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Version vom 12. März 2020, 10:54 Uhr
Bilderverehrung ist ein wichtiger Bestandteil vieler Religionen, es ist in der Religionswissenschaft eine Form der religiösen Praxis, wo Gott, die göttliche Kraft, über Bilder verehrt wird. Auch im Yoga wird viel mit bildhafter Darstell8ung gearbeitet und diese genutzt für die spirituelle Weiterentwicklung.
Im Hinduismus und auch im Mahayana-Buddhismus wie auch im katholischen Christentum und im orthodoxen Christentum spielt Bilderverehrung eine gewisse Rolle. Gerade die monotheistischen Religionen, die abrahamitischen Religionen haben immer wieder Auseinandersetzungen gehabt ob man Gott über Bilder verehrt – ja oder nein?
Bilderverehrung
(Nach einem Artikel von Swami Sivananda im Buch Inspiration und Weisheit)
Der Mensch ist ein Bilderverehrer. Er liebt Symbole
Ein Stück weißes oder buntes Papier ist wertlos. Ist dort aber ein offizielles Zeichen auf dem Papier – das Bild des Königs oder das Bild eines Monuments und es eine Banknote ist – dann wird es von Menschen verehrt und geschätzt. Wenn du ein Stück Papier auf der Straße findest, wirfst du es in den Papierkorb. Wenn dieses Papier aber eine Geldnote ist, dann streifst du es glatt und hebst es auf.
Ein gewöhnliches Stück Stein ist wertlos. Du magst diesen Stein nicht beachten. Wenn aber ein berühmter Künstler diesen Stein bearbeitet hat, dann magst du dafür tausende oder hunderttausende Euro ausgeben. Genauso ist ein Stein erstmal ein Stein. Aber für einen Gottesverehrer ist eine Statue von Krishna etwas ganz Großartiges. Man verneigt den Kopf und faltet die Hände.
Genauso ist es mit Fotos. Angenommen, du hast ein Foto, auf dem nichts ist, dann magst du es wegwerfen. Ist auf dem Foto jedoch dein Kind abgebildet, dann wirst du das Bild voller Freude anschauen. Wenn es das Foto deiner Mutter oder deines Mannes ist, würdest du nicht auf die Idee kommen, darauf zu treten.
Jeder ist letztlich Bilderverehrer. Bilderverehrung liegt den Menschen sehr nahe. So gibt es in den verschiedenen Religionen Konzepte, wie du Gott über Bilderverehrung spüren kannst. Egal, ob Gott dargestellt wird • über eine steinerne Statue – zum Beispiel im Hinduismus, im Buddhismus oder im katholischen Christentum üblich –, • durch das Wort – in Bibel, Koran oder Thora – oder • in heiligen Buchstaben – wie die Suren des Koran.
Immer wird Gott verehrt über Symbole. So ist Bilderverehrung auf gewisse Weise auch charakteristisch für Religion.
Selbst wenn du Gott verehrst an heiligen Orten, wie beispielsweise vor einem heiligen Baum, dann verehrst du Gott letztlich über einen Teil des Ganzen, betrachtest den Teil für das Ganze.
Bilderverehrung als bildhafte Verehrung Gottes
Die Murti, die Prathiman, das Bild, die Statue Gottes ist nur ein Symbol für das Göttliche. Trotzdem: für den Gottesverehrer ist das kein Stein oder Klumpen Metall. Der Gottesverehrer denkt, dass in der Murti, in diesem Abbild Gottes, Gott ist. Dadurch ist es für ihn wertvoll. Ein Gläubiger wird nicht sagen: „Diese Statue wurde in Rajasthan produziert. Sie wiegt 30 Kilogramm. Sie besteht aus weißem Marmor aus Italien. Sie hat soundsoviel Rupien gekostet, ist in diesem und jenem Stil errichtet.“ Ein wahrer Gläubiger wird das Bild verehren als Repräsentation Gottes und wird sagen: „Oh Gott, du bist überall, du bist allmächtig, allwissend, allgegenwärtig. Du bist die Quelle von allem. Du sprichst zu mir über diese Murti, über diese Prathiman. Du bist ewig und unveränderlich. Bitte lass mich dich immer erkennen.“
Die Allgegenwart Gottes
Gott ist allgegenwärtig, allmächtig, allwissend. So ist Gott in allem: in jedem Gegenstand. Bilderverehrung heißt, Gott in einem Gegenstand besonders zu verehren, zu erwecken und eine Beziehung zu ihm aufzubauen. So wie ein Mensch Finger und Hände und Füße hat, kann ein Mensch dem anderen die Hand geben, um eine Beziehung aufzubauen; in anderen Kulturen den Fuß berühren; in wieder anderen sich umarmen oder die Nase reiben. Die Begrüßung heißt nicht, dass du die Hand oder den Fuß oder die Nase besonders schätzt. Du willst mit dieser Art der Begrüßung Kontakt zum ganzen Menschen aufnehmen.
Das gleiche ist die Bilderverehrung. Ein Gottesverehrer weiß, dass Gott allgegenwärtig ist. Aber um als Gott als Ganzes Kontakt aufzunehmen, verehrt er Gott über ein Symbol, eine Statue, ein Bild.
Götterbilder, um Verbindung mit Gott zu erfahren
Statuen von Gott, Murtis, Bilder von Gott sind nicht eitle Launen von Bildhauern oder Künstlern. Sie sind leuchtende Kanäle, durch die das Herz des Gottesverehrer zum Göttlichen hingezogen wird und wodurch die Gnade Gottes zu ihm hinfließt. Man kann Klangwellen von Menschen auf der ganzen Welt über einen Radioempfänger einfangen. Genauso kannst du mit dem allgegenwärtigen Gott über das Medium des Götterbildes verbunden sein. Das Bild bleibt Bild so wie ein Radio Radio bleibt. Aber durch das Radio spricht ein Sprecher zur ganzen Welt. Bild bleibt Bild, aber über das Bild, über die Statue, spricht Gott zum Gläubigen.
Manche Menschen sagen: Gott ist allgegenwärtiges Sein ohne konkrete Gestalt. Was soll Bilderverehrung bewirken? Wie kann Gott auf das Bild beschränkt sein? Sei dir bewusst: Gott ist allgegenwärtig, daher ist er auch in dem Bildnis, in der Statue gegenwärtig. Daher kannst du gerade über diese Statue Kontakt zu Gott aufnehmen. So ähnlich sind Radiowellen überall. Wenn du aber eine Radiosendung anhören willst, brauchst du das Radio und du musst die Schwingungsfrequenz der Radiowellen erfassen. Gott ist überall erfahrbar, aber über eine Murti, ein Prathiman, ein Bild, eine Statue Gottes kannst du dich verbinden. Dann musst du dich selbst einstimmen so wie du das Radio auf eine bestimmte Frequenz einstellen musst.
Bilderverehrung als Stütze für den spirituellen Anfänger
Gerade für jemanden am Anfang des spirituellen Weges ist Bilderverehrung sehr hilfreich. Wenige Menschen können Gott als das Absolute, das Unendliche erfahren und in der Meditation verwirklichen. Gott überall wahrzunehmen und die Gegenwart Gottes jederzeit zu praktizieren, ist für die meisten Menschen zu Anfang nicht möglich. Es braucht Reinigung, es braucht Disziplin. Für die große Mehrheit ist Bilderverehrung, Verehrung Gottes über ein Bild, wichtig, um Konzentration zu üben. Das Denken braucht eine Stütze, an der es sich festhalten kann. Die Wenigsten können eine Vorstellung vom Absoluten haben. So ist Bilderverehrung für den Anfänger wichtig. Bilderverehrung ist für das spirituelle Kind wichtig. Ein Symbol Gottes erinnert den Gottesverehrer an Gott. Über das materielle Bild kommt die geistige Vorstellung.
Bilder können lebendig werden. Bilderverehrung ist aber nicht nur Verehrung Gottes symbolisch, sondern Gott in dir hat auch die Kraft, das Göttliche im Gottesbild zu erwecken. Wenn eine Murti, eine Götterstatue oder ein Bild durch regelmäßige Gottesverehrung, Puja und andere Rituale verehrt wurde, dann offenbart sich die schlummernde Göttlichkeit. Dann wird die Göttlichkeit im Bild sichtbar, erfahrbar.
Bilder, Statuen, Symbole können lebendig werden. Bilder können sprechen. Götterstatuen können deine Fragen beantworten, deine Probleme lösen, sich dir gegenüber verhalten als ob sie lebendig seien. Ein Gottesverehrer sieht im Bild Gottes, in der Statue Gottes das Bewusstsein Gottes. Der Gläubige sieht wirklich Gott im Bild. Er spürt, dass Gott durch das Bild zu ihm spricht. Manchmal erscheint es ihm so, als ob die Statue anfängt, sich zu bewegen.
Es gibt viele Geschichten in Indien darüber, wie die großen Tempelstatuen lebendig werden. Im Tempel von Madura gibt es eine große Shiva Statue. Eines Tages nahm Shiva die Gestalt eines Holzfällers an und half einem anderen Holzfäller und einer Frau. Als ein Gottesverehrer fehlerhaft vor Gericht gestellt wurde, nahm das Bild im Tempel von Tirupati menschliche Gestalt an und legte im Gericht Zeugenschaft ab. Machtvolle Murtis werden lebendig. Sie werden Pratyaksha Devata, Gott, der sich offenbart.
Bilderverehrung kann dir helfen, über das Bild Gott zu erfahren. Menschen, die zu einem Götterbild gehen, spüren, dass ihre Krankheiten geheilt werden, dass sie Antworten auf ihre Fragen bekommen und ihre Wünsche erfüllt werden. Dass ihr Herz tief berührt wird, dass psychische Krankheiten verschwinden. Es gibt so viele wunderbare Geschichten über die Statuen in den großen heiligen Tempeln.
Bilderverehrung und Vedanta
Vedanta geht davon aus, dass Gott überall ist. Vedantins sagen manchmal: Wer verneigt sich vor was? Es gibt nur ein allumfassendes Bewusstsein. Warum sollte ich Gott in einer Murti verehren und mich verneigen? Wozu die ganze Bilderverehrung?
So gibt es manche Pseudo-Vedantins, die sich schämen, sich vor der Götterstatue im Tempel zu verneigen. Haben diese Pseudo-Vedantins Angst davor, dass das Advaita sich verflüchtigen kann, wenn man sich verneigt?
Große Heilige wie Shankara Sundara Apasabanda hatten die höchste Verwirklichung der Einheit. Sie haben Advaita Vedanta tatsächlich verwirklicht. Doch gingen sie in die Tempel, verbeugten sich und sagen die Hymnen. Tulsidas hatte kosmisches Bewusstsein. Er sah das Göttliche überall. Doch verehrte er auch Rama mit dem Bogen in der Hand. Tukaram hatte auch die Erfahrung der Einheit. Er wusste, dass Gott überall ist. Trotzdem verneigte er sich vor dem Bild Gott Vitalas von Pandapur und bat um seinen Segen.
Bilderverehrung widerspricht nicht der Vedanta-Sicht. Bilderverehrung hilft, dass du Gott erfahren kannst. Wenn ein Mensch in der Meditation Fortschritte macht, geht die Form im Formlosen auf. Er wird eins mit der gestaltlosen Essenz.
Daher verehre Gott zunächst über ein Bildnis, über eine Statue. Meditiere über Gott und seine Eigenschaften. Bete zu Gott über das Bild. Dann geht die Bilderverehrung weiter. Erkenne, dass Gott in den Heiligen und in den Weisen ist. Dann spüre, dass Gott kommt in allen Armen, Bedrückten und Leidenden. Dass du Gott verehrst, indem du den Armen, Leidenden und Bedrückten hilfst. Schließlich: Sieh, dass Gott überall ist und ewig.
Bilderverehrung im Judentum
Die Juden lehnen Bilderverehrung radikal ab und so gibt es in Synagogen keine Darstellungen von Gott, keine Darstellungen von Moses oder den anderen Propheten, normalerweise jedenfalls nicht. Aber trotzdem wird Gott verehrt, nämlich in der Thora. Die Thora wird in großer Ehrerbietung gehalten. Sie gilt eben nicht als Bild.
Bilderverehrung im Islam
auch im Islam wird Bilderverehrung abgelehnt. Es gibt keine oder kaum bildliche Darstellungen vom Propheten Mohammed, aber der Koran wird verehrt, oder wenn man bildliche Darstellung machen will, die den Geist öffnen, dann sind das entweder wunderschöne Ornamente oder eben Suren aus dem Koran in wunderschöner Kalligraphie.
Bilderverehrung im katholischen & evangelischen Christentum
Im katholischen Christentum gibt es die Bilder von Heiligen und es gibt auch Statuen von Jesus und Maria. In der Renaissance und im Barock gab es sogar Darstellungen von Gott als altem Mann auf einer Wolke mit einem langen Bart. So wurde Gott also auch verehrt über Bilder. Im evangelischen Christentum ist es so, dass die Bilderverehrung relativ radikal abgelehnt wird. Ich lebe ja jetzt in Bad Meinberg. Bad Meinberg ist Lippe und in Lippe gibt es die reformierte Kirche und so sind die Kirchen in Lippe, zumindest die reformierten Kirchen ohne jegliche Bilder. Sie haben einfach weiße Wände – architektonisch sehr schöne Kirchen aber keine Bilder, noch nicht mal ein Kreuz. Sowohl in der jüdischen Bibel wie auch in der christlichen Bibel steht irgendwo: „Du sollst dir kein Bild von mir machen“. Es gehört zu den 10 Geboten - das Bilderverbot. Das kann man jetzt unterschiedlich interpretieren.
Gottesbild als Kanal zu Gott
Ich selbst bin ja aus der Yoga-Vedanta-Richtung und wir haben jede Menge Bilder, die wir auch verehren. Wir haben Murtis, heilige Statuen mit denen Pujas gemacht wird, vor denen wir uns auch verneigen. Es gibt Bilder, die überall sind und die ich auch gerne grüße um mich damit zu verbinden. Bilderverehrung spielt dort schon eine Rolle. Aber – nicht die Bilder werden verehrt sondern über die Bilder soll Gott verehrt werden. Ich glaube, das Bilderverehrungsverbot in der Bibel bezieht sich auf etwas anderes. Er sagt, du sollst dir kein Bild machen von Gott, das soll heißen, denke niemals, dass du Gott wirklich verstehst. Wir können mit unserem Geist Gott nicht verstehen. Jedes Bild, das wir uns von Gott machen, ist begrenzt. Wir können Gott über Bilder verehren im Bewusstsein, die Bilder sind nicht Gott und Gott ist nicht so wie das Bild. Aber indem wir unseren Geist auf das Bild richten, öffnen wir uns für Hingabe. Angenommen Du würdest mit deiner Freundin oder deinem Freund telefonieren, dann sprichst du zum Handy, zum Smartphone, zum iPhone. Aber sprichst du zum Telefon? Nein, das Telefon ist eine Möglichkeit, wie du Kontakt aufnehmen kannst mit einem Freund, einer Freundin. Du verehrst nicht das Telefon, sondern das Telefon ist ein Mittel dafür. Du würdest nie annehmen, dass dein Freund, deine Freundin im Telefon ist. Ein Bild wird zu einem Kanal über den du deine Hingabe an Gott richten kannst. Nicht das Bild ist Gott und Gott ist auch nicht im Bild beschränkt, aber über das Bild kannst du Kontakt zu Gott aufnehmen. Das ist der Sinn der Bilderverehrung. Aber wenn du denkst, Gott mag nur die Christen oder Gott mag nur die Juden, oder Gott mag nur diese Verehrung oder Gott ist so und so, dann machst du dir ein Bild von Gott und das ist notwendigerweise falsch. Meiner Ansicht nach solltest du dir kein Bild von Gott machen und kein Bild von Gott machen heißt dann eben, dass du Gott verehrst, vielleicht über Bilder, vielleicht auch ohne Bilder aber eben ohne zu denken, dass deine Vorstellung, dein Bild von Gott stimmt.
Was denkst du zum Thema Bilderverehrung?
Video Bilderverehrung
Videovortrag mit dem Thema Bilderverehrung :
Autor/Sprecher/Kamera: Sukadev Bretz, Gründer von Yoga Vidya, Seminarleiter zu Yoga und Meditation.
Hier ein weiteres Video:
Bilderverehrung Audio Vortrag
Hier die Audiospur des oberen Videos zu Bilderverehrung :
<html5media>https://yoga-meditation-kurzvortrag.podspot.de/files/Bilderverehrung.mp3</html5media>
Siehe auch
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