Dualistische Hingabe

Aus Yogawiki

Dualistische Hingabe -

Vier Aspekte informeller dualistischer Hingabe

Über die dualistische zur nondualen Hingabe

- Abschnitt aus dem Buch: Yoga der Liebe von James Swartz -

Die Schriften der Hingabe sind nützlich, denn sie unterstützen die Praxis von Karma Yoga|karma-yoga und upāsana-yoga. Wir finden dort einige bereichernde Aspekte, die in den vedas nicht genannt sind, und die wir „informelle dualistische Hingabe“ nennen können.

1. Gott wird auf die menschliche Stufe herabgeholt. Diese Humanisierung Gottes widerspricht dem Ziel des Vedanta|vedānta, nämlich den Geist auf die Ebene Gottes und darüber hinaus auf die immer freie Ebene des reinen, nicht erschaffenen Bewusstseins zu heben.8
2. Dieser humanisierte Gott wird, wenn wir auf die Realität aus Sicht des Individuums blicken, einer Vielzahl von möglichen Beziehungsformen zugänglich. Wir können Gott beispielsweise als Mutter, Vater, Kind, Geliebten, Freund, Diener oder Meister ansehen (Beispiele emotionaler Archetypen menschlichen Daseins).
3. Nachdem man die Beziehung zu einem personifizierten Gott aufgenommen hat, findet eine regelmäßige und intime Beziehung statt, ohne die Einschränkung vorgeschriebener Regeln. Der sich Hingebende pflegt seinen Umgang mit Gott zu jeder Zeit, an jedem Ort und auf jede Art, wie er oder sie es wünscht. Gott kann geknuddelt und gekniffen, geküsst und liebkost werden. Man kann ihn anflehen, sich ihm anvertrauen und ihn sogar beschimpfen, ohne Angst haben zu müssen von Gott verstoßen zu werden. Diese „Alles ist möglich“-Haltung, die charakteristisch ist für die formlose dualistische Hingabe, unterscheidet sich von den typischen Beziehungen, wie wir sie mit Menschen haben, bei denen so häufig die Angst vor Urteilen und Zurückweisung im Hintergrund lauert. Die informelle Hingabe steht auch in starkem Kontrast zu den formalisierten, auf den Schriften basierenden Formen der Verehrung, bei denen spezifische Regeln eingehalten werden müssen: zum Beispiel die der jeweiligen Gottheit entsprechenden mantras, die für den Erfolg eines Rituals entscheidende richtige Reihenfolge der Handlungen oder die benötigten rituellen Werkzeuge.
4. Es gibt also zwei unterschiedliche Arten dualistischer Hingabe. Die eine ist formell und dualistisch in der Form bestimmter hingebungsvoller Übungen, wie sie in den Schriften vorgeschrieben sind, genauso wie karma-yoga und upāsana-yoga. Die andere ist die dualistische Hingabe, wie sie in der Literatur über Hingabe beschrieben wird, in der man frei ist in seinem Umgang mit Gott.

Keine dieser Praktiken hat den Zweck Befreiung zu bringen; vielmehr sind beide dafür gedacht den Geist zu verfeinern und zu reinigen. Formelle dualistische Hingabe ist zwingend für Menschen, die Freiheit suchen, weil sie besonders gut geeignet ist die vier Qualifikationen9 zu erlangen, die für Selbsterforschung nach vedānta vorausgesetzt werden. Im Gegensatz dazu ist die informelle dualistische Hingabe freiwillig. Freiwillig deshalb, weil die Praxis der Personifizierung Gottes eine ganz besondere, wenn nicht sogar sonderliche Mentalität voraussetzt, die den meisten westlichen Suchern fremd ist.

Informelle dualistische Hingabe unterscheidet sich von den fünf vorgeschriebenen Handlungen der Verehrung, wie sie im karma-yoga verlangt werden. Informelle dualistische Hingabe kann auch einen emotional unruhigen Geist läutern, speziell bei Menschen, die schwierige familiäre und zwischenmenschliche Beziehungen haben. Besonders wenn unsere vertrauten Beziehungen ungesund sind, brauchen wir gesunde Beziehungen, um diese auszugleichen. Emotional gestörte Menschen suchen verzweifelt nach Gemeinschaft, weil der menschliche Geist für seine psychische Gesundheit gute Beziehungen braucht. Psychologen heben eindeutig den Wert unterstützender Beziehungen hervor. Daher ist für den spirituellen Sucher, dessen Geist aufgrund turbulenter Beziehungen unruhig ist, informelle dualistische Hingabe besonders nützlich. Wenn ein emotional geplagter Mensch seinen Kopf in den Schoß einer liebevollen Person legen kann, sei es real oder nur in der Vorstellung, dann ist der Schmerz für ihn leichter zu ertragen. Kinder, die im Familienverband aufwachsen, sind häufiger emotional gesund, weil immer ein Erwachsener unterstützend für sie da ist. Leider wurden Familienverbände nahezu völlig von Kleinfamilien verdrängt, in denen heute auch noch beide Eltern arbeiten. Häufig sind sie gestresst und wenn sie dann zu Hause sind, sind sie oft nur mit sich selbst beschäftigt. Daher fehlt es den Kindern heute oft an emotionaler Unterstützung. Wenn ein Kind kein emotionales Selbstvertrauen entwickeln kann, wird es sich nicht individualisieren, nicht erwachsen werden und dadurch nicht in der Lage sein, objektiv seinen Platz in der Welt zu finden. Das bedeutet dauernde emotionale Unruhe. Ein unruhiger Geist ist unfähig, die Lehren der Befreiung zu hören, effektiv nachzudenken, zu verstehen und Selbsterkenntnis direkt zu erfahren.

Formelle dualistische Hingabe in der Form von karma-yoga und upāsana-yoga, sei es mit oder ohne informeller dualistischer Hingabe, führt zur Selbsterforschung und dadurch zu nondualer Selbsterkenntnis, auch bekannt als nonduale Hingabe. Nonduale Hingabe bedeutet sowohl Freiheit für den sich Hingebenden als auch Freiheit vom sich Hingebenden. Wenn uns diese Progression beim Studium religiöser Hingabe nicht vollkommen klar ist, riskieren wir, in die Falle seiner Philosophie zu tappen und auf Dauer darin festzusitzen. Es gibt viele nützliche Texte über Hingabe, wir müssen sie jedoch immer gemäß den traditionellen vedānta-Lehren interpretieren, wenn wir nonduale Liebe erlangen möchten. Obwohl es viele geschriebene Kommentare zum „Nārada-bhakti-sūtra“ gibt, entsprechen die meisten von ihnen einer dualistischen Philosophie und daher nicht der Sichtweise von vedānta.

Informelle und formelle dualistische Hingabe

- Abschnitt aus dem Buch: Yoga der Liebe von James Swartz -

Ein bhakta, der informelle dualistische Hingabe praktiziert, folgt nicht den schriftlichen Regeln, sondern drückt seine Liebe zu Gott auf seine oder ihre eigene Weise aus. Möglicherweise bricht er dabei sogar die geschriebenen Regeln. Der formelle dualistische bhakta praktiziert karma-yoga und upāsana-yoga15, auch bekannt als Selbsterforschung, welche die dualistische Hingabe in nondualistische Hingabe verwandelt.

Der informelle bhakta schafft eine emotionale Bindung zu einer persönlichen Gottheit und bringt diese auf verschiedene Weisen, die ihm Freude bereiten, zum Ausdruck. Der formelle bhakta nimmt Gott nicht persönlich, sondern sieht alle Situationen als das Selbst.

Der informelle bhakta strebt einen bestimmten Geisteszustand an, um mit seiner oder ihrer persönlichen Gottheit in Kontakt zu treten, aber wenn der formelle bhakta seine pūjā vor einem Symbol des Selbst durchführt, was als tägliche Handlung ratsam wäre, egal in welchem Geisteszustand er/sie sich befindet, dann repräsentiert jeder Aspekt dieser Huldigung die Huldigung des ganzen Kosmos. Wenn zum Beispiel an einem Symbol des Selbst Sandelholzpaste aufgetragen wird, dann bedeutet das, dass der sich Hingebende die Tatsache würdigt, dass die Erde selbst Gott ist. Wenn Blumen geopfert werden, dann sieht er den Raum – der überall ist – als Gott. Das Opfer von Wasser ist die Würdigung dessen, dass īśvara alle Wasser dieser Erde repräsentiert. Wenn eine Kerze entzündet wird, dann wird das Feuerelement – die Sterne oder ein heißer Tag zum Beispiel – als Gott gesehen. Das Räucherstäbchen vor der Gottheit hin und her zu schwenken erinnert den bhakta daran, dass das alles durchdringende Luftprinzip Gott ist.

Formelle Hingabe lenkt die Liebe des bhakta von seiner oder ihrer subjektiven Situation weg und verwandelt sie in eine Würdigung der Harmonie jener Prinzipien, die den Makrokosmos regieren, die alleine Gottes herrliches Werk sind. Die aufgehende Sonne ist die Herrlichkeit Gottes. Der Nebel am Morgen, der Regen oder das Wasser, welches in der Tageshitze verdunstet, ist die Herrlichkeit Gottes. Hingabe an īśvara ist eine intellektuelle, referenzielle Bewunderung der gesamten Schöpfung, nicht nur eine emotionale Gefühlsäußerung.

Im Stadium der informellen Hingabe wird eine bewusste Kritik an der Welt geübt, die als ein Tal der Tränen gesehen wird. Um mit dem Leid zurechtzukommen, koppelt sich der bhakta von der Welt ab, fantasiert von einem persönlichen Gott und lebt in einer inneren Welt, die er selbst geschaffen hat. Dieser innere Gott – verstorbene gurus haben dieselbe Funktion – hat ein herausragendes Merkmal: er sagt dem bhakta immer das, was er oder sie hören will und stellt niemals seine/ ihre zahllosen spirituellen Fantasien infrage. Karma-yoga korrigiert diese obsessive Selbstbezogenheit, welche die persönliche Hingabe motiviert, indem er das Wissen des bhakta über Gott erweitert. Er weist auf das universelle Bedürfnis hin, der Welt für die eigenen Fehler die Schuld zu geben sowie auf den daraus folgenden Mangel an Selbstwertgefühl, den das Beschuldigen erzeugt. Karma-yoga hilft dem bhakta, die Sinnlosigkeit zu verstehen, Verantwortung für die Resultate von Handlungen zu übernehmen, die ohnehin nie in seinen Händen lag. Mit anderen Worten, er erzeugt einen geregelten karma-Strom, indem er īśvara-Bewusstsein ins tägliche Leben des bhakta bringt.

Häufig werden jene, die in einem inneren Stadium der Hingabe leben, von vielen weltlichen Problemen beherrscht. Im Stadium des upāsana gibt es nur noch einen kleinen Rest von Subjektivität; der bhakta wird endlich erwachsen, entwickelt eine intellektuelle Wertschätzung und sieht alles als wundervollen Körper Gottes. Er hasst nichts, will nichts besitzen und ist glücklich mit dem, was das Leben ihm beschert. Er muss mit dem Gottesdienst nicht bis zum Sonntag warten, weil er Gott überall und jeden Tag sieht. Der Sonnenaufgang reicht schon.

Eine vedische Hymne, das „Śrī-rudram“ sagt:

„Der Herr ist der verheißungsvolle rötliche Sonnenaufgang, das goldene Morgenlicht, das blendend weiße Licht des Mittags und die vielen Farbtöne des Sonnenuntergangs. Mit unserer Anbetung der Sonne besänftigen wir alle Wut der Welt.“

Siehe auch

Literatur

Seminare

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