Aufmerksamkeit

Aus Yogawiki

1. Aufmerksamkeit ist die Fähigkeit, mit wachem Geist etwas wahrzunehmen. Aufmerksamkeit heißt Wachheit, Offenheit, die Fähigkeit im Hier und Jetzt zu sein. Ein spiritueller Aspirant sowie ein Yoga Schüler entwickelt die Fähigkeit der Aufmerksamkeit. In den Yoga Übungen wie Asanas, Pranayama und Meditation bemüht sich der Aspirant um größtmögliche Aufmerksamkeit.

Saraswati, Göttin der Weisheit, Kreativität und Künste. Aufmerksamkeit aus Yoga-Sicht

2. Aufmerksamkeit ist die Fähigkeit, sein Bewusstsein in eine bestimmte Richtung zu bringen. Der Mensch hat bis zu einem gewissen Grade die Fähigkeit, seine Aufmerksamkeit zu lenken. Manches drängt sich in den Vordergrund, ohne dass man es ändern kann. Aber meistens kann der Mensch bestimmten, seine Aufmerksamkeit auf das zu richten was er will. Solange man keine bewusste Entscheidung trifft, geschieht die Aufmerksamkeitssteuerung nach dem Prinzip des stärksten äußeren oder inneren Reizes. Durch Yoga und Meditation kann man lernen, seine Aufmerksamkeit immer besser zu steuern.

Wachsamkeit, Bewusstheit und Achtsamkeit sind bedeutungsverwandt mit Aufmerksamkeit. Aufmerksamkeit ist eine Funktion des Bewusstseins selbst. Gesteigerte Aufmerksamkeit führt irgendwann zum reinen Bewusstsein. Samadhi, die Erleuchtung, ist ein Zustand vollkommenener ungerichteter Aufmerksamkeit, Aufmerksamkeit an sich, unbeschränkt von irgendeinem Objekt bzw. Geistesinhalt.

Gott Shiva in Samadhi - der Beschützer aller Yogis

Aufmerksamkeit auch im Alltag

Swami Sivananda mit seiner Sitar sitzend auf einem Tigerfell am Ganges

- Auszug aus dem Buch "Konzentration und Meditation" von Swami Sivananda -

Starkes Interesse für die Konzentration ist die Voraussetzung dafür, dass sich deine ganze Aufmerksamkeit auf den Gegenstand richten lässt, auf den du dich konzentrieren willst. Ohne ein nennenswertes Interesse und Achtsamkeit ist keine echte Konzentration möglich. Darum muss dir klar sein, was mit diesen beiden Worten gemeint ist.

Aufmerksamkeit, Gewahrsein, ist der unverwandte Einsatz des Geistes, das Fokussieren des Bewusstseins auf ein ausgewähltes Objekt. Dadurch kannst du deine mentalen Fähigkeiten und Kräfte entwickeln. Wo Aufmerksamkeit ist, da ist auch Konzentration. Daher arbeite schrittweise an der Achtsamkeit. Achtsamkeit zu entwickeln ist kein separater Vorgang, sondern ein Aspekt des ganzen mentalen Prozesses der Konzentration.

Wahrnehmung schließt immer Aufmerksamkeit ein. Wahrnehmen heißt, bewusst auf etwas achten. Durch aufmerksame Wahrnehmung bekommst du ein klares Verständnis für eine Sache. Die ganze Energie richtet sich auf das Objekt, dem die Aufmerksamkeit gilt. Solange die Aufmerksamkeit anhält, werden alle zerstreuten Ströme des Geistes – Denken und Fühlen – gesammelt. Durch Aufmerksamkeit entsteht ein tieferer Eindruck im Geist, egal worum es sich handelt. Ein achtsamer Mensch hat ein sehr gutes Gedächtnis, ist wach und umsichtig, aufgeweckt und gewandt.

Achtsamkeit ist die Grundlage für die Willenskraft und für Introspektion. In geeigneter Weise nach innen gerichtet hilft sie, den Geist zu analysieren und dir eine Menge erstaunlicher Tatsachen aufzuzeigen. Aufmerksamkeit (avadhana) ist die Fokussierung des Bewusstseins und Zeichen eines disziplinierten Willens und starker geistiger Kraft. Wer sie besitzt, kann den Geist sogar lange Zeit auf einen ihm unangenehmen Gegenstand richten. Übung und auch brahmacharya, Bewahren der sexuellen Energie, entwickeln die Aufmerksamkeit. Jeder, der etwas in seinem Leben erreicht hat, verdankt es dieser Fähigkeit.

Wahrnehmung und Aufmerksamkeit

Richte deine ganze Aufmerksamkeit auf die Sache, die du im Augenblick ausführst, was auch immer es sein mag. Wenn du die geistigen Funktionen analysierst, wirst du keinen Vorgang für sich allein als Aufmerksamkeit bezeichnen können. Aufmerksamkeit ist keine gesonderte Funktion. Du nimmst etwas wahr und deshalb achtest du darauf. Ein Mensch, der nicht beobachtet, ist auch nicht aufmerksam. Wahrnehmen ist mit Achtsamkeit gleichzusetzen.

Erfolg durch Aufmerksamkeit

Aufmerksamkeit ist für Erfolg in jedem Lebensbereich notwendig, sowohl auf dem spirituellen Weg wie auch im normalen Alltagsleben. Ein aufmerksamer spiritueller Aspirant studiert die Schriften mit großer Wirkung. Ein aufmerksamer Schütze trifft die Zielscheibe.

Durch Meditation stärkt man seine Konzentrationsfähigkeit und somit die Aufmerksamkeit

Es gibt Yogis, die acht oder zehn, selbst hundert Dinge auf ein Mal tun können. Das ist nicht verwunderlich. Das ganze Geheimnis liegt darin, dass sie ihre Aufmerksamkeit zu einem bemerkenswerten Grad entwickelt haben.

Arten von Aufmerksamkeit

Man kann unterscheiden in:

  • Äußere Aufmerksamkeit: nach außen, zu äußeren Objekten, gerichtet
  • Innere Aufmerksamkeit: nach innen auf mentale Objekte und Ideen gerichtet
  • Absichtliche Aufmerksamkeit: willentlich auf eine bestimmte äußere Sache gerichtet, sich bewusst mit etwas befassen. Durch eine solche Art gewollter Aufmerksamkeit versteht der Mensch, was er wahrnimmt. Dabei ist immer eine bewusste Absicht, ein gewisser Anreiz, ein anvisiertes Ziel oder ein Zweck involviert. Sie braucht Anstrengung, Willenskraft, Entschlossenheit und etwas Disziplin. Diese entsteht durch Übung und Ausdauer und lässt einen erfolgreich sein.
  • Unbeabsichtigte, unwillkürliche Aufmerksamkeit: ist weit verbreitet und bedarf keiner Übung. Sie entsteht aufgrund der Schönheit und Attraktivität einer Sache und Menschen machen sich keine Gedanken darüber, warum sie dieses oder jenes wahrnehmen. Bei Kindern kann man diese Art von Aufmerksamkeit gut beobachten.

Absicht, Zweck, Hoffnung, Erwartung, Neugierde, Glaube, Wunsch, Wissen, Ziel und Notwendigkeit bestimmen die Aufmerksamkeit. Beobachte genau ihren Grad, die Dauer, Umfang, Art und ihr Fluktuieren. Ein als sehr angenehm empfundenes Objekt ruft starke Aufmerksamkeit hervor. Deshalb wecke Interesse; so schaffst du auch Aufmerksamkeit. Sobald du merkst, dass die Aufmerksamkeit nachlässt, wechsle zu einem anderen positiv besetzten Objekt. Durch geduldige Übung lernst du, dich auch mit unerfreulichen Dingen zu befassen, indem du Interesse für sie weckst. So wird deine Willenskraft stark.

Fluktuierende Aufmerksamkeit

Wenn du genau darauf achtest, wirst du feststellen, dass du verschiedene Dinge zu verschiedenen Zeiten wahrnimmst. Die Aufmerksamkeit schwankt von einem zum anderen. Die Aufmerksamkeit ändert sich, ihre Objekte ändern sich, aber der Beobachtende selbst verändert sich nicht. Der Geist ist noch nicht für eine längere Aufmerksamkeit geschult. Er wehrt sich gegen Eintönigkeit und jagt ständig neuen vergnüglichen Eindrücken nach. Selbst wenn du dir vornimmst: „Ich werde mich nur mit dieser eine Sache beschäftigen“ wirst du bald feststellen, dass du plötzlich mit deiner Wahrnehmung woanders bist, auch wenn du dich noch so sehr bemühst.

Die Vorlesung

Bei einer Vorlesung über ein abstraktes philosophisches Thema werden viele Studenten leise den Hörsaal verlassen, weil das Thema ihnen kein Interesse abnötigt und ihre Aufmerksamkeit nicht fesselt. Wenn der Vortragende aber dazwischen ein passendes Lied singt und fesselnde Geschichten erzählt, hören ihm alle mit begeisterter Aufmerksamkeit zu. Es ist so still, dass man eine Stecknadel fallen hören könnte. Wer die Aufmerksamkeit seiner Hörer anziehen will, sollte:

  • gegebenenfalls seine Tonlage variieren und kraftvoll und betont sprechen. Dabei behält er das Publikum im Auge, ob sie aufmerksam sind oder nicht.
  • von Zeit zu Zeit kurz das Thema wechseln und nette Geschichten und passende Beispiele einfügen.
  • seine Zuhörer direkt anschauen.

All das ist notwendig, wenn man ein erfolgreicher Redner sein und Aufmerksamkeit wecken will.

Buddha im inneren Glück - vor allem auch durch Achtsamkeitspraxis

Napoleon, Gladstone, Arjuna und Jnanadeva verfügten über eine wunderbare Aufmerksamkeit. Sie konnten ihren Geist auf jeden beliebigen Gegenstand richten. Auch Wissenschaftler und Mystiker, Juristen und Chirurgen besitzen diese Fähigkeit in bemerkenswertem Ausmaß. Wissenschaftler sind von ihrer Arbeit oft so gefangen und in ihre Experimente und Untersuchungen vertieft, dass sie tagelang nicht ans Essen denken.

Wenn du etwas tust, versenke dich darin und denke nicht irgendetwas anderes. Verliere dich darin, schließe alle anderen Gedanken aus. Wenn du ein Buch liest, denk nicht an ein anderes.

Anekdote vom zerstreuten Wissenschaftler

Ein Wissenschaftler war vollkommen in ein Projekt involviert. Seine Frau hatte eines Tages irgendein ernsthaftes Problem. Sie kam aufgelöst, mit Tränen in den Augen, aus der Wohnung zu ihm ins Labor. Er jedoch war so vertieft in seine Arbeit, dass er nicht einmal registrierte, dass sie seine Frau war. Er sagte: „Verehrte Dame, bitte weinen Sie noch ein Weilchen, damit ich Ihre Tränen chemisch analysieren kann.“

Die Einladung

Einmal lud ein Mann Sir Isaac Newton zum Essen ein. Newton kam dann in das Haus und wartete im Empfangszimmer auf den Gastgeber. Dieser hatte Newton und die Einladung komplett vergessen, aß allein zu Abend und legte sich dann schlafen. Inzwischen hatte sich Newton so sehr in eine wissenschaftliche Frage versenkt, dass auch er die Einladung völlig vergaß, sich nicht von seinem Platz rührte und wie eine Statue dort sitzen blieb. Am nächsten Morgen sah der Gastgeber Newton im Salon und erinnerte sich erst jetzt wieder an die Einladung. Natürlich war ihm das sehr peinlich und er entschuldigte sich kleinlaut bei Sir Isaac. Eine solch wunderbare Kraft der Aufmerksamkeit besaß Sir Isaac Newton. Alle Genies besitzen sie in höchstem Maße.

Sind die Dinge an sich interessant?

Achten wir auf gewisse Sachen, weil sie an sich, aus sich heraus, interessant sind? Oder sind sie interessant, weil wir auf sie achten? – Durch bewusste Übung und Lenkung der Aufmerksamkeit können wir ein scheinbar trockenes Thema interessant machen, indem wir uns damit beschäftigen, mit seiner Bedeutung und seinen Sachverhalten auseinandersetzen. Dadurch wird die Fähigkeit stärker, die Aufmerksamkeit auf dieses Thema zu konzentrieren.

Im Allgemeinen können Menschen sich nur auf angenehme beziehungsweise interessante Objekte konzentrieren. Man könnte sich aber genau so gut auf unerfreuliche Dinge konzentrieren, sofern man ihnen Interesse entgegen bringt.

Wenn dich ein Unglück betroffen hat oder wenn du über ein gewisses Verhalten oder den Ablauf einer Situation nachdenkst, um den Grund für einen Misserfolg herauszufinden, dann nimmt dich das so stark in Anspruch, dass du ständig daran denkst und dein Geist durch nichts mehr davon abzulenken ist.

Oder man ist dabei, einen Artikel oder ein Buch zu schreiben. Dann arbeitet man daran weiter, ohne an Schlaf zu denken und kann sich nicht davon losreißen. Die zunächst willentlich gerichtete Aufmerksamkeit nimmt jetzt den ganzen Bewusstseinsraum vollständig ein.

  • Mit einer stark ausgeprägten Aufmerksamkeit wird alles, was das Geist-Psyche-System wahrnimmt, einen tiefen Eindruck hinterlassen.
  • Eine Mischung von Achtsamkeit, praktischer Anwendung und Interesse kann Wunder wirken.
  • Ein durchschnittlich begabter Mensch mit einer hoch entwickelten Aufmerksamkeit schafft mehr als ein hoch intelligenter Mensch mit wenig Aufmerksamkeit.

Fehlleistungen und Misserfolge sind oft auf einen Mangel an Aufmerksamkeit zurückzuführen. Wenn man sich aufmerksam mit einer Sache beschäftigt, bekommt man umfassende Kenntnis über das Thema. Die meisten Menschen lassen ungefiltert alles Mögliche durch die geistigen Tore eindringen. Darum ist ihr Geist unklar und verwirrt, nicht fähig zu systematischer Analyse und Synthese und kann seine Gedanken nicht klar ausdrücken. Demgegenüber befasst sich der Geschulte intensiv mit einem Objekt, so lange er möchte und dringt tief in das Thema, die Sache, ein.

Man kann sich nicht um zwei Dinge gleichzeitig kümmern. Der Geist kann sich nur mit einer Sache auf einmal beschäftigen. Weil die Gedanken sich mit ungeheurer Geschwindigkeit vor und zurück bewegen, entsteht der Eindruck, als könne der Geist sich gleichzeitig mehreren Dingen widmen. In Wirklichkeit kann man nicht gleichzeitig sehen und hören, sondern eins geschieht in schnellster Abfolge nach dem anderen. Dieses Gesetz gilt nicht mehr für den entwickelten Yogi. Er kann mehrere Dinge simultan wahrnehmen oder tun, weil sein Wille nicht mehr vom kosmischen allumfassenden Willen getrennt ist.

Swami Sivananda über Aufmerksamkeit

Der Yoga Meister Swami Sivananda schreibt in seinem Buch "How to Cultivate Virtues" zum Begriff "Attention":

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Aufmerksamkeit ist beständiger Gebrauch des Verstandes Aufmerksamkeit ist das Ausrichten der geistigen Kräfte auf einem spezifischen Objekt mit Energie und Konzentration. Aufmerksamkeit stärkt den Willen, .Es ist an der Basis des Willens. Aufmerksamkeit entwickelt Konzentration. Aufmerksamkeit führt zu sicherem Erfolg. Es ist der Mangel an Aufmerksamkeit, dass ein Mensch Misserfolge erleidet. Aufmerksamkeit macht das Genie. Die Kraft, Aufmerksamkeit aufzubringen, beständig und ungeteilt auf ein einzelnes Objekt, ist das sichere Zeichen eines überlegenen Genies.

Alles Lernen, Wissenschaft und Können hängt von Aufmerksamkeit ab. Aufmerksamkeit eröffnet neue Welten, heilt Krankheiten. Aufmerksamkeit ist die Quelle eines poetischen Talents und die des Entdeckers und des Erfolges. Es war die Aufmerksamkeit die Newton zur Entdeckung der Gravitation führte, [Hervey] zum Erkennen des Blutkreislaufes und Davy zum Wegbereiter der Modernen.

Aufmerksamkeit kann als Art psychischer Energie verstanden werden, die notwendigerweise die Bestimmung des Wesens eine jeden Bewusstseinsbereiches erfasst. Es ist die Tat oder der Prozess mit besonderer Klarheit zu einem oder mehreren Persönlichkeitsmerkmalen in der komplexen Struktur des Bewusstseins zu geben.

Aufmerksamkeit ist eine Form des geistigen Arbeitens oder der Fähigkeit die es ermöglich bestimmten Inhalten des Bewusstseins zu unterscheiden, mit dem Ziel anwachsender Klarheit zu erlangen.

Die allgemeine Erfahrung aus der das Konzept und die Lehrmeinung der Aufmerksamkeit in der modernen Psychologie ihren Ursprung nimmt ist, dass einige Objekte oder Teile von Objekten im Feld des Bewusstseins lebhafter aufgeprägt sind oder erscheinen als andere oder wahrgenommen und erkannt werden, während andere nur schemenhaft oder kaum wahrgenommen werden. Dieser Unterschied in der Klarheit scheint oftmals abhängig von einer bestimmten Handlung oder dem Verhalten eines Subjektes.

In reflexiver, reaktiver oder nicht-freiwilliger Aufmerksamkeit scheint, dass sich das Objekt dem Geist aufzuzwingen entweder aufgrund der Reizintensität oder wegen der Auswahl (Selektivität) der Gegenstände und der damit verbundenen Unaufmerksamkeit gegenüber anderen Gegenständen. In freiwilliger Aufmerksamkeit scheint das Subjekt zwecks des Befriedigens der Neugier oder zum Ausführen eines anderen Ziels das Objekt zu wählen, das klarer wahrnehmbar ist.

Wenn ein Mensch mit Aufmerksamkeit zu hört, sagen wir "Er ein aufmerksames Ohr." Wenn er Aufmerksamkeit schaut, dann sagen wir "Er hat aufmerksame Augen." In der Kontemplation richtet man die Aufmerksamkeit auf den Geist. Wenn ein Mensch aufmerksam zu den Worten eines Redners und gleichzeitig zu dessen Auftreten und dem Inhalt seiner Rede ist, dann ist er sowohl aufmerksam im Geist als auch in den Sinnen.

Zitiert nach: Swami Sivananda: "How to Cultivate Virtues", Divine Life Society

Aufmerksamkeit als hilfreiche Tugend

Auszug aus einem Vortrag von Sukadev Bretz

Sukadev Bretz - Gründer und leiter von Yoga Vidya

Aufmerksamkeit, eine sehr wichtige Tugend gerade im Yoga, Tugend, vielleicht auch Fähigkeit. Das ist immer die Frage, was ist eine Tugend, was ist eine Fähigkeit, was ist eine Eigenschaft usw. Aufmerksamkeit heißt, im Hier und Jetzt zu sein. Der Mensch hat die wunderbare Fähigkeit, in die Vergangenheit zu gehen, in die Zukunft zu gehen, der Mensch kann auch Träume haben, Tagträume haben, Luftschlösser bauen, ständig überlegen, was andere wollen oder nicht wollen und was man noch tun müsste und könnte usw. Das ist auch mal gut, sich das zu erlauben. Aber letztlich, die Schönheit und die Freude ist zu erfahren im Hier und Jetzt und dazu gilt, Aufmerksamkeit zu haben. Und die Aufmerksamkeit kann man auch üben.

Aufmerksamkeit ist also zum einen, in der Gegenwart zu sein, im Hier und Jetzt. Aufmerksamkeit ist aber nicht nur, in der Gegenwart zu sein, sondern ist auch eine gewisse Intensität. Die Aufmerksamkeit kann schwächer sein, die Aufmerksamkeit kann intensiver sein. Du kannst versuchen, in der Gegenwart zu sein und dabei so ein bisschen müde und träge wie durch einen Grauschleier hindurchschauen. Oder du kannst aufmerksam sein und wirklich voller Enthusiasmus, voller Freude oder einfach nur mit einer großen Bewusstheit da sein.

Aufmerksamkeit kann man üben und trainieren, viele der Tugenden und Eigenschaften sind etwas, was man üben kann. Und es ist eine gewisse Entscheidung, will man das üben, will man das nicht üben. Wie übst du Aufmerksamkeit? Zunächst mal, indem du dir es vornimmst. Wenn du morgens aufwachst, nimm dir vor, nicht als erstes über deine Träume nachzudenken und nachzudenken, was heute noch alles kommen kann usw., sondern wenn du aufwachst, dann atme ein paar Mal tief ein und aus, spüre deinen Atem. Dehne deine Bewusstheit etwas aus, vielleicht spürst du so eine göttliche Gegenwart.

Schaue aus dem Fenster und genieße die Sonne oder die Sterne, je nach Jahreszeit, oder die Wolken, die Wärme, die Kälte. Wenn du mit einem Menschen oder mehreren zusammenlebst, spüre diesen Menschen intensiv und höre ihm oder ihnen zu. Wenn du dann mit einem Menschen sprichst, sprich mit ganzem Herzen, sei voll aufmerksam. Diese Aufmerksamkeit ist hilfreich. Und natürlich auch, wenn du dann bei der Arbeit bist, wenn du bei einer Aufgabe bist, dann auch dort, bring dein ganzes Herz hinein und lasse nicht deinen Geist anderes denken.

Aufmerksamkeit ist auch eine gewisse Selbstdisziplin. Der Geist will sich immer wieder ablenken, er denkt dieses und jenes. Du kannst sagen, "Stopp" und jetzt kannst du sagen, "jetzt will ich dort aufmerksam sein". Manchmal hilft es auch, dass du dich selbst motivierst. Manche Menschen denken, "ich wäre ja irgendwo engagierter bei der Arbeit, wenn mein Chef mich motivieren würde". Aber darum geht es nicht, sondern es ist eine Selbstmotivation, Aufmerksamkeit. Du kannst dir selbst sagen, warum es gut ist.

Und manchmal ist etwas gut, nur deshalb, weil es dir hilft, deine Aufmerksamkeit und Konzentration zu üben. Manchmal aber, oder sehr häufig, kannst du auch sagen: "Ja, das, was ich tue, ist ja etwas Wichtiges. Und ich will mein Herz hineinbringen, ich will meine Energie hineinbringen, ich will meine Fähigkeiten hineinbringen, ich will es so gut machen, wie ich es kann." Wenn du diese Aufmerksamkeit in eine Tätigkeit hineinbringst, dann kommt eine Freude und dann kommt eine Energie. Das ist durchaus auch etwas, was zum Beispiel bei drohendem Burnout hilfreich ist, dort aufmerksam zu sein, achtsam in der Gegenwart zu sein, statt zu grübeln, in die Gegenwart gehen, aber auch Zeit lassen, um loszulassen, gelassen zu sein.

Man kann auch nicht immer in der Gegenwart sein, die meisten Menschen müssen auch mal loslassen können, Muße üben und mit weniger Intensität Entspannung üben. Überlege selbst, was heißt vielleicht Aufmerksamkeit für dich und wie kann sie dir helfen. Und willst du dir vielleicht vornehmen, mehr Aufmerksamkeit in dein Leben hineinzubringen, aufmerksamer mit deinen Mitmenschen umzugehen, aufmerksamer das tun, was du tust, und so mehr Intensität, mehr Freude, mehr Energie und auch mehr Erfolg und Liebe in dein Leben zu bringen.

Aufmerksamkeit und andere Tugenden

In diesem Yoga Wiki werden über 1000 Tugenden und geistigen Eigenschaften beschrieben. Hier einige Erläuterungen, wie man die Eigenschaft der Aufmerksamkeit in Beziehung zu anderen Tugenden und geistigen Eigenschaften sowie in Bezug auf Laster sehen kann:

Ähnliche Eigenschaften wie Aufmerksamkeit

Ähnliche Eigenschaften wie Aufmerksamkeit, also Synonyme zu Aufmerksamkeit sind z.B. Achtsamkeit, Anteilnahme, Geistesgegenwart, Freundlichkeit.

Ausgleichende Eigenschaften

Jede Eigenschaft, jede Tugend, die übertrieben wird, wird zu einer Untugend, zu einem Laster, einer nicht hilfreichen Eigenschaft. Aufmerksamkeit übertrieben kann ausarten z.B. in Übersteigerung, Lampenfieber, Parteilichkeit, Subjektivität . Daher braucht Aufmerksamkeit als Gegenpol die Kultivierung von Neutralität, Vorurteilslosigkeit, Objektivität, Gemütsruhe, Gelassenheit.

Gegenteil von Aufmerksamkeit

Zu jeder Eigenschaft gibt es ein Gegenteil. Hier Möglichkeiten für Gegenteil von Aufmerksamkeit, Antonym zu Aufmerksamkeit :

Aufmerksamkeit im Kontext von Tugendengruppen, Persönlichkeitsfaktoren und Temperamenten

Entwicklung von Aufmerksamkeit

Aufmerksamkeit kann man sehen als Tugend, als eine positive Eigenschaft. Vielleicht willst du ja Aufmerksamkeit in dir stärker werden lassen. Hierzu einige Tipps:

  • Nimm dir vor, eine Woche lang diese Eigenschaft der Aufmerksamkeit zu kultivieren. Du kannst nicht mehrere Tugenden auf einmal entwickeln. Aber es ist möglich, jede Woche eine Tugend, eine Eigenschaft, wachsen zu lassen.
  • Triff den Entschluss: "Während der nächsten Woche will ich die Tugend, die Eigenschaft, Aufmerksamkeit kultivieren, wachsen lassen, stärker werden lassen. Ich freue mich darauf, in einer Woche ein aufmerksamerer Mensch zu sein."
  • Nimm dir vor, jeden Tag mindestens eine Handlung auszuführen, die Aufmerksamkeit ausdrückt. Mache jeden Tag etwas, was du sonst nicht tun würdest, was aber diese Tugend zum Ausdruck bringt.
  • Wenn du morgens aufwachst, dann sage eine Affirmation, z.B.: "Ich entwickle Aufmerksamkeit '. Mehr Möglichkeiten zu Affirmationen findest du weiter unten.
  • Am Tag wiederhole immer wieder eine solche Affirmation: "Ich bin aufmerksam ".

Affirmationen zum Thema Aufmerksamkeit

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, Affirmationen für mehr Aufmerksamkeit Unter dem Stichwort "Affirmation" und "Wunderaffirmationen" erfährst du mehr darüber.

Klassische Autosuggestion für Aufmerksamkeit

Hier die klassische Autosuggestion:

  • Ich bin aufmerksam.

Im Yoga verbindet man das gerne mit einem Mantra. Denn ein Mantra lässt die Affirmation stärker werden:

  • Ich bin aufmerksam . Om Om Om.
  • Ich bin ein Aufmerksamer, eine Aufmerksame.

Entwicklungsbezogene Affirmation für Aufmerksamkeit

Manche Menschen fühlen sich als Scheinheiliger oder als Heuchler, wenn sie sagen "Ich bin aufmerksam " - und sie sind es gar nicht. Dann hilft eine entwicklungsbezogene Affirmation:

  • Ich entwickle Aufmerksamkeit.
  • Ich werde aufmerksam.
  • Jeden Tag werde ich aufmerksamer.
  • Durch die Gnade Gottes entwickle ich jeden Tag mehr Aufmerksamkeit

Dankesaffirmation für Aufmerksamkeit

  • Ich danke dafür, dass ich jeden Tag aufmerksamer werde.

Wunderaffirmationen Aufmerksamkeit

Du kannst es auch mit folgenden Affirmationen probieren, die Sukadev Volker Bretz als Wunderaffirmationen bezeichnet:

  • Bis jetzt bin ich noch nicht sehr aufmerksam . Und das ist auch ganz verständlich, ich habe gute Gründe dafür. Aber schon bald werde ich Aufmerksamkeit entwickeln. Jeden Tag wird diese Tugend in mir stärker werden.
  • Ich freue mich darauf, bald sehr aufmerksam zu sein.
  • Ich bin jemand, der aufmerksam ist.

Gebet für Aufmerksamkeit

Auch ein Gebet ist ein machtvolles Mittel, um eine Tugend zu kultivieren. Hier ein paar Möglichkeiten für Gebete für mehr Aufmerksamkeit:

  • Lieber Gott, bitte gib mir mehr Aufmerksamkeit.
  • Oh Gott, ich verehre dich. Ich bitte dich darum, dass ich ein aufmerksamer Mensch werde.
  • Liebe Göttliche Mutter, ich danke dir. Ich danke dir dafür, dass ich jeden Tag die Tugend Aufmerksamkeit mehr und mehr zum Ausdruck bringe.

Was müsste ich tun, um Aufmerksamkeit zu entwickeln?

Du kannst dich auch fragen:

  • Was müsste ich tun, um Aufmerksamkeit zu entwickeln?
  • Wie könnte ich aufmerksam werden?
  • Lieber Gott, bitte zeige mir den Weg zu mehr Aufmerksamkeit.
  • Angenommen, ich will aufmerksam sein, wie würde ich das tun?
  • Angenommen, ich wäre aufmerksam, wie würde sich das bemerkbar machen?
  • Angenommen, ein Wunder würde geschehen, und ich hätte morgen Aufmerksamkeit kultiviert, was hätte sich geändert? Wie würde ich fühlen? Wie würde ich denken? Wie würde ich handeln? Als aufmerksamer Mensch, wie würde ich reagieren, mit anderen kommunizieren?

Vortragsmitschnitt zu Aufmerksamkeit - Audio zum Anhören

Hier kannst du einen Vortrag von Sukadev Bretz, Gründer von Yoga Vidya, anhören. Dieser Vortrag ist die Audio Version eines Videos zu Aufmerksamkeit, Teil des Yoga Vidya Multimedia Lexikons der Tugenden.

Mehr dazu

"Auf der Suche nach den christlichen Wurzeln der Achtsamkeit"; Über das Konzept der "Achtsamkeit" im Westen; fast 30 Min. mit Zitaten zu hören hr2-kultur | Camino - Religionen auf dem Weg: 22. Juli 2012

Siehe auch

Eigenschaften im Alphabet vor Aufmerksamkeit

Eigenschaften im Alphabet nach Aufmerksamkeit

Literatur

Weblinks

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