Anspruchslosigkeit

Aus Yogawiki

Anspruchslosigkeit ist ein Rezept für Glück. Wer wenige Ansprüche hat, der kann seltener Enttäuschungen erleben. Anspruchslosigkeit ist sehr hilfreich für Zufriedenheit. Letztlich braucht der Mensch wenig: etwas zu essen, ein Dach über dem Kopf, Kleidung. Alles andere mag schön sein, man braucht es aber nicht. Ein Mensch, der Anspruchslosigkeit kultiviert hat, braucht keine Ängste zu haben, kann mit Zuversicht, Freude und Vertrauen sein Leben leben.

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Anspruchslosigkeit als hilfreiche Tugend

Aus einem Vortrag von Sukadev Bretz

Anspruchslosigkeit ist eine einfache Weise, um glücklich zu werden. Wenn du viele Ansprüche hast und viele Vorstellungen, wie Dinge zu sein haben, wie Menschen sich zu verhalten haben, wenn du denkst, das brauchst du und das willst du usw., das ist ein Rezept für Getriebenheit, für Unruhe und eventuell sogar für Burnout. Anspruchslosigkeit heißt, du lernst, du brauchst wenig. Was braucht der Mensch wirklich? Er bracht etwas zu essen, er braucht ein Dach über dem Kopf, er braucht Kleidung, äußerlich braucht er ansonsten nicht so viel. Menschen haben so viele Bedürfnisse und Wünsche und je mehr Wünsche und Bedürfnisse sie befriedigen, umso mehr neue wachsen nach. Es ist wie das Stopfen eines Loches, es ist ein Eimer ohne Boden, es geht immer weiter.

Stattdessen ist es gut, Anspruchslosigkeit zu üben, zu wissen, "ich brauche nicht so viel, ich kann mit wenig glücklich sein." Im Yoga sagen wir, du selbst in der Tiefe bist Satchidananda, in dir selbst ist alles Glück. Lerne es, deinen Geist zur Ruhe zu bringen und genieße dieses unendliche Glück, mehr brauchst du nicht. Oder dehne deine Bewusstheit aus, schaue den Himmel an. Wenn du eine Blume siehst, schaue die Blume an, du musst sie nicht besitzen. Anspruchslosigkeit heißt, du kannst Glück empfinden, ohne es zu besitzen. Anspruchslosigkeit ist eine große Fähigkeit, ist ein gutes Rezept, auch für Mut, auch für Vertrauen, und ein gutes Rezept auch gegen Burnout.

Du brauchst nichts, um glücklich zu sein, du kannst im Hier und Jetzt glücklich sein. Vielleicht ist es übertrieben zu sagen: du brauchst nichts, um glücklich zu sein, aber du brauchst nicht viel, um glücklich zu sein. Du kannst lernen, dich öfters zu fragen: "Brauche ich das wirklich?" Du kannst überlegen: "Eigentlich ist das überflüssig, was ich denke, was ich alles noch brauche." Anspruchslosigkeit auch gegenüber anderen Menschen. Manche Menschen denken: "Der müsste mich so und so behandeln, und der müsste mich so und so behandeln, und der macht es nicht richtig usw." Das führt nur zu Unglück.

Anspruchslosigkeit gegenüber anderen Menschen heißt, bewusst zu sein, jeder Mensch ist so, wie er ist, nichts von anderen zu erwarten, Menschen so zu lieben, wie sie sind. Wenn sie sich unethisch verhalten, musst du vielleicht auch einschreiten, aber für dich selbst kannst du anspruchslos sein. Sicherlich gibt es auch Grenzen für Anspruchslosigkeit, jede Tugend wird übertrieben zur Untugend. Aber überlege selbst für dich, wie könntest du vielleicht etwas anspruchsloser werden, wie könntest du selbst etwas einfacher leben. Swami Sivananda, der Meister, in dessen Tradition ich lerne und lehre, hat gerne gesagt: "Simple living, high thinking. Einfach leben, erhaben denken." Das ist das Konzept für Freude, und es ist außerdem ein ökologisches Konzept.

Du brauchst nicht so viele äußere Dinge. Lerne es, geschickt mit dir umzugehen, lerne es, liebevoll mit anderen umzugehen, lerne es, Freude zu empfinden, Freude in der Meditation in dir selbst, Freude aus Liebe zu anderen Menschen, Freude im Gefühl der göttlichen Gegenwart, Freude durch das Gefühl der Schönheit und des inneren Berührtseins. So kannst du Anspruchslosigkeit mit Freude und Liebe verbinden.

Entwicklung von Anspruchslosigkeit

Anspruchslosigkeit kann man sehen als Tugend, als eine positive Eigenschaft. Vielleicht willst du ja Anspruchslosigkeit in dir stärker werden lassen. Hierzu einige Tipps:

  • Nimm dir vor, eine Woche lang diese Eigenschaft der Anspruchslosigkeit zu kultivieren. Du kannst nicht mehrere Tugenden auf einmal entwickeln. Aber es ist möglich, jede Woche eine Tugend, eine Eigenschaft, wachsen zu lassen.
  • Triff den Entschluss: "Während der nächsten Woche will ich die Tugend, die Eigenschaft, Anspruchslosigkeit kultivieren, wachsen lassen, stärker werden lassen. Ich freue mich darauf, in einer Woche ein anspruchsloserer Mensch zu sein."
  • Nimm dir vor, jeden Tag mindestens eine Handlung auszuführen, die Anspruchslosigkeit ausdrückt. Mache jeden Tag etwas, was du sonst nicht tun würdest, was aber diese Tugend zum Ausdruck bringt.
  • Wenn du morgens aufwachst, dann sage eine Affirmation, z.B.: "Ich entwickle Anspruchslosigkeit". Mehr Möglichkeiten zu Affirmationen findest du weiter unten.
  • Am Tag wiederhole immer wieder eine solche Affirmation: "Ich bin anspruchslos."

Affirmationen zum Thema Anspruchslosigkeit

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, Affirmationen für mehr Anspruchslosigkeit zu formulieren. Unter dem Stichwort "Affirmation" und "Wunderaffirmationen" erfährst du mehr darüber.

Klassische Autosuggestion für Anspruchslosigkeit

  • Hier die klassische Autosuggestion: Ich bin anspruchslos.
  • Im Yoga verbindet man das gerne mit einem Mantra. Denn ein Mantra lässt die Affirmation stärker werden: Ich bin anspruchslos. Om Om Om.
  • Ich bin ein Anspruchsloser, ich bin eine Anspruchslose.

Entwicklungsbezogene Affirmation für Anspruchslosigkeit

Manche Menschen fühlen sich als Scheinheiliger oder als Heuchler, wenn sie sagen "Ich bin anspruchslos" - und sie sind es gar nicht. Dann hilft eine entwicklungsbezogene Affirmation:

  • Ich entwickle Anspruchslosigkeit.
  • Ich entwickle Anspruchslosigkeit.
  • Jeden Tag werde ich anspruchloser.
  • Durch die Gnade Gottes entwickle ich jeden Tag mehr und mehr Anspruchslosigkeit.
  • Dankes-Affirmationen für Anspruchslosigkeit: Ich danke dafür, dass ich jeden Tag anspruchsloser werde.

Wunderaffirmationen Anspruchslosigkeit

Du kannst es auch mit folgenden Affirmationen probieren, die Sukadev Volker Bretz als Wunderaffirmationen bezeichnet:

  • Auf der einen Seite denke ich, ich brauche eine ganze Menge, um glücklich zu sein. Das ist auch ganz verständlich, denn bisher musste ich auf vieles verzichten. Auf der anderen Ebene spüre ich die Fähigkeit zu Anspruchslosigkeit immer stärker werden. Ich spüre, wie Licht und Kraft mich durchdringt. Dieses Licht und diese Kraft lassen die Tugend der Anspruchslosigkeit beständig in mir wachsen.
  • Auf der oberflächlichen Ebene denke ich, ich brauche alles Mögliche. Auf einer tieferen Ebene weiß ich, dass ich vollkommen anspruchslos bin.
  • Jetzt mag ich so vieles haben. Jetzt vermisse ich so vieles, genieße auch so vieles. Aber schon sehr bald werde ich anspruchslos sein, nichts mehr brauchen.
  • Ich freue mich darauf, bald sehr anspruchslos zu sein.
  • Ich bin jemand, der anspruchslos ist.

Gebet für Anspruchslosigkeit

Es gibt viele Möglichkeit, um mehr Anspruchslosigkeit zu beten. Hier ein paar Möglichkeiten:

  • Lieber Gott, bitte gib mir mehr Anspruchslosigkeit.
  • Oh Gott, ich verehre dich. Ich bitte dich darum, dass ich ein anspruchsloser Mensch werde
  • Liebe Göttliche Mutter, ich danke dir. Ich danke dir dafür, dass ich jeden Tag die Tugend Anspruchslosigkeit mehr und mehr zum Ausdruck bringe.

Was müsste ich tun, um Anspruchslosigkeit zu entwicklen?

Du kannst dich auch fragen:

  • Was müsste ich tun, um Anspruchslosigkeit zu entwickeln?
  • Wie könnte ich ich anspruchslos werden?
  • Lieber Gott, bitte zeige mir den Weg zu mehr Anspruchslosigkeit.
  • Angenommen, ich will anspruchslos sein, wie würde ich das tun?
  • Angenommen, ich wäre anspruchslos, wie würde sich das bemerkbar machen?
  • Angenommen, ein Wunder würde geschehen, und ich hätte morgen Anspruchslosigkeit kultiviert, was hätte sich geändert? Wie würde ich fühlen? Wie würde ich denken? Wie würde ich handeln? Als anspruchsloser Mensch, wie würde ich reagieren, mit anderen kommunizieren?

Anspruchslosigkeit und andere Tugenden

In diesem Yoga Wiki werden über 1000 Tugenden und geistigen Eigenschaften beschrieben. Hier die Eigenschaft der Anspruchslosigkeit in Beziehung zu anderen Tugenden und geistigen Eigenschaften:

Ähnliche Eigenschaften wie Anspruchslosigkeit

Ähnliche Eigenschafte wie Anspruchslosigkeit sind z.B. Einfachheit, Bescheidenheit, Mäßigung, Zufriedenheit, Einfachheit, Genügsamkeit.

Ausgleichende Eigenschaften

Jede Eigenschaft, jede Tugend, die übertrieben wird, wird zu einer Untugend, zu einem Laster, einer nicht hilfreichen Eigenschaft. Anspruchslosigkeit übertrieben kann ausarten z.B. in Minderwertigkeitsgefühl, Unterwürfigkeit, Selbstzweifel. Daher braucht die Eigenschaft der Auspruchslosigkeit als Gegenpol die Kultivierung von Selbstliebe, Eigenliebe, Optimismus.

Gegenteil von Anspruchslosigkeit

Zu jeder Eigenschaft gibt es ein Gegenteil. Hier Möglichkeiten für Gegenteil von Anspruchslosigkeit, Antonym für Anspruchslosigkeit:

Anspruchslosigkeit im Kontext von Tugendgruppen und Temperamenten

Siehe auch

Eigenschaften im Alphabet vor Anspruchslosigkeit

Eigenschaften im Alphabet nach Anspruchslosigkeit

Literatur

Weblinks

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