Sittsamkeit
Sittsamkeit : Was ist Sittsamkeit? Woher stammt das Wort? Wozu ist Sittsamkeit gut? Was sind Synonyme, was das Gegenteil von Sittsamkeit? Sittsamkeit ist ein Begriff, der viel mit Sittlichkeit zu tun hat.
Sittsamkeit heißt ein ethisches, moralisches Leben zu führen. Sittsamkeit heißt, den Normen der Gesellschaft zu entsprechen. Sittsamkeit ermöglicht ein gutes Zusammenleben in der Gesellschaft. Sittsamkeit muss ergänzt werden durch Freigeist, Ideenreichtum und Kreativität. Wenn in einer Gesellschaft Sittsamkeit existiert und Raum für freie Entfaltung, ist die Gesellschaft harmonisch und dynamisch zugleich.
Sittsamkeit wird häufiger auf Frauen bezogen als auf Männer. Eine Frau von Sittsamkeit kleidet sich anständig, zeigt also nicht so viel Haut, trägt keine figurbetonte Kleidung. Eine Frau von Sittsamkeit macht kleine Schritte und hält beim Sitzen die Knie zusammen. Sittsamkeit ist ein etwas altmodischer Begriff. In Yogakreisen wird der Begriff Sittsamkeit nicht verwendet - und die Frauen in Yogakreisen sind viel zu selbstbewusst, um einem veralteten Begriff von Sittsamkeit zu entsprechen.
Sittsamkeit als hilfreiche Tugend
Aus einem Vortrag von Sukadev Bretz
Sittsamkeit ist ein Ausdruck, den man heute kaum mehr verwendet. Sittsamkeit heißt, man macht das, was der guten Sitte entspricht. Und Sitte und Gebräuche, das ist das, was eine Kultur ausmacht. Die Sitten und Gebräuche unserer heutigen Zeit sind anders als die Sitten und Gebräuche in früherer Zeit. Heute spricht man auch weniger von Sitten und Gebräuchen oder mindestens nicht von Sittsamkeit, man spricht vielleicht von Political Correctness. Also, was man früher als Sittsamkeit bezeichnet hat, ist heute eher Political Correctness, wie auch immer man es sehen will.
In früheren Zeiten hieß Sittsamkeit auch ganz besonders, dass Frauen sich sittsam kleiden, also, dass sie keinen langen Ausschnitt haben, dass sie zugeknöpft sind, dass Frauen die Knie zusammenhalten, wenn sie sitzen, dass nicht zu viel Schulter zu sehen ist, dass sie kleine Schritte machen, dass sie freundlich umgehen und all das ist Sittsamkeit, was Frauen betroffen hatte.
Man hat eigentlich tatsächlich mehr bei Frauen von Sittsamkeit gesprochen als beim Mann. Eine sittsame Frau, oder eine sittsame Jungfrau hieß es noch dazu, die galt als besonders hochzeitswürdig. Währenddessen beim Mann hat man vielleicht auch gesagt, - sittsamer Mann, aber das war dort nicht ganz so wichtig. So auf eine gewisse Weise war Sittsamkeit auch ein Ausdruck, um Frauen etwas unterdrücken zu können. So würde man es von der heutigen Perspektive her sagen.
Aber andererseits,- von dem damaligen Standpunkt aus, war es auch ein Schutz für Frauen, eben ihre Sittsamkeit galt als wichtiger Wert und der sollte dann natürlich auch respektiert werden von Männern. Was man heute mit dem Ausdruck "Sittsamkeit" anfangen will, das kannst du jetzt selbst überlegen. Aber bis heute gilt auch, zu schauen, was ist angemessen?
Letztlich der Ausdruck von dem Freiherrn von Knigge oder den Grundsatz vom Freiherr von Knigge,- das sind gute Grundsätze, eben sich so zu verhalten, dass es für andere gut ist, dass ein angenehmes, freundliches Miteinander möglich ist, das wäre eine gute Sittsamkeit, das wären gute Benimmesregeln. Und in diesem Sinne könnte man auch sagen, am leichtesten würde man sagen, Sittsamkeit wäre, den fünf Yamas von Patanjali zu entsprechen.
Also, Ahimsa – Freundlichkeit, Satya – Wahrhaftigkeit, Asteya, das heißt Ehrlichkeit, und Brahmacharya, also Vermeiden von sexuellem Fehlverhalten, und Aparigraha – Unbestechlichkeit. Brahmacharya, Vermeidung von sexuellem Fehlverhalten, war das, was in früheren Zeiten oft als sittsam gegolten hat. Und auch bis heute gibt es aus guten Gründen weiter bestimmte Sexualregeln, sie sind andere als früher, aber es gibt gute Gründe, weshalb jede Kultur auch auf dem sexuellen Gebiet bestimmte Regeln hat.
Und es gibt auch bestimmte Regeln für Kleidung in bestimmten Kontexten. Angenommen, du machst ein Seminar bei Yoga Vidya mit, dann wirst du typischerweise nicht in Anzug und Krawatte kommen. Und angenommen, du bist Mitarbeiter in einer Bank, dann wirst du typischerweise nicht in Yoga-Kleidung ankommen, sondern eben, vielleicht wenn du Mann bist, mit Anzug und Krawatte, und als Frau vielleicht mit Kostüm oder was auch immer du dort tragen willst und was angemessen ist. Also, Sittsamkeit hat drei Aspekte. Allgemeine Ethik, das zweite ist insbesondere Sexualethik und als drittes, sich angemessen zuverhalten, wie es der Gruppe entspricht, in die du hineinkommst. Und jetzt kannst du selbst überlegen, ob du dein Leben an ethischen Idealen ausrichtest, wie es mit deiner Sexualethik bestellt ist und ob du dir tatsächlich auch Gedanken machst, welche Kleidung, welches Verhalten, welche Sprache angemessen ist in der Gruppe, in der du gerade bist.
Swami Sivananda über Sittsamkeit
Der indische Yogi und Weise Swami Sivananda schreibt in seinem Buch „How to Cultivate Virtues und Eradicate Vice“ über Modesty (Sittsamkeit) Divine Life Society:
- Sittsamkeit ist ein scheinendes Licht. Sie bereitet dein Geist vor, Weisheit zu empfangen und das Herz, Wahrheit aufzunehmen.
- Sittsamkeit ist die Farbe der Tugend. Sie ist nicht nur eine Verzierung sondern auch ein Wächter der Tugend.
- Sittsamkeit gibt neuen dem Charakter neuen Glanz. Sie ist eine anspruchsvolle Gnade. Sie ist die Zitadelle der Schönheit und der Tugend. Sie ist eine wunderschöne Fassung des Diamanten des Talentes und der Begabung. Sie ist die größte Verzierung in einem glanzvollen Leben. Sie ist das Zubehör der Schlichtheit.
- Sittsamkeit ist immer entgegenkommend. Sie weilt in einem Herzen, das mit vornehmen Tugenden angefüllt ist.
- Sittsamkeit ist eine wichtige Tugend.
- Sittsamkeit ist Demut.
- Sittsamkeit ist die Reinheit der Gedanken und der Umgangsformen.
- Sittsamkeit ist schicklicher Betragen.
- Sittsamkeit ist Reinheit.
- Sittsamkeit ist Unverdorbenheit.
- Sittsamkeit ist Mäßigung.
- Sittsamkeit ist Beredsamkeit an sich.
- Sittsamkeit ist das Gefühl des Anstandes.
- Sittsamkeit ist das Fehlen aller Neigungen, sich selbst über zu bewerten.
- Sittsamkeit ist das Fehlen aller anzüglichen und geschlechtlichen Unreinheiten.
- Sittsamkeit ist Anständigkeit,
- Sittsamkeit ist Unverdorbenheit des Benehmens hauptsächlich im Bezug auf Frauen.
- Sittsamkeit ist das Freisein von Exzess, Übertreibung oder Überspanntheit.
- Sittsamkeit ist bescheidene Zurückhaltung oder Korrektheit des Verhaltes oder der Sprache. *Sittsamkeit ist die Reinheit der Gedanken, des Charakters, der Empfindens oder der Handlungsweise. *Sittsamkeit ist Schicklichkeit.
Es gibt keine Eigendünkel in einem bescheidenen Mann oder einer Frau. Genau wie ein einfaches Gewand einer Frau sehr gute Schönheit verleiht, so ist ein korrektes Verhalten oder Sittsamkeit die größte Zierde der Weisheit. Ein sittsamer Mann oder eine sittsame Frau ist schlicht oder bescheiden oder anspruchslos. Er ist abgeneigt, sich selbst in Beachtung oder ins Rampenlicht zu bringen. Er ist frei von Vorführung und Geschmacklosigkeit. Ein sittsamer Mensch prahlt nicht. Er wendet sein Ohr von seiner eigenen Lobpreisung ab. Er ist frei von Eitelkeit und Stolz. Er ist sehr sehr schlicht. Eine sittsame Frau ist schamhaft. Sie ist nicht dreist.
Ein egoistischer Mensch will immer von sich selbst sprechen, aber ein sittsamer Mensch vermeidet es immer, sich selbst zum Gegenstand seiner Unterhaltung zu machen. Die Rede eines bescheidenen Menschen ist anregend und erhebend. Sie berührt dein Herz. Sie durchdringt dein Herz. Sie atmet Liebe und Weisheit. Sie verleiht der Wahrheit Glanz. Stelle dein Talent oder deine Fertigkeiten nicht zur Schau. Singe dir kein Eigenlob. Sei bescheiden. Alle werden dich bewundern und deine Talente, Fähigkeiten und Leistungen anerkennen. Eine Kanne voll Wasser gibt keinen Mucks von sich. Leere Gefäße machen sehr viel Lärm. Ein sittsamer Mensch gewinnt die Herzen aller. Er wird von allen respektiert und bewundert. Sei daher bescheiden. Kultiviere Sittsamkeit zu größtmöglichem Maße.
Sittsamkeit in Beziehung zu anderen Eigenschaften
In diesem Yoga Wiki werden über 1000 Tugenden und Persönlichkeitsmerkmale beschrieben. Hier einige Erläuterungen, wie man die Eigenschaft der Sittsamkeit in Beziehung zu anderen Fähigkeiten und Verhaltensweisen sowie in Bezug auf Laster sehen kann:
Ähnliche Eigenschaften wie Sittsamkeit
Ähnliche Eigenschaften wie Sittsamkeit, also Synonyme zu Sittsamkeit sind z.B. Züchtigkeit, Wohlerzogenheheit, Demut, Zucht.
Ausgleichende Eigenschaften
Jede Eigenschaft, jede Tugend, die übertrieben wird, wird zu einer Untugend, zu einem Laster, einer nicht hilfreichen Eigenschaft. Sittsamkeit übertrieben kann ausarten z.B. in Unterwürfigkeit, Fügsamkeit, Unsicherheit, Selbstherrlichkeit, Unangreifbarkeit. Daher braucht Sittsamkeit als Gegenpol die Kultivierung von Selbstbewusstsein, Mitgefühl, Intuition, Kreativität.
Gegenteil von Sittsamkeit
Zu jeder Eigenschaft gibt es ein Gegenteil. Hier Möglichkeiten für Gegenteil von Sittsamkeit, Antonyme zu Sittsamkeit :
- Positive Gegenteile von Sittsamkeit, man könnte diese auch als Gegenpole bezeichnen: Selbstbewusstsein, Mitgefühl, Intuition, Kreativität
- Negative Gegenteile von Sittsamkeit, also Laster, negative Eigenschaften, sind z.B. Lasterhaftigkeit, Verdorbenheit, Unanständigkeit, Verworfenheit
Sittsamkeit im Kontext von Tugendengruppen, Persönlichkeitsfaktoren und Temperamenten
- Sittsamkeit gehört zur Tugendgruppe 5 Höflichkeit, Respekt, Ehrerbietung. Die wichtigsten Tugenden dieser Tugendgruppe sind Höflichkeit und Respekt
- Im Kontext des Persönlickeitsmodell der Big Five gehört Sittsamkeit zum Persönlichkeitsfaktor C1 Gewissenhaftigkeit hoch: effektiv, organisiert, verlässlich
- Im Persönlichkeitsmodell DISG gehört Sittsamkeit zur Grundverhaltenstendenz G - Gewissenhaftigkeit
- Im Ayurveda zählt man Sittsamkeit zum Kapha-Pitta Temperament bzw. Dosha.
Entwicklung von Sittsamkeit
Sittsamkeit kann man sehen als Tugend, als eine positive Eigenschaft. Vielleicht willst du ja Sittsamkeit in dir stärker werden lassen. Hierzu einige Tipps:
- Nimm dir vor, eine Woche lang diese Eigenschaft der Sittsamkeit zu kultivieren. Vielleicht kannst du nicht alle guten Eigenschaften auf einmal kultivieren. Aber es ist möglich, innerhalb einer Woche oder innerhalb eines Monats eine Tugend, eine Eigenschaft, stark werden zu lassen.
- Triff den Entschluss: "Während der nächsten Woche will ich die Tugend, die Eigenschaft, Sittsamkeit kultivieren, wachsen lassen, stärker werden lassen. Ich freue mich darauf, in einer Woche ein sittsamerer Mensch zu sein."
- Nimm dir vor, jeden Tag mindestens eine Handlung auszuführen, die Sittsamkeit ausdrückt. Mache jeden Tag etwas, was du sonst nicht tun würdest, was aber diese Tugend zum Ausdruck bringt
- Wenn du morgens aufwachst, dann sage eine Affirmation, z.B.: "Ich entwickle Sittsamkeit ".
- Am Tag wiederhole immer wieder eine Autosuggestion, Affirmation wie z.B.: Ich bin sittsam ".
Klassische Autosuggestion für Sittsamkeit
Hier die klassische Autosuggestion:
- Ich bin sittsam.
Im Yoga verbindet man das gerne mit einem Mantra. Denn ein Mantra lässt die Affirmation stärker werden:
- Ich bin sittsam. Om Om Om.
- Ich bin ein Sittsamer, eine Sittsame OM.
Entwicklungsbezogene Affirmation für Sittsamkeit
Manche Menschen fühlen sich als Scheinheiliger oder als Heuchler, wenn sie sagen "Ich bin sittsam " - und sie sind es gar nicht. Dann hilft eine entwicklungsbezogene Affirmation:
- Ich entwickle Sittsamkeit.
- Ich werde sittsam.
- Jeden Tag werde ich sittsamer.
- Durch die Gnade Gottes entwickle ich jeden Tag mehr Sittsamkeit.
Dankesaffirmation für Sittsamkeit :
- Ich danke dafür, dass ich jeden Tag sittsamer werde.
Wunderaffirmationen Sittsamkeit Du kannst es auch mit folgenden Affirmationen probieren:
- Bis jetzt bin ich noch nicht sehr sittsam. Und das ist auch ganz verständlich, ich habe gute Gründe dafür. Aber schon bald werde ich Sittsamkeit entwickeln. Jeden Tag wird diese Tugend in mir stärker werden.
- Ich freue mich darauf, bald sehr sittsam zu sein.
- Ich bin jemand, der sittsam ist.
Gebet für Sittsamkeit Auch ein Gebet ist ein machtvolles Mittel, um eine Tugend zu kultivieren. Hier ein paar Möglichkeiten für Gebete für mehr Sittsamkeit:
- Lieber Gott, bitte gib mir mehr Sittsamkeit.
- Oh Gott, ich verehre dich. Ich bitte dich darum, dass ich ein sittsamer Mensch werde.
- Liebe Göttliche Mutter, ich danke dir. Ich danke dir dafür, dass ich jeden Tag die Tugend Sittsamkeit mehr und mehr zum Ausdruck bringe.
Was müsste ich tun, um Sittsamkeit zu entwickeln? Du kannst dich auch fragen:
- Was müsste ich tun, um Sittsamkeit zu entwickeln?
- Wie könnte ich sittsam werden?
- Lieber Gott, bitte zeige mir den Weg zu mehr Sittsamkeit.
- Angenommen, ich will sittsam sein, wie würde ich das tun?
- Angenommen, ich wäre sittsam, wie würde sich das bemerkbar machen?
- Angenommen, ein Wunder würde geschehen, und ich hätte morgen Sittsamkeit kultiviert, was hätte sich geändert? Wie würde ich fühlen? Wie würde ich denken? Wie würde ich handeln? Als sittsamer Mensch, wie würde ich reagieren, mit anderen kommunizieren?
Siehe auch
Eigenschaften im Alphabet vor Sittsamkeit
Eigenschaften im Alphabet nach Sittsamkeit
Vortragsmitschnitt zu Sittsamkeit - Audio zum Anhören
Hier kannst du einen Vortrag von Sukadev Bretz, Gründer von Yoga Vidya, anhören. Dieser Vortrag ist die Audio Version eines Videos zu Sittsamkeit, Teil des Yoga Vidya Multimedia Lexikons der Tugenden.
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