Sanskrit Kurs Lektion 93: Unterschied zwischen den Versionen

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:Die HATHA YOGA PRADIPIKA ist wohl der bekannteste und beliebteste Text zur Praxis und Philosophie des Hatha Yoga. In vier Kapiteln …


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Aktuelle Version vom 1. Oktober 2024, 12:46 Uhr

Dieser Sanskrit Kurs führt anhand einfacher Beispielsätze und -verse in die Grammatik des Sanskrit ein. Einen ausführlichen Überblick über das Sanskrit findest Du im Artikel Sanskrit. Hinweise zur indischen Schrift, der wissenschaftlichen Umschrift (Transliteration) sowie der korrekten Aussprache gibt der Artikel Devanagari. Stichwörter, nach denen Du in der Yoga Vidya Wiki suchen kannst, sind in vereinfachter Schreibweise (Transkription) wiedergegeben.

Der Infinitiv (3)

In Lektion 42 und 43 haben wir die Verwendung des Infinitivs betrachtet. Der folgende Beispielvers enthält einen weiteren Infinitiv.

Beispielvers aus der Hatha Yoga Pradipika

Die gesamte Hatha Yoga Pradipika besteht aus Versen, deren häufigstes Versmaß (Chhandas) der Shloka (Anushtubh) ist. Hier folgt ein Vers aus dem vierten Kapitel (Upadesha), das der Praxis der Meditation und Versenkung (Samadhi) gewidmet ist. Der 80. Vers leitet den Abschnitt über die Meditation auf den inneren Ton (Nada) ein und unterstreicht die Bedeutung des als Rajayoga bezeichneten Zustandes der meditativen Versenkung.


उन्मन्यवाप्तये शीघ्रं भ्रूध्यानं मम संमतम् |
राजयोगपदं प्राप्तुं सुखोपायोऽल्पचेतसाम् |
सद्यः प्रत्ययसन्धायी जायते नादजो लयः || ४.८० ||


  • wissenschaftliche Transliteration:
unmany-avāptaye śīghraṃ bhrū-dhyānaṃ mama saṃmatam |
rāja-yoga-padaṃ prāptuṃ sukhopāyo’lpa-cetasām |
sadyaḥ pratyaya-sandhāyī jāyate nādajo layaḥ || 4.80 ||


  • vereinfachte Transkription:
unmany-avaptaye shighram bhru-dhayanam mama sammatam |
raja-yoga-padam praptum sukhopayo’lpa-chetasam |
sadyah pratyaya-sandhayi jayate nadajo layah || 4.80 ||


  • Wort-für-Wort-Übersetzung:
unmany-avāptaye : für das Erreichen (Avapti des Zustandes) jenseits des Geistes (Unmani, Dat. Sg. f.)
śīghram : auf schnelle Weise (Shighra, Adv.)
bhrū-dhyānam : die Meditation, Konzentration (Dhyana auf das Zentrum zwischen den) Augenbrauen (Bhru, Nom. Sg. n.)
mama : (von) mir (Mad, d.h. von Svatmarama, Pron. Gen. Sg.)
saṃmatam : (ist hoch-)geschätzt (Sammata, Nom. Sg. n.)
rāja-yoga-padam : den Zustand (Pada) der meditativen Versenkung ("königlichen Yoga", Rajayoga, Akk. Sg. m.)
prāptum : um zu erreichen (pra + āp, Infinitiv)
sukhopāyaḥ : (dies ist ein) einfaches ("bequemes, angenehmes", Sukha) Mittel (Upaya, Nom. Sg. m.)
alpa-cetasām : für (diejenigen, deren Fähigkeiten des) Intellekts (Chetas) gering (sind, Alpa, Gen. Pl. m.)
sadyaḥ : sofort (Sadyas, Adv.)
pratyaya-sandhāyī : der (eine unmittelbare) Erfahrung ("Einsicht, Vorstellung", Pratyaya) verleiht ("verbindet mit", Sandhayin, Nom. Sg. m.)
jāyate : es gibt ("entsteht", Jan, Verb)
nāda-jaḥ : geboren (Ja, Nom. Sg. m.) aus (der Konzentration auf den inneren) Klang (Nada)
layaḥ : (einen Zustand der) Auflösung, Absorption (Laya, Nom. Sg. m.)


  • Übersetzung:
Für das schnelle Erreichen des Zustandes jenseits des Geistes (Unmani) wird von mir die Konzentration auf (das Zentrum zwischen den) Augenbrauen hoch geschätzt,
ein einfaches Mittel für diejenigen, deren intellektuelle (Fähigkeiten) gering sind, um den Zustand der meditativen Versenkung (Rajayoga) zu erreichen.
Es gibt (jedoch einen Zustand der) Absorption, der aus (der Konzentration auf den inneren) Klang entsteht, der sofort eine (unmittelbare) Erfahrung verleiht.

Erläuterungen

  • Syntax (Anvaya): Dieser sechsfüßige (Shatpada) Vers besteht aus zwei Sätzen (Vakya): die ersten beiden Halbverse (Pada 1-4) bilden einen sogenannten Nominalsatz, in dem es kein finites ("gebeugtes") Verb gibt. Der zweite Satz (Pada 5-6) leitet ein neues Thema ein, die Meditation auf den inneren Ton (Nadanusandhana).
  • Der Dativ (Chaturthi) unmany-avāptaye ist ein Kompositum (Samasa) vom Typ Tatpurusha und bezeichnet den Zweck der Meditation auf das Augenbrauenzentrum (bhrū-dhyānam).
  • Der Nominativ (Prathama) bhrū-dhyānam ist ebenfalls ein Kompositum vom Typ Tatpurusha und das logische Subjekt (Agens, Kartri) dieses Nominalsatzes, der nur aus Nomen besteht. Das Verb asti "ist" wird hier mitverstanden.
  • Das Adjektiv saṃmatam bezieht sich auf das Substantiv bhrū-dhyānam und steht gleichfalls im Nominativ Singular Neutrum.
  • Der Akkusativ (Dvitiya) rāja-yoga-padam ist ebenfalls ein Kompositum vom Typ Tatpurusha und das logische Objekt (Karman) der als Infinitiv erscheinenden Verbalhandlung prāptum. Das Kompositum rāja-yoga-padam besteht aus den beiden Gliedern rāja-yoga (seinerseits ein Tatpurusha-Kompositum) und pada, wobei das Wort Pada "Zustand" verdeutlicht, das hier mit Rajayoga ein Bewusstseinszustand gemeint ist (vgl. auch die Anm. zu layaḥ).
  • Der Infinitiv prāptum "um zu erreichen" bezieht sich syntaktisch auf den Akkusativ rāja-yoga-padam. Das Infinitiv-Suffix -tum tritt hier an die um das Verbalpräfix (Upasarga) pra erweiterte Verbalwurzel āp "erreichen, erlangen".
  • Der Nominativ sukhopāyaḥ (m.) ist ein Kompositum vom Typ Karmadharaya und das logische Subjekt des Infinitivs prāptum. Innerhalb dieses Nominalsatzes ist sukhopāyaḥ eine Apposition (Visheshana) zum Nominativ bhrū-dhyānam (n.), d.h. die Meditation auf das Augenbrauenzentrum (bhrū-dhyānam) ist ein einfaches Mittel (sukhopāyaḥ) um ... zu Erreichen.
  • Der Genitiv (Shashthi) Plural alpa-cetasām ist ebenfalls ein Kompositum vom Typ Karmadharaya und bezieht sich im Sinne eines Dativs (wörtlich: "für diejenigen mit wenig Geist") auf das Substantiv sukhopāyaḥ.
  • Das Adverb sadyaḥ "sofort" ist eine nähere Bestimmung (Kriyavisheshana) zum Nomen Agentis sandhāyī "verleiht" (wörtl.: "ist ein Verleiher"), das im Kompositum pratyaya-sandhāyī enthalten ist.
  • Das Adjektiv pratyaya-sandhāyī (Tatpurusha-Kompositum) bezieht sich auf das Substantiv layaḥ und steht gleichfalls im Nominativ Singular Maskulinum.
  • Das Adjektiv nāda-jaḥ (Tatpurusha-Kompositum) bezieht sich auf das Substantiv layaḥ und steht gleichfalls im Nominativ Singular Maskulinum.
  • Sandhi: Das auslautende lange von unmanī- geht im Kompositum vor dem a- von -avāptaye in den Halbvokal (Antahstha) -y über: unmanī + avāptaye wird zu unmany-avāptaye. Die Endung m von śīghram, °dhyānam, °padam und prāptum geht vor folgendem Konsonanten (Vyanjana) in Anusvara () über, welcher in allen vier Fällen wie m ausgesprochen wird. Im Kompositum sukhopāyaḥ verschmelzen a und u zu o (sukha + upāyaḥ). Die Formen sukhopāyo’lpa-cetasām stehen für sukhopāyaḥ alpa-cetasām, da auslautendes -aḥ vor kurzem a zu -o wird, wonach das kurze anlautende a von alpa° wiederum ausfällt und graphisch durch Apostroph ( ' ) bzw. Avagraha () dargestellt wird. Die Form nādajo steht für nādajaḥ, da auslautendes -aḥ vor stimmhaftem Konsonant (hier: l) zu -o wird.

Metrische Analyse des 1. und 2. Pada

Betrachten wir das erste (Prathama) und zweite (Dvitiya) Versviertel (Pada) dieses Shloka noch einmal hinsichtlich der Längen (Dirgha) und Kürzen (Hrasva) der einzelnen Silben (Akshara). Lange Silben enden auf langen Vokal, oder auf einen kurzen Vokal (Svara), der von zwei Konsonanten (Vyanjana) gefolgt wird (inklusive Anusvara und Visarga). Dies nennt man Positionslänge*. Kurze Silben enden auf kurzen Vokal:


Silbe 1 2 3 4 5 6 7 8 1 2 3 4 5 6 7 8
Devanagari न्म न्य वा प्त ये शी घ्रं भ्रू ध्या नं सं तम्
Transliteration u nma nya pta ye śī ghraṃ bhrū dhyā naṃ ma ma saṃ ma tam
Silbenlänge lang* lang* kurz lang kurz lang lang lang lang lang lang* kurz kurz lang* kurz lang
Symbol υ υ υ υ υ


Hinweise zur Aussprache: Alle acht Silben jedes Pada werden in einem Zuge, also ohne Pause, ausgesprochen. Zwischen den Versvierteln wird eine kurze Pause (Yati) eingehalten. Die Positionslänge der 1. und 2. Silbe (Pada 1) bzw. der 3. und 6. Silbe (Pada 2) ergibt sich durch die Aufteilung in un-man-ya bzw. die durch Anusvara bedingte Längung der Silben naṃ und saṃ.

Formen-Rätsel

Auflösung aus Lektion 92

  • 1. c) जहिथ jahitha - ihr verlasst: gebildet von der Wurzel "verlassen"; die Endung der 2. Person Plural -tha tritt an den reduplizierten schwachen Präsensstamm jahi-.
  • 2. c) ihr beiden opfert - जुहुथः juhuthaḥ: gebildet von der Wurzel hu "opfern"; die Endung der 2. Person Dual -thaḥ tritt an den reduplizierten schwachen Präsensstamm juhu-.

Neues Rätsel

Anhand der in der Lektion 42 in der Übersicht der Infinitive einiger wichtiger Verben gegebenen Verbalwurzeln und Infinitive ist es möglich, die folgenden beiden Infinitive abzulesen bzw. per Analogiebildung herzuleiten. Tipp: es sind mehrere Richtige möglich. Viel Spaß beim Rätseln!


1. Sanskrit - Deutsch 2. Deutsch - Sanskrit
धातुम् dhātum (Wurzel dhā) a) zu stellen zu gehen a) पतितुम् patitum
b) zu verbrennen b) एतुम् etum
c) zu legen c) गन्तुम् gantum


Die Auflösung findest Du in Lektion 94.

Fragen und Feedback

Für Fragen und Feedback zum Sanskrit Kurs wendet Euch gerne an Dr. phil. Oliver Hahn. Er ist Indologe und Autor für Yoga Wiki, Seminarleiter, Yogalehrer, Übersetzer und Lektor.

Weblinks

Seminare

Jahresgruppe Sanskrit - Lektüre Hatha Yoga Pradipika (Teil 2)

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Die HATHA YOGA PRADIPIKA ist wohl der bekannteste und beliebteste Text zur Praxis und Philosophie des Hatha Yoga. In vier Kapiteln …
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