Sanskrit Kurs Lektion 31: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 5. November 2018, 15:11 Uhr
Dieser Sanskrit Kurs führt anhand einfacher Beispielsätze und -verse in die Grammatik des Sanskrit ein. Einen ausführlichen Überblick über das Sanskrit findest Du im Artikel Sanskrit. Hinweise zur indischen Schrift, der wissenschaftlichen Umschrift (Transliteration) sowie der korrekten Aussprache gibt der Artikel Devanagari. Stichwörter, nach denen Du in der Yoga Vidya Wiki suchen kannst, sind in vereinfachter Schreibweise (Transkription) wiedergegeben.
Der Optativ (1)
Der Optativ bzw. die Wunschform ist im Sanskrit neben dem Indikativ und dem Imperativ ein Modus (d.h. eine Aussageform) des Verbs (Akhyata). Ein Verb im Optativ drückt ein zum Zeitpunkt des Sprechens (noch) nicht wirkliches Geschehen aus, oft eine Möglichkeit (eine "Option") oder etwas Wünschenswertes. Darüber hinaus kann der Optativ auch eine Wahrscheinlichkeit, Ungewissheit, einen Zweifel oder eine (höfliche) Aufforderung zum Ausdruck bringen.
Vor allen in Texten, die Anweisungen für Übungen, Rituale u.ä. enthalten (wie etwa in der Hatha Yoga Pradipika), ist der Optativ eine sehr geläufige Form, wobei zumeist die 3. Person Singular erscheint:
- pūrayet vom Kausativ der Wurzel pṝ "(mit Atemluft) füllen" heißt: "man atme ein, er (sie, es) soll einatmen"
- recayet vom Kausativ der Wurzel ric "(von Atemluft) leeren" heißt: "man atme aus, er (sie, es) soll ausatmen"
- kumbhayet von Wurzel kumbh "(den Atem) anhalten" heißt: "man halte den Atem an, er (sie, es) soll den Atem anhalten"
Bildung
Innerhalb der 10 Verbklassen des Sanskrit unterscheidet sich die Bildung des Optativs, je nachdem, ob eine Verbalwurzel (Dhatu) der thematischen oder der athematischen Konjugation angehört (näheres findest du hier).
In den thematischen Klassen, also der 1., 4., 6. und 10. Klasse (einschließlich des Kausativs) bzw. der Bhu-, Div-, Tud- und Chur Klasse, endet die 3. Person Singular eines Verbs auf -et (pūrayet, das e ist im Sanskrit stets lang zu sprechen).
Übersicht: Optativ der 3. Person Singular einiger wichtiger Verben
In der folgenden Übersicht erscheinen einige wichtige Verben der thematischen Verbklassen unter folgenden Aspekten: Verbalwurzel (Dhatu) nebst Klasse und Hauptbedeutung(en), der davon abgeleitete (schwache) Präsensstamm, die gebeugte (konjugierte) Form der 3. Person Singular Optativ Aktiv der Gegenwart (Präsens, Vartamana):
Verbalwurzel | Klasse | Bedeutung der Wurzel | Präsensstamm | 3. Person Singular | Übersetzung |
---|---|---|---|---|---|
bhū | 1. | sein, werden | bhava- | bhavet | er (sie, es) möge sein, er (...) möge werden |
gam | 1. | gehen | gaccha- | gacchet | er möge gehen |
sthā | 1. | stehen, bleiben | tiṣṭha- | tiṣṭhet | er möge stehen, er möge bleiben |
pā | 1. | trinken | piba- | pibet | er möge trinken |
div | 4. | spielen | dīvya- | dīvyet | er möge spielen |
tud | 6. | stoßen | tuda- | tudet | er möge stoßen |
cur | 10. | stehlen | coraya- | mā corayet | er möge nicht stehlen |
cint | 10. | nachdenken | cintaya- | cintayet | er möge nachdenken |
pūj | 10. | ehren, verehren | pūjaya- | pūjayet | er möge ehren, er möge verehren |
pṝ | Kausativ | füllen, einatmen | pūraya- | pūrayet | er möge füllen, er möge einatmen |
ric | Kausativ | leeren, ausatmen | recaya- | recayet | er möge leeren, er möge ausatmen |
kumbh | Kausativ | die Luft anhalten | kumbhaya- | kumbhayet | er möge die Luft anhalten |
Übung 1
- Devanagari: दृढासनो योगी वायुमिडया पूरयेत् |
- wissenschaftliche Transliteration: dṛḍhāsano yogī vāyum iḍayā pūrayet |
- vereinfachte Transkription: dridhasano yogi vayum idaya purayet |
- Wort-für-Wort-Übersetzung: In fester (Dridha) Sitzhaltung (Asana, (Nom. Sg. m.) der Yogi (Yogin, Nom. Sg. m.) die Luft ("Wind", Vayu, Akk. Sg. m.) durch den Mondkanal (Ida, Instr. Sg. f.) er soll einatmen (pṝ, Verb), d.h. "Der Yogi, dessen Sitzhaltung fest ist, soll die Luft durch den Mondkanal (das linke Nasenloch bzw. Ida) einatmen."
Erläuterungen
- Das Kompositum (Samasa) dṛḍhāsanaḥ ("dessen Sitzhaltung fest ist") bezieht sich als Adjektiv auf yogī und steht daher ebenfalls im Nominativ Singular Maskulinum. Es setzt sich aus dem Adjektiv dṛḍha und dem Substantiv āsana zusammen und gehört zum Typ des Bahuvrihi. Das Adjektiv dṛḍha ist ein von der Wurzel dṛh "fest sein" abgeleitetes Partizip Präteritum Passiv.
- Der Instrumental (Tritiya) iḍayā steht als Instrument der Handlung (Karana) in syntaktischem Zusammenhang zum Verb pūrayet. Er bezeichnet hier den Weg bzw. die Passage der Atemluft beim Einatmen.
- Die Verbform pūrayet ("er soll einatmen") ist die 3. Person Singular Optativ (Präsens Aktiv bzw. Parasmaipada) des Kausativs der Verbalwurzel (Dhatu) pṝ "füllen, einatmen". Der Optativ drückt in diesem Falle eine neutrale Anweisung aus.
- Sandhi: Gleichartige Vokale (Svara) verschmelzen in Komposita zu einem Langvokal: a + ā wird zu ā in dṛḍhāsanaḥ. Die Form dṛḍhāsano steht für °āsanaḥ, da auslautendes -aḥ vor stimmhaften Konsonanten (hier: y) zu -o wird.
Übung 2
- Devanagari: ततो यथाशक्ति पवनं कुम्भयेत् |
- wissenschaftliche Transliteration: tato yathāśakti pavanaṃ kumbhayet |
- vereinfachte Transkription: tato yathashakti pavanam kumbhayet |
- Wort-für-Wort-Übersetzung: Dann (Tatas, Adverb) nach Vermögen (Yathashakti, Adverb) den Atem ("Wind", Pavana, Akk. Sg. m.) er soll anhalten (kumbh, Verb), d.h. "Dann soll er den Atem nach Vermögen anhalten."
Erläuterungen
- Das Adverb tataḥ ist der Ablativ (Panchami) des Demonstrativpronomens Tad. Es schließt syntaktisch an den Satz aus Übung 1 an. Somit bleibt auch in diesem Satz der Agens der Verbalhandlung der Nominativ Singular yogī.
- Das Adverb yathā-śakti "nach Vermögen" ist ein adverbielles Kompositum (Avyayibhava) und als Umstandsbestimmung der Art und Weise eine nähere Bestimmung zum Verb kumbhayet.
- Der Akkusativ pavanam ist das logische Objekt (Karman) der Verbalhandlung kumbhayet.
- Die Verbform kumbhayet ("er soll anhalten") ist die 3. Person Singular Optativ (Präsens Aktiv bzw. Parasmaipada) der Verbalwurzel (Dhatu) kumbh "(den Atem) anhalten".
- Sandhi: Die Form tato steht für tataḥ, da auslautendes -aḥ vor stimmhaften Konsonanten (hier: y) zu -o wird. Die Endung m von pavanam geht vor folgendem Konsonanten (Vyanjana) in Anusvara (ṃ) über, welcher vor k wie m auszusprechen ist, in streng traditioneller Rezitation jedoch wie ṅ (sprich: ng, Klassennasal des ka-Varga): pavanaṃ kumbhayet.
Übung 3
- Devanagari: ततो मारुतं शनैरेव पिङ्गलया रेचयेत् |
- wissenschaftliche Transliteration: tato mārutaṃ śanair eva piṅgalayā recayet |
- vereinfachte Transkription: tato marutam shanair eva pingalaya recayet |
- Wort-für-Wort-Übersetzung: Dann (Tatas, Adverb) die Luft ("Wind", Maruta, Akk. Sg. m.) langsam (Shanais, Adverb) gewiss (Eva, Partikel) durch den Sonnenkanal (Pingala, Instr. Sg. f.) er soll ausatmen (ric, Verb), d.h. "Dann soll er die Luft ganz langsam durch den Sonnenkanal (das rechte Nasenloch bzw. Pingala) ausatmen."
Erläuterungen
- Das Adverb tataḥ schließt auch diesen Satz syntaktisch an den Satz aus Übung 1 an. Somit bleibt der Nominativ Singular yogī der Agens der Verbalhandlung.
- Der Akkusativ mārutam ist das logische Objekt (Karman) der Verbalhandlung recayet.
- Das Adverb śanaiḥ "langsam" ist als Umstandsbestimmung der Art und Weise eine nähere Bestimmung zum Verb recayet.
- Die Partikel (Nipata) eva "gewiss" betont das vorausgehende Wort, so dass śanair eva mit "ganz langsam" zu übersetzen ist.
- Der Instrumental piṅgalayā steht als Instrument der Handlung (Karana) in syntaktischem Zusammenhang zum Verb recayet. Er bezeichnet hier den Weg bzw. die Passage der Atemluft beim Ausatmen.
- Die Verbform recayet ("er soll ausatmen") ist die 3. Person Singular Optativ (Präsens Aktiv bzw. Parasmaipada) des Kausativs der Verbalwurzel (Dhatu) ric "leeren, ausatmen".
- Sandhi: Die Form yato steht für yataḥ, da auslautendes -aḥ vor stimmhaftem Konsonant (hier: m) zu -o wird. Die Form śanair steht für śanaiḥ, da Visarga (ḥ) vor Vokalen (Svara) zu -r wird, wenn es nicht zwischen zwei a-Lauten (kurz oder lang) steht. Die Endung m von mārutam geht vor folgendem Konsonanten in Anusvara (ṃ) über, welcher vor ś wie m auszusprechen ist: mārutaṃ śanair.
Weblinks
- Spirituelle Praxis im Spannungsfeld von Yoga und Tantra
- THE ART OF YOGA Online Kongress Oktober 2018
Seminare
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Meditationspraxis und Philosophie des Yogasutra
28.10.2018 - 31.10.2018 - Yogasutra
- Das Yogasutra Patanjalis bietet eine Fülle von Anregungen zur Meditations- und Yogapraxis. Darüber hinaus enthält der Text eine umfassende lebenspraktische Philosophie, die den Übenden zur Verw…
- Dr. phil. Oliver Hahn
Bewusstseinstechniken aus dem Vijnana Bhairava Tantra
31.10.2018 - 2.11.2018 - Vijnana Bhairava Tantra
- Tantra benutzt alle Sinne, um durch Achtsamkeits- und Meditationstechniken den Schleier der materiellen Welt zu lüften und hinter allen Erscheinungen reines Bewusstsein - unser wahres Selbst - zu…
- Dr. phil. Oliver Hahn
Siehe auch
- Sanskrit Kurs Lektion 1
- Sanskrit Kurs Lektion 2
- Sanskrit Kurs Lektion 3
- Sanskrit Kurs Lektion 4
- Sanskrit Kurs Lektion 5
- Sanskrit Kurs Lektion 6
- Sanskrit Kurs Lektion 7
- Sanskrit Kurs Lektion 8
- Sanskrit Kurs Lektion 9
- Sanskrit Kurs Lektion 10
- Sanskrit Kurs Lektion 11
- Sanskrit Kurs Lektion 12
- Sanskrit Kurs Lektion 13
- Sanskrit Kurs Lektion 14
- Sanskrit Kurs Lektion 15
- Sanskrit Kurs Lektion 16
- Sanskrit Kurs Lektion 17
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