Goraksha Paddhati
Goraksha Paddhati (Sanskrit: गोरक्षपद्धति gorakṣa-paddhati f.) der Leitfaden ("Weg" Paddhati) des Goraksha; Titel eines Werkes zum Hatha Yoga, das eine Zusammenstellung (Samhita) von Versen darstellt, die dem Yogameister Goraksha Natha zugeschrieben werden. Das Werk ist auch unter den Namen Goraksha Samhita und Mukti Sopana bekannt. Auszüge der Goraksha Paddhati, die im Wesentlichen aus zwei Teilen zu je 100 Versen (Shataka) besteht, sind wiederum unter verschiedenen Namen bekannt, darunter als Goraksha Shataka, Yoga Martanda, Viveka Martanda und Yogachudamani Upanishad.
Einführende Bemerkungen zur Goraksha Paddhati
Bedeutung des Textes
Die Goraksha Paddhati bzw. Goraksha Samhita ist für die Erforschung der Hatha Yoga-Texte, die im engeren Zusammenhang der Tradition der Natha-Yogis stehen, von außerordentlichem Interesse. Nach bisherigem Erkenntnisstand gehört sie zur ältesten Schicht (ca. 10.-12. Jh.) von in enger Beziehung zu Goraksha Natha stehenden Yogatexten, in denen die verschiedenen Glieder des Hatha Yoga gelehrt werden. Selbst der bekannteste Hatha-Yoga-Text, die Hatha Yoga Pradipika (ca. 15. Jh.), zitiert bzw. übernimmt viele Verse, teilweise wortwörtlich oder abgewandelt, aus der Goraksha Paddhati.
Der Name Goraksha (Natha) wird bereits zu Beginn der HYP zweimal erwähnt (vgl. Hatha Yoga Pradipika 1.4-5). Auch im Zusammenhang mit der im vierten Kapitel gelehrten Meditation über den als Anahata Nada bekannten inneren Klang (Nadopasana) stellt sich Svatmarama einmal mehr ausdrücklich in die Traditionslinie Goraksha Nathas (Hatha Yoga Pradipika 4.65):
- aśakya-tattva-bodhānāṃ mūḍhānām api saṃmatam |
- proktaṃ gorakṣa-nāthena nādopāsanam ucyate || 4.65 ||
"Nun wird die von Goraksha Natha gelehrte (Prokta) Methode der Konzentration auf den inneren Klang (Nadopasana) erklärt, die selbst von den Unerfahrenen (Mudha), denen die Erkenntnis (Bodha) der (höchsten) Wahrheit (Tattva) noch unmöglich (Ashakya) ist, geschätzt (Sammata) wird." (HYP 4.65)
Nahezu alle Teile der Version 1 bzw. 2 des Goraksha Shataka und der größte Teil der Yogachudamani Upanishad sind der Goraksha Paddhati entnommen, teilweise in derselben, teilweise in geänderter Versfolge. Dabei bieten diese Versionen häufig interessante Lesarten und Varianten, die für das Gesamtverständnis dieser Textgruppe sehr hilfreich sind. Für ein besseres Textverständnis sind im Rahmen der Übersetzung daher einige textkritische Anmerkungen und Bezüge zum Goraksha Shataka, zur Yogachudamani Upanishad sowie zur Hatha Yoga Pradipika unerlässlich.
Goraksha Natha und Matsyendra Natha
Goraksha Natha (Gorakhnath) gilt als der Begründer der Tradition der Nath Yogis, die auch als Kanphata Yogis bekannt sind. Obwohl an seiner Historizität nicht gezweifelt werden kann, so ist doch wenig Gesichertes von ihm bekannt, und seine Gestalt wird von einer Unmenge von Mythen und Legenden umwoben. Seine Lebenszeit wird in verschiedenen Quellen zwischen dem 7. und 15. Jahrhundert angegeben, wobei das 10. Jahrhundert, nicht zuletzt aus den weiter unten zu erörternden Gründen, als ziemlich wahrscheinlich angesehen werden kann. Sein Wirkungsbereich erstreckte sich auf das nördliche Indien, möglicherweise auch auf das heutige Nepal und Tibet, wo er als Schutzgottheit bzw. buddhistischer Magier verehrt wurde. Sein Lehrer war Matsyendra Natha bzw. Mina Natha, der seinerseits ein mythenumwobener Yogi war, der von Shiva persönlich die Yogalehren erhalten haben soll.
Häufig wird davon ausgegangen, dass Minanatha und Matsyendranatha sich auf ein und denselben Yogameister beziehen, da beide Namen "Herr der Fische" bedeuten, der im 7. oder 10. Jahrhundert n. Chr. gelebt haben soll. Dagegen weist die in der Hatha Yoga Pradipika (HYP 1.5-9) gegebene Liste der Schülernachfolge darauf hin, dass es sich hierbei um zwei verschiedene Meister der sogenannten Natha-Tradition handelt, die bis auf Adinatha, den "uranfänglichen Herrn" (ein Name Shivas), zurückgeht.
Als zweiter Meister nach Adinatha wird der legendäre Matsyendra ("Herr der Fische") genannt, der auch Matsyendranatha heißt, da an jeden Namen dieser Liste die Bezeichnung Natha "Herr, Meister" gehängt werden kann. Dieser habe als Fisch (oder im Bauch eines Fisches) Shivas Yogaunterweisung belauscht und sei dann von diesem als Yogameister initiiert worden. Dann folgen drei weitere Meister mit den Namen Shabara (Natha), Anandabhairava (Natha) und Chaurangin (Natha). Danach wird Mina ("Fisch"), d.h. Minanatha genannt, gefolgt von Goraksha ("Kuhhirt") bzw. Gorakshanatha, dem Verfasser der Verse des Goraksha Shataka und somit der vorliegenden Goraksha Paddhati:
- śrī-ādinātha-matsyendra-śābarānanda-bhairavāḥ |
- cauraṅgī-mīna-gorakṣa-virūpākṣa-bileśayāḥ || 1.5 ||
- ...
- ity ādayo mahā-siddhā haṭha-yoga-prabhāvataḥ |
- khaṇḍayitvā kāla-daṇḍaṃ brahmāṇḍe vicaranti te || 1.9 ||
"Adinatha (Shiva), Matsyendra, Shabara, Anandabhairava, Chaurangin, Mina, Goraksha, Virupaksha, Bileshaya, ... - diese und weitere vollendete Meister (Mahasiddha), die durch die Macht (Prabhava) des Hatha Yoga den Stab (Danda) des Todes ("der Zeit", Kala) zerbrochen haben, wandeln in der Welt (Brahmanda) umher." (HYP 1.5-9 )
Mina bzw. Minanatha wird nun im zweiten Vers der Version 2 des Goraksha Shataka als der Meister des Goraksha (der im darauffolgenden Vers 3 genannt wird) gepriesen (śrī-mīna-nāthaṃ bhaje), was durch die unmittelbare Aufeinanderfolge dieser beiden Meister in der Liste der HYP (1.5) gestützt wird. Somit wären Matsyendra bzw. Matsyendranatha dem 7. Jahrhundert, und Mina bzw. Minanatha sowie dessen Schüler Goraksha Natha dem 10. Jahrhundert n. Chr. zuzuordnen.
Goraksha Paddhati Übersetzung, Sanskrit Text Devanagari und Umschrift, Wort-für-Wort-Übersetzung
Shataka 1 Vers 1: Verehrung des Meisters
Ich verehre den ehrwürdigen Lehrer, der die höchste Glückseligkeit ist, dessen Natur die Wonne im Selbst ist, und in dessen bloßer Anwesenheit der Körper zu Bewusstsein und Wonne wird.
- श्रीगुरुं परमानन्दं वन्दे स्वानन्दविग्रहम् |
- यस्य सान्निध्यमात्रेण चिदानन्दायते तनुः || १ ||
- śrī-guruṃ paramānandaṃ vande svānanda-vigraham |
- yasya sānnidhya-mātreṇa cid-ānandāyate tanuḥ || 1.1 ||
- shri-gurum paramanandam vande svananda-vigraham |
- yasya sannidhya-matrena cid-anandayate tanuh || 1.1 ||
Wort-für-Wort-Übersetzung
- śrī-gurum : den ehrwürdigen (Shri) Lehrer, Meister (Guru)
- paramānandam : die höchste Glückseligkeit, Wonne (Paramananda)
- vande : ich verehre (vand)
- svānanda-vigraham : dessen Natur ("Gestalt", Vigraha) die Wonne im Selbst (Svananda) ist
- yasya : (in) dessen (Yad)
- sānnidhya-mātreṇa : bloßer (Matra) Anwesenheit, in der Nähe Sein (Sannidhya)
- cid-ānandāyate : zu Bewusstsein und Wonne wird (Chidananday)
- tanuḥ : der Körper (Tanu)
Anmerkungen: Dieser Vers erscheint wortwörtlich als Vers 1 der Version 2 des Goraksha Shataka, die im Wesentlichen dem ersten Shataka der Goraksha Paddhati entspricht. In einem diesem vorgeschalteten, vermutlich auf einen Kommentator der Goraksha Paddhati zurückgehenden Vers heißt es, sie sei ein Kommentar eines Mahidhara zur (Yoga-)Lehre des Goraksha (vgl. auch Hatha Yoga Pradipika 1.1, die ebenfalls mit einer Verneigung vor Adinatha/Shiva als Begründer des Hatha Yoga beginnt):
- śrī-ādināthaṃ sva-guraṃ hariṃ muniṃ
- gorakṣa-śāstrasya praṇamya yoginam |
- bhāṣā-vivṛttiṃ kurute mahī-dharo
- yoge su-bodhaḥ khalu jāyate yayā || GP 1.0 ||
"Nachdem er sich vor Adinatha, (und) seinem eigenen Meister (Sva-Guru) Hari, dem Weisen (Muni) und Yogin verbeugt hat, verfasst Mahidhara den Bhashavivritti (genannten Kommentar) zur Lehre (Shastra) des Goraksha, durch den ein richtiges Verständnis (Subodha) in Bezug auf den (Hatha-)Yoga entsteht."
Shataka 1 Vers 2: Verehrung des Meisters
Nachdem er hingebungsvoll (seinen) Meister verehrt hat, verkündet Goraksha das höchste Wissen, das von den Yogis ersehnt wird, das die höchste Glückseligkeit bewirkt.
- नमस्कृत्य गुरुं भक्त्या गोरक्षो ज्ञानमुत्तमम् |
- अभीष्टं योगिनां ब्रूते परमानन्दकारकम् || २ ||
- namas-kṛtya guruṃ bhaktyā gorakṣo jñānam uttamam |
- abhīṣṭaṃ yogināṃ brūte paramānanda-kārakam || 1.2 ||
- namas-kritya gurum bhaktya goraksho jnanam uttamam |
- abhishtam yoginam brute paramananda-karakam || 1.2 ||
Wort-für-Wort-Übersetzung
- namas-kṛtya : nachdem er verehrt hat (Namas-Kritya)
- gurum : den Lehrer, Meister (Guru)
- bhaktyā : hingebungsvoll, mit Hingabe (Bhakti)
- gorakṣaḥ : Goraksha
- jñānam : Wissen (Jnana)
- uttamam : das höchste (Uttama)
- abhīṣṭam : das ersehnt wird ("gewünscht", Abhishta)
- yoginām : von den Yogis (Yogin)
- brūte : verkündet, lehrt (brū)
- paramānanda-kārakam : das die höchste Glückseligkeit (Paramananda) bewirkt (Karaka)
Anmerkungen: Dieser Vers erscheint wortwörtlich als Vers 3 der Version 2 des Goraksha Shataka. Der Meister Gorakshas war Minanatha (Matsyendranatha). Dieser wird in Vers 2 der Version 2 des Goraksha Shataka als eine Verkörperung Shivas (Adinatha) gepriesen:
- antar-niścalitātma-dīpa-kalikāsv ādhāra-bandhādibhir
- yo yogī yuga-kalpa-kāla-kalanāt tattvena jegīyate |
- jñānāmoda-mahodadhiḥ samabhavad yatrādi-nāthaḥ svayaṃ
- vyaktāvyakta-guṇādhikaṃ tam aniśaṃ śrī-mīna-nāthaṃ bhaje || 2, 2 ||
"Ich verehre ohne Unterlass den ehrwürdigen Minanatha, den Yogi im Glanz des inneren unbewegten Lichtes (Dipa) des Selbst (Atman), (das er) durch (die Praxis von) Wurzelverschluss (Adharabandha) usw. (erlangt hat), ihn, in dem sich der ursprüngliche Herr (Adinatha) selbst verkörpert hat, der infolge (seiner) Erschaffung (Kalana) der Zeit (Kala in Form) der Weltzeitalter (Yuga) und Weltschöpfungszyklen (Kalpa) als das Grundprinzip (Tattva) gepriesen wird, diesen Ozean (Mahodadhi) der Wonne (Amoda) der Erkenntnis (Jnana), der gegenüber den Eigenschaften (Guna) des Manifesten (Vyakta) und Unmanifesten (Avyakta) erhaben ist." (GŚ 2, 2)
Shataka 1 Vers 3: Einleitung
Er lehrt (nun) mit dem Wunsch den Yogis zu nützen die (Vers-)Sammlung des Goraksha, durch deren Verständnis der höchste Zustand (des Yoga) gewiss entsteht.
- गोरक्षसंहितां वक्ति योगिनां हितकाम्यया |
- ध्रुवं यस्यावबोधेन जायते परमं पदम् || ३ ||
- gorakṣa-saṃhitāṃ vakti yogināṃ hita-kāmyayā |
- dhruvaṃ yasyāvabodhena jāyate paramaṃ padam || 1.3 ||
- goraksha-samhitam vakti yoginam hita-kamyaya |
- dhruvam yasyavabodhena jayate paramam padam || 1.3 ||
Wort-für-Wort-Übersetzung
- gorakṣa-saṃhitām : die (Vers-)Sammlung des Goraksha (Goraksha Samhita)
- vakti : er lehrt, verkündet (vac)
- yoginām : der Yogis (Yogin)
- hita-kāmyayā : mit dem Wunsch für den Nutzen (Hitakamya)
- dhruvam : gewiss, sicherlich (Dhruva)
- yasya : dessen (Yad)
- avabodhena : durch das Verständnis (Avabodha)
- jāyate : entsteht (jan)i
- paramam : der höchste (Parama)
- padam : Zustand, Bewusstseinszustand ("Ort", Pada)
Anmerkungen: Dieser Vers erscheint mit einer interessanten Lesart als Vers 4 der Version 2 des Goraksha Shataka. Dort heißt es im ersten Pada gorakṣaḥ śatakaṃ vakti "Goraksha lehrt (eine Sammlung von) einhundert (Versen, Shataka)" statt gorakṣa-saṃhitāṃ vakti. Obwohl der Text hier als Goraksha Samhita bezeichnet wird, ist er genauso als Goraksha Paddhati bekannt. Aus dem vorangehenden Vers 2 ergibt es sich, dass der Verfasser der Verse dieser "Sammlung" (Samhita) Goraksha ist: gorakṣo jñānam uttamam ... brūte.
Der "höchste Zustand" (paramaṃ padam) ist laut Hatha Yoga Pradipika (4.3-4) identisch mit dem Rajayoga, Samadhi oder Jivanmukti genannten Bewusstseinszustand und somit gleichbedeutend mit der Erfahrung der Nichtdualität (Advayatva), der immerwährenden Identität von "Selbst" (Atman) und Brahman, dem "Absoluten".
Shataka 1 Vers 4: Einleitung
Dies ist eine Leiter zur Befreiung. Es bedeutet das Überlisten des Todes. Denn, wenn der Geist von der Sinneserfahrung abgewandt ist, richtet er sich auf das höchste Selbst.
- एतद्विमुक्तिसोपानमेतत्कालस्य वञ्चनम् |
- यद्व्यावृत्तं मनो भोगादासक्तं परमात्मनि || ४ ||
- etad vimukti-sopānam etat kālasya vañcanam |
- yad vyāvṛttaṃ mano bhogād āsaktaṃ paramātmani || 1.4 ||
- etad vimukti-sopanam etat kalasya vanchanam |
- yad vyavrittam mano bhogad asaktam paramatmani || 1.4 ||
Wort-für-Wort-Übersetzung
- etat : dies (Etad)
- vimukti-sopānam : ist eine Leiter (Sopana) für die Befreiung (Vimukti)
- etat : dies
- kālasya : des Todes ("der Zeit", Kala)
- vañcanam : ist das Täuschen ("Hintergehen, Entrinnen", Vanchana)
- yat : weil (Yad)
- vyāvṛttam : abgewandt (Vyavritta)
- manas : der Geist, das Denken (Manas)
- bhogāt : von der Sinneserfahrung, vom Genuss (der Sinnesobjekte, Bhoga)
- āsaktam : gerichtet ist ("hängend an", Asakta)
- paramātmani : auf das höchste Selbst (Paramatman)
Anmerkungen: Dieser Vers erscheint wortwörtlich als Vers 5 der Version 2 des Goraksha Shataka. In Vers 2 der Version 1 des Goraksha Shataka heißt es im 4. Pada mohāt "von der Täuschung" statt bhogāt. Der Geist, der sich in der Meditation von der äußerlichen Erfahrung (Bhoga) abwendet, erreicht den Zustand des Yoga, die Erfahrung der Identität mit dem höchste Selbst.
Die Wissenschaft des Hatha Yoga wird - vielleicht als Referenz an den vorliegenden Vers der Goraksha Paddhati - im ersten Vers der Hatha Yoga Pradipika (1.1) ebenfalls als eine Leiter bezeichnet:
- śrī-ādi-nāthāya namo’stu tasmai yenopadiṣṭā haṭha-yoga-vidyā |
- vibhrājate pronnata-rāja-yogam āroḍhum icchor adhirohiṇīva || 1.1 ||
"Verehrung (Namas) sei dem verehrungswürdigen (Shri) uranfänglichen Herrn (Adinatha), von dem die Wissenschaft (Vidya) des Hatha Yoga gelehrt wurde (Upadishta), die wie eine Leiter (Adhirohini) für denjenigen erstrahlt, der den äußerst erhabenen (Pronnata) königlichen Yoga (Rajayoga) zu erklimmen wünscht (Ichchhu)." (HYP 1.1)
Shataka 1 Vers 5: Einleitung
Ihr Besten (der Menschen), praktiziert Yoga! - den Vernichter des Leidens der weltlichen Existenz, der die Frucht des Wunschbaums der heiligen Überlieferung ist, dessen Zweige von den Vögeln, den Zweimalgeborenen, besucht werden.
- द्विजसेवितशाखस्य श्रुतिकल्पतरोः फलम् |
- शमनं भवतापस्य योगं भजत सत्तमाः || ५ ||
- dvija-sevita-śākhasya śruti-kalpa-taroḥ phalam |
- śamanaṃ bhava-tāpasya yogaṃ bhajata sattamāḥ || 1.5 ||
- dvija-sevita-shakhasya shruti-kalpa-taroh phalam |
- shamanam bhava-tapasya yogam bhajata sattamah || 1.5 ||
Wort-für-Wort-Übersetzung
- dvija-sevita-śākhasya : dessen Zweige (Shakha) von Vögeln, Zweimalgeborenen (Dvija) besucht (Sevita) werden
- śruti-kalpa-taroḥ : des Wunschbaums (Kalpataru) der heiligen Überlieferung (Shruti)
- phalam : die Frucht (Phala)
- śamanam : den Vernichter ("Beruhiger", Shamana)
- bhava-tāpasya : des Leidens (Tapa) der weltlichen Existenz (Bhava)
- yogam : Yoga
- bhajata : betreibt (bhaj)
- sattamāḥ : ihr Besten (der Menschen, Sattama)
Anmerkungen: Dieser Vers erscheint wortwörtlich als Vers 6 der Version 2 des Goraksha Shataka. In Vers 3 der Version 1 des Goraksha Shataka heißt es im 4. Pada bhajati saj-janaḥ "ein guter Mensch praktiziert" statt bhajata sattamāḥ.
Dvija (dvi-ja) "zweimal geboren" bedeutet sowohl "Vogel" als auch die Mitglieder der drei oberen Kasten bzw. Stände (Varna). Shakha (śākhā) bedeutet auch einen "Zweig", also eine Schule bzw. Überlieferungstradition (Rezension) des Veda.
Sanskrit Text Goraksha Paddhati
(Version Divine Yoga Institute, Kathmandu, Druckfehler korrigiert nach der Edition der Laxmi-Venkateshwar Press, Bombay)
śrī-guruṃ paramānandaṃ vande svānanda-vigraham |
- yasya sānnidhya-mātreṇa cid-ānandāyate tanuḥ || 1.1 ||
namas-kṛtya guruṃ bhaktyā gorakṣo jñānam uttamam |
- abhīṣṭaṃ yogināṃ brūte paramānanda-kārakam || 1.2 ||
gorakṣa-saṃhitāṃ vakti yogināṃ hita-kāmyayā |
- dhruvaṃ yasyāvabodhena jāyate paramaṃ padam || 1.3 ||
etad vimukti-sopānam etat kālasya vañcanam |
- yad vyāvṛttaṃ mano bhogād āsaktaṃ paramātmani || 1.4 ||
Konkordanz der Verse der Goraksha Paddhati, des Goraksha Shataka (Version 1 und 2), der Yogachudamani Upanishad, der Hatha Yoga Pradipika und weiterer Texte
Diese Übersicht betrachtet die Verse der Goraksha Paddhati (Shataka 1 und 2) im Vergleich mit identischen oder ähnlich lautenden Versen der Versionen 1 und 2 des Goraksha Shataka, der Yogachudamani Upanishad, des Viveka Martanda, des im Yoga Tarangini Tika gannten Kommentar überlieferten Textes sowie der Hatha Yoga Pradipika.
Abkürzungen:
- GP Goraksha Paddhati (Shataka 1 und 2)
- GŚ 1 Goraksha Shataka (Version 1)
- GŚ 2 Goraksha Shataka (Version 2)
- YCU Yogachudamani Upanishad
- VM Viveka Martanda
- YTT Yoga Tarangini Tika
- HYP Hatha Yoga Pradipika
- ab / cd erstes und zweites / drittes und viertes Versviertel (Pada)
- ef fünftes und sechstes Versviertel
- = ist identisch mit
- ≃ ist nahezu identisch mit
- ~ ist ähnlich, weicht mehr oder weniger stark ab von
GP (Shataka 1) | GŚ 1 | GŚ 2 | YCU | VM | YTT | HYP | GP (Shataka 2) | GŚ 1 | GŚ 2 | YCU | VM | YTT | HYP | |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
1.1 | = 1 | = 1 | = 1 | 2.1 | ||||||||||
1.2 | = 3 | = 3 | ≃ 3 | 2.2 | ||||||||||
1.3 | ~ 4 | ~ 4 | 2.3 | |||||||||||
1.4 | ~ 2 | = 5 | = 4 | = 5 | 2.4 | |||||||||
1.5 | 2.5 | |||||||||||||
1.6 | 2.6 | |||||||||||||
1.7 | 2.7 | |||||||||||||
1.8 | 2.8 | |||||||||||||
1.9 | 2.9 | |||||||||||||
1.10 | 2.10 | |||||||||||||
1.11 | 2.11 | |||||||||||||
1.12 | 2.12 | |||||||||||||
1.13 | 2.13 | |||||||||||||
1.14 | 2.14 | |||||||||||||
1.15 | 2.15 | |||||||||||||
1.16 | 2.16 | |||||||||||||
1.17 | 2.17 | |||||||||||||
1.18 | 2.18 | |||||||||||||
1.19 | 2.19 | |||||||||||||
1.20 | 2.20 | |||||||||||||
GP (Shataka 1) | GŚ 1 | GŚ 2 | YCU | VM | YTT | HYP | GP (Shataka 2) | GŚ 1 | GŚ 2 | YCU | VM | YTT | HYP | |
1.21 | 2.21 | |||||||||||||
1.22 | 2.22 | |||||||||||||
1.23 | 2.23 | |||||||||||||
1.24 | 2.24 | |||||||||||||
1.25 | 2.25 | |||||||||||||
1.26 | 2.26 | |||||||||||||
1.27 | 2.27 | |||||||||||||
1.28 | 2.28 | |||||||||||||
1.29 | 2.29 | |||||||||||||
1.30 | 2.30 |