Hatha Yoga Schriften
Hatha Yoga Schriften Die vier wichtigsten Hatha Yoga Schriften sind: • Hatha Yoga Pradipika, • Shiva Samhita, • Goraksha Shataka, • Gheranda Samhita. Diese Hatha Yoga Texte wurden vermutlich zwischen dem 14. und 18. Jahrhundert nach Christus verfasst. Die älteste bekannte Hatha Yoga Schrift, Amrita Siddhi, stammt vermutlich aus dem 11. Jhdt. n.Chr.
Inhalte der vier wichtigsten Hatha Yoga Schriften
1.) Hatha Yoga Pradipika
„Die Leuchte (Pradipika) auf Hatha Yoga“ ist sicherlich die wichtigste Hatha Yoga Schrift. Sie wurde von einem Yogi namens Svatmarama geschrieben, der die Weisheit des Hatha Yoga in vier Kapiteln beschreibt:
- 1. Kapitel:
- Yamas und Niyamas
- Grundlagen des Yoga
- sowie die Asanas (Yogastellungen)
- 2. Kapitel
- Theorie des Pranas (Lebensenergie)
- Pranayama (Atemübungen)
- 3. Kapitel
- 4. Kapitel
- Hatha Yoga Meditationstechniken
- Wie kommt man aus Khechari Mudra und Shambhavi Mudra zur Meditation?
- Wie kommt man über die Anahata Nada Meditation zur Befreiung?
2.) Shiva Samhita Die „Abhandlung von Shiva“ ist ein Dialog zwischen Shiva und Parvati. Shiva erläutert darin den Hatha Yoga. Shiva Samhita als Hatha Yoga Schrift ist auch eine Vedanta Schrift. Eine Menge der Verse der Shiva Samhita sind aus den Upanishaden entnommen, zum Beispiel "Katha Upanishad". Oft sind es Anspielungen auf Werke von Shankaracharya. Shiva Samhita ist also die Verbindung von Vedanta mit Hatha Yoga. Es ist eine höchst faszinierende Schrift, wo natürlich auch Asanas, Pranayama, Mudras, Bandhas, Kriyas und so weiter beschrieben werden.
3.) Gheranda Samhita Dies ist die ausführlichste der Hatha Yoga Schriften, in welcher die Hatha Yoga Übungen besonders ausführlich beschrieben werden. Gheranda Samhita ist eine Schrift, die dem Yogi Gheranda zugeschrieben wird. Über ihn ist nicht allzu viel bekannt. Er beschreibt Hatha Yoga als „Gatha Yoga (Topfyoga)“. Der menschliche Körper wird wie ein Topf, wie ein Gefäß gesehen. An ihm gilt es zu arbeiten, um so das Prana zu aktivieren, die Kundalini zu erwecken und so Bewusstseinserweiterung zu erreichen. In der Gheranda Samhita spielen insbesondere die Mudras eine wichtige Rolle.
4.) Goraksha Shataka Goraksha Shataka bedeutet „ Die 100 Verse des Goraksha“. Goraksha spielte in Indien eine große Rolle. Er war ein ganz großer Yogameister und lebte vermutlich im indischen Mittelalter. Es gab ein ganzes Volk, welches sich später nach ihm benannte – die Gurkhas, welche später auch in der englischen Armee eine gewisse Rolle spielten. Goraksha begründete auch einen Mönchsorden, der bis heute bedeutsam ist Mönche der Goraksha Tradition werden z.T. auch aktiv in der indischen Politik, sie können sogar Parlamentsabgeordnete oder Ministerpräsidenten eines Bundesstaats werden wie Yogi Adityanath. Goraksha war Nath Yogi, Siddha und damit auch ein Hatha Yogi. Im nördlichen Indien werden einige Werke sowie viele Tempel, Praktiken und Traditionen dem großen Meister Goraksha zugeschrieben. Eines dieser Werke ist Goraksha Paddhati, auch genannt Goraksha Samhita. Ein Teil davon wird Goraksha Shataka genannt und ist eine Sammlung von 100 kurzen Versen (Shataka=Hundertschaft) die Essenz des Hatha Yoga beschreibt.
So weit diese kurze Zusammenfassung der Hatha Yoga Schriften. Wir haben alle diese Schriften auf unseren Internet-Seiten veröffentlicht. Du kannst sie im Original (Sanskrit) lesen, in Wort-für-Wort-Übersetzungen, als Übersetzung und als Kommentar sowie ihre Bedeutung für die Yoga Praxis – alles zu finden auf Yoga Vidya.
Umfassendere Liste der wichtigsten Hatha Yoga Schriften und Texte
Hier eine umfassendere Liste der wichtigsten Hatha Yoga Texte und Schriften:
- Amrita Siddhi (vermutlich 11. Jhdt. n. Chr.)
- Amaraugha Probodha (vermutlich 12. Jhdt. n. Chr.)
- Dattatreya Yoga Shastra (vermutlich 13. Jhdt. n. Chr.)
- Vivekamartanda (vermutlich 12/13. Jhdt. n. Chr.)
- Goraksha Shataka (vermutlich 14. Jhdt. n. Chr.)
- Goraksha Paddhati (vermutlich 14. Jhdt. n. Chr.)
- Khechari Vidya (vermutlich 13./14. Jhdt. n. Chr.)
- Yoga Yajnavalkya (vermutlich 13./14. Jhdt. n. Chr.)
- Yoga Vasishtha (vermutlich 13./14. Jhdt. n. Chr.)
- Yoga Bija (vermutlich 14. Jhdt. n. Chr.)
- Shiva Samhita (vermutlich 15. Jhdt. n. Chr.)
- Shiva Yoga Pradipika (vermutlich 15. Jhdt. n. Chr.)
- Hatha Yoga Pradipika (vermutlich 15. Jhdt. n. Chr.)
- Yoga Chintamani (vermutlich 11. Jhdt. n. Chr.)
- Gheranda Samhita (vermutlich 18. Jhdt. n. Chr.)
- Joga Pradipyaka (vermutlich 11. Jhdt. n. Chr.)
- Hathabhyasapaddhati (vermutlich 11. Jhdt. n. Chr.)
Auch manche derYoga Upanishaden kann man zu den Hatha Yoga Schriften zählen. Unter den 20 Yoga Upanishaden seien hier nur die genannt, die mindestens etwas über Asana und/oder Pranayama schreiben, also nicht nur über Meditation, Mantra, Visualisierung, Tapas etc:
- Yogachudamani Upanishad
- Amritabindu Upanishad
- Kshurika Upanishad
- Dhyanabindu Upanishad
- Yogatattva Upanishad
- Trishikhibrahmana Upanishad
- Mandala Brahmana Upanishad
- Advayataraka Upanishad
- Shandilya Upanishad
- Yogashikha Upanishad
- Yoga Kundalini Upanishad
- Darshana Upanishad
Jahrtausende altes Hatha Yoga
Hatha Yoga ist vermutlich uralt. Wir finden schon in der Induskultur (vor über 5000 Jahren) Siegelringe und Figuretten (kleine Figuren), wo Menschen in Yogastellungen dargestellt sind und wo man sehen kann: vermutlich wurden Asanas und Pranayama geübt. In den alten Schriften (den Veden, den Puranas und den Itihasas) finden wir Hinweise darauf, dass Menschen Yoga geübt haben. Dort steht, dass sie Pranayama (Atemübungen) übten, dass sie ihre Körper in Asanas hineinbrachten, dass sie sich mit Rohkost ernährten. Die Hatha Yogis wurden als Tapaswins bezeichnet (als solche, die Askese geübt haben), oder auch als Shramanas (als solche, die spirituelle Praktiken geübt haben).
Verschiedene Zweige der Religiösität im alten Indien
Man sagt, dass es im alten Indien in den vorchristlichen Jahrhunderten drei verschiedene Zweige der Religiösität gab:
- orthodoxer Brahmanismus
Hier spielten die Brahmanen und Rituale, an denen die Menschen teilnahmen, eine wichtige Rolle.
- Shramana-Traditionen
Hier ging es darum, individuelle spirituelle Praktiken (eben die Shramanas) zu üben.
- Volksreligiösität
Vermutlich gab es noch andere Richtungen, darüber wird gerne in der Indologie gesprochen.
Zusammenhang mit den Hatha Yoga Schriften
Was hat dies jetzt mit Hatha Yoga Schriften zu tun? Es gab in dieser Zeit schon Hatha Yogis, die geübt haben, aber es gab noch keine Anleitungen, wie man Hatha Yoga übt. Im indischen Mittelalter, vermutlich zu einer Zeit wo die Hatha Yoga Tradition durch Kriege und religiöse Verfolgungen bedroht war – es gab verschiedene muslimische Einwanderer und Eroberer, manche davon waren sehr tolerant, aber es gab auch Fanatiker, die die Hindus unterdrückt haben – gab es die Notwendigkeit, Schriften niederzuschreiben. Und so wurden vermutlich seit dem 12./13. Jahrhundert diese Hatha Yoga Schriften niedergeschrieben.
Weitere Hatha Yoga Schriften
Natürlich gibt es nicht nur diese vier Hatha Yoga Schriften.
- Es gibt auch die Yoga Upanishaden, welche älter sind als die klassischen Hatha Yoga Schriften.
- Manche sagen, die Yoga Vasishtha ist ebenfalls eine Hatha Yoga Schrift. Dort wird beschrieben, wie der Yogi Busundi Pranayama geübt und gelehrt hat – also eine Hatha Yoga Schrift, die schon etwas älter ist als die Hatha Yoga Schriften im eigentlichen Sinne.
- Dann gibt es tamilische Schriften, die ebenfalls Hatha Yoga Praktiken beschrieben haben.
Aber letztlich bleibt es dabei: Die vier wichtigsten Hatha Yoga Schriften sind
Diese vier Hatha Yoga Schriften kannst du auch auf unseren Internet-Seiten auf Vidya finden und nachlesen. Sie sind also nicht mehr geheim, sondern du kannst sie lesen.
Merkmale der Hatha Yoga Schriften
- Die Hatha Yoga Schriften sind nicht wie moderne Yogabücher geschrieben, so dass du mit ihnen autodidaktisch lernen und Yoga üben kannst. Sie sind vielmehr als Mittel des Unterrichtes vom Lehrer zum Schüler gedacht. Und im Anschluss daran als Merkverse, so dass der Schüler es auswendig lernen und sich dann danach richten kann.
- Die meisten Hatha Yoga Schriften sind im Shloka-Versmaß geschrieben: Sie können rezitiert werden und sind relativ leicht auswendig zu lernen - zumindest von Menschen, die dieses Auswendiglernen geübt haben. Im alten Indien waren Bücher kostbar, nicht jeder konnte eine Schrift bekommen, die er dann lesen konnte, sondern er musste es auswendig lernen. Heutzutage gibt es sie natürlich gedruckt als Buch.
- Die Hatha Yoga Schriften sind mit einem Geheimcode geschrieben, das heißt jemand, der keine Ahnung hat und sie liest wird wenig verstehen. Ich musste beim Lesen alter indologischer Bücher, die über die Hatha Yoga Schriften geschrieben haben, einmal lächeln, wie sehr sie alles missverstanden haben. Die heutigen Indologen sind etwas klüger als die aus der Zeit vor dem 2. Weltkrieg, die über die Hatha Yoga Schriften etwas geschrieben haben.
- Die Hatha Yoga Schriften waren auch dazu gedacht, die Menschen ein bisschen vor den Kopf zu stoßen und sie davon abzuhalten, es selbstständig zu üben. Manchmal wird dort eine anstößige oder sexuelle Sprache verwendet (gerade letztere ist in Indien nicht so üblich, Indien ist ja - auch schon im indischen Mittelalter – eher prüde gewesen). Es gibt ein paar Verse, die auch heutzutage noch ein wenig befremden. Das ist aber die Intention, man kann sich darüber aufregen oder es lächelnd zur Kenntnis nehmen und weiterlesen.
Video Hatha Yoga Schriften
Hier findest du einen Videovortrag zum Thema Hatha Yoga Schriften :
Autor/Sprecher: Sukadev Bretz, Seminarleiter zu den Themen Yoga und Meditation.
Hatha Yoga Schriften Audio Vortrag
Hier die Audiospur des oberen Videos zu Hatha Yoga Schriften :
Siehe auch
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