dein Verlangen nach Objekten in ein Verlangen nach Erkenntnis des Selbst umwandeln musst, da das Selbst immer frei ist. Momentane Freiheit, Freude, die von einzelnen Erfahrungen kommt, sollte man nicht geringschätzen, aber sie spielt nur die zweite Geige hinter der andauernden Freiheit, die nonduale Liebe ist.

Narada Bhakti Sutra - Vers 2

sā tv asmin parama-prema-rūpā ॥ 2॥
Vers 2: „Nonduale Hingabe (advaita-bhakti) ist höchste Liebe für ‘Das’.“ 

Nonduale Liebe ist Liebe zu Gott mit vollkommener Anhaftung, weil sie auf der Tatsache beruht, dass Gott allgegenwärtige, bedingungslose Liebe ist. Die Alternative – Liebe zu Objekten, daher also nicht zum Selbst – ist eine abhängige Liebe, die letzten Endes unbefriedigend ist. Dieser Gott, dem die vollkommene Aufmerksamkeit des nondualen bhakta gewidmet ist, ist grenzenloses, allgegenwärtiges Bewusstsein, allgegenwärtige Existenz. Er ist der eine Beobachter aller Dinge und der Kenner aller Götter, irdisch und heilig und nicht eine einzelne personifizierte Gottheit.

Die „Bṛhadāraṇyaka-upaniṣad“ sagt:

„Dieses Selbst kann nicht gesehen werden, aber es sieht. Es kann nicht gehört werden aber es hört. Es kann nicht gedacht werden aber es denkt. Es kann nicht verstanden werden aber es versteht. Es gibt keinen anderen Sehenden als das Selbst. Es gibt keinen anderen Hörenden als diesen. Es gibt keinen anderen Denkenden als diesen.“ [BrU 3.7.23]

Ähnlich sagt die „Kena-upaniṣad“:

„Es ist das Ohr des Ohres, der Geist des Geistes, die Sprache der Sprache, das Leben des Lebens und das Auge des Auges. Nachdem die Identifikation mit den Sinnen aufgegeben und der Welt entsagt wurde, wird der sich selbst erforschende Mensch unsterblich.“ [KeU 1.1-2]

Wenn es mehr als einen Gott gibt, dann muss jeder Gott ein Selbst haben, was bedeuten würde, dass es eine Vielzahl vom Selbst gibt. Tatsächlich glauben viele religiöse Menschen an eine Vielzahl von Individuen und eine Vielzahl spezieller Götter, denn sie sprechen von „meinem Gott“ und „deinem Gott“ und implizieren dabei, dass „mein“ Gott höher ist als „dein“ Gott. Doch vedānta verweist auf die Tatsache, dass es nur einen Gott gibt, das Selbst – Existenz/Bewusstsein/Liebe –, der in den Herzen aller Götter lebt. Besser noch, vedānta sagt, dass es nur Gott gibt. So sagt die „Bhagavad-gītā“:

„Der Herr lebt im Herzen aller Wesen. Durch seine Macht der Täuschung bringt er sie zum tanzen wie Marionetten.“ [BhG 18.61]

Kṛṣṇa, der Lehrer, als Selbst sprechend, stellt klar, dass Gott „Das“ ist, allgegenwärtiges, alles durchdringendes, ewiges Bewusstsein/Gewahrsein, wenn er von den verschiedenen Formen in der Schöpfung spricht:

„Ich bin das Selbst, das im Herzen aller Wesen wohnt. Ich bin der Anfang, die Mitte und das Ende aller Wesen.“ [BhG 10.20]

Wenn du der Anfang, die Mitte und das Ende von allem bist, dann bist du offensichtlich etwas, das jenseits von Anfang, Mitte und Ende ist. Dann bist du zeitlos, das heißt ewig. Weil es nur eine Existenz gibt, gibt es nur eine Ewigkeit, eine temporäre Metapher, die auf das Selbst verweist.

Der Begriff „Das“ in diesem Vers ist wichtig. Dualistisch Denkende sehen Gott als Jemanden, der woanders wohnt. Für sie ist Gott immer ein weit entferntes „Etwas“, verborgen in irgendeinem unerreichbaren Himmel, oder er schwebt in einem mystischen, mysteriösen, transzendenten Firmament. Vedānta sagt aber, dass die Distanz von Gott zu dir gleich null ist. Er ist dein innerstes Selbst, deine Essenz, der, ohne den du nicht du bist.

Nonduale Hingabe ist daher vollkommene, bedingungslose Liebe für dich selbst. Dualisten sind Opfer der Macht māyās, welche die Beziehung zwischen dem Subjekt und den Objekten, die sich ihm präsentieren, zwischen dem omnipräsenten Selbst und der Welt (vipa-raya) verdreht. Für sie ist das reflektierte Selbst, das Individuum, das einzige Selbst, und Gott ist für dieses Individuum ein Objekt der Liebe. Sie glauben daher, dass Selbstliebe eine Anmaßung ist, eine Auswirkung der Ignoranz. Tatsächlich aber ist die Verehrung von etwas anderem als dir selbst Ignoranz, weil es keinen anderen als dich gibt. Wenn du dich jedoch mit der Person identifizierst, die du durch deine Konditionierung zu sein glaubst, dann kann Gott nur ein Objekt sein.

Siehe auch

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