Analogie
Analogie heißt Vergleich. Gerade in der Yogaphilosophie spielen Analogien eine große Rolle. Analogien (Sanskrit: Nyaya) sind Vergleiche, auch Gleichnisse. Zum Beispiel gibt es die Analogie von Schlange und Seil. Jemand der Nachts in Indien in seine Hütte geht, tritt vielleicht auf ein Seil und denkt, es sei eine Schlange. Seine Vorstellung, dass da eine Schlange ist, ist irrig. Da ist eigentlich nur ein Seil.
So ähnlich ist auch die Vorstellung, dass es eine von uns getrennte Welt gibt und dass der andere Mensch von uns getrennt ist, ist auch nur eine Vorstellung. In Wahrheit sind wir alle miteinander verbunden, ja sogar eins. Und so wie das Seil nie zur Schlange geworden ist, besagt diese Analogie, so ist auch die Verbundenheit aller Wesen nie verschwunden. Auch dann nicht, wenn wir denken, dass sie verschwunden sei. So gibt es im Yoga viele Analogien, um auch komplexe, philosophische und spirituelle Inhalte zu verstehen. Wenn du mehr über die Yogaanalogien wissen willst, dann schlage nach unter Nyaya. Dort findest du Artikel über Nyaya als Philosophie, Logiksystem und eine Übersicht über die verschiedenen Analogien (Nyayas), die im Yoga gebraucht werden.
Viveka Chudamani - Die Analogie von Krug und Ton
- Kommentar zum Viveka Chudamani Vers 228 von Sukadev Bretz -
Ein Krug, der aus Ton besteht, ist nichts anderes als Ton, weil er seiner Natur nach nur Ton ist. Der ganze Krug besteht nur aus Ton. Warum ihn also Krug nennen? Es ist einfach ein (falsch/unnötig) ausgedachter Name.
Ein Ton-Krug ist in seiner Essenz Ton
Man könnte sagen, dass hinter verschiedenen Tontöpfen oder Tonkrügen nichts anderes ist als Ton. Angenommen du hättest jetzt verschiedene Tonkrüge, einen kleinen, einen großen, einen sehr großen, dann könntest du sagen, dass du einen kleinen oder großen oder sehr großen Tonkrug hast. Der Tonkrug wurde irgendwann gemacht und wird irgendwann kaputtgehen. Und so gibt es Unterschiede, aber die verschiedenen Krüge sind alle nur aus Ton. In Wahrheit sind sie nur Ton. Wenn du dich auf das Krugsein beziehst, dann gibt es da Unterschiede. Wenn du dich aber auf die Tonhaftigkeit beziehst, dann ist alles gleich.
In diesem Sinne scheint das Universum Namen und Formen zu haben. Du könntest sagen: „Hier habe ich eine Uhr.“ Woraus besteht die Uhr? Die Uhr besteht aus Plastikarmband, Metall, Quarz und vielem mehr. Woraus bestehen diese wiederum? Sie bestehen aus Protonen, Elektronen, Neutronen. Woraus bestehen Protonen, Elektronen, Neutronen? Es sind Wahrscheinlichkeitswolken. Und wovon hängen die Wahrscheinlichkeitswolken ab? Letztlich hängen sie von Bewusstsein ab. So ist hinter dieser Uhr nur Bewusstsein. Was wäre die Welt ohne Bewusstsein? Letztlich ist die ganze Welt Bewusstsein.
Die ganze Welt ist wie ein Traum
Eine weitere Analogie ist der Traum. Yogis, insbesondere die Vedantins sagen, dass die Welt wie ein Traum ist. In einem Traum besteht alles aus dem Bewusstsein des Träumenden.
Angenommen, du würdest jetzt gerade in diesem Moment träumen, dann wäre alles, was in dieser Traumwelt ist aus deinem eigenen Bewusstsein. Wenn du aufwachst, dann erkennst du, dass alles nur ein Traum war. Und Bewusstsein manifestiert sich als die Traumwelt.
So wie sich Tonerde als Krug manifestieren kann oder als eine Plastik, die man daraus machen kann, eine Statue. Du könntest Heilerde daraus machen. Du könntest einen Untersetzer daraus machen, ein Tongefäß für Zimmerpflanzen und so weiter. Das wäre alles nur Ton. Alles andere sind Namen und Formen in Zeit und Raum.
Das Universum hat als Ur-Substanz Bewusstsein
So ähnlich ist auch das Universum nichts anderes als Brahman. Es besteht aus der Ur-Substanz von Bewusstsein. In Zeit und Raum scheint das Universum Namen und Formen zu haben und die Namen und Formen wechseln. Aber essentiell ist alles im Universum nur Brahman. Alles ist Brahman. Es gibt nichts, was nicht Brahman wäre.
Hinter allem ist Gott - das kannst du erfahren
Wenn du das Universum anschaust, sei dir bewusst, dass alles Brahman ist. Spüre das. Wenn du jetzt die Namen und Formen anschaust, dann sei dir bewusst, dass sie Brahman sind. Überall ist Gott. Hinter allem steckt das Göttliche. Du kannst das Göttliche auch erfahren. Meditiere über egal was und du erfährst in allem das Göttliche. Geh vor einen Baum und spüre den Baum vom Herzen und das Göttliche leuchtet auf. Gehe irgendwo hin und dehne deine Bewusstheit in alle Richtungen aus, das Göttliche leuchtet auf.
Schaue einen Meister an, spüre seine Gegenwart, das Göttliche leuchtet auf. Schaue einen normalen Menschen an, verbinde dich, gehe über Zeit und Raum, vergiss die unterschiedlichen Körper und den unterschiedlichen Intellekt und die Persönlichkeit. Spüre die Essenz des anderen Menschen, Brahman leuchtet auf. Es gibt nur eine unendliche Wirklichkeit. Erfahre das – jetzt.
Viveka Chudamani - Die Analogie des Tiefschlafs
- Kommentar zum Viveka Chudamani Vers 234 von Sukadev Bretz -
Wenn das Universum wirklich/real (satya) wäre, müsste es auch im Tiefschlaf wahrgenommen werden. Da im Tiefschlaf aber gar nichts wahrgenommen wird, ist es unwirklich und unwahr wie ein Traum.
Träume sind unwirklich
Das ist eine schöne Analogie:
- Woher weißt du, dass der Traum unwirklich ist?
- Woher weißt du, dass es die Welt des Traumes nicht wirklich gibt?
Das weißt du, weil du irgendwann aufwachst. Wenn du aufwachst weißt du, dass die Traumwelt unwirklich war.
Die Wachwelt ist genauso unwirklich
- Woher weißt du, dass diese Wachwelt ein Traum ist?
- Woher weißt du, dass sie nicht wirklich wirklich ist?
Zum einen weißt du es, wenn du in Nirvikalpa Samadhi gehst. Wenn du eine Bewusstseinsveränderung hast, und dich selbst erfährst als das Unendliche und Ewige in dem Moment bist du aufgewacht. Aber solange musst du nicht warten. Du weißt es schon jetzt. In dem Moment, wo du träumst ist die Wachwelt verschwunden.
Es gibt nur Brahman
In dem Moment, wo du im Tiefschlaf bist, ist die Wachwelt verschwunden. Aber du existierst weiter, auch wenn die Erfahrung der äußeren Welt nicht mehr da ist. So wie die Traumwelt aus nichts anderem besteht als aus dem Geist des Träumenden, so besteht diese Wachwelt, dieses Universum aus nichts anderem als Brahman, der diese Welt träumt.
Mache dir das mal bewusst. Traumgestalt im Traum Gottes. Angenommen du würdest träumen, dann wärst du Gestalt deines eigenen Traumes und die anderen wären Traumgestalten auch deines Traumes und so bist du die Traumgestalt im Traum Gottes.
Viveka Chudamani - Die Analogie des Goldes
- Kommentar zum Viveka Chudamani Vers 262 von Sukadev Bretz -
Das, was als eine Wahrheit, die aus Unwissenheit vielfach erscheint, was sich in Namen (nama), Formen (rupa) und Merkmalen/Eigenschaften (guna) ändert, selber aber ewig (sada) unveränderlich (avikriya) ist wie Gold (hemavat) – das ist Brahman, die Absolute Wirklichkeit. „Tat tvam asi“ das bist du. Meditiere darüber im Geist!
Shankara gibt uns eine Analogie, die Analogie von Gold. Ich habe ja schon ähnliche Analogien beschrieben, die du mitbekommen hast, wenn du alle Verse bislang schon angehört/gelesen hast.
Möglicher Werdegang von Gold
Es gibt so viele verschiedene Dinge, die aus Gold gemacht sind. Es gibt nicht viel Gold in der Welt. Wenn du einen Goldring hast, dann wurde der irgendwann mal aus Gold gewonnen, was vielleicht früher mal Goldmünzen waren. Vielleicht war das früher mal ein Goldring oder eine Goldkette. Vielleicht wurde es im Alten Ägypten abgebaut, von den Römern geraubt, dann von den Römern genutzt, wurde als Kaufobjekt, als Bezahlungsmittel für Luxusgegenstände aus Indien und vielleicht haben es später Steppenvölker geraubt, nach Mittelasien gebracht, davon etwas aus Persien gekauft und das nach Europa exportiert und so weiter. Vieles ist inzwischen aus dem Gold geworden. Vielleicht war es auch einmal ein Zahnersatz oder es stammen Teile aus einem Konzentrationslager. Du kennst nicht die Geschichte von diesem Stück Gold. Das Gold ist gleich geblieben. Es hat nur unterschiedliche Formen angenommen.
Gold als Essenz bleibt immer erhalten
Angenommen ich zerschlage diesen Ring, dann ist der Ring kaputt aber das Gold ist weiter da. Angenommen ich schmelze es ein und mache eine Zahnfüllung daraus, dann ist das Gold gleich und hat unterschiedliche Formen.
Analog ist Brahman die Essenz von Allem
Ähnlich ist, dass es ein unendliches Brahman gibt. Es gibt ein unendliches Bewusstsein, welches so viele Formen annimmt. Die moderne Physik macht es uns noch leichter das zu verstehen. Denn woraus besteht die physische Welt? Sie besteht aus Molekülen. Woraus bestehen die Moleküle? Sie bestehen aus Atomen. Woraus bestehen die Atome? Sie bestehen aus Protonen, Neutronen und Elektronen. Im Grunde genommen sind alle Elemente nur Protonen, Neutronen und Elektronen. Das ist das einzige.
- Ob du jetzt schöne Haare hast oder nicht - Protonen, Neutronen und Elektronen.
- Ob deine Brille zerbricht oder nicht - Protonen, Neutronen und Elektronen.
- Dein Auto - Protonen, Neutronen und Elektronen.
- Die Luft, die Nahrung, alles sind Protonen, Neutronen und Elektronen.
Wenn du jetzt noch annehmen würdest, dass Protonen, Neutronen und Elektronen nichts anderes sind als Energieladungen und Energieladungen sind nichts anderes als Wahrscheinlichkeitswolken oder Energieschwingungen. Energieschwingung ist etwas, was in der Zeit ist und Zeit ist eine Illusion. Ohne Zeit ist alles gleichzeitig da, es kann keine voneinander getrennte Energie geben. Es gibt nur eine unendliche Wirklichkeit.
Du bist Eins mit Brahman
brahma tat tvam asi – diese eine unendliche Wirklichkeit, das bist du. Es gibt keinen Unterschied. Die Unterschiede sind nur scheinbar. So wie es keinen Unterschied gibt zwischen einem Goldarmband, einer Goldkette, einem Goldring, einem Goldzahn oder der Vergoldung deiner Brille, es ist alles das gleiche Gold.
So ist das ganze Universum das gleiche Brahman. Du brauchst dir keine Sorgen zu machen, in welcher Form Brahman auf dich zukommt. Du brauchst nicht zu überlegen, ob der dich mag oder nicht. Du brauchst nicht zu überlegen, ob du ewig einsam sein wirst. brahma tat tvam asi bhāvayātmani – Du bist dieses unendliche Brahman. Erfahre das in der Tiefe deiner Seele.
Viveka Chudamani - Analogie von Form und Substanz
- Kommentar zum Viveka Chudamani Vers 300 von Sukadev Bretz -
Das gesamte Universum, das wir durch Sprache und Geist kennen, ist nichts als Brahman. Es gibt nichts außer Brahman für einen, der jenseits der Grenzen von Prakriti steht. Kann der Krug, Becher, Topf, ecetera. jemals etwas anderes sein als der Ton, aus dem sie gemacht wurden? Berauscht vom Trank der Illusion (Maya) spricht der Getäuschte von „du“ und „ich“.
Aus der Substanz können viele Formen entstehen
Dies ist eine Analogie von Form und Substanz. Nehmen wir zum Beispiel Ton. Aus Ton kannst vieles machen, wie zum Beispiel einen kleinen Topf oder einen großen Topf. Nehmen wir einmal an, du hast einen großen Haufen von Ton. Diesen Ton formst du. Du machst erst einen kleinen Krug, dann einen großen Krug, einen Teller, eine Murti, eine Götterfigur. Nachher hast du alles geformt und lässt es in der Sonne trocknen. Du hast dann einen kleinen Krug, einen großen Krug, einen Teller, eine Murti, eine Götterfigur und so weiter. Sie erscheinen alle als unterschiedlich. Aber woraus bestehen sie? Aus Ton.
Angenommen jetzt es würde regnen und dann werden all diese Tonsachen, die nur in der Sonne getrocknet sind, wieder zerfallen. Dann gibt es wieder einen Klumpen Ton. Sie kommen aus Ton, sie sind Ton und sie werden wieder zu Ton. In diesem Sinne sind sie alle der gleiche Klumpen Ton.
Das gesamte Universum ist Brahman
So ähnlich auch gibt es nur das eine unendliche Brahman. Dieses Brahman nimmt so viele Formen an. Man könnte es sogar physikalisch sehen. Im ganzen Universum gibt es Protonen, Neutronen, Elektronen. Im gesamten Universum gibt es einfach nur Energie-Schwingungen. Diese ganzen Protonen, Neutronen, Elektronen, die alle miteinander verbunden sind, die alle miteinander verschränkt sind, die alle miteinander eins sind, bilden einen großen Teppich von Energie. Dieser erzeugt diese mannigfaltige Welt. Shankara sagt letztlich, dass Brahman diese mannigfaltige Welt erzeugt. Es gibt nur ein Brahman, der sich durch so viele manifestiert.
Man könnte auf einer relativen Ebene sagen, dass es so viele Körper gibt, der eine ist Mann, der andere ist Frau, der eine ist reich, der andere ist dumm. Wieder ein anderer ist intelligent, der nächste ist dumm. Einer ist künstlerisch begabt, ein anderer ist handwerklich begabt. Einer ist exakt, einer ist kreativ. Aber alles ist eine Manifestation des gleichen Brahmans. So ähnlich wie ein Tonhaufen sich manifestiert als kleiner Topf, als großer Topf, als Figur, als Teller und vieles andere. Brahman ist hinter allem. Das ist Brahman - Tat Tvam Asi, das bist du.
Du bist in mir - Ich bin in dir
Mache dir das heute bewusst! Lebe in diesem Bewusstsein! Sei dir bewusst, dass hinter allem Bewusstsein ist. Allen, denen du begegnest sind Manifestationen des gleichen Brahman. So wie Jesus gesagt hat: „Du bist in mir. Ich bin in dir.“ Oder wie es auch heißt: „Das Königreich Gottes ist mitten unter Euch.“ Königreich Gottes – Brahman ist überall. Mache dir das bewusst und lebe aus diesem Geist heraus!
Analogie Video
Vortragsvideo mit dem Thema Analogie:
Erfahre einiges über Analogie durch dieses Vortragsvideo. Sukadev interpretiert hier das Wort bzw. den Ausdruck Analogie vom einem Yogastandpunkt aus.
Siehe auch
- Viveka Chudamani
- Viveka
- Unterscheidung
- Atma Anatma Viveka
- Sat Asat Viveka
- Nitya Anitya Viveka
- Ananda Sukha Viveka
Weitere Begriffe im Kontext mit Analogie
Einige Begriffe, die indirekt in Beziehung stehen mit Analogie, aber für dich von Interesse sein könnten, sind unter anterem Amt, Amaranth, Alt werden, Andere, Anfeuern, Angemessen.
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Analogie Ergänzungen
Hast du Ergänzungen oder Verbesserungsvorschläge zu diesem Artikel über Analogie ? Danke für deine Email an wiki(at)yoga-vidya.de.
Zusammenfassung
Das Substantiv Analogie kann gesehen werden im Kontext von Vergleich und Bewertung und kann interpretiert werden vom Standpunkt Yoga, Meditation, Ayurveda, Spiritualität, humanistische Psychologie.