Anpassung: Unterschied zwischen den Versionen
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Aktuelle Version vom 29. Juli 2023, 15:32 Uhr
Anpassung ist die Fähigkeit sich an die Lebensumstände, die Umgebung, die Erwartung anderer, die Notwendigkeiten anzupassen. Die Fähigkeit zu einer gewissen Anpassung ist allen Organismen inne wohnend. Wenn es wärmer oder kälter wird, wenn die Umstände sich ändern, dann muss ein Organismus sich anpassen können.
Ein Organismus kann aber auch bis zu einem gewissen Grad seine Umgebung verändern. Und ein Organismus muss auch eine gewisse Fähigkeit zur Souveränität, also zur Unabhängigkeit von den Umständen haben. Denn ein Organismus ist ja etwas, was eigenständig ist.
Das sind daher auch die Pole des Menschens: Auf der einen Seite muss der Mensch Anpassung üben. Auf der anderen Seite gestaltet der Mensch seine Umgebung und will etwas bewirken. Der Mensch will herausfinden, wer er ist, was er will, was der Sinn des Lebens ist, jenseits von all dem was die Gesellschaft, die Mitmenschen, die Umgebung erwartet.
Anpassung ist eine besondere Fähigkeit des Menschen. Man kann sagen: Der Mensch ist ein Organismus, der sich an die Herausforderungen der Umwelt anpasst. Werden Fähigkeiten gefordert, wachsen sie. Werden Fähigkeiten nicht gefordert, verkümmern sie.
Der Mensch hat auch das Bedürfnis, sich mit anderen Menschen zu verstehen, Anerkennung von anderen zu bekommen. Dazu passt er sich an. Aber der Mensch hat auch die Fähigkeit zur Individualität, zur Originalität und zur Rebellion. Zwischen diesen beiden Polen, Anpassung und Rebellion, verläuft das Leben.
Anpassung - eine Tugend. Was ist Anpassung? Woher stammt das Wort? Wozu ist Anpassung gut? Was sind ihre Grenzen? Wie kann man sie kultivieren? Was ist das Gegenteil von Anpassung ? Mit vielen praktischen Tipps, Videos und Anleitungen.
Allgemeines Anpassungsprinzip
Der kanadische Psychologe Hans Selye hat in der Mitte des 20. Jahrhunderts das Allgemeines Anpassungsprinzip formuliert: Der Mensch ist ein Organismus, der sich an die Herausforderungen der Umwelt anpasst durch Wachstum oder Verkümmerung. Die Anpassung geschieht in den Schritten Alarm, Widerstand, Anpassung - und wenn diese nicht gelingt, erfolgt der Zusammenbruch.
Allgemein kann man sagen: Der Mensch lernt durch Herausforderungen. Die Fähigkeit zur Anpassung heißt auch die Fähigkeit zu wachsen.
Anpassung und Widerstand
Politisch gesehen, stehen Menschen immer wieder zwischen den Fragen Anpassung und Widerstand. Oft sind Dinge nicht so wie sie sein sollen. Wenn man eine radikale Anti-Haltung hat, wird man vom System bekämpft und kann oft nichts verändern. Wenn man zu sehr Anpassung übt, wird man absorbiert im System. Oft muss man in bestimmten Aspekten Anpassung üben, um dann auf anderen Gebieten Widerstand leisten zu können, gestalten zu können.
Anpassung und Lässigkeit
Anpassung und Lässigkeit sind zwei scheinbar entgegengesetzte Begriffe. Lässigkeit und Coolness heißt ja, eher selbstbestimmt zu sein, sich nicht so sehr um die Meinung anderer zu kümmern. Anpassung heißt, sich an seine Umgebung, seine Mitmenschen anzupassen. Eine gesunde Mischung aus Anpassung und Souveränität ist oft wichtig. Wenn man sich überall nicht anpasst, kann man auch nichts bewirken, und man tritt aus der Gesellschaft heraus. Wenn man sich zu sehr anpasst, verliert man seine Identität. Eine gewisse Lässigkeit und Entspannung, kombiniert mit der Fähigkeit zur Entspannung, kombiniert mit dem Einsatz für eine gute Sache, kann zu einem erfüllten Leben beitragen.
Yoga und Anpassung
Es gäbe viel zu schreiben zum Thema Yoga und Anpassung. Auf der einen Seite verhilft die Praxis des Yoga zu mehr Gesundheit, stärkt Yoga die Homöostase-Fähigkeit des Organismus, macht die regelmäßige Übung von Yoga resilienter gegenüber Störungen der Umwelt. Wer Yoga übt, kann sich also besser an die Herausforderungen der Umwelt anpassen.
Andererseits wird jemand, der Yoga übt, auch mehr nach innen gehen. Er wird mehr spüren, worum es ihm wirklich geht. Wer Yoga übt, wird weniger bereit sein, seine eigenen Themen immer zurückzustellen. Er wird vielmehr öfter sich nicht mehr an alle Erwartungen seiner Mitmenschen anpassen, sondern das tun was er von innen heraus tut.
Viele Empfehlungen des Yoga sind heutzutage auch den Erwartungen der Umwelt entgegengesetzt. Daher muss jemand der Yoga übt, sich vom Anpassungsdruck frei machen - und kann das auch, weil Yoga das Selbstbewusstsein und die Energie dafür gibt.
Zu diesen Empfehlungen, die einen zur Nicht-Anpassung zwingen, gehören zum Beispiel:
- Vegetarische, ja sogar vegane Ernährung, also Verzicht auf Fleisch und Fisch
- Verzicht auf Alkohol, Tabak, Drogen
- Ethisches Handeln, Wahrhaftigkeit, Mitgefühl, Unbestechlichkeit
- Sich Zeit nehmen für tägliche Meditation und Yoga Übungen
Andererseits, wenn ein Yoga Übender mit seinen Mitmenschen zurecht kommen und einiges in der Gesellschaft bewirken will, muss er sich auch anpassen an manche Anforderungen anderer. Ganz unangepasst kann man eben in der Gesellschaft nicht leben.
Das Spannungsfeld zwischen Anpassung, auf sich selbst hören und geschicktes Gestalten und Engagement machen den Reiz des menschlichen Lebens aus.
Anpassung als hilfreiche Tugend
Aus einem Vortrag von Sukadev Bretz
Anpassung ist eine besondere Fähigkeit der menschlichen Organismen. In der Evolutionsbiologie spricht man vom "Survival of the Fittest", oft falsch übersetzt, "Überleben des Stärkeren". So ist es nicht, "to fit" heißt im Englischen ursprünglich "hineinpassen".
Letztlich heißt "Survival of the Fittest" – "Überleben von dem, der am besten angepasst ist". Anpassung ist also die Fähigkeit eines Organismus, sich an seine Umwelt anzupassen, zum Teil aber auch, und seine Umwelt anzupassen. Du kannst dich selbst anpassen und du kannst schauen, dass du auch die Umwelt an deine Bedürfnisse anpassen kannst.
Der menschliche Organismus hat sogar eine besondere Fähigkeit auch auf der physischen Ebene der Anpassung. Der Mensch könnte z.B. ohne Kleider bei 5 °C überleben und er kann auch ohne Klimaanlage bei 40 °C überleben, der Mensch hat ein weites Temperaturspektrum. Zwar ist es ihm am angenehmsten irgendwo zwischen 21 °C und 25 °C, aber es ist auch eine Gewohnheitssache.
Der menschliche Organismus kann sich an unterschiedliche Temperaturen anpassen. Das heißt, kurzfristig kann der Mensch bei Kälte, über Zittern und kleine Bewegungen und stärkeren Blutdruck usw., wärmen und umgekehrt auch bei Hitze kann er etwas tun, über Schweißabsonderung.
Darüber hinaus kann aber auch der Mensch seine Fähigkeiten entwickeln. Z.B. angenommen, du schläfst regelmäßig bei 15 °C im Winter, du heizt jetzt dein Schlafzimmer nicht, nach einer Weile wird sich ein 15 °C oder sogar 12°C kühles Zimmer angenehm anfühlen.
Angenommen, du gehst jeden Tag lange spazieren, irgendwann wird es einfach sein. Angenommen, du gehst jeden Tag sieben Stockwerke Treppen, nach zwei, drei Monaten wird das keine Schwierigkeit mehr sein und es fällt dir ganz leicht. Der menschliche Körper passt also seine Fähigkeiten an.
Man kann sagen, so hat es Hans Selye formuliert: "Der Mensch ist ein Organismus, der sich an die Herausforderungen seiner Umwelt anpasst, durch Förderung der Fähigkeiten oder durch Reduzierung der Fähigkeiten."
Wenn eine Fähigkeit nicht gefördert wird, wird sie weniger, und wenn sie gefordert wird, wird sie mehr, das zeichnet den Menschen im besonderen Maße aus. Der Mensch kommt ja ziemlich unfertig auf die Welt und er passt sich dann an. Und der Mensch kann heutzutage lernen, Mathematik und mehrere Fremdsprachen usw., er kann Fahrradfahren und Autofahren lernen, in früheren Zeiten konnte der Mensch Spuren lesen und handwerkliche Fähigkeiten entwickeln, der Mensch kann so vieles.
Also, der menschliche Organismus ist fähig zur Anpassung, er kann seine Fähigkeiten in großem Maße anpassen an das, was gefordert ist. Und das geht sogar, wie man heute weiß, bis ins hohe Alter. Früher hatte man mal gedacht, der Mensch kann nur bis sechzehn, später bis zwanzig lernen oder vielleicht bis dreißig, heute weiß man, Menschen können jederzeit Neues lernen, wachsen und sich anpassen an Herausforderungen, die da sind.
Anpassung im psychologischen Kontext ist nochmal etwas anderes. Anpassung heißt auch, sich eben einzufügen in die Gesellschaft, in seine Mitmenschen, in die Familie. Hier gibt es auch wieder die Fähigkeit des Menschen zur Anpassung und es gibt die Fähigkeit des Menschen für Kreativität und Rebellion.
Zum einen will der Mensch dazugehören und dazu hilft es, Anpassung zu üben, zum anderen will der Mensch aber auch seine Individualität leben, seine Kreativität leben, will einiges bewirken und die Gesellschaft voranbringen. Es gibt andere Lebewesen, die sehr viel mehr auf Anpassung aus sind. Z.B. Ameisen im Ameisenstaat, Bienen im Bienenstaat, die passen sich nahezu vollständig an, an das, was das Gemeinwesen braucht, sie haben jetzt wenig eigene Anliegen, dass eine Arbeiterameise rebelliert oder dass es dort einen kollektiven Streik gibt, glaube ich nicht. Beim Menschen gibt es das.
So hat der Mensch zum einen das Anliegen der Anpassung, er will dazugehören, er will nicht ausgestoßen werden und so ist er in der Lage, seine Anliegen auch zurückzustellen, er ist in der Lage, Gemeinsamkeit zu suchen und letztlich auch, um das Gemeinwesen nicht zu stören, ist er manchmal auch bereit, viele Nachteile in Kauf zu nehmen. Aber der Mensch hat darüber hinaus die Fähigkeit zur Rebellion, zur Gerechtigkeit, zu Etwas- Voranbringen, zur Initiative und Pioniertum.
In diesem Sinne kannst du auch überlegen, wo auf diesem Spektrum bist du häufiger? Bist du eher ein Mensch, der eher zu Anpassung neigt? Bist du ein Mensch, der eher zur Rebellion neigt? Oder bist du ein Mensch, der sich mal sehr gut anpassen kann und mal zur Rebellion neigt? Oder bist du jemand, der sich lange anpasst und dann platzt und plötzlich unvorhergesehene Sachen tut? Wie stehst du dort?
Und du kannst auch überlegen, ist das angemessen, wie du es machst? Ist es so, dass du meinst: "Ja, das stimmt schon, ich habe eine gute Anpassungsfähigkeit und ich habe auch eine gute Weise, selbst etwas zu gestalten, zu tun, Raum für Spontanität und das zu tun, was ich spüre, was richtig ist."
Anpassung, eine Tugend oder ein Laster?
Anpassung und andere Tugenden
In diesem Yoga Wiki werden über 1000 Tugenden und geistigen Eigenschaften beschrieben. Hier einige Erläuterungen, wie man die Eigenschaft der Anpassung in Beziehung zu anderen Tugenden und geistigen Eigenschaften sowie in Bezug auf Laster sehen kann:
Ähnliche Eigenschaften wie Anpassung
Ähnliche Eigenschaften wie Anpassung, also Synonyme zu Anpassung sind z.B. Flexibilität, Respekt, Einfügung, Sittsamkeit, Achtsamkeit, Aufmerksamkeit .
Ausgleichende Eigenschaften
Jede Eigenschaft, jede Tugend, die übertrieben wird, wird zu einer Untugend, zu einem Laster, einer nicht hilfreichen Eigenschaft. Anpassung übertrieben kann ausarten z.B. in Opportunismus, Unterordnung, Unterwürfigkeit, Selbstverleugnung . Daher braucht Anpassung als Gegenpol die Kultivierung von Prinzipientreue, Verlässlichkeit, Zuverlässigkeit .
Gegenteil von Anpassung
Zu jeder Eigenschaft gibt es ein Gegenteil. Hier Möglichkeiten für Gegenteil von Anpassung, Antonym zu Anpassung :
- Positive Gegenteile von Anpassung, man könnte diese auch als Gegenpole bezeichnen: Prinzipientreue, Verlässlichkeit, Zuverlässigkeit
- Negative Gegenteile von Anpassung, also Laster, negative Eigenschaften, sind z.B. Starrheit, Borniertheit, Fanatismus
Anpassung im Kontext von Tugendengruppen, Persönlichkeitsfaktoren und Temperamenten
- Anpassung gehört zur Tugendgruppe 6 Gelassenheit, Ruhe. Die wichtigsten Tugenden dieser Tugendgruppe sind Gelassenheit und Ausgeglichenheit
- Im Kontext des Persönlickeitsmodell der Big Five gehört Anpassung zum Persönlichkeitsfaktor N0 Neurotizismus/Labilität niedrig: selbstsicher, ruhig, stabil, entspannt, auch A1 Verträglichkeit hoch: kooperativ, liebevoll, freundlich, mitfühlend, auch O0 Offenheit niedrig: vorsichtig, bedachtsam, konservativ
- Im Persönlichkeitsmodell DISG gehört Anpassung zur Grundverhaltenstendenz S - Stetigkeit, Mitgefühl, Teamfähigkeit
- Im Ayurveda zählt man Abgeklärtheit zum Vata-Kapha Temperament bzw. Dosha.
Siehe auch
Weitere Infos
Eigenschaften im Alphabet vor Anpassung
Eigenschaften im Alphabet nach Anpassung
Literatur
- Swami Sivananda: Göttliche Erkenntnis
- Swami Sivananda: Inspirierende Geschichten
- Swami Sivananda, Die Kraft der Gedanken (2012)
- Swami Sivananda: Sadhana - Ein Lehrbuch mit Techniken zur spirituellen Vollkommenheit
- Swami Sivananda: Licht, Kraft und Weisheit
- Swami Sivananda: Japa Yoga
- Swami Sivananda: Die Wissenschaft des Pranayama
- Swami Sivananda: Die Überwindung der Furcht
- Swami Sivananda: Vedanta für Anfänger
- Swami Sivananda: Japa Yoga
- Swami Sivananda: Göttliches Elixier
- Swami Sivananda: Götter und Göttinnen im Hinduismus
Weblinks
- Großes Yoga Portal
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