Sanskrit Kurs Lektion 115: Unterschied zwischen den Versionen

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*Das Adjektiv '''madhya-gaḥ''' bezieht sich als nähere Bestimmung auf '''mārutaḥ''' und steht daher auch im Nominativ Singular Maskulinum. Es setzt sich aus '''madhya''' "Mitte" ([[Madhya]]) und '''ga''' (von [[gam]] "gehen") zusammen.
*Das Adjektiv '''madhya-gaḥ''' bezieht sich als nähere Bestimmung auf '''mārutaḥ''' und steht daher auch im Nominativ Singular Maskulinum. Es setzt sich aus '''madhya''' "Mitte" ([[Madhya]]) und '''ga''' (von [[gam]] "gehen") zusammen.


*Die [[Sanskrit Verb‏‎|Verbform]] '''syāt''' ("könnte sein") ist die 3. Person Singular [[Optativ]] der Gegenwart der [[Sanskrit Verbalwurzel|Verbalwurzel]] ([[Dhatu]]) [[as]]. Der Optativ drückt hier in Verbindung mit dem [[Sanskrit Adverb|Frageadverb]]) '''katham''' "wie" einen Zustand aus, der in der Zukunft mit Wahrscheinlichkeit nicht eintreten wird: '''kathaṃ syāt ...''' "wie könnte ... (möglich) sein?"
*Die [[Sanskrit Verb‏‎|Verbform]] '''syāt''' ("könnte sein") ist die 3. Person Singular [[Optativ]] der Gegenwart der [[Sanskrit Verbalwurzel|Verbalwurzel]] ([[Dhatu]]) [[as]]. Der Optativ drückt hier in Verbindung mit dem [[Sanskrit Adverb|Frageadverb]] '''katham''' "wie" einen Zustand aus, der in der Zukunft mit Wahrscheinlichkeit nicht eintreten wird: '''kathaṃ syāt ...''' "wie könnte ... (möglich) sein?"


*Der Nominativ '''unmanī-bhāvaḥ''' ist das logische Subjekt (Agens, [[Kartri]]) der Verbalhandlung '''syāt'''. Dieses Kompositum kann entweder als [[Tatpurusha]] im Sinne von "das Hervorbringen ([[Bhava]]) des [[Unmani]] (genannten Zustandes)" interpretiert werden, oder als appositionelles Kompositum ([[Karmadharaya]]) im Sinne von "der  [[Unmani]] (genannte) Zustand ([[Bhava]])".
*Der Nominativ '''unmanī-bhāvaḥ''' ist das logische Subjekt (Agens, [[Kartri]]) der Verbalhandlung '''syāt'''. Dieses Kompositum kann entweder als [[Tatpurusha]] im Sinne von "das Hervorbringen ([[Bhava]]) des [[Unmani]] (genannten Zustandes)" interpretiert werden, oder als appositionelles Kompositum ([[Karmadharaya]]) im Sinne von "der  [[Unmani]] (genannte) Zustand ([[Bhava]])".

Version vom 16. September 2020, 17:28 Uhr

Dieser Sanskrit Kurs führt anhand einfacher Beispielsätze und -verse in die Grammatik des Sanskrit ein. Einen ausführlichen Überblick über das Sanskrit findest Du im Artikel Sanskrit. Hinweise zur indischen Schrift, der wissenschaftlichen Umschrift (Transliteration) sowie der korrekten Aussprache gibt der Artikel Devanagari. Stichwörter, nach denen Du in der Yoga Vidya Wiki suchen kannst, sind in vereinfachter Schreibweise (Transkription) wiedergegeben.

Vokalische Nominalstämme (8)

In Lektion 78 haben wir den Singular der abgeleiteten weiblichen Substantive auf betrachtet. Nun schauen wir uns den Plural dieser Nominalstämme an.


Bildung

Wiederholung

Von vielen Substantiven (m./n.) und Adjektiven kann regelmäßig eine weibliche Form abgeleitet werden, indem an deren Endung ein langes gefügt bzw. ein kurzes -a durch ein langes ersetzt wird:

  • siṃha (m.) "Löwe" > siṃhī (Simhi f.) "Löwin"
  • yogin (m.) "Yogi" > yoginī (Yogini f.) "Yogini"
  • sādhu (adj.) "gut, richtig; ein Guter, Heiliger" > sādhvī* (Sadhvi f.) "eine Gute, Heilige"

*Anmerkung: Vor der Femininendung geht das -u eines darauf auslautenden Nominalstammes in den Halbvokal -v- über.


Übersicht 1: Plural der abgeleiteten weiblichen Substantive auf

In der folgenden Übersicht wurde das weibliche Wort Devi ("Göttin") in allen acht Fällen des Plurals (Mehrzahl, Bahuvachana) dekliniert. Diesem Bildungstyp folgen alle abgeleiteten weiblichen Substantive auf . Das Femininum devī ist von deva ("Gott", Deva) abgeleitet.

Fall (Kasus) Sanskritname Frage Devanagari Transliteration Transkription deutsche Wiedergabe
1. Nominativ Prathama Wer? Was? देव्यः devyaḥ devyah "die Göttinen"
2. Akkusativ Dvitiya Wen? Wohin? देवीः devīḥ devih "die Göttinen"
3. Instrumental Tritiya Mit wem? Womit? देवीभिः devībhiḥ devibhih "mit den Göttinen"
4. Dativ Chaturthi Wem? देवीभ्यः devībhyaḥ devibhyah "den Göttinen"
5. Ablativ Panchami Von wem? Von wo? देवीभ्यः devībhyaḥ devibhyah "von den Göttinen (her)"
6. Genitiv Shashthi Wessen? Wovon? देवीनाम् devīnām devinam "der Göttinen"
7. Lokativ Saptami Wo? देवीषु devīṣu devishu "bei den Göttinen"
8. Vokativ Sambodhana Rufform (oh ..., he ...!) देव्यः devyaḥ devyah "(oh) Göttinen!"

Anmerkungen: Die Formen des Nominativs und Vokativs lauten beide gleich (devyaḥ), ebenso die Formen des Genitivs und Ablativs (devībhyaḥ). Vor vokalischen Deklinationsendungen (Nom. u. Vok.) geht das lange des Stammes in den Halbvokal -y- über. Das dentale s der Lokativendung -su wird gemäß Sandhi nach dem ī des Nominalstammes zu zerebralem .

Beispielvers aus der Hatha Yoga Pradipika

Die gesamte Hatha Yoga Pradipika besteht aus Versen, deren häufigstes Versmaß (Chhandas) der Shloka (Anushtubh) ist. Hier folgt ein Vers aus dem zweiten Kapitel (Upadesha) der Hatha Yoga Pradipika, das der Praxis des Pranayama gewidmet ist. Der 4. Vers betont die Bedeutung der Reinheit der feinstofflichen Energiekanäle (Nadi) für eine erfolgreiche Pranayama-Praxis.


मलाकुलासु नाडीषु मारुतो नैव मध्यगः |
कथं स्यादुन्मनीभावः कार्यसिद्धिः कथं भवेत् || २.४ ||


  • wissenschaftliche Transliteration:
malākulāsu nāḍīṣu māruto naiva madhyagaḥ |
kathaṃ syād unmanī-bhāvaḥ kārya-siddhiḥ kathaṃ bhavet || 2.4 ||


  • vereinfachte Transkription:
malakulasu nadishu maruto naiva madhyagah |
katham syad unmani-bhavah karya-siddhih katham bhavet || 2.4 ||


  • Wort-für-Wort-Übersetzung:
malākulāsu : (mit) Verunreinigungen (Mala) angefüllt sind (Akula, Lok. Pl. f.)
nāḍīṣu : (wenn) die feinstofflichen Energie-)Kanäle (Nadi, Lok. Pl. f.)
mārutaḥ : der (Lebens-)Atem, Prana ("Wind", Maruta, Nom. Sg. m.)
na : nicht (Na, Partikel)
eva : gewiss (Eva, Partikel)
madhyagaḥ : geht (durch den) mittleren (Kanal, Madhyaga, Nom. Sg. m.)
katham : wie (Katham, adv.)
syāt : sollte (dann möglich) sein (as, Verb‏‎)
unmanī-bhāvaḥ : der Zustand jenseits des Geistes (Unmanibhava, Nom. Sg. m.)
kārya-siddhiḥ : der Erfolg, das Gelingen, Erreichen (Siddhi, Nom. Sg. f.) der Absicht, des Zwecks (Karya)
katham : wie
bhavet : sollte (dann möglich) sein (bhū, Verb)


  • Übersetzung:
Wenn die (feinstofflichen) Energiekanäle mit Verunreinigungen angefüllt sind, geht der (Lebens-)Atem gewiss nicht durch den mittleren (Kanal).
Wie sollte (dann) der Zustand jenseits des Geistes (möglich) sein? Wie sollte (dann) das Erreichen des (höchsten) Zwecks (der Yogapraxis möglich) sein?

Erläuterungen

  • Syntax: Dieser Vers besteht aus drei Sätzen (Vakya), die sich jeweils über den ersten Halbvers (Pada 1-2) sowie über das dritte und vierte Versviertel (Pada) erstrecken. Der erste Satz ist ein Nominalsatz, d.h. er besteht nur aus Nomen. Das Verb asti "ist" wird dem Kontext gemäß mitverstanden. Die übrigen beiden Sätze haben ein finites (gebeugtes) Verb.
  • Das Adjektiv malākulāsu ist ein Kompositum (Samasa) des Typs Tatpurusha. Es bezieht sich als nähere Bestimmung (Visheshana) auf nāḍīṣu und steht daher auch im Lokativ Plural Femininum.
  • Der Lokativ (Saptami) nāḍīṣu bildet zusammen mit dem Adjektiv malākulāsu einen absoluten Lokativ, der die Voraussetzung für die darauffolgende Aussage beschreibt. Daher wird in der deutschen Übersetzung "wenn" ergänzt.
  • Der Nominativ (Prathama) mārutaḥ ist das logische Subjekt (Agens, Kartri) des Nominalsatzes.
  • Die emphatische Partikel eva "gewiss" hebt das vorangehende Wort (na) hervor: "gewiss nicht, keinesfalls".
  • Das Adjektiv madhya-gaḥ bezieht sich als nähere Bestimmung auf mārutaḥ und steht daher auch im Nominativ Singular Maskulinum. Es setzt sich aus madhya "Mitte" (Madhya) und ga (von gam "gehen") zusammen.
  • Die Verbform syāt ("könnte sein") ist die 3. Person Singular Optativ der Gegenwart der Verbalwurzel (Dhatu) as. Der Optativ drückt hier in Verbindung mit dem Frageadverb katham "wie" einen Zustand aus, der in der Zukunft mit Wahrscheinlichkeit nicht eintreten wird: kathaṃ syāt ... "wie könnte ... (möglich) sein?"
  • Der Nominativ unmanī-bhāvaḥ ist das logische Subjekt (Agens, Kartri) der Verbalhandlung syāt. Dieses Kompositum kann entweder als Tatpurusha im Sinne von "das Hervorbringen (Bhava) des Unmani (genannten Zustandes)" interpretiert werden, oder als appositionelles Kompositum (Karmadharaya) im Sinne von "der Unmani (genannte) Zustand (Bhava)".
  • Der Nominativ kārya-siddhiḥ ist ein Kompositum des Typs Tatpurusha und das logische Subjekt (Agens, Kartri) der Verbalhandlung bhavet.
  • Die Verbform bhavet ("könnte sein") ist die 3. Person Singular Optativ der Gegenwart der Verbalwurzel bhū. Der Optativ drückt wie im vorangehenden Satz (Pada c) im Sinne einer rhetorischen Frage einen Zustand aus, der in der Zukunft mit Wahrscheinlichkeit nicht eintreten wird.

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