Sanskrit Kurs Lektion 105: Unterschied zwischen den Versionen

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*Der Ablativ ([[Panchami]]) '''mūrdhnaḥ''' bezeichnet den (räumlichen) Ausgangspunkt der Handlung ([[Apadana]]).
*Der Ablativ ([[Panchami]]) '''mūrdhnaḥ''' bezeichnet den (räumlichen) Ausgangspunkt der Handlung ([[Apadana]]).


*Das [[Tatpurusha]]-[[Samasa|Kompositum]] '''ṣoḍaśa-pattra-padma-galitam''' bezieht sich als [[Sanskrit Adjektiv|Adjektiv]] auf das Kompositum '''utkallola-kalā-jalam''' und steht daher ebenfalls im Akkusativ Singular Neutrum. Es bedeutet wörtlich "sechzehn-Blatt-Lotus-gefallen", wobei sich aus dem Kontext die Bedeutung des [[Lokativ]]s ergibt: "'''in den''' sechzehn-blättrigen Lotus gefallen ([[Galita]])".
*Das [[Tatpurusha]]-[[Samasa|Kompositum]] '''ṣoḍaśa-pattra-padma-galitam''' bezieht sich als [[Sanskrit Adjektiv|Adjektiv]] auf das Kompositum '''utkallola-kalā-jalam''' und steht daher ebenfalls im Akkusativ Singular Neutrum. Es bedeutet wörtlich "sechzehn-Blatt-Lotus-gefallen", wobei sich aus dem Kontext die Bedeutung des [[Lokativ]]s ergibt: "'''in den''' sechzehn-blättrigen Lotus gefallen ([[Galita]])". Das [[Partizip Präteritum Passiv]] '''galita''' gehört zur Wurzel [[gal]] "herabträufeln, herabfallen".


*Die Ablative '''prāṇāt''' und '''haṭhāt''' bezeichnen Vorraussetzungen bzw. Ursachen der durch das [[PPP]] '''avāptam''' ausgedrückten Handlung.
*Die Ablative '''prāṇāt''' und '''haṭhāt''' bezeichnen Vorraussetzungen bzw. Ursachen der durch das [[PPP]] '''avāptam''' ausgedrückten Handlung.

Version vom 4. Januar 2020, 14:16 Uhr

Dieser Sanskrit Kurs führt anhand einfacher Beispielsätze und -verse in die Grammatik des Sanskrit ein. Einen ausführlichen Überblick über das Sanskrit findest Du im Artikel Sanskrit. Hinweise zur indischen Schrift, der wissenschaftlichen Umschrift (Transliteration) sowie der korrekten Aussprache gibt der Artikel Devanagari. Stichwörter, nach denen Du in der Yoga Vidya Wiki suchen kannst, sind in vereinfachter Schreibweise (Transkription) wiedergegeben.

Die Wohllautregeln des Sandhi (5): Anusvara

In der Lektion 101 haben wir begonnen, die Regeln des Sandhi etwas systematischer zu betrachten. Diese behandeln alle lautlichen Veränderungen, die beim Aufeinandertreffen von Wörtern (Shabda) oder Wortbestandteilen mit den beteiligten Lauten (Varna) nach genau beschriebenen Gesetzmäßigkeiten vor sich gehen. In dieser Lektion betrachten wir hinsichtlich der Regeln für das Zusammentreffen zweier Konsonanten den Sonderfall des Anusvara.

Überblick

Beim Aufeinandertreffen von Wörtern oder Wortbestandteilen gibt es grundsätzlich vier mögliche Fälle. Es treffen aufeinander:

  1. ein Vokal (Selbstlaut, Svara) und ein Konsonant (Mitlaut, Vyanjana) (V + K, s. Lektion 101)
  2. ein Konsonant und ein Vokal (K + V, s. Lektion 101)
  3. zwei Vokale (V + V, s. Lektion 102)
  4. zwei Konsonanten (K + K, s. Lektion 103)
  5. Anusvara (s. Lektion 104)

Anusvara

In Lektion 104 haben wir den Anusvara () als einen Sonderfall der Verbindung von End- und Anfangskonsonanten betrachtet, insofern seine Aussprache je nach seiner Stellung im Satz (Vakya) variiert.

Steht ein m am Wortende, und das nachfolgende Wort beginnt mit einem Konsonanten, so geht m in Anusvara über. Anusvara kann dann vereinfachend als m ausgesprochen werden. In der klassischen Rezitationsweise wird Anusvara jedoch entsprechend dem folgenden Konsonanten als der jeweilige Klassennasal artikuliert.

Beispielvers aus der Hatha Yoga Pradipika

Die gesamte Hatha Yoga Pradipika besteht aus Versen, deren häufigstes Versmaß (Chhandas) der Shloka (Anushtubh) ist. Hier folgt ein im Versmaß Shardulavikridita abgefasster Vers aus dem dritten Kapitel (Upadesha), das der Praxis der Mudras und Bandhas gewidmet ist. Der 51. Vers steht im Kontext von Khechari Mudra. In diesem Vers erscheint Anusvara neun mal, wobei sich je nach Folgekonsonant insgesamt drei verschiedene Aussprachevarianten ergeben.


मूर्ध्नः षोडशपत्रपद्मगलितं प्राणादवाप्तं हठा-
दूर्ध्वास्यो रसनां नियम्य विवरे शक्तिं परां चिन्तयन् |
उत्कल्लोलकलाजलं च विमलं धारामयं यः पिबे-
न्निर्व्याधिः स मृणालकोमलवपुर्योगी चिरं जीवति || ३.५१ ||


  • wissenschaftliche Transliteration:
mūrdhnaḥ ṣoḍaśa-pattra-padma-galitaṃ prāṇād avāptaṃ haṭhād
ūrdhvāsyo rasanāṃ niyamya vivare śaktiṃ parāṃ cintayan |
utkallola-kalā-jalaṃ ca vimalaṃ dhārā-mayaṃ yaḥ piben
nir-vyādhiḥ sa mṛṇāla-komala-vapur yogī ciraṃ jīvati || 3.51 ||


  • vereinfachte Transkription:
murdhnah shodasha-pattra-padma-galitam pranad avaptam hathad
urdhvasyo rasanam niyamya vivare shaktim param chintayan |
utkallola-kala-jalam cha vimalam dhara-mayam yah piben
nirvyadhih sa mrinala-komala-vapur yogi chiram jivati || 3.51 ||


  • Wort-für-Wort-Übersetzung:
mūrdhnaḥ : (das) vom Kopf (Murdhan, Abl. Sg. m.)
ṣoḍaśa-pattra-padma-galitam : in den sechzehn-blättrigen (ShodashaPattra) Lotus (Padma, das Kehl- bzw. Vishuddhi Chakra) tröpfelnde (Galita, Akk. Sg. n.)
prāṇāt : durch den (gezügelten) Lebenshauch (Prana, Abl. Sg. m.)
avāptam : erlangte (Avapta, Akk. Sg. n.)
haṭhāt : aufgrund der Hatha(-Yogapraxis, Abl. Sg. m.)
ūrdhvāsyaḥ : mit dem Gesicht (Asya, Nom. Sg. m.) nach oben (gewandt, Urdhva)
rasanām : die Zunge (Rasana, Akk. Sg. f.)
niyamya : legend ("festhaltend", ni + yam, Absolutivum)
vivare : in die Höhlung (Vivara des Gaumens, Lok. Sg. n.)
śaktim : Energie ("Kraft" Shakti, d.h. Kundalini, Akk. Sg. f.)
parām : über die höchste (Para, Akk. Sg. f.)
cintayan : meditierend (cint, Partizip Präsens, Nom. Sg. m.)
utkallola-kalā-jalam : das aufwallende ("mit hochgehenden Wogen", Utkallola) Nass ("Wasser", Jala, Akk. Sg. n.) des (Mond-)Nektars ("Sechzehntels", Kala)
ca : und (Cha, Partikel)
vimalam : (das) reine (Vimala, Akk. Sg. n.)
dhārā-mayam : strömende ("aus einem Strom bestehende", DharaMaya, Akk. Sg. n.)
yaḥ : wer, welcher (Yad, Nom. Sg. m.)
pibet : trinkt (, Verb)
nir-vyādhiḥ : frei von Krankheit (Nirvyadhi, Nom. Sg. m.)
saḥ : ein solcher (Tad, Nom. Sg. m.)
mṛṇāla-komala-vapus : mit einem Körper (Vapus, Nom. Sg. m.) weich, zart (Komala) wie die Wurzel einer Lotuspflanze (Mrinala)
yogī : Yogi (Yogin, Nom. Sg. m.)
ciram : lang (Chira, adv.)
jīvati : lebt (jīv, Verb)


  • Übersetzung:
Ein Yogi, der mit nach oben gewandtem Gesicht (d.h. in Viparita Karani), in dem er die Zunge in die Höhlung (des Gaumens) legt und über die höchste Energie (d.h. die Kundalini) meditiert, und das infolge der Hatha-Yogapraxis aufgrund des (gezügelten) Lebenshauches erlangte, vom Kopf in den sechzehn-blättrigen Lotus (d.h. das Kehl- bzw. Vishuddhi Chakra) tröpfelnde, reine, strömende, aufwallende Nass des (Mond-)Nektars trinkt, der hat einen Körper weich und zart wie die Wurzel einer Lotuspflanze, ist von Krankheit frei und lebt lang.


Erläuterungen

  • Syntax (Anvaya): Dieser Vers besteht aus einem einzigen Satz (Vakya), der in einen Hauptsatz und einen Relativsatz zerfällt. Letzterer (Yad-Satz in Pada a-c) wird durch das Relativpronomen yaḥ ("welcher" Yad) eingeleitet. Der Hauptsatz (Tad-Satz in Pada d) ist durch das Demonstrativpronomen saḥ ("dieser, der" Tad) gekennzeichnet. Die Korrelativpronomen yaḥ (Yad) und saḥ (Tad) beziehen sich auf ein und dasselbe logische Subjekt, den Yogi: yaḥ ..., saḥ yogī ...
  • Der Ablativ (Panchami) mūrdhnaḥ bezeichnet den (räumlichen) Ausgangspunkt der Handlung (Apadana).
  • Das Tatpurusha-Kompositum ṣoḍaśa-pattra-padma-galitam bezieht sich als Adjektiv auf das Kompositum utkallola-kalā-jalam und steht daher ebenfalls im Akkusativ Singular Neutrum. Es bedeutet wörtlich "sechzehn-Blatt-Lotus-gefallen", wobei sich aus dem Kontext die Bedeutung des Lokativs ergibt: "in den sechzehn-blättrigen Lotus gefallen (Galita)". Das Partizip Präteritum Passiv galita gehört zur Wurzel gal "herabträufeln, herabfallen".
  • Die Ablative prāṇāt und haṭhāt bezeichnen Vorraussetzungen bzw. Ursachen der durch das PPP avāptam ausgedrückten Handlung.

Fragen und Feedback

Für Fragen und Feedback zum Sanskrit Kurs wendet Euch gerne an Dr. phil. Oliver Hahn. Er ist Indologe und Autor für Yoga Wiki, Seminarleiter, Yogalehrer, Übersetzer und Lektor.

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