Behutsamkeit
Behutsamkeit ist die Fähigkeit, mit Einfühlungsvermögen und Sanftheit zu handeln. Behutsamkeit bedeutet, andere Menschen mit Respekt zu behandeln. Im Umgang mit sensibleren Menschen wie auch mit Menschen in Trauer oder in Lebenskrisen ist oft große Behutsamkeit gefragt. Manchmal ist auch Direktheit hilfreich - oft ist aber Behutsamkeit der bessere Ratgeber.
Behutsamkeit - eine Tugend. Was ist Behutsamkeit? Woher stammt das Wort? Wozu ist Behutsamkeit gut? Was sind ihre Grenzen? Wie kann man sie kultivieren? Was ist das Gegenteil von Behutsamkeit? Mit vielen praktischen Tipps, Videos und Anleitungen.
Behutsamkeit als hilfreiche Tugend
Aus einem Vortrag von Sukadev Bretz
Behutsamkeit ist eine Tugend, eine Eigenschaft, eine Fähigkeit, die vielleicht etwas aus der Mode gekommen ist. In einer Zeit, wo man sich darstellen will und wo man sich durchsetzen muss, wo man nach Aufmerksamkeit strebt, wird über Behutsamkeit nicht so häufig gesprochen. Nichtsdestotrotz, Behutsamkeit ist eine wichtige Fähigkeit, die man auch einsetzen kann und sollte. Behutsamkeit ist oft etwas, was man üben kann oder was man anwenden kann, z.B. gegenüber Menschen, die etwas subtiler sind. Es gibt manche Menschen, die reagieren scheu wie Rehe, wenn man wie ein Tollpatsch auf sie zukommt, dann ziehen sie sich zurück. Mit manchen Menschen muss man sehr behutsam umgehen und man kann Einfühlungsvermögen üben und sich in langsameren Bewegungen bewegen. Behutsamkeit kann eben heißen, dass man etwas ruhiger spricht, dass man etwas sanfter spricht, dass man ruhigere Bewegungen macht.
Behutsamkeit braucht es manchmal auch bei Kindern, insbesondere vielleicht bei Kindern, die man zunächst mal nicht so genau kennt, bei schüchternen Kindern. Bei introvertierten Menschen, da ist Behutsamkeit gut, dass sie aus ihrem Schneckenhaus herauskommen können. Du kannst überlegen, gibt es bestimmte Menschen, mit denen es dir schwerfällt, einen Kontakt aufzubauen. Vielleicht ist das deshalb so, weil du etwas mehr Behutsamkeit üben kannst. Es gibt Menschen, die ziehen sich schnell zurück. Manchmal wenn du sagst, irgendjemand ist herzlos, gerade wenn du ein extravertierter Mensch bist, der etwas lauter ist oder voller Enthusiasmus, dann kann es sein, dass es jemanden gibt, mit dem du nicht so gut zurechtkommst. Dann wäre es gut, etwas mehr Behutsamkeit zu üben, vielleicht etwas ruhiger und sanfter zu sein.
Behutsamkeit kann natürlich auch hilfreich sein in manchen beruflichen Kontexten. Manchmal gilt, mit dem Computer etwas behutsamer umzugehen, und natürlich noch häufiger, auch wenn du die ersten Schritte in eine bestimmte Richtung machen willst, da ist oft gut, erstmal behutsam zu sein. Das Wort "Behutsamkeit" kommt ja auch von "behütet sein". Also, Behutsamkeit heißt, sanft zu sein, sich behütet zu fühlen und anderen das Gefühl zu geben, dass man sie behütet. Aus diesem Gefühl des Behütetseins kommt Behutsamkeit. Und so kannst du selbst überlegen, fühlst du dich selbst behütet? Vielleicht bist du auch zu behutsam, weil du irgendwo dich nicht so behütet fühlst. Wie könntest du dich behütet fühlen? Ich bin natürlich ein Mensch, dem Spiritualität wichtig ist. Für mich ist der Weg, mich behütet zu fühlen, indem ich mich an Gott wende, über Gebet, über Hingabe, indem ich mit Gott spreche oder auch mit meinem Meister Swami Sivananda, der schon seit über fünfzig Jahren nicht mehr in seinem physischen Körper ist, aber ich fühle seine Nähe. So fühle ich mich behütet. Weil ich mich behütet fühle, fällt es mir auch leichter, eine gewisse Behutsamkeit an den Tag zu legen, weil ich daraus eine Sicherheit habe. Und umgekehrt, Behutsamkeit im Umgang mit anderen Menschen kann auch heißen, wie kannst du so mit anderen Menschen umgehen, dass sie sich von dir behütet fühlen, dass sie keine Angst vor dir zu haben brauchen, dass sie loslassen können. Also, das ist eine Überlegung, im Umgang mit anderen Menschen, wie kannst du so mit ihnen umgehen, dass sie sich von dir behütet fühlen, dass sie zu dir Vertrauen haben, dass sie eine innere Ruhe haben können, dass sie loslassen können. All das gehört zu Behutsamkeit. So kannst du gerade überlegen, bei Menschen, die etwas schüchterner sind, die etwas sensibler sind, die etwas introvertierter sind, wie kannst du etwas behutsamer vorgehen und wie kannst du so umgehen, dass sie sich von dir behütet fühlen und dass sie Vertrauen zu dir haben.
Behutsamkeit und andere Tugenden
In diesem Yoga Wiki werden über 1000 Tugenden und geistigen Eigenschaften beschrieben. Hier einige Erläuterungen, wie man die Eigenschaft der Behutsamkeit in Beziehung zu anderen Tugenden und geistigen Eigenschaften sowie in Bezug auf Laster sehen kann:
Ähnliche Eigenschaften wie Behutsamkeit
Ähnliche Eigenschaften wie Behutsamkeit, also Synonyme zu Behutsamkeit sind z.B. Vorsicht, Vergebung, Feingefühl, Einfühlungsvermögen, Rücksichtnahme.
Ausgleichende Eigenschaften
Jede Eigenschaft, jede Tugend, die übertrieben wird, wird zu einer Untugend, zu einem Laster, einer nicht hilfreichen Eigenschaft. Behutsamkeit übertrieben kann ausarten z.B. in Weichheit, Schonung, Unehrlichkeit, Gehemmtheit. Daher braucht Behutsamkeit als Gegenpol die Kultivierung von Spontanität, Ehrlichkeit, Authentizität, Gerechtigkeitsinn.
Gegenteil von Behutsamkeit
Zu jeder Eigenschaft gibt es ein Gegenteil. Hier Möglichkeiten für Gegenteil von Behutsamkeit, Antonym zu Behutsamkeit:
- Positive Gegenteile von Behutsamkeit, man könnte diese auch als Gegenpole bezeichnen: Spontanität, Ehrlichkeit, Authentizität, Gerechtigkeitsinn
- Negative Gegenteile von Behutsamkeit, also Laster, negative Eigenschaften, sind z.B. Rücksichtslosigkeit, Grobheit, Hemmungslosigkeit, Skrupellosigkeit, Herzlosigkeit
Behutsamkeit im Kontext von Tugendengruppen, Persönlichkeitsfaktoren und Temperamenten
- Behutsamkeit gehört zur Tugendgruppe 3 Liebe, Zuneigung, Hilfsbereitschaft, Einfühlungsvermögen, Großzügigkeit. Die wichtigsten Tugenden dieser Tugendgruppe sind Liebe und Empathie
- Im Kontext des Persönlickeitsmodell der Big Five gehört Behutsamkeit zum Persönlichkeitsfaktor E0 Extraversion niedrig: zurückhaltend, reserviert, introvertiert, auch O0 Offenheit niedrig: vorsichtig, bedachtsam, konservativ, auch C1 Gewissenhaftigkeit hoch: effektiv, organisiert, verlässlich, auch A1 Verträglichkeit hoch: kooperativ, liebevoll, freundlich, mitfühlend
- Im Persönlichkeitsmodell DISG gehört Behutsamkeit zur Grundverhaltenstendenz S - Stetigkeit, Mitgefühl, Teamfähigkeit
- Im Ayurveda zählt man Behutsamkeit zum Kapha Temperament bzw. Dosha
Entwicklung von Behutsamkeit
Behutsamkeit kann man sehen als Tugend, als eine positive Eigenschaft. Vielleicht willst du ja Behutsamkeit in dir stärker werden lassen. Hierzu einige Tipps:
- Nimm dir vor, eine Woche lang diese Eigenschaft der Behutsamkeit zu kultivieren. Du kannst nicht mehrere Tugenden auf einmal entwickeln. Aber es ist möglich, jede Woche eine Tugend, eine Eigenschaft, wachsen zu lassen.
- Triff den Entschluss: "Während der nächsten Woche will ich die Tugend, die Eigenschaft, Behutsamkeit kultivieren, wachsen lassen, stärker werden lassen. Ich freue mich darauf, in einer Woche ein behutsamerer Mensch zu sein."
- Nimm dir vor, jeden Tag mindestens eine Handlung auszuführen, die Behutsamkeit ausdrückt. Mache jeden Tag etwas, was du sonst nicht tun würdest, was aber diese Tugend zum Ausdruck bringt
- Wenn du morgens aufwachst, dann sage eine Affirmation, z.B.: "Ich entwickle Behutsamkeit". Mehr Möglichkeiten zu Affirmationen findest du weiter unten
- Am Tag wiederhole immer wieder eine solche Affirmation: "Ich bin behutsam".
Klassische Autosuggestion für Behutsamkeit
Hier die klassische Autosuggestion:
- Ich bin behutsam
Im Yoga verbindet man das gerne mit einem Mantra. Denn ein Mantra lässt die Affirmation stärker werden:
Entwicklungsbezogene Affirmation für Behutsamkeit
Manche Menschen fühlen sich als Scheinheiliger oder als Heuchler, wenn sie sagen "Ich bin behutsam" - und sie sind es gar nicht. Dann hilft eine entwicklungsbezogene Affirmation:
- Ich entwickle Behutsamkeit
- Jeden Tag werde ich behutsamer
- Durch die Gnade Gottes entwickle ich jeden Tag mehr Behutsamkeit
- Ich danke dafür, dass ich jeden Tag behutsamer werde
Wunderaffirmationen Behutsamkeit
Du kannst es auch mit folgenden Affirmationen probieren, die Sukadev Volker Bretz als Wunderaffirmationen bezeichnet:
- Bis jetzt bin ich noch nicht sehr behutsam. Und das ist auch ganz verständlich, ich habe gute Gründe dafür. Aber schon bald werde ich Behutsamkeit entwickeln. Jeden Tag wird diese Tugend in mir stärker werden.
- Ich freue mich darauf, bald sehr behutsam zu sein.
Gebet für Behutsamkeit
Auch ein Gebet ist ein machtvolles Mittel, um eine Tugend zu kultivieren. Hier ein paar Möglichkeiten für Gebete für mehr Behutsamkeit:
- Lieber Gott, bitte gib mir mehr Behutsamkeit
- Oh Gott, ich verehre dich. Ich bitte dich darum, dass ich ein behutsamer Mensch werde
- Liebe Göttliche Mutter, ich danke dir. Ich danke dir dafür, dass ich jeden Tag die Tugend Behutsamkeit mehr und mehr zum Ausdruck bringe
Was müsste ich tun, um Behutsamkeit zu entwickeln?
Du kannst dich auch fragen:
- Angenommen, ich will behutsam sein, wie würde ich das tun?
- Angenommen, ich wäre behutsam, wie würde sich das bemerkbar machen?
- Angenommen, ein Wunder würde geschehen, und ich hätte morgen Behutsamkeit kultiviert, was hätte sich geändert? Wie würde ich fühlen? Wie würde ich denken? Wie würde ich handeln? Als behutsamer Mensch, wie würde ich reagieren, mit anderen kommunizieren?
Vortragsmitschnitt zu Behutsamkeit - Audio zum Anhören
Hier kannst du einen Vortrag von Sukadev Bretz, Gründer von Yoga Vidya, anhören. Dieser Vortrag ist die Audio Version eines Videos zu Behutsamkeit, Teil des Yoga Vidya Multimedia Lexikons der Tugenden.
Weitere Infos
Eigenschaften im Alphabet vor Behutsamkeit
Eigenschaften im Alphabet nach Behutsamkeit
Seminare
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