Avadhuta: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 15. Juni 2022, 16:34 Uhr
Avadhuta: (Sanskrit: अवधुत avadhūta adj.; m.) Asket, der jegliche Bindung an weltliche Dinge abgelegt hat und sich unter vollkommener Entsagung ganz seinen spirituellen Praktiken widmet. Im speziellen sind Vanaprasthas und Sannyasins gemeint, die ihrer Umgebung kaum noch Beachtung schenken, sie nehmen zu anderen keine Beziehung mehr auf, die Zeit interessiert sie nicht. Sie suchen weder Unterkunft noch Nahrung, denn sie nähren sich von der Glückseligkeit (Ananda). Sie leben im Himalaya, fernab von jeglicher Zivilisation, in sich gekehrt, voller Freude, wach. Ein unvollkomener Avadhuta wird "Parivraj", Wanderer, genannt, ein vollkommener "Paramahamsa".
Sukadev über Avadhuta
Niederschrift eines Vortragsvideos (2014) von Sukadev über Avadhuta
Avadhuta ist derjenige, der alles abgeschüttelt hat. Avadhuta ist der Name eines Weisen, Dattatreya. Dattatreya gilt als Trimurti Avatar, als Inkarnation - Avatar, von Trimurtis – von den drei Murtis, den drei Verkörperungen, Brahma, Vishnu und Shiva. Dattatreya gilt dabei als Avadhuta, einer, der alle Verhaftungen abgeschüttelt hat, einer, der alle Ich-Gedanken abgeschüttelt hat, einer, der alle Vorstellungen abgeschüttelt hat. Deshalb, Avadhuta. Manchmal wird Avadhuta auch als "der Unbekleidete" übersetzt, jemand, der seine Kleidung abgelegt hat. Avadhuta ist eben der nackte Heilige.
Von Dattatreya wird manchmal gesagt, er sei unbekleidet gewesen. Dennoch, die meisten bildlichen Darstellungen von Dattatreya sind durchaus mit einfacher Kleidung. Aber er ist Avadhuta im Sinne von, jemand, der alle Verhaftungen abgeschüttelt hat, jemand, der an nichts verhaftet ist. In diesem Sinne gilt es ab und zu mal, sich zu schütteln und das abschütteln, was einem nicht liegt. Es hilft manchmal sogar physisch, sich einfach zu schütteln. Wenn dich etwas belastet, schüttle dich etwas. So ähnlich, wie wenn ein Hund im Regen war und er kommt aus dem Regen wieder zurück, dann schüttelt er sich und dann ist sein Fell wieder weitestgehend trocken. So ähnlich auch ein Pferd, wenn es sich im Schlamm gewälzt hat, anschließend schüttelt es sich und dann wird das Fell relativ zügig wieder sauber. Ab und zu mal bist du im Regen des Lebens, ab und zu mal bist du vielleicht auch mal im Dreck des Lebens.
Aber Dreck ist ja nicht wirklich Dreck, sondern es kann auch heilsam sein. Aber ab und zu mal musst du dich schütteln. Und ab und zu mal kannst du erkennen, dass irgendwo Verhaftungen sind. Ab und zu mal wirst du erkennen, da sind irgendwelche Identifikationen. Dann schüttle dich. Und indem du dich schüttelst, legst du es ab. Indem du es ablegst, hast du Gelassenheit. Als Avadhuta schüttelst du alles ab, was du nicht in Wahrheit bist, was bleibt, ist Gott, was bleibt, ist das höchste Selbst, was bleibt, ist Brahman. So ist Avadhuta eine spirituelle Praxis, beständig alles abschütteln, was sich an Verhaftung und Identifikation festsetzt. Avadhuta ist aber auch der Name von jemandem, der dieses erreicht hat. Und manchmal wird als Avadhuta jemand bezeichnet, der ohne Kleider durch die Gegend geht, der nackte Weise, nackte Heilige, die durch physische Nacktheit geistige Verhaftungslosigkeit ausdrücken wollen.
Der spirituelle Name Avadhuta
Avadhuta, Sanskrit अवधूत avadhūta m, ist ein Spiritueller Name und bedeutet Geschüttelt, getrennt von weltlichen Anhaftungen, Asket. Avadhuta kann Aspiranten gegeben werden mit Soham Mantra.
Avadhuta bedeutet derjenige, der alle Verhaftungen abgeschüttelt hat. Es ist ein Beiname von Dattatreya. Avadhuta ist jemand, der allen Verhaftungen entsagt hat und der immer wieder alles abschüttelt, was sich irgendwo an Verhaftungen oder an Gier festsetzen will.
Wenn du Avadhuta heißt, dann soll das bedeuten: Schüttle immer wieder alle Verhaftungen ab, erkenne, du bist das höchste Selbst. Du bist Sein, Wissen und Glückseligkeit. Nimm die Menschen so, wie sie sind und befreie dich von Erwartungen, Verhaftungen und Wünschen. Sei voller Freude, sei voller Mitgefühl, aber ohne Erwartungen und ohne Bedingungen. Lasse deine Liebe bedingungslos und ohne Anhaftung sein.
Avadhuta अवधूत avadhūta Aussprache
Hier kannst du hören, wie das Sanskritwort Avadhuta, अवधूत, avadhūta ausgesprochen wird:
Swami Sivananda über Avadhuta und Krishna
Auszüge aus dem Buch: Lord Krishna, His Lilas and Teachings; Nacherzählung der Geschichte "Die Geschichte des Avadhuta"
Der fromme König Yadu sah einst einen jungen Sannyasin von großer Weisheit, der selbstbewusst und furchtlos durch die Gegend zog. König Yadu wollte mehr über Dharma, das rechte Handeln, erfahren und fragte ihn:
„O Weiser! Wie bist du, ohne deinen rituellen Pflichten nachzukommen, zu dieser klaren Weisheit und Einsicht gekommen, dank derer du alle Anhaftungen aufgeben konntest und glückselig und furchtlos wie ein Kind bist? Die meisten Menschen streben normalerweise nach Besitz, Erfüllung ihrer Wünsche und Entwicklung von Tugenden. An etwas Höheres (Atman) richten sie sich nur mit persönlichen Wünschen wie einem langen Leben, Ruhm und Reichtum. Doch du, der du intelligent, geschickt, sprachgewandt und wohlgestaltet bist, tust gar nichts und strebst nach nichts. Das Feuer von Leidenschaft und Gier, das die Menschen verbrennt, scheint dich nicht zu berühren. Du scheinst selbstzufrieden und glücklich zu sein wie ein Elefant im kühlen Gangeswasser, dem die Hitze des Waldbrands nichts anhaben kann. Erkläre mir den Grund für deine innere Glückseligkeit, die du in der Einsamkeit und ohne die Reize der Sinnesfreuden gefunden hast“
Da sagte der junge Brahmane zu Yadu, der als klug und brahmanenfreundlich galt, und der diese Frage mit einer respektvollen Verneigung an ihn gerichtet hatte: „Von vielen Lehrern habe ich durch mein eigene Einsicht gelernt. Von ihnen habe ich die Weisheit erlangt, mit der ich nun frei von jeglicher Anhaftung bin. Die Erde, die Luft, Äther (Raum), Wasser, Feuer, Sonne und Mond, eine Taube, eine Riesenschlange und der Ozean. Die Motte, die Biene, der Elefant und der Honigsammler. Das Reh, der Fisch und die Tänzerin Pingala. Der Fischadler, ein Kind, ein Mädchen und der Pfeilschnitzer, die Schlange, die Spinne und der Käfer - das sind, o König, meine vierundzwanzig Lehrer (Gurus). Von ihnen und ihrem Verhalten habe ich all meine Lektionen gelernt. Ich erzähle dir nun, was ich von jedem im Einzelnen lernte.
„Man sollte nie vom rechten Weg abweichen, selbst nicht unter dem Druck anderer, die ihrerseits ihrem Schicksal gemäß handeln.
Diese Duldsamkeit und Langmut lernte ich von der Erde. Vom Berg, der ja ein Teil der Erde ist, habe ich gelernt, dass all unsere Handlungen immer dem Wohl anderer dienen sollen, dass wir allein zum Wohl anderer existieren. Und von den Bäumen als Teil der Erde habe ich gelernt, dass wir uns immer anderen zur Verfügung stellen sollten. Der/die Weise sollte sich mit dem Lebensnotwendigen zufriedengeben. Darüber hinaus strebe man nicht danach, weiteren Sinneswünschen nachzugehen, damit die Erkenntnisfähigkeit nicht beeinträchtigt und der Geist nicht nach außen gezogen wird. Auch inmitten unterschiedlicher Dinge und Situationen sollte man innerlich von ihnen frei bleiben, so wie der Wind an nichts haften bleibt. Obwohl sein Bewusstsein sich in einem physischen Körper befindet, sollte der weise Mensch von den positiven und negativen Eigenschaften seiner Umgebung unberührt bleiben, so wie die Luft unberührt bleibt von den angenehmen oder unangenehmen Düften der Dinge, über die sie weht. Die Seele nimmt einen Körper an und die Attribute des Körpers scheinen die ihren zu sein, aber in Wirklichkeit trifft das nicht zu. Die Luft ist erfüllt von Düften, aber der Geruch ist kein Attibut der Luft. Das habe ich von der äußeren Luft, dem Wind, gelernt. Vom Prana, der Lebensenergie, habe ich gelernt, dass man essen sollte, um zu leben, und nicht leben, um zu essen. Die Nahrung sollte nicht die Sinne und Leidenschaften anfachen, sondern einfach nur das Leben erhalten.
„Der Atman durchdringt alles und wird vom Körper nicht beeinflusst.
Das habe ich vom Äther gelernt, welcher alldurchdringend ist und gleichzeitig unberührt von Wolken und anderen Objekten im Raum. Obwohl er in einem Körper lebt, soll der Weise über seine Identität mit dem Selbst, dem Atman meditieren, der alldurchdringend ist wie der Raum und der wie das Substrat oder der Faden in einer Blumengirlade alle beweglichen und unbeweglichen Dinge durchdringt, der keinerlei Begrenzung durch Zeit und Ort unterliegt und von nichts berührt wird. Wasser ist von Natur aus rein, weich und angenehm. So ist auch der Weise unter den Menschen. Wie das Wasser reinigt er andere durch seinen bloßen Anblick, seine Berührung und die Rezitation von Gottes Namen. Das habe ich vom Wasser gelernt. Strahlend vom Feuer seiner Askese, machtvoll in seinem Wissen, mit keinem anderen anderen (Vorrats)Gefäß für Nahrung als seinem Magen, und indem er alles isst, was man ihm als Bettelgabe gibt, ist der Weise wie das Feuer, das alles verzehrt und doch unberührt bleibt. Er nimmt die Nahrung an, die ihm von frommen Menschen gegeben wird und verbrennt ihre unguten Taten und Unreinheiten. Wie das Feuer zum Beispiel in dreieckiger, rechteckiger oder runder Form brennt – je nach Form und Größe des jeweiligen Feuerholzes, aber doch immer ein- und dasselbe Feuer ist, so erscheint auch Gott, der das Universum geschaffen hat und in allen Wesen wohnt, in verschiedenen Formen und Gestalten, in denen er weilt und scheint daher unterschiedlich zu sein. Geburt und Tod betreffen nur den Körper, nicht den Atman, so wie die Flammen sich verändern, aber nicht das Feuer an sich. Die zu- und abnehmenden Phasen des Mondes sind nicht auf eine Veränderung seiner Substanz oder Leuchtkraft zurückzuführen, sondern darauf, dass nur ein Teil der Sonnenstrahlen in ihm reflektiert wird. Daraus lernte ich, dass Geburt, Wachstum, Verfall und Tod Zustände des Körpers sind, nicht des Atman, welcher ohne Geburt und Tod ist – so wie der Mond bleibt wie er ist und sich nur aufgrund astronomischer Bewegungen scheinbar verändert. Die Sonne lässt mit ihren Strahlen das Wasser verdunsten und lässt es dann als Regen wieder zurückkehren.
"So nimmt auch der Weise nur, um wieder zu geben, nicht, um seinen Besitz zu mehren.
So wie die Sonne sich in verschiedenen Wassergefäßen reflektiert und es scheint, als gäbe es verschiedene Sonnen in verschiedenen Gefäßen, so gibt es auch nur einen Atman, der sich in verschiedenen Körpern und als Reflexion des Geistes widerspiegelt. Zu viel Anhaftung ist nicht gut. Man sollte nicht zu sehr persönlich an jemandem oder an etwas hängen. Das habe ich von einem Taubenpaar gelernt. Sie hatten auf einem Baum ein Nest gebaut und wohnten dort ein paar Jahre. Sie liebten sich und ihre Jungen sehr und zogen diese mit großer Sorgfalt auf. Eines Tages, als sie die Kleinen wieder einmal im Nest zurückließen, um Futter für sie zu suchen, kam ein Jäger vorbei und fing die Küken mit einem Netz. Als die Tauben zurückkehrten, ließ sich die Mutter aus lauter Liebe zu ihren Jungen auch ins Netz fallen. Daraufhin ließ sich auch das Taubenmännchen in das Netz fallen. Der Jäger freute sich und kehrte zufrieden mit seinem Fang nach Hause zurück. So ähnlich sollten sich auch Menschen nicht ausschließlich mit zu großer Anhaftung an anderen hängen, sich nicht nur auf die Alltagstätigkeiten im Berufs- und Familienleben beschränken und darüber nicht das Ziel des menschlichen Lebens vergessen, nämlich Mukti (Befreiung) zu erreichen.
„Das Vergnügen, das man in dieser oder anderen Welten durch die Sinne erfährt, ist vergänglich.
Deshalb strebt der Weise nicht danach. Die Ajagara-Riesenschlange bewegt sich nicht und schluckt einfach das, was zufällig kommt. Und wenn sie längere Zeit nichts zu essen hat, bleibt sie einfach ruhig liegen. Ebenso sollte der Asket das zu sich nehmen, was ihm der Zufall oder das Schicksal beschert – ob viel oder wenig, gut oder weniger gut, und ansonsten unbewegt und ganz achtsam bleiben. Der Weise sollte ruhig und tief sein wie der Ozean: unergründlich, unbegrenzt und unbeeindruckt vom weltlichen Geschehen. Das Meer bekommt manchmal viel Wasser von seinen Zuflüssen, manchmal wenig, bleibt aber trotzdem gleich. Ebenso jubelt der Weise, der Gott als einziges Ziel im Herzen trägt, nicht wenn er viel bekommt und hat, noch sorgt er sich, wenn er nichts hat. Wenn ein Mann, der seine Sinne nicht beherrscht, eine schöne Frau sieht oder eine Frau einen attraktiven Mann - Erscheinungen der göttlichen Maya -, fängt er/sie Feuer wie eine Motte, die vom Licht angezogen ins Feuer fliegt. Geblendet von all den Dingen, die die göttliche Maya erschuf – Frauen/Männer, Gold, Schmuck, Gewänder, Wohlstand usw. geht seine/ihre spirituelle Einsicht zugrunde wie eine Motte im Feuer. Ein Asket sollte nur soviel Essen sammeln, wie er braucht, um den Körper zu erhalten, und dabei dem Beispiel der Biene folgen: von Haus zu Haus ziehend sollte er von allen ein wenig annehmen, um nicht nur einen zu sehr zu belasten, so wie auch die Biene nur ein wenig Nektar von jeder Blume sammelt. Er sollte jedoch nur für eine Mahlzeit betteln und keine Vorräte anhäufen und in dieser Hinsicht nicht dem Beispiel der Biene folgen. Ebenso sollte er den Schriften nur das Wesentliche entnehmen, ganz so wie die Biene, die nur den Nektar der Blüten nimmt. Ein Sannyasin sollte die Gesellschaft junger Frauen meiden, damit er nicht in Versuchung kommt. Das kann man aus der Geschichte vom Elefanten lernen, der aus Sehnsucht nach dem Elefantenweibchen in eine Grube fiel. Was der Geizige mühevoll anhäuft und weder verbraucht und genießt noch verschenkt, das nehmen sich andere, so wie der Honigsammler, der den Bienen den Honig wegnimmt. Daher häuft der Sannyasin nichts an und begnügt sich mit dem, was andere ihm geben. Ein Asket sollte sich keine sinnliche Musik anhören. Das sollte er vom Reh lernen, das gefangen wurde, weil das Lied des Jägers es betörte. Lerne auch aus der Geschichte des Weisen Rishyasringa, dem Sohn eines Rehs, der sich mit Liedern und Tänzen von einem Kreis von Frauen gefangen nehmen ließ und zu ihrem Spielzeug wurde. So wie ein Fisch mit einem Köder gefangen wird, so gerät ein Mensch in die Falle seiner Sinne, wenn er sich vom Essensgenuß verlocken lässt. Von allen Sinnen ist der Geschmacksinn am schwierigsten zu beherrschen. Daher ist es für einen spirituellen Aspiranten gut, durch gelegentliches Fasten daran zu arbeiten.
„In der Stadt Videha lebte einmal eine Prostituierte namens Pingala, und was ich von ihr lernte, o König, das sollst du nun erfahren: Eines Abends zog sie ein wunderschönes Kleid an und wartete vor ihrem Haus, um Kunden anzulocken. Doch diejenigen, die kamen, schickte sie wieder weg und dachte: „Vielleicht kommt doch noch ein Reicher, der großzügiger ist.“ In dieser Hoffnung stand sie an der Tür, ging ab und zu hinein und kam wieder heraus, bis es schließlich schon Mitternacht war. Und weil sie so sehr auf das Geld spekulierte, verbrachte sie die ganze Nacht in einer fieberhaften Hoffnung, Sorge und Enttäuschung. Schließlich kam in ihr ein Gefühl des Abscheus vor ihrer eigenen Gier auf. Unglücklich und enttäuscht sagte sie sich:
„Gleichmut gegenüber weltlichen Dingen wirkt wie ein Schwert, das die Fesseln der Erwartungen und Wünsche durchtrennt.
Denn ehe man nicht der weltlichen Dinge überdrüssig wird, will man die Bindung an den Körper nicht loswerden, ebenso wie ein Mensch ohne tiefe Einsicht die Vorstellung von „Ich“ und „Mein“ und das Hängen an äußeren Objekten nicht aufgeben kann. Wie dumm ich doch, dass ich die Erfüllung meiner Wünsche bei Männern suche. Ich mißachte Gott, Narayana, den ewigen Atman in meinem Herzen, den einzig wahren Geliebten, der mir ewige Wonne und Wohlstand schenkt und mache Kreaturen wie Männern schöne Augen, die meine Bedürfnisse nicht wirklich erfüllen können und nichts als Sorgen, Kummer, Krankheit und Torheit bringen. Ich bin wirklich sehr dumm gewesen. Wenn ich mich Gott hingebe, werde ich seine Gesellschaft genießen wie Lakshmi und ewige Wonne in Ihm allein finden. Was für einen Sinn hat es, anderen zu dienen? Die Gaben und Geschenke von Engelswesen und Sterblichen sind zeitlich und inhaltlich begrenzt. Sie haben einen Anfang und ein Ende und eine beschränkte Kapazität. Welche Freude könnten Sinnesobjekte, Menschen oder Götter einem schenken? Sicher habe ich in einem früheren Leben etwas Verdienstvolles getan, was Vishnu gütig gestimmt hat. Denn dank seiner Gnade habe ich diese Enttäuschung erlebt und Vairagya, Wunschlosigkeit, ist in mir erwacht, die zu innerem Frieden führt. Ich nehme diese Gnade Gottes demütig an und gebe die trügerische Hoffnung auf Glück durch sinnliche Befriedigung auf. So suche ich Zuflucht beim höchsten Gott. Zufrieden und im Vertrauen auf Gott will ich mich der ewigen Wonne des Paramatma erfreuen. Denn wenn man mit klarem Blick erkennt, wie diese Welt von der Schlange der Zeit verschlungen wird, dann ist es jenes höchste Selbst, das die Seele beschützt. Das Selbst allein kann der Retter des Selbst sein.“
Der Avadhuta fuhrt fort: „Nachdem Pingala so ihre Hoffnung auf einen reichen Liebhaber aufgegeben hatte, schlief sie glücklich und zufrieden ein und fand inneren Frieden. Denn Erwartungen und Wünsche sind die Ursache des Leidens und Freiheit von ihnen ist höchstes Glück. Wenn man sich etwas sehr wünscht, danach strebt und es dann bekommt, kommt man früher oder später ins Leiden. Erkennt man dies und befreit sich von äußeren Anhaftungen, gewinnt man Glück und Frieden. Das lehrte mich ein Fischadler, der ein Stückchen Fleisch erbeutet hatte. Andere Vögel hackten auf ihn ein, bis er seine Beute losließ und so wieder seine Ruhe hatte. Es ist gut, Dinge loszulassen, die einem lieb sind, denn das gibt uns Frieden. Ich strebe nicht nach Ehre, und Verachtung kümmert mich nicht. Ich wünsche mir weder Haus noch Familie. Ich erfreue mich in meinem eigenen Selbst und lebe unbekümmert wie ein Kind. Es gibt nur zwei Arten von Menschen, die wirklich frei von Sorgen und glücklich sind: Das Kind, das noch nichts weiß und der Weise, der das höchste Selbst verwirklicht hat und jenseits des Einflusses der Gunas, der Bewegungen der Natur, ist. In einem Dorf musste einmal eine junge Frau die Gäste, die in ihr Elternhaus gekommen waren, um sie zu freien, alleine bewirten, da ihre Familie gerade nicht zu Hause war. Als sie in der Küche den Reis für eine Mahlzeit mit dem Mörser zerkleinerte, klapperten ihre Armreifen ziemlich laut. Sie wollte jedoch nicht, dass die Gäste merkten, dass sie selbst diese Arbeit verrichten musste, um nicht zu verraten, dass sie zu arm waren, sich dafür Dienstboten zu halten. Deshalb zerbrach sie die Armreifen bis auf zwei an jedem Arm. Als diese aber auch noch aneinander klapperten, zerbrach sie noch einen von jedem Paar, so dass der übriggebliebene eine Reif gab kein Geräusch mehr von sich gab. Am Beispiel des Mädchens lernte ich: Wenn viele an einem Ort sind, entsteht Streit. Selbst wenn nur zwei sich unterhalten, kann es zu Disput oder Geschwätz kommen. Deshalb sollte man allein bleiben wie der Armreif. Wenn man gelernt hat, ruhig und aufrecht zu sitzen und den Atem zu beherrschen, sollte man den Geist auf das höchste Selbst richten, wie der Bogenschütze sein Ziel anvisiert. Immer wieder sollte man den Geist durch systematische Praxis und Übung konzentrieren. So wie das Feuer erlischt, wenn es keinen Brennstoff mehr erhält, so bekommt die Vorstellung der Vielheit der Welt aufgrund des Spiels der Gunas keine Nahrung mehr, wenn man den Geist durch Konzentration immer wieder von seinen nach außen gerichteten Tendenzen abzieht. Allmählich schüttelt er dann die Bande des Karma ab und die Impulse, alles mögliche zu unternehmen und zu erreichen, werden weniger, weil sich durch die Praxis Sattva erhöht und Rajas und Tamas reduziert werden. Schließlich erreicht er einen Zustand vollkommener Ruhe und wird eins mit dem Gegenstand seiner Meditation. Dann, wenn der Geist vollkommen im Selbst (Atman) aufgeht, nimmt er nichts anderes mehr innen oder außen wahr, so wie der Pfeilschnitzer, der so in seine Arbeit versunken war, dass er nicht einmal den König bemerkte, der mit seinem Gefolge vorbeikamm. Die Konzentration des Geistes habe ich also vom Pfeilschnitzer gelernt. So wie die Schlange sich kein Haus baut, sondern sich in irgendein vorhandes Loch oder ein vorhandes Versteck zurückzieht, so sollte der Aspirant kein Haus bauen, keinen festen Wohnsitz haben, diszipliniert sein, möglichst allein bleiben und wenig sprechen. So wie eine Spinne aus sich selbst heraus ihr Netz spinnt, es nutzt und nachher wieder auflöst, so schafft Gott dieses Universum auch sich selbst heraus durch seine Maya und die Gunas, bewegt sich im Universum und zieht es schließlich wieder in sich selbst zurück. Worauf auch immer ein Mensch sich konzentriert - sei es mit Liebe, Hass oder in Angst - dessen Wesen wird er annehmen, so wie die Larve zum Schmetterling wird. All dies lernte ich also von meinen vierundzwanzig Lehrern. Und nun höre, o König, was ich von meinem Körper lernte: Mein Körper ist der Lehrer, der mich Leidenschaftslosigkeit, Unterscheidungskraft und Anhaftungslosigkeit lehrte, denn er verändert sich ständig und ist vergänglich. Er trägt Leben und Tod in sich und Leiden ist sein Los. Er wird zum Zentrum der Ich-Identifikation. Man muss sich ständig anstrengen, um seine Bedürfnisse zu erfüllen. Durch das Studium des Körpers bin ich zur Erkenntnis der Wahrheit gelangt. Ich betrachte ihn nicht als „mein“ und weiß, dass er nach dem Tod von Hunden und Schakalen gefressen wird. Mit viel Mühe kommt der Mensch zu Wohlstand und muss sich um Haus, Vieh, seine Geschäfte usw. kümmern, um für den eigenen Körper, die Familie, Kinder usw. sorgen zu können, nur um diesen Körper aufrecht zu erhalten, der am Ende doch zugrunde geht wie ein Baum, der den Samen für einen neuen Körper in sich trägt. Seine Lebensenergie vergeht unversehens, während jeder seiner Sinne ihn in eine Richtung zieht – der Hunger zu der einen, der Durst zur anderen, das Geschlechtsorgan hierhin, und Haut, Bauch und Gehör wieder anderswohin, die Nase, der unstete Blick und sein Tatendrang ebenso. Gott erschuf die verschiedenartigsten Lebewesen - Pflanzen, Reptilien, Vögel, Säugetiere - doch er war nicht zufrieden. Da erschuf er den Menschen, der mit einem Intellekt, Unterscheidungs-und Willenskraft ausgestattet ist, so dass er in der Lage ist, Brahman zu verwirklichen. Wenn man nach unzähligen Wiedergeburten in einer menschlichen Existenz geboren wird, die zwar auch schwach und vergänglich, aber doch geeignet ist, das höchste Ziel zu erreichen, sollte man diese seltene Chance nutzen, sich schnell darauf konzentrieren, endgültige Befreiung zu erlangen, bevor der Körper hinfällig wird und stirbt. Denn Sinnesgenuß kann man auch in jeder anderen Lebensform haben. Dank der Lehren meines Körpers und jener anderen Lehrer lebe ich in der Welt ohne Ich-Bezogenheit und Anhaftung, mit dem Licht wahrer Weisheit als mein Wegweiser. Das Wissen, dass man von nur einem Lehrer vermittelt bekommt, ist oft nicht umfassend, da Brahman, wiewohl eins ohne ein Zweites, dennoch auf verschiedene Weisen von den Rishis gelehrt wird.“
Und Shri Krishna sagte: „Als der weise Brahmane dies erzählt hatte, verabschiedete er sich von König Yadu, der ihm die geührende Referenz erwies, und ging seiner Wege. Unser Vorfahre König Yadu nahm sich seine Unterweisung zu Herzen, gab seine Anhaftungen auf und erlangte Gleichmut des Geistes und innere Ruhe.
Siehe auch
Literatur
- Das Yoga-Lexikon von Wilfried Hunzermeyer, ISBN 978-3-931172-28-2, Edition Sawitri.
- Spirituelles Wörterbuch Sanskrit-Deutschvon Martin Mittwede, ISBN 978-3-932957-02-4, Sathya Sai Vereinigung e.V.
Weblinks
- Dattatreya Yoga Meister und Heilige
- 15. Kapitel Dattatreya Jayanthi
- Dattatreya - Inkarnation von Brahma, Vishnu und Shiva
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