Pranagnihotra Upanishad: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Klassische Schriften des Yoga: Veden, Upanishaden, Smritis, Puranas und Itihasas'''
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Version vom 6. Oktober 2014, 12:13 Uhr

Die Pranagnihotra Upanishad (Sanskrit) behandelt das Feueropfer, welches dem Prana dargebracht wird bzw. das Opfer, welches im Pranafeuer gespendet wird. Die Pranagnihotra Upanishad ist ein Teil der indischen Heiligen Schriften, die Veda genannt werden. Sie gehört zum Atharvaveda und ist bei Deussen als reine Vedanta Upanishad aufgeführt.

Feuer und Verdauungsfeuer können für äußere und innere Opferrituale genutzt werden.

Pranagnihotra Upanishad mit Erläuterungen nach Paul Deussen

Artikel aus „Upanishaden. Die Geheimlehre des Veda“ in der Übersetzung von Paul Deussen, herausgegeben von Peter Michel, Marix Verlag, 2. Auflage, 2007, Wiesbaden, S. 739 - 746.

Einleitung

Der dieser Upanishad zugrunde liegende Gedanke des Prana-Agnihotram, "des dem Prana dargebrachten Feueropfers" (oder des im Pranafeuer dargebrachten Opfers) hat sich durch folgende Vorstufen entwickelt.

  • 1. Nachdem man die allbefassende Weltseele im eigenen Selbst wiedergefunden hatte, lag es nahe, die altvedischen Naturgötter im eigenen Leib verkörpert zu sehen, die Sonne als Auge, den Wind als Odem usw., wozu die älteren Upanishaden zahlreiche Beispiele bieten.
  • 2. Eine Konsequenz dieser Anschauung (vgl. schon Brih. 1,5,2, oben S. 401) war es, wenn man das den Göttern täglich darzubringende Agnihotram ersetzte durch eine in dem Verdauungsfeuer des eigenen Leibes (dem Feuer Vaisvanara, Brih. 5,9) darzubringende Spende, d. h. durch eine unter gewissen Zeremonien erfolgende Ernährung. Dieses dem Prana (Leben) dargebrachte Opfer wird, im Anschluß an die Lehre vom Atman Vaisvanara Chand. 5,11-18, geschildert Chand. 6,19-24; indem die Lebenshauche satt werden, werden zugleich die Sinnesorgane, die entsprechenden Götter und die zugehörigen Weltteile gesättigt. - An einer benachbarten Stelle Chand. 5,2,2 (Brih. 6,1,14) wird das vor und nach dem Essen gebotene Mundausspülen als eine Bekleidung des Prana allegorisch aufgefaßt.
  • 3. Eine Verknüpfung beider Vorstellungen, der Speisung und der Bekleidung des Prana, nebst einigen bei der Zeremonie anzuwendenden Sprüchen liegt vor Maitr. 8,9. Die dort zu Eingang sich findende Berufung auf die Weisen, welche dieses Opfer gepriesen haben, kann sich wohl nur auf Chand. 5 beziehen. Um den Vorgang dem gewöhnlichen Feueropfer noch ähnlicher zu machen, wird auch für die zweite, schweigend darzubringende, Spende desselben (vgl. oben S. 146) ein Analogon darin gefunden, daß man nach den fünf Spenden die übrige Mahlzeit Yatavag Asnati, schweigend verzehrt.
  • 4. Die Wiederholung dieses letzten Zuges sowie die Wiederkehr der (variierten) Verse Prano gnir und Visvo si in der Pranagnihotra Upanishad machen es wahrscheinlich, daß dieselbe nicht nur auf Chand. 5,19-24, sondern auch auf Maitr. 6,9 beruht und eine weitere Ausschmückung der dort vorgeschriebenen Zeremonie ist. Dort geben freilich die beiden Verse der Zeremonie vorher, während sie hier nach derselben folgen und vorher eine Dreiheit und Zweiheit von Versen zu rezitieren vorgeschrieben werden, welche sich in diesem Zusammenhang weder im Rigveda noch Atharvaveda vorfinden und somit eine andere Sammlung als diese beiden vorauszusetzen scheinen. Die dann folgende Preisung der Wasser bezieht sich ohne Zweifel auf das dem Essen vorhergehende Mundausspülen. Weiter folgen die fünf Spenden an die Pranas mit speziellen Vorschriften über die Anwendung bestimmter Finger, worauf die schweigende Spende erscheint, ausgesponnen zu fünf Spenden in den fünf Feuern des Leibes. Das Mundausspülen nach der Mahlzeit und die Erklärung der fünf erwähnten Leibesfeuer (in Kopf, Mund, Herz, Nabel, Unterleib) bildet den Inhalt des zweiten Teiles.

Wie der erste und zweite Teil auf Chand. 5 und Maitr. 6,9 beruhen, so enthalten der dritte und vierte Teil unserer Upanishad eine weitere Ausmalung der Chand. 3,17 und Mahanar. 64 (oben S. 113f., 259f.) vorkommenden Idee, den Menschen als Opfer allegorisch zu deuten. Mit den beiden ersten Teilen stimmt dies wenig zusammen; dort empfangen die fünf Pranas die Spenden, hier sind sie die Opferpriester. Auch hat der ursprünglich schöne und sinnige Gedanke (vgl. oben S. 113) durch die Ausdeutung im kleinen nicht eben gewonnen. - Bemerkenswert ist, daß Shankara ad Brahmas. 3,3,24 (meine Übersetzung S. 582f.), wo er die Stellen Chand. 3,16-17 und Taitt. Ar. 10,64 bespricht, unsere Upanishad nicht erwähnt, sei es, daß er dieselbe nicht kennt oder nicht anerkennt.

Die Pranagnihotra Upanishad

I.

Nunmehr also laßt uns das den Kern aller Upanishaden bildende, zur Erkenntnis über den Samsara verhelfende, [im Veda, Chand. 5,19-24) studierte, die Nahrung als Maßgebendes habende, in dem eigenen Leib dargebrachte Opfer erklären.

In diesem gegenwärtigen Menschenleib ist auch ohne Agnihotram und ohne Samkhyam und Yoga eine Erlösung vom Samsara möglich. In dieser Überzeugung setzt einer, je nach der für ihn geltenden Vorschrift, die Speise auf dem Boden nieder und bespricht sie mit den drei Versen: "Die Kräuter, die im Reich Somas" usw. und mit den zwei Versen: "0 Speiseherr" usw.

Apfel-essen-nahrung.jpg
Die Kräuter, die im Reich Somas
Viel, hundertfach verschiedner Art,
Die einst Brihaspati zeugte,
Die sollen schützen uns vor Angst![1]
Die fruchtbringenden, fruchtlosen,
Nichtblühenden und blühenden,
Die einst Brihaspati zeugte,
Die sollen schützen uns vor Angst.[2]
Als neubelebend lege ich
Dir auf[3] das Kraut Nagharisha;
Das bring dir frische Lebenskraft[4]
Und scheuche weg die Kobolde!
O Speiseherr, verleihe uns
Gesunde Speise, kräftige,
Den Spender fördre fort und fort,
Gib Kraft uns, den Zweifüßern und Vierfüßigen.
So oft ich Unverdauliches genieße,
Von Rudras Vorgeschmecktes, von Pisacas,
Stets möge es der Herr gefahrlos machen
Und heilbringend, dem Herrn, Svaha!
Den Wesen innerhalb weilst du
Im Herzraume und allerwärts,
du bist das Opfer, bist Brahma, bist Rudra, bist Visnu, bist der Vashat-Ruf.

Wasser, Licht, Essenz, Unsterbliches, Brahman, Bhur, Bhuvah, Svar, Om, Verehrung![5]

Durch Wasser sei rein die Erde.
Gereinigt, mache sie mich rein!
Durch Brahmanaspati, Brahman
Gereinigt, mache sie mich rein!
Was mir anklebt, was nicht eßbar,
Was ich beging an Übeltat,
Von allem wasche rein Wasser,
Auch von Gaben der Bösen, mich!

O Wasser, Amritam (Ambrosia, Nektar) bist du, des Amritam Bett bist du (Taitt. Ar. 10,32), und Amritam opfere ich in dem Prana! In uns, o Pflegling, bist du genährt![6]

Dem Prana, dem vorzüglichsten, Svaha! - Dem Apana Svaha! - Dem Vyana Svaha! - Dem Samana Svaha! - Dem Udana Svaha!

Bei diesen Worten opfert er (lies Juhoti) mit dem kleinen Finger und dem Daumen dem Prana, mit dem namenlosen [Ring-] Finger dem Apana, mit dem Mittelfinger dem Vyana, mit dem Zeigefinger dem Samana, mit allen Fingern dem Udana.

Dann bringt er schweigend eine Spende dem Ekarshi [der Sonne] dar, zwei dem Ahavaniya [im Mund], eine dem Daksina-Feuer [im Herzen], eine dem Garhapatya [im Nabel], eine dem Allsühnefeuer [unterhalb des Nabels].

II.

Dann spricht er [zu dem Wasser]: "Du bist die Decke! Zur Unsterblichkeit decke ich dich darüber!" und spült damit den Mund aus, nimmt nochmals davon und spült nochmals aus. Dann nimmt er Wasser mit der linken Hand (lies: Savye panau apo grihitva), faßt damit an das Herz und murmelt:

Das Hauchfeuer, von fünf Winden
Umringt, der höchste Atman ist,
Der allen Wesen gibt Frieden!
Nicht werde ich geboren mehr!
Alles bist du, allmenschlich, allgestaltig,
Du trägst das Weltall, das aus dir geboren,

in dich mögen eingehen (lies: Visantu) alle Opferspenden, da wo du Brahman, unsterblich in allen, bist.

Groß ist und Labung jener Geist,
Der auf des Daumens Spitze weilt;
Ihn will mit Wasser ich netzen,
Er bring an Fingerendstätte Unsterblichkeit.[7]

Diesen Atman möge man meditieren und denken: "Ihm bringe ich ein Feueropfer". Denn er ist ein Sohn (Pflegling) aller. So bringt er, um das Opfer in Umlauf zu setzen, die Spenden[8] in dem eigenen Leib dar, indem er denkt: dadurch setze ich das Opfer in Umlauf.

Vier Feuer [und das Allsühnefeuer als fünftes, waren oben, am Ende des ersten Teiles, erwähnt worden]; welches sind deren Namen?

Die Sonne als Feuer, in Gestalt der Sonnenscheibe, von tausend Strahlen umgeben, befindet sich als Ekarshi im Haupt, weil es von ihm gesagt wird (etwa Maitr. 6,8).

Das Sehensfeuer (vgl. Garbha 3, oben S. 610; oder etwa: Dasanagnir das Zähnefeuer?) befindet sich als das viereckige Ahavaniyafeuer im Mund.

Das Leibesfeuer, die Verdauung befördernd, bewältigt die Opferspeise[9] und befindet sich als das halbmondförmige Daksinafeuer im Herzen.

Dann kommt das Eingeweidefeuer. Dieses sogenannte Eingeweidefeuer, welches das Gegessene, Getrunkene, Geleckte und Gekaute vollständig garkocht (lies: Srapayitva) befindet sich als das [runde] Garhapatyafeuer im Nabel.

Das Allsühnefeuer endlich ist unterhalb desselben, (hat die drei Hauptadern Ida, Pingala, Sushumna) als drei Frauen und bewirkt mittels des [durch sie zugeführten] Mondglanzes die Zeugung.[10]

III.

Bei diesem, im Leib dargebrachten, mit Opferpfosten und Opferseilen geschmückten Opfer, wer ist da der Veranstalter des Opfers? - wer seine Gattin? - wer sind die Ritvij? - wer der Adhvaryu? - wer der Hotar? - wer der Brahmanacchansin (Gehilfe des Brahmanpriesters)? - wer der Pratiprasthatar (Gehilfe des Adhvaryu)? - wer der Prastotar (Gehilfe des Udgatar)? - wer der Maitravaruna (Gehilfe des Hotar)? - wer der Udgatar? - wer die Festgenossen? - welches die Opfergeräte? - welches die Opferspeisen? - welches das Opferbett? - welches der nördliche Feuerherd? - welches die Ida (Milchspende)? - welches die Soma-Kufe? - welches der Wagen? - welches das Opfertier? - welches der Dharapotar (Stromläuterer)? - welches die Grasbüschel? - welches der Sruva -Löffel? - welches der Schmalztopf? - welches die beiden Fettsprengungen? - welches die beiden Opferschmalzteile (für Agni und Soma)? - welches die Voropfer? - welches die Nachopfer? - welches die Hymnenrezitation? - welches die Samyor-Formel? - welches die Ahimsa (Nichtschädigung des Yajamana durch falsch angewandte Sprüche, Ait. Br. 1,30,11)? - welches die Patnisamyajas (an die Gattinnen der Götter mit gerichtete Spenden)? - welches der Opferpfosten? - welches die Opferseile? - welches die Darbringungen (Ishti)? - welches der Opferlohn? - welches das Schlußbad?

IV.

Bei diesem, im Leib dargebrachten, mit Opferpfosten und Opferseilen geschmückten Opfer ist der Atman der Veranstalter des Opfers; - die Buddhi seine Gattin; - die Veden die Haupt-Ritvij; - der Prana der Brahmanacchansin; - der Apana der Pratiprasthatar; - der Vyana der Prastotar; - der Samana der Maitravaruna; - der Udana der Udgatar; - der Ahamkara der Adhvaryu; - das Denken der Hotar; - der Leib das Opferbett; - die Nase der nördliche Feuerherd; - der Kopf die Soma-Kufe; - die rechte Hand der Sruva-Löffel; - die linke Hand der Schmalztopf; - die Ohren die beiden Fettsprengungen; - die Augen die beiden Opferschmalzteile: - der Hals der Dharapotar: - die Elementreinstoffe (Tanmatra) die Festgenossen; - die groben Elemente die Voropfer: - die Elemente die Nachopfer; - die Zunge die Ida; - Zähne und Lippen die Hymnenrezitation; - der Gaumen die Samyor-Formel; - Erinnerung, Mitleid, Geduld und Nichtschädigung (Ahimsa) sind die [vier] Patnisamyajas[11]; - der Om-Laut der Opferpfosten; - die Hoffnung die Opferseile; - das Manas der Wagen; - die Begierde das Opfertier; - die Haare die Grasbüschel; - die Erkenntnisorgane die Opfergeräte: - die Tatorgane die Opferspeisen; - die Nichtschädigung (Ahimsa) die Darbringungen; - die Entsagung der Opferlohn; - das Schlußbad erfolgt durch den Tod.

Sind ja doch alle Gottheiten
In dem Leib beschlossen hier!
Wer in Benares hinscheidet[12]
Oder liest diese heil'ge Schrift,
Dem Menschen wird auch nach diesem
Einen Leben Erlösung schon,
— einen Leben Erlösung schon.

Fußnoten

  1. Atharvav. 6,96,1. Der erste Halbvers auch Rigv. 10,97,18.
  2. Rigv.10,97,15
  3. Lies: A te badhnami.
  4. Mit dem Telugudruck: ya ta ayur upaharat.
  5. Diesem Spruch, dessen erster Teil das Siras (der Gayatri) genannt wird, begegneten wir bereits Maitr. 6,35 (S. 359); vgl. Amritabindu 10, Anm.
  6. Ama, Sishya, Anto si. Die von dem Schol. gegebene Erklärung dieser mysteriösen Worte scheint uns äußerst zweifelhaft.
  7. So sya ante amritaya yonau; schon die überzählige Silbe zeigt an, daß die Stelle verderbt ist.
  8. Lies: Atha yajnaparivrittaye ahutir homayati.
  9. Es wird mit dem Telugudrucke Havir ava skandati zu lesen sein. Die Lesart der übrigen Texte ist wohl unmöglich.
  10. "Dieses Feuer ist dasjenige, welches mittels des (von der an der Stirn befindlichen Mondscheibe durch die Adern als Same herabfließenden) Mondlichtes die Zeugung bewirkt. Nämlich die Wurzel des Zeugungsgliedes befindet sich mitten in dem Feuertopf; durch dasselbe wird der in den Feuertopf fallende Same, nachdem er durch den Prana in die Höhe bezogen, mittels der Spitze des Gliedes in den Uterus geleitet und so zur Nachkommenschaft. Darum heißt es, daß der Leib aus Agni und Soma (Feuer und Mond) besteht" (Narayana).
  11. Hiernach würde freilich die Ahimsa in der Antwort zweimal vorkommen, während die Frage nach der Ahimsa unerledigt bliebe.
  12. Als ich mich in Benares darüber wunderte, daß so viele alte Leute oft unter großen Opfern und Beschwerden nach Benares reisen, um dort ihr Leben zu beschließen, erklärte mir Pandit Priyanatha, dies geschehe, weil, wer in Benares sterbe, dadurch die Erlösung erlange. — "Wie könnt Ihr, ein Gelehrter, solchem Aberglauben anhängen!" rief ich aus; "Ihr wißt so gut wie ich, daß nach dem Vedanta, wer das Wissen erlangt hat, zur Erlösung eingeht, wo er auch sterben mag, und daß ohne Wissen keine Erlösung möglich ist, und stürbe man selbst in Benares!" — "Wohl wahr", erwiderte er im Ton der festen Überzeugung, "aber es ist eben eine besondere Gnadengabe des Siva, daß allen denen, die in Benares sterben, im Augenblicke des Sterbens das erlösende Wissen zuteil wird."

Siehe auch

Literatur

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