Integraler Yoga

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Der Begriff Integraler Yoga beschreibt keinen eigenständigen oder neuen Yogastil. Das ist auch nicht notwendig, denn Yoga bedeutet "Einheit" und die Lehre des Yoga ist in seiner langen Tradition "ganzheitlich" oder "integral". Die Entstehung des Begriffs "Integraler Yoga" ist so gesehen eine deutliche Erinnerung an die ursprüngliche Lehre und verfolgt das Ziel, die Werte aller bestehenden 6 Yogawege möglichst gleichmäßig in seinem Leben zu entwickeln. Dazu gehören Hatha Yoga, Kundalini Yoga, Karma Yoga, Jnana Yoga, Bhakti Yoga und Raja Yoga.

Swami Sivananda sitzt auf einem Tigerfell am Ganges und spielt Sitar

Eine gleichmäßige Betonung aller Aspekte wird im Integralen Yoga sehr wichtig genommen, damit Yogaschüler das wahre Ziel - die Selbstverwirklichung - schnell erreichen. Es führt zu einer harmonischen Entwicklung der Persönlichkeit. Jemand der als Jnana Yogi sehr viel Wissen der alten Schriften anhäuft, es aber versäumt Bhakti (Hingabe) zu entwickeln, wird möglicherweise zu einem Rechthaber ohne Herz und Mitgefühl. Große Yoga-Meister des 20. Jahrhunderts, wie zum Beispiel Swami Sivananda legen Wert darauf, dass ihre Schüler täglich alle Aspekte des Yoga in ihrem Leben integrieren. Aus dieser Praxis hat sich dann der Begriff Integraler Yoga herauskristallisiert. Er betont die eigentliche Bedeutung des Begriffs Yoga, der bereits alle Yogawege mit ihren entsprechenden Werten enthält, aber häufig nicht ganz so integral oder ganzheitlich umgesetzt wird.

Integraler Yoga nach Swami Sivananda

Swami Sivananda gab in seinem Leben die ursprüngliche Botschaft weiter, die in den Lehren des Yoga enthalten sind. Er hat einige wichtige Akzente gesetzt, damit Aspiranten - also Menschen, die an ihrer inneren Weiterentwicklung oder gar der Selbstverwirklichung Interesse zeigen - sich nicht einseitig ausrichten und entwickeln, wie es im Indien der damaligen Zeit häufig zu sehen war. Der integrale Yoga ist im Verständnis von Swami Sivananda nicht als ein spezieller Yogastil zu verstehen. Swami Sivananda hat einfach Yoga konsequent ganzheitlich und umfassend vermittelt. Später wurde die Lehre von Swami Sivananda deswegen "Integraler Yoga" genannt.

Für Swami Sivananda ist Yoga nie etwas gewesen, das von einem Alltagsleben getrennt werden muss. Yoga sollte in den Alltag integriert werden, um das tägliche Leben spirituell auszurichten - das wird durch den Begriff "Integraler Yoga" passend ausgedrückt. Im Indien der 1940ger und 50ger Jahre wurde Yoga eher in Verbindung mit Menschen gebracht, die sich in einer Höhle zurückziehen und nach der Ausübung spezieller Yoga-Techniken irgendwann mit übernatürlichen Fähigkeiten als Guru auf dem Markplatz erscheinen. Dadurch lässt sich leichter verstehen, warum Swami Sivananda große Aufmerksamkeit darauf gelegt hat, Yoga ganzheitlich und als Bestandteil des Alltags zu vermittelten.

Integraler Yoga und seine Hintergründe

Swami Sivananda kannte die Auswüchse und Gefahren der entstehenden Kräfte, die bestimmte Techniken und Philosophien in sich tragen, wenn sie einseitig ausgeübt werden. Das mag für viele Menschen, die sich in den letzten Jahrzehnten mit Yoga beschäftigen vielleicht weit hergeholt sein. Auf der einen Seite hat sich gerade durch das weit verbreitete Wirken und die Lehren von Swami Sivananda das Bild eines Integralen Yoga durchgesetzt und auf der anderen Seite suchen die meisten Menschen in erster Linie im Hatha Yoga zunächst einen Weg, um besser mit dem Stress des Alltags umgehen zu lernen, oder Probleme mit dem Bewegungsapparat zu regulieren. Sie erfahren am Anfang noch nicht die Tiefe der Wirkungen.

Doch selbst relativ einfache Übungen regelmäßig praktiziert, führen schon zu mehr Kraft und Energie im System von Körper, Psyche und Geist des Schülers. Das ist gut und erwünscht, aber gerade deswegen ist es wichtig, dass sich Psyche und Geist, also Verhalten, Ethik und Philosophie parallel dazu weiterentwickeln. Das geschieht, wenn man ganzheitlich Yoga praktiziert.

Die Psyche muss gereinigt und der Geist an höhere Werte gebunden werden. Der Schüler braucht fundierte Kenntnisse über das Wesen des Egos und die Fähigkeit, sich selbst zu reflektieren. Treffen erhöhte Kräfte und Energien in den Menschen auf eine ungereinigte Psyche und einen Geist, der noch sehr mit den niederen Instinkten verhaftet ist, können daraus leicht kraftvolle, charismatische Menschen entstehen, die versuchen ihre niederen Wünsche egoistisch zu verwirklichen. Das kann dann zum Beispiel auch zu extremen Charakteren führen, die als Yogalehrer oder -Meister, ihre Schüler stark an sich binden und unter Umständen finanziell oder sexuell benutzen und ausbeuten.

Um seinen Mitmenschen Leid zu ersparen und sich eine Abkürzung auf dem Weg zur Selbstverwirklichung zu ermöglichen, hat es sich bewährt, das Ego klein zu halten. Das Gegenteil von Ego ist Demut. In einer demütigen Haltung kann sich kein Ego aufblasen. Durch den Integralen Yoga lässt sich Demut am leichtesten fördern, weil sich die Werte aller 6 Yogawege gleichzeitig und synergetisch entwickeln können.

Werte und Wirkungen der einzelnen Yogawege

Padmakshi bei der Shivaratri Puja 2007 im Yoga Vidya Ashram

Im Hatha Yoga wird der Körper als Tempel der Seele vorbereitet. Körperübungen (Asanas), Atemtechniken (Pranayama), Tiefenentspannung und eine ausgewogene vegetarische Ernährung halten den Körper jung und gesund. Die feinstofflichen Energiekanäle werden gereinigt und auf höheren Energiefluss eingestellt. Bhakti Yoga entwickelt durch Kirtansingen, Gebet, Zeremonien und Rituale Liebe und Hingabe. Das Herz öffnet sich und bedingungsloses Vertrauen in das Leben wird zu einer grundlegenden inneren Haltung.

Im Kundalini Yoga arbeitet man vor allem mit Atemtechniken, um Energie zu aktivieren und zu höheren Bewusstseinszuständen zu gelangen. Die Energiezentren (Chakras) werden angeregt. Die Raja Yoga Sutras von Patanjali geben Hilfen und Techniken für die Kontrolle des Geistes und Beherrschung sinnlicher Wünsche. Positives Denken, Konzentration, Achtsamkeit und Meditation werden praktiziert.

Mit Hilfe der alten Schriften und indischen Philosophiesysteme wird im Jnana Yoga die Auseinandersetzung mit grundlegenden Fragen über den Sinn des Lebens geführt. In der Vedanta-Philosophie wird dem Schüler vermittelt, dass hinter allem ein einziges Absolutes, (Brahman), steht. Brahman umfasst alles und wohnt in jedem Menschen und in anderen Wesen. Es ist unendlich, unvergänglich und unveränderlich. Die Weisheiten des Jnana Yoga führen zu einem Verständnis, das wir in unserem innersten Kern alle eins sind: ewiges Sein, Wissen und Glückseligkeit (Sat-Chit-Ananda).

Durch Karma Yoga lernen Menschen, wie sie jede Handlung und Tätigkeit in ihrem Leben als selbstlosen Dienst ausführen, im Sinne von Nächstenliebe und Hilfe, ohne eine Gegenleistung dafür zu erwarten. Zusätzliche Energien, Achtsamkeit, Konzentrationsfähigkeit, Gelassenheit und Belastbarkeit, die man durch die Praxis der anderen Yogawege gewinnt, sollen nutzbringend für alle Menschen und sich selbst im täglichen Leben eingesetzt werden.

Auf dem Weg des Yogaschülers, hin zu einer ausgereiften Seele, die den Geist der göttlichen oder kosmischen Einheit in der materiellen Welt in ihrer individuellen Form zum Ausdruck bringen kann, müssen alle Eigenschaften der verschiedenen Yogawege entwickelt werden.

Wenn jemand für sich in der Isolation Sat-Chit-Ananda verwirklicht hat, er aber seine Glückseligkeit nicht teilen kann, weil ihm Liebe und Mitgefühl fehlen, oder die Hingabe, anderen Menschen zu dienen, oder einfach nur Kraft und Energie, dann hat sein Sat-Chit-Ananda keinen hohen Wert für das Ganze. Genauso verhält es sich mit einem Yogaschüler, der durch Asanas und Pranayama eine Menge Energie und Kraft aufgebaut hat, aber kein Wissen über Brahman, das unendliche Selbst erworben hat und dem Liebe und Hingabe fehlen. Integraler Yoga mit ganzheitlichem Anspruch ist eine wichtige Angelegenheit in einem Zeitalter, wo sich ehemals geheime und wirkungsvolle Yoga-Techniken auf der ganzen Welt verbreiten.

Am Anfang eines Yogaweges können Siddhis - übernatürliche Kräfte, Fähigkeiten und Macht für Schüler noch eine große Anziehungskraft haben, doch der Aspirant sollte nicht unbedingt nach Siddhis streben, denn das kann zu seinem (spirituellen) Untergang führen. Stolz und Eitelkeit durch besondere Fähigkeiten vergrößern leicht das Ego und stören den Weg zur Selbstverwirklichung.

Swami Sivananda - der Meister der Demut

Für einen selbstverwirklichten Meister, wie Swami Sivananda haben Fähigkeiten, wie "durch die Luft Schweben" (Vayu Siddhi) keinen Wert auf dem spirituellen Weg. Einige Menschen erreichen diese besonderen Fähigkeiten durch konzentrierte, aber eben auch einseitige Ausübung bestimmter Yoga-Techniken. Dann können sie vielleicht schweben und sich dafür bewundern oder gar vergöttern lassen, aber bleiben weiter gefangen in den Ego-Spielen von Ruhm, Ehre und Macht.

Swami Sivananda war in seinem täglichen Wirken ein großer Meister in der Ausübung von Demut. Er sah quasi die Sollbruchstelle bei den Schülern, die reif dazu waren das Ego aufzulösen. Er war sich keiner Handlung zu schade, um ein Ego zum Schmelzen zu bringen und er tat es mit ausgesprochener Strenge bei sich selbst und mit viel Hingabe und Liebe bei anderen. Eine bekannte Anekdote aus dem Leben von Sivananda beschreibt die Tiefe seiner Demut sehr berührend. Es ist der Tag an dem Swami Sivananda den Stolz in seinem späteren Schüler Swami Vishnu-devananda innerhalb weniger Sekunden zum Schmelzen bringt, indem er - der bekannte Yogameister, sich vor dem interessierten Aspiranten im Beisein des ganzen Ashrams auf dem Boden spontan voller Hingabe verneigt.

Das zeugt von wahrhaftig entwickelter Demut. Swami Sivananda war ein vollendeter Diener, ein Meister im Dienen. Er hat in sich Yoga integral entwickelt und sein ganzes Leben und Wirken machen das nach Außen hin sichtbar. Durch eine strenge Disziplin in seiner Asana- und Pranayama-Praxis erhielt sich Swami Sivananda trotz verschiedener Krankheiten seine Kraft und Lebensenergie. Er führte ein einfaches Leben und teilte alles, was er bekam mit den Menschen die ihn umgaben.

Buch über Sivanandas Integralen Yoga

Titelseite "Sivananda Yoga" von Swami Venkateshananda, Yoga Vidya Verlag

Rezension von Sigrud über das Buch "Integraler Yoga" von Swami Venkateshananda

Wenn der Körper eines Menschen durch Krankheit und Leiden getroffen ist, neigt man im Ganzen dazu, aufgeben zu wollen. Man wünscht sich Hilfe, findet sie aber nicht wirklich, nicht so, das man zufrieden und damit in Frieden ist. Swami Venkateshananda zeigt uns in diesem Buch wie Swami Sivanandas Leben, das man trotz Alter, Krankheiten und Leiden diese Zufriedenheit und damit Frieden in sich schaffen kann. Er macht damit Menschen Mut, er schenkt all seine Liebe und Mitgefühl, und zeigt auf, worauf es bei Gesundheit wirklich ankommt.

Selbstverwirklicht, aber nicht abgehoben oder von dieser Welt entfernt, zeigt Swami Sivananda auf, dass es für jeden Menschen immer das Gesündeste ist, das im Hier und Jetzt, dem unmittelbaren Moment, zu tun, was für ihn machbar ist! Es gilt nicht, auf andere neidisch zu sein oder auf sich Zwang und Druck auszuüben, es geht nicht darum, mit Gewalt Grenzen überschreiten zu wollen.

Es geht darum, zu sich selbst, seinem wahren Selbst, zu finden. Um das zu erreichen, reicht es, wenn man von jedem ein bisschen nimmt, wie Gurudev sagt: Immer soviel an diesem oder jenem, das man Zeit für alles hat, und das es sich integriert, in einem selbst und damit ganzheitlich umfasst. So, das Wohlbefinden entsteht, egal, wie die körperliche Beschaffenheit aussieht. Sich zu öffnen, offen zu werden und all das in sich einzulassen, sanft und in Liebe, im Vertrauen auf Gott, ist der Weg zu Gott. Das Göttliche ist Glückseligkeit und Freude, und Wohlbefinden bedeutet nichts anderes, das ich mich auf diesem Weg, in diesem Wohlfühlen, finde.

Ein sehr schönes Buch, welches Mut macht, Liebe schenkt und jeden Menschen dazu bewegt, sich auf den Weg zu machen, so gut er es immer und stets in jedem Moment vermag! Das Leben findet in der Gegenwart, im Hier und Jetzt statt!

Integraler Yoga bei Yoga Vidya

Sukadev Bretz, Leiter und Gründer von Yoga Vidya spielt Tabla, während des Satsang

Der Verein Yoga Vidya e.V. steht in der Tradition von Swami Sivananda und Swami Vishnu-devananda. Die Menschen bei Yoga Vidya leben und lehren in den Seminarhäusern (Ashrams) und Yogaschulen den Intregralen Yoga nach Swami Sivananda. Die Tagesabläufe für das Leben der Sevakas (Mitarbeiter) und der Gäste in den Seminaren und Ausbildungen sind so gestaltet, dass täglich Elemente aus allen Yogawegen integriert sind.

Um sechs Uhr morgens kann man den Tag mit intensivem Pranayama beginnen (Kundalini Yoga). Morgens und abends gibt es jeweils einen Satsang. Er besteht aus einer Meditation mit verschiedenen Konzentrationselementen (Raja Yoga), Mantras und Kirtans werden gesungen, ein Gebet gesprochen und zum Abschluss eine Lichterzeremonie (Arati) zelebriert (Bhakti Yoga). Zwischendrin liest der Satsangleiter noch eine Passage aus einem Buch zu den Weisheiten des Yoga oder weit entwickelte Lehrer oder Swamis auf dem Yogaweg vermitteln tiefe Weisheiten des Yoga durch Geschichten und Erfahrungen aus ihrem eigenen Leben (Jnana Yoga).

Vormittags und nachmittags gibt es eine Yogastunde mit Pranayama, Asanas und Tiefenentspannung. Die Büffets zum Brunch und Abendessen bieten Gerichte nach den yogischen Grundsätzen aus der Hatha Yoga Pradipika. Die Ernährung ist vollwertig, vegetarisch. Auf Fleisch, Fisch, Eier, Alkohol, Knoblauch und Zwiebeln wird verzichtet (Hatha Yoga). In allen Tätigkeitsfeldern des Vereins werden die Arbeiten als Seva, nach den Prinzipien des selbstlosen Dienstes ausgeführt. Die Gäste der Ashrams haben auch die Gelegenheit, Karma Yoga zu praktizieren. In den Ausbildungen sind täglich 45 Minuten Karma Yoga ein vollwertiger Bestandteil. Ansonsten haben die Gäste die Möglichkeit das Haushaltsteam zu unterstützen, in dem sie ihre Zimmer reinigen, oder sie können Taschen mit Broschüren mitnehmen und Yoga Vidya bei der Verbreitung von Yoga helfen.

In den Ausbildungen sind der Satsang, die Yogastunden und Karma Yoga ein fester Bestandteil der Unterrichtseinheiten. Unabhängig davon welche Themenbereiche eine Ausbildung umfasst, der Integrale Yoga wird immer als ganzheitliche Grundlage vermittelt. Die Abgrenzungen zwischen den Yogawegen sind dabei eher fließend zu betrachten. Elemente aus verschieden Yogawegen sind irgendwie in allen Tätigkeiten enthalten.

Integraler Yoga nach Sri Aurobindo

Die Bezeichnung "Integraler Yoga" wurde erstmals von Aurobindo Ghose (gen. Aurobindo bzw. Sri Aurobindo, 1872–1950) verwendet und beschreibt einen Yoga-Weg, der die spirituelle Philosophie indischer Yogis in der Praxis besonders würdigt. Im Zuge des gegenwärtigen Interesses an Spiritualität wird der Begriff „Integral“ auch in Bezug auf Yoga inflationär gebraucht und hat damit an Bedeutungsschärfe verloren. Genau genommen ist der Begriff „Integraler Yoga“ ein Pleonasmus – wie hölzernes Holz - da Yoga eben das gleiche bedeutet wie Integration.

Swami Satchidananda (Geburtsname C. K. Ramaswamy Gounder,) erhob ebenfalls Anspruch darauf, Begründer des Integralen Yoga zu sein. Er begründete das Integral Yoga Institute in New York und ein spirituelles Zentrum in Yogaville, Virginia. 1969 trat er als Eröffnungsredner beim berühmten Woodstock-Festival auf. Obwohl berichtet wird, dass es eine kurze Begegnung von Sri Aurobindo und Satchidananda gegeben haben soll, erklärte letzterer, dass sein integraler Yoga seine eigene Schöpfung sei. Für ihn ging es darum, verschiedene traditionelle Yoga-Wege flexibel in einem neuen System zusammenzuführen, um alle Aspekte der menschlichen Persönlichkeit - Körper, Geist und Seele - umfassend und harmonisch entwickeln zu können.

In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts hat sich, basierend auf den umfassenden Arbeiten von Ken Wilber (der sich in seinen Schriften wiederholt auf Aurobindo bezieht) ein integrales Weltbild entwickelt, das unter den Bezeichnungen „Integrale Spiritualität“ und „Integrale Lebenspraxis“ eine Begegnung von östlicher und westlicher Philosophie anvisiert. Da die Weltsicht Wilbers eine Integration der gesamten Weltweisheit darstellt, ist die integrale Spiritualität eine Weiterentwicklung des Integralen Yoga Aurobindos. In diesem Zusammenhang ist Yoga der Weg, der in allen philosophischen, sozialen und religiösen Systemen die lebenspraktische Seite anspricht, den gangbaren Weg als Methode beschreibt. Wie aus den Schriften von Aurobindo hervorgeht, ist der Integrale Yoga selbst keine eigene Methode sondern eine Synthese von bestehenden Systemen.

Der Begriff Integraler Yoga

Aurobindo beschreibt in seinem Werk “Die Synthese des Yoga” das Wesen und den Übungsweg des integralen Yoga. Dieser Yoga setzt sich zum Ziel, die Wege des Karma-, Jnana- und Bhakti-Yoga harmonisch zu vereinigen, wie dieses auch in der Bhagavad Gita beschrieben ist. Auf philosophischer Ebene verfolgt der Intergrale Yoga das Ziel einer Synthese von Vedanta und Tantra und darüber hinaus eine Zusammenschau östlicher wie westlicher Formen von Spiritualität. "Jetzt taucht der Yoga aus seinen geheimen Schulen und asketischen Einsiedeleien, in die er sich geflüchtet hatte, wieder auf und sucht sich seinen Platz der zukünftigen Gesamtsumme der lebendigen Entfaltung und Verwendung menschlicher Kräfte." - Sri Aurobindo (Die Synthese des Yoga)

Sri Aurobindo und seine “Mutter” lehrten, dass es einer der wichtigsten Prozesse des supramentalen Yoga ist, sich dem Höheren Bewusstsein zu unterstellen. Somit gibt es keine klar definierte Methode für den Integralen Yoga in Bezug auf die praktische Anwendung. Supramentales Bewusstsein würde sich im Alltag aus sich selbst heraus entwickeln und zum Tragen kommen. Wie das geschehen sollte, läge in Gottes Hand und würde sich mit der Zeit einstellen.

Integraler Yoga und seine Ziele

Das Ziel des Integralen Yoga ist die Verwandlung des gesamten menschlichen Wesens. Aus diesem Grund werden die verschiedenen Elemente der Persönlichkeitsentwicklung – die physischen, vitalen, mentalen, psychischen und spirituellen Aspekte aber auch die Mittel zu deren Transformation von Sri Aurobindo im Detail beschrieben; und hiermit eine gesamte integrale Psychologie. Das Ziel ist dann die Transformation der gesamten Natur des Seins.

Sri Aurobindo betrachtete die gegenwärtige Bewusstseinsstufe des Menschen als Durchgangsstadium im Ablauf der Evolution; die gegenwärtige Gesellschaft befände sich unmittelbar vor einem evolutionären Quantensprung in Richtung einer transmentalen Erkenntnisfähigkeit und Leistungsfähigkeit. Aurobindo verstand unter Supermind ein all-organisierendes und all-koordinierendes Prinzip des Wahrheits-Bewusstseins, das der materiellen Schöpfung unsichtbar eingeschrieben sei, und er sah dessen Entstehung als der nächste logische und unvermeidliche Schritt in der Evolution der Menschheit.

Wesensteile des Menschen

In Aurobindos integraler Psychologie wie seiner gesamten Metaphysik, wird der Kosmos und damit auch der Mensch in Bezug auf seine beiden wichtigsten Differenzen oder Dimensionen beschrieben. Auf der einen Seite gibt es eine aufsteigende Dimension der physischen, vitalen, mentalen und höherer transpersonaler Bereiche (Vertikaler Bereich). Daneben gibt es die Wesensanteile des Menschen, die den äußeren, den inneren und den innersten oder psychischen Bereich umfassen (Konzentrischer Bereich).

Wie alle Bereiche des Daseins sollte auch die körperliche Seite in all ihren Aspekten durch die Praxis des integralen Yoga transformiert und spiritualisiert werden. Das bedeutet, dass es notwendig ist, nicht nur den körperlichen Habitus und das Bewusstsein auf dieser Ebene zu verändern, sondern vielmehr ins tiefere Unterbewusstsein vorzudringen, wo die Wurzeln vieler Probleme liegen. Die vitale Ebene meint nicht allein die Lebensenergie, sondern vielmehr die vielfachen Wünsche, Vorlieben, Abneigungen und Gefühle, von denen die menschliche Motivation und Aktivitäten bestimmt werden. Der mentale Bereich des Menschen betrifft die konzeptuelle und kognitive Vernunft. Mittels der richtigen Einstellung und dem entsprechenden Verständnis, kann die Vernunft dem Göttlichen zugewandt werden.

Der äußere Kreis beinhaltet den oberflächlichen und begrenzten Bereich des physikalischen, mentalen und vitalen unseres Alltagsbewusstseins und der Alltagserfahrungen. Der Integrale Yoga transzendiert dieses Oberflächenbewusstsein hin zum Inneren Kreis der sich mehr und mehr der spirituellen Entwicklung öffnet. Das innere Wesen schließt die inneren Welten oder die Aspekte des physischen, vitalen und mentalen Wesens mit ein, die ein größeres, subtileres, freieres Bewusstsein als das des alltäglichen Lebens besitzen. Zunächst muss man dies erkennen, bevor man eine höhere Erkenntnis erreichen kann.

Psychic Being

Das Ziel des Integralen Yoga ist nach innen zu gehen und das psychische Wesen dahinter zu erkennen, das dann eine Transformation unserer äußeren Natur bewirken kann. Die Transformation des äußeren Wesens oder Egos durch die Psyche wird "Psychicisation" (Vorherrschaft der Psyche) genannt. Es handelt sich dabei um einen der drei notwendigen Stadien, der dreifachen Transformation, auf dem Weg zum supramentalen Bewusstsein. Diese psychische Transformation ist der entscheidende Moment, der ein immerwährendes Fortschreiten im Leben eines Menschen bewirkt, indem er sich mit seinem inneren Geist oder mit seiner Göttlichen Essenz verbindet.

Peter Sloterdijk hat diesen Gedanken neuerdings aufgegriffen und als Horizontalspannung und Vertikalspannung bezeichnet. Hierbei bezeichnet der Begriff Horizontalspannung, das Bestreben des Menschen im gesellschaftlichen oder zwischenmenschlichen Kontext, aber auch in Konkurrenz zum Mitmenschen ein persönliches Wachstum zu verfolgen; horizontal deswegen, weil er auf dem Teppich der Alltagswahrheiten bleibt. Die vertikale Richtung bezeichnet alle Bestrebungen, die eine Höherentwicklung im Sinne einer Selbsttranszendierung beinhaltet.

Siehe auch

Literatur

Weblinks

Seminare

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