Yoga Vidya Unterrichtsprinzipien
Yoga Vidya Unterrichtsprinzipien - Yoga Vidya hat sieben wichtige Grundregeln für den Yogaunterricht aufgestellt, an die der Lehrer sich halten soll. Diese Regeln gelten für jede Stunde.
Die 7 Yoga Vidya Unterrichtsprinzipien
Wenn du bei Yoga Vidya eine Yogalehrerausbildung machst oder gemacht hast, dann kannst du hier das Gelernte wiederholen. Falls du überlegst, diese Ausbildung zu machen, erfährst du einiges, was du dort lernst. Yoga Vidya ist einer der vielen Stile im Hatha Yoga, momentan der populärste Hatha Yoga Stil in Deutschland (2017). Beim Unterrichten gibt es 7 Unterrichtsprinzipien zu beachten. Diese lauten:
- 1.Der Unterricht basiert auf der Yoga Vidya Grundreihe
- 2.Der Unterricht wird stark angepasst an die Zielgruppe und das Ziel der Yogastunde
- 3.Die Asanas werden gehalten
- 4.Die Betonung liegt auf Entspannung, Atmung und Konzentration
- 5.Respekt vor den Teilnehmern, Unterrichten mit Spürgenauigkeit statt äußerer Genauigkeit
- 6.Der Yogalehrer/die Yogalehrerin unterrichtet mit Stimme, mit Händen und Füßen, mit Prana und Liebe
- 7.Einstellung des Yogalehrers/der Yogalehrerin: Der Yogalehrer/die Yogalehrerin betrachtet das Unterrichten als eigene Yogapraxis, er/sie macht sich zum Instrument, um zu Dienen und Gutes zu bewirken und ist selbst Yogaübender
Im Folgenden wird näher auf die einzelnen Prinzipien eingegangen.
1. Der Unterricht basiert auf der Yoga Vidya Grundreihe
Die Yoga Vidya Grundreihe ist folgendermaßen aufgebaut:
Beginn der Yogastunde
- Anfangsentspannung: 1 bis 5 Minuten
- Sitzhaltung einnehmen, typischerweise OM und Mantra zur inneren Sammlung
- Atemübungen: Kapalabhati und Wechselatmung sind hier die wichtigsten
- Karanas: Übungen, die den Körper aufwärmen und in Gang setzen; hier sind die wichtigsten Surya Namaskar (der Sonnengruß) und Navasana (Bauchmuskelübungen)
12 Asanas in Verbindung mit kleinen Variationen:
- 1.Shirshasana – Kopfstand
- 2.Sarvangasana – Schulterstand
- 3.Halasana – Pflug
- 4.Matsyasana – Fisch
- 5.Paschimottanasana – Vorwärtsbeuge
- 6.Bhujangasana – Kobra
- 7.Shalabasana – Heuschrecke
- 8.Dhanurasana – Bogen
- 9.Ardha Matsyendrasana – Drehsitz
- 10.Mayurasana – Pfau
- 11.Pada Hastasana – stehende Vorwärtsbeuge
- 12.Trikonasana – Dreieck
Beenden der Yogastunde
- Shavasana: Tiefenentspannung
- Sitzhaltung einnehmen, OM und Mantra, eventuell auch Meditation
2. Der Unterricht wird stark angepasst an die Zielgruppe und das Ziel der Yogastunde
Die starke Anpassung an die Zielgruppe und Zielsetzung führen bei Yoga Vidya zu einer großen Bandbreite. Dies ist das Besondere am Yoga Vidya Stil. Yoga für Kinder wird ganz anders unterrichtet als Yoga für Senioren. Menschen, die spirituell interessiert sind, wird man anders unterrichten als Menschen in einem therapeutischen Setting, in einer Reha-Klinik. Oder wenn man im Businessyoga 5 Minuten Zeit hat, wird man anders unterrichten, als bei einem Asana-Intensivseminar in einem Yoga-Ashram, wo man für die Yogastunde am Nachmittag vielleicht 4 Stunden Zeit hat.
Es ist auch wichtig, diese Anpassung zu verstehen. Manchmal wird gefragt, ob der Yoga Vidya Stil eher sanft oder eher fordernd sei – nun, er kann beides sein! Manchmal wird gefragt: "Ist der Yoga Vidya Stil eher für Jüngere oder Ältere geeignetß" – wiederum ist er beides! Es gibt Yogastile, die mehr therapeutisch sind, solche, die mehr auf Wellness ausgerichtet sind, solche, die eher sportlich orientiert sind, solche, die spirituell sind – wie ist das beim Yoga Vidya Stil? Die Antwort ist: Er kann alles sein. Trotz der unterschiedlichen Zielsetzung und Anpassung, die bei Yoga Vidya möglich ist, gibt es eine Grund-Zielsetzung, die immer besteht, weswegen auch die Yoga Vidya Grundreihe so wichtig ist:
- -Was auch bei Yoga Vidya unterrichtet wird, es soll immer gesund / gesundheitsfördernd sein.
- -Der Körper soll immer gefordert werden, alle Teile des Körpers sollen trainiert werden, sodass eine körperliche Entwicklung stattfinden kann.
- -Es soll gut sein für das Prana, für die Lebensenergien. Prana soll aktiviert und harmonisiert werden. Menschen sollen nach einer Yogastunde mehr Prana spüren, als vorher.
- -Es soll gut für die Emotionen sein, dass der Mensch sich wohler und in Harmonie fühlt.
- -Es soll so sein, dass der Mensch konzentriert ist und nach der Yogastunde eine Klarheit des Geistes haben.
- -Dem Menschen soll eine spirituelle Erfahrung ermöglicht werden, sofern er dafür offen ist. Er soll mit einem Gefühl von Freude, Liebe und Öffnung aus der Yogastunde herausgehen. Dieses Erfahren von Freude und Liebe, das ist die spirituelle Öffnung.
Auch in der konkreten Zielsetzung und starken Anpassung bezieht Yoga Vidya stets die Ganzheitlichkeit des Menschen mit ein.
3.Die Asanas werden gehalten
Es ist eigentlich selbstverständlich, dass Asanas gehalten werden, denn Asana heißt „Stellung“. Asana ist etwas, das ruhig gehalten wird. Dieser Punkt wurde nachträglich den Yoga Vidya Unterrichtsprinzipien zugefügt (anfangs waren es nur 5).
Seit den 2000er Jahren kommen immer mehr Yogarichtungen aus Amerika nach Deutschland, die keine Asanas halten, sondern nur dynamische Übungen enthalten. Sukadev fand es wichtig, festzulegen: Im Yoga Vidya Stil werden Asanas gehalten. Selbst im Flow Yoga bei Yoga Vidya gibt es einige Asanas, die ruhig gehalten werden. Gerade das meditative Element und das Bewusstseins-Element, sowie die Wirkung auf Prana, Nadis und Chakras, und letztlich auch eine gute Dehnung und Entspannung gehen über das statische Halten von Asanas.
4.Die Betonung liegt auf Entspannung, Atmung und Konzentration
- Entspannung: In den Yogastunden bei Yoga Vidya wird besonders darauf geachtet, dass bei den Asanas nur die Muskeln genutzt werden, die erforderlich sind. Alles andere entspannt. Das entspricht im Grunde der traditionellen Hatha Yogaweise: die Asanas werden gehalten, der größte Teil der Muskeln entspannt, aber jene, die notwendig sind, sind gut angespannt.
Ein Beispiel: im Schulterstand werden Fußsohlen und Waden entspannt. Die Zehen werden nicht zur Decke hingegeben. Das Gesicht wird entspannt. Bestimmte Muskeln werden zwar angespannt, um in der Asana zu sein, aber alles andere entspannt. Auch während der Zwischenentspannung in Stunden für Anfänger und Mittelstufe wird immer darauf geachtet/angesagt: Muskeln entspannen!
- Atmung: Die Atmung ist sehr wichtig, die Betonung darauf wird bei Yoga Vidya immer wieder gelehrt. In einer Yogastunde bei Yoga Vidya wirst du immer wieder auf deine Atmung hingewiesen. Die Grundatmung ist die Bauchatmung, bei Fortgeschritteneren ist es die Vollständige Yogaatmung. Über die Atmung kann man entspannen, über die Atmung sich aufladen, über die Atmung hat man eine Auswirkung auf das Prana.
- Konzentration/Bewusstheit: Im Yoga konzentrierst du dich nicht darauf, was der Nachbar macht. Auch nicht darauf, wie du in einem Spiegel aussiehst. Vielmehr ist die Konzentration bei dem, was du JETZT machst, und bei dem, was du JETZT fühlst und spürst. Es ist also eine „ideale“ Yogastunde, wenn du an nichts anderes denkst, als an das, was du gerade machst, und das, was du gerade fühlst.
Hast du bisher nur bei Yoga Vidya oder ähnlichen Richtungen Yoga geübt, dann mag dir das alles selbstverständlich erscheinen. Aber es gibt Yogastile, bei denen die Atmung überhaupt nicht berücksichtigt wird. Es gibt Yogastile, wo Entspannung nie erwähnt wird. Es gibt sogar Yogastile, die nur mit lauter Musik gemacht werden, und wo du dich eben nicht auf die Asana selbst konzentrierst. Bei Yoga Vidya spielen Entspannung, Atmung und Konzentration eine wichtige Rolle.
5.Respekt vor den Teilnehmern, Unterrichten mit Spürgenauigkeit statt äußerer Genauigkeit
Der Aspekt des Respekts vor den Teilnehmern / der Spürgenauigkeit beinhaltet, dass der Teilnehmer/die Teilnehmerin selbst entscheidet. In anderen Yogastilen sagt der Yogalehrer/die Yogalehrerin dem Teilnehmer/der Teilnehmerin genau, wie er/sie die Yogastellung machen soll. Auch im Anfängerkurs bei Yoga Vidya ist es üblich, zu sagen, wie die Asanas zu machen sind.
Aber je länger ein Teilnehmer/eine Teilnehmerin im Yoga Vidya Stil übt, desto mehr Verantwortung bekommt er/sie selbst. So kann es z.B. sein, dass jemand bei der Kobra die Finger dicht zusammenhält, oder auseinander. Dass er/sie die Fersen zusammen gibt, oder auseinander. Die Beine anspannt, oder entspannt hält. Es kann sein, dass sich jemand in der Vorwärtsbeuge besonders bemüht, den Rücken gerade zu halten, oder sich mit rundem Rücken in die Stellung hinein entspannt.
Bei Yoga Vidya werden die Teilnehmer/Teilnehmerinnen gelehrt, wie sich eine „gute“ Yogastellung anfühlt, woran man merkt, dass man die Übung richtig ausführt. Dann ist es an dem Teilnehmer/der Teilnehmerin, selbst zu erspüren, was ihm/ihr besonders gut tut. Also: Selbstverantwortung der Teilnehmer/Teilnehmerinnen statt Vorzuschreiben, wie er/sie die Übung genau zu machen hat.
Für dieses 5. Unterrichtsprinzip wird Yoga Vidya zuweilen kritisiert, weil Menschen sagen, die Vorwärtsbeuge muss immer so-und-so gemacht werden, und die Rückwärtsbeuge immer so-und-so. Sukadev ist jedoch der Ansicht, dass das nicht stimmt. Es gibt unterschiedliche Weisen, die Übungen zu machen, und die Teilnehmer/Teilnehmerinnen sollen das selbst herausfinden. Wenn jemand ein körperliches Problem hat, muss man ihm/ihr natürlich zunächst Variationen vorschlagen, die hilfreich sind. Aber nur der Teilnehmer/die Teilnehmerin findet dann heraus, was wirklich gut ist.
6.Der Yogalehrer/die Yogalehrerin unterrichtet mit Stimme, mit Händen und Füßen, mit Prana und Liebe
Es ist wichtig, zu lernen, wie man eine Yogastunde gut ansagt, und zur Yoga Vidya Yogalehrerausbildung gehört auch ein gewisses Stimmtraining. Wenn du bei Yoga Vidya deine Unterrichtsproben machst, wird auch Wert darauf gelegt, dass deine Stimme gut ist. Es gibt auch Korrekturen, Hilfestellungen oder „Adjustments“. Du lernst also, wie du mit Händen und mit Füßen Teilnehmer/Teilnehmerinnen korrigierst oder Hilfestellungen gibst.
Angenommen du bist am Anfang der Yogalehrerausbildung, dann trainierst du das im ersten halben Jahr besonders intensiv, ebenfalls in der ersten Woche der 4-wöchigen Yogalehrer-Ausbildung. Aber du unterrichtest auch mit Prana, d.h. mit Energie. Wenn du eine Yogastunde gibst, dann gilt es auch, dass du dich öffnest, dass Prana, Lebensenergie in dich hineinfließt, und dass du sie ausstrahlst und du unterrichtest mit der doppelten Liebe: Liebe zu Gott, zum Göttlichen, zu einer höheren Wirklichkeit und Liebe zu deinen Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Du machst dich zum Instrument.
Unterrichten als eigene Yogapraxis, sich zum Instrument machen, um Gutes zu bewirken
„Yogaunterricht als Yogapraxis“, man könnte auch sagen: eine Yoga-Einstellung des Yogalehrenden. Was bedeutet das nun? Zum einen, wie oben angeführt, die doppelte Liebe, zum anderen auch, dass du unterrichtest um Menschen Gutes zu tun. Du unterrichtest kein Yoga, um Geld zu verdienen – obgleich es auch notwendig sein kann, dass du mit Yoga auch deinen Lebensunterhalt verdienst. Aber die Grundmotivation, Yoga zu unterrichten, sollte nie Geld verdienen sein.
Die Grundmotivation sollte sein: Du willst Menschen helfen und dienen. Du willst vielleicht auch über diese Menschen insgesamt eine friedvollere Welt schaffen. Vielleicht siehst du die Yogapraxis als Dienst an Swami Sivananda an, der Yoga in die Welt hineinbringen wollte. Vielleicht siehst du es als Dienst an Gott, an der göttlichen Mutter an.
Vielleicht willst du auch aus Dankbarkeit heraus unterrichten. Du hast selbst so viel Gutes durch die Yogapraxis und willst es nun teilen und anderen geben. So ist die Grundmotivation eben auch ein Instrument zu sein. Damit diese Motivation entstehen kann, ist es wichtig, dass du auch praktizierst. Ein Yogalehrender im Yoga Vidya Stil / in der Yoga Vidya Tradition fühlt sich immer auch als Schüler.
Du kannst Hatha Yoga nur unterrichten, wenn du Hatha Yoga übst. Bitte unterrichte keinen Hatha Yoga, wenn du nicht auch selbst Hatha Yoga übst! Du musst nicht alles selbst können, was du unterrichtest. Swami Vishnudevananda hat einmal gesagt: „Beschränke deine Teilnehmer nicht auf dein eigenes Niveau!“ Nur das zu unterrichten, was du selbst kannst, kann auch eine Form von Ego sein, z.B. nicht zu wollen, dass andere etwas besser können, als du. Aber: du kannst Pranayama nur gut vermitteln, wenn du Pranayama übst. Du kannst Asanas nur authentisch vermitteln, wenn du selbst Asanas übst. Darum praktiziere!
Damit die göttliche Energie durch dich wirken kann, wenn du unterrichtest, ist es auch wichtig, dass du meditierst und dich an die weiteren Sattva-Empfehlungen hältst, die es im Yoga gibt. Sukadev empfiehlt insbesondere, dass da verzichtest auf Fleisch, Fisch, alkoholische Getränke, Rauchen und auf Drogen im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes. Wenn du darauf verzichtest, täglich meditierst, täglich Hatha Yoga Praktiken übst, wenn du dich als Instrument siehst, dann werden deine Teilnehmer im Yogaunterricht eine großartige Erfahrung haben.
Kurze Wiederholung der 7 Yoga Vidya Unterrichtsprinzipien:
- 1.Aufbau auf der Yoga Vidya Reihe
- für körperliche, energetische, emotionale, mentale, psychische und spirituelle Wirkungen (korrekte Asuführung der Stellung)
- 2.Starke Anpassung an Zielgruppe und konkrete Zielsetzung
- 3.Asanas werden gehalten
- 4.Betonung auf Entspannung, Atmung und Konzentration
- 5.Respekt vor inner Intelligenz der Teilnehmer
- Spürgenauigkeit statt äußerer sichtbarer Genauigkeit
- Ansagen um Körperbewusstsein der Teilnehmer zu entwickeln
- Unterrichten als Yogapraxis und eigene Yogapraxis als Grundlage des Unterrichten
- Yogalehrer ist selbst Schüler
- Liebe zu den Schülern
- Liebe zur göttlichen Kraft
- Lehrer fühlt sich als Instrument
- teach what you practice, practice what you teach - Lehrer/in praktiziert selbst regelmäßig Yoga
Mehr aus der Yoga Vidya Schulung findest du im Internet unter www.yoga-vidya.de. Wenn du noch keine Yoga Vidya Yogalehrerausbildung mitmachst, findest du dort auch Informationen darüber. Und wenn du den Yoga Vidya Stil noch gar nicht kennst und neugierig bist, was es damit auf sich hat, kannst du dort vieles darüber erfahren. Du findest dort sämtliche Aus- und Weiterbildungen sowie Einführungsseminare.