Selbsttäuschung

Aus Yogawiki

Selbsttäuschung Selbsttäuschung ist etwas Ähnliches wie Selbstbetrug. Selbsttäuschung bedeutet, dass man sich selbst täuscht. Selbsttäuschung kann bis zu einem gewissen Grad selbsterzeugt werden. Oft geschieht Selbsttäuschung aber unbewusst. Der Mensch hat die Fähigkeit zur Selbstreflexion, zur Selbsterkenntnis, aber eben nur begrenzt. Man spricht von Selbsttäuschung, wenn man sich selbst täuscht, es aber besser hätte wissen können. Sieht jemand, dass die geliebte Person mit einem nichts zu tun haben will und man gaukelt sich vor, dass das nur äußeres Sich-Zieren sei, und dass die andere Person einen tatsächlich liebt oder man denkt, dass der Vorgesetzte einen sehr schätzt - obgleich dieser sich nicht an deinen Namen erinnert. So leben Menschen in vielerlei Hinsicht in Selbsttäuschung.

Wahrhaftigkeit ist ein Gegenpol zu Selbsttäuschung

Dabei muss Selbsttäuschung nicht immer nur schlecht sein. So gibt es die Aussage: Wer sich betrügt, hat mehr vom Leben. Die meisten Menschen denken, dass sie besser aussehen als der Durchschnitt oder das sie ein besonders guter Autofahrer sind. Die meisten Menschen schätzen tatsächlich ihre Fähigkeiten höher ein als sie tatsächlich sind. Das verhilft zu einem besseren Selbstwertgefühl und damit zu einem angenehmeren Gefühl. Die meisten Menschen sehen auch ihre Vergangenheit besser als sie ist.

Manche Menschen schätzen die Gefahren für sich selbst geringer ein als sie tatsächlich sind. All diese Formen der Selbsttäuschung führen zu einem höheren Glücksgefühl. Aber es gibt auch eine andere Weise, glücklicher zu werden, als eben durch Selbsttäuschung: Wenn man weiß, ich bin das Unsterbliche Selbst, eins mit der Weltenseele, dann kann ich daraus glücklich sein, und kann alles andere realistisch einschätzen. Vedanta, die Philosophie des Yoga, sagt: Die ganze Welt ist eine Illusion. Letztlich ist das Empfinden, dass man ein zeitlich und räumlicher Körper ist, eine gigantische Selbsttäuschung. In der Meditation kann man sich von allen Selbsttäuschungen befreien und sich selbst als reines Bewusstsein erleben. Allerdings würden manche Psychologen das als großartige Selbsttäuschung bezeichnen…

Selbsttäuschung aus yogischer Sicht bedeutet, Erscheinungen oder Körper des manifesten Universums für wirklich zu halten. Wirklich ist jedoch nur Brahman. Der Vedanta nennt hierfür das Beispiel der Spinne (Brahman), die das Netz (das manifeste Universum) aus ihrem eigenen Körper hervorbringt.

Umgang mit Selbsttäuschung anderer

Vielleicht hast du das Gefühl in deiner Umgebung jemand ist der sich selbst etwas vormacht, der sich selst täuscht. Du willst ihn vor seiner Selbsttäuschung bewahren. Mein Rat wäre, kümmere dich mehr um deine eigenen Sachen. Du musst einen anderen nicht belehren oder dich auf ein moralisches Podest erheben. Wenn Menschen sich selber täuschen ist das erstmal ihre Sache. Wenn sie nach Hilfe fragen, kannst du natürlich einen Rat geben.

Du bist nicht derjenige, der allen sagen muss was jetzt richtig ist. Klüger ist es, ihm nicht Selbsttäuschung vor zu werfen, sondern davon ausgehen, der Mensch meint es ernst und hat ein wertschätzendes Anliegen und du hast auch ein wertzuschätzendes Anliegen. Und ihr habt beide gemeinsame Anliegen. Anstatt von Selbsttäuschung zu sprechen, kann man überlegen, was ist unser gemeinsames Ziel, unser gemeinsames Anliegen? Welche Möglichkeiten, Ideen und Potentiale gibt es um das Ziel zu erreichen?

Selbsttäuschung als Ursprung allen Leidens

Sukadev in einem kurzweiligen Vortrag 2016 (Praktische Ethik)

Wer bin ich wirklich? Diese Frage sich immer mal wieder zu stellen hilft auf dem persönlichem Weg

Deine wahre Natur

Selbsttäuschung ist der Ursprung allen Leidens. So sagt es sowohl der große Yogameister Patanjali im Yogasutra, der große Vedanta-Meister Shankaracharya und so ist es auch, wenn man etwas drüber nachdenkt.

Letztlich ist deine wahre Natur Sein, Wissen und Glückseligkeit. Du bist Unendlichkeit und Ewigkeit. Du bist letztlich Eins mit Gott und der Weltenseele. Das ist eine Tatsache, etwas, was du erfahren kannst. Aus diesem Bewusstsein heraus kannst du leben, Freude und Einheit schöpfen.

Du hast deinen Körper. Du hast deine Psyche. Aber du bist nicht der Körper, nicht die Psyche. Die größte Selbsttäuschung ist der Glaube "Ich bin der Körper. Ich bin die Psyche.". Patanjali spricht über die fünf Kleshas, die Ursachen des Leidens. Es beginnt mit Avidya, Unwissenheit. Du vergisst, wer du wirklich bist. Patanjali erklärt noch welche Formen es von Avidya gibt. Avidya, die Unwissenheit, letztlich die Selbsttäuschung, führt dazu, dass du das Selbst für das Nicht-Selbst hälst und das Nicht-Selbst für das Selbst. Du hälst das Freudevolle für das Nicht-Freudevolle und das Nicht-Freudevolle für das Freudevolle. Du hälst das Wirkliche für das Nicht-Wirkliche und das Nicht-Wirkliche für das Wirkliche. Und dann, wenn du das getan hast, kommt als Nächstes Asmita und Asmita heißt Identifikation.

Falsche Identikationen

Avidya und Asmita wirken zusammen und erzeugen so die Selbsttäuschung. Das nicht wissen, wer du wirklich bist, und dann das denken "ich bin das und das.". Das ist die größte Selbsttäuschung und diese ist die Wurzel allen Leidens.

Wenn du denkst "ich bin der Körper", ist Leiden vorprogrammiert. Denn der Körper ist notwendigerweise beschränkt. Der Körper hat notwendigerweise die Unfähigkeit alles zu tun. Du weißt intuitiv, dass du unendlich und ewig bist, keine Grenzen haben solltest und frei sein solltest. Der Körper ist begrenzt. Räumlich. In seinen Fähigkeiten und Möglichkeiten. Der Körper ist auch in seiner Gesundheit und zeitlich beschränkt. Der Körper hört irgendwann auf. Die Selbsttäuschung "ich bin der Körper" führt notwendigerweise zu Leiden.

Genauso auch die Selbsttäuschung "das ist MEIN Haus, MEIN Besitz". Auch eine große Selbsttäuschung. Einem gehört gar nichts. Alles ist Leihgabe unbestimmter Leihdauer. Etwas ist uns anvertraut für eine bestimmte Zeit, es gehört uns nicht und kann uns jederzeit wieder genommen werden. Diese Selbsttäuschung "mein Besitz" bringt so viele Probleme, da es wieder weggenommen wird.

Oft sagen wir: "mein Kind", "meine Mutter", "mein Mann", "meine Frau". Niemand gehört einem. Weder der Vater noch die Mutter, noch die Kinder. Yogis sagen ja sogar, man lebt nicht nur ein Mal, man hat sich schon so häufig verkörpert. Jeder, den du siehst, war vielleicht schonmal deine Mutter, dein Vater, dein Bruder, deine Schwester, dein Kind. In diesem Leben identifzierst du dich mit ein paar. "Meine Familie". Große Selbsttäuschung. Man könnte sagen: "Die ganze Welt ist meine Familie. Das ganze Universum ist mein Zuhause. Alle sind Brüder und Schwester. Ja, und in diesem Leben habe ich ein paar Menschen zu denen ich eine besondere Beziehung habe.". Natürlich, die Liebe zu dem Kind, das du geboren oder gezeugt hast, ist eine besondere. Die Liebe zu deinen Eltern, den Menschen, mit denen du dauerhaft zusammenlebst, ist eine besondere. Trotzdem, sie sind nicht "mein" Kind und nicht "meine" Mutter, mein Mann, meine Frau.

Im Alltagsleben wird man so sprechen. "Mein Kind". Macht jetzt keinen Sinn "das Kind dieses Körpers" zu sagen, wirst nur für verrückt gehalten. Aber von deinem Wissen her kannst du es wissen, spüren, erfahren und davon ausgehen. Entgehe dieser Selbsttäuschung.

Materialismus aus falscher Vorstellung heraus

Da gibt es auch noch die Selbsttäuschung, zu glauben, dass Besitz glücklich macht. Dass, wenn du Wünsche erfüllst, du glücklicher bist. Egal wie viel Besitz du hast, du wirst nicht glücklich sein. Ist ganz offensichtlich - Die großen Milliadäre sind nicht die glücklichsten und die armen Menschen sind nicht unbedingt die unglücklichsten. Die glücklichsten Menschen sind die ganz großen Heiligen und Weisen. Und diese Heilige und Weise brauchen nichts. Da gibt es solche, die wie Bettelmönche gewesen sind. Es gibt auch Heilige und Weise, die Besitz haben. So ist Besitz oder Nicht-Besitz irrelevant für das Glücksgefühl.

Oder, ob du Wünsche bekommst oder nicht, ist auch weitestgehende irrelevant. Wenn du einen Wunsch hast, der nicht erfüllt wird, magst du dich vorübergehend unglücklich fühlen. Wenn du hingegen einen Wunsch hast, der erfüllt wird, magst du dich vorübergehend glücklich fühlen. Aber egal wie viel du von etwas bekommst, wie viel Wünsche du erfüllt bekommst, dauerhaft glücklich wirst du nicht.

Es ist Selbsttäuschung, zu glauben "mein Glück hängt von irgendetwas ab". Genauso ist es auch eine Selbsttäuschung, zu glauben, dein Unglück werde von andern verursacht.

Weil die mal nicht freundlich zu dir waren, du nicht genügend beachtet wirst, dein Vermieter irgendwo nicht freundlich ist, dein Untermieter irgendwo unverschämt ist, weil der Staat ..., weil die Politiker ... oder weil deine Handystrahlung zu intensiv ist, ein Wlan oberhalb und unterhalb ist, was auch immer.

Ja, man sollte sich um seine Gesundheit kümmern. Ja, Körper und Psyche haben ihre Bedürfnisse. Deshalb sollte man schon schauen, wie man sich um Körper und Psyche gut kümmern kann. Aber Glück ist etwas anderes. Glück kommt, wenn du dein wahres Wesen erfährst. Glück kommt, wenn du die Grenzen von Körper und Psyche überwindest, erfährst "ich bin Eins mit der Weltenseele, eins mit allem. Reines Bewusstsein.".

Swami Sivananda über Selbsttäuschung

Swami Sivananda

Ein anderes, schweres Hindernis, das selbst Shankara verwirrte, ist die Selbsttäuschung. Obwohl er ein herumwandernder Mönch (Sannyasin) war, musste er am Krankenbett seiner Mutter und bei ihrem Begräbnis zugegen sein.

Ein anderer großer Weiser aus Südindien, Swami Pattinathu, sang am Totenbett seiner Mutter: "Ganz am Anfang war das Feuer. Es war zu der Zeit, da die drei Städte der Dämonen (Tripurasambara) zerstört wurden. Dann entbrannte Feuer in Lanka (Ceylon) durch Hanuman (Anspielung auf Berichte der Puranas und des Ramayana). Nun hat der Tod meiner geliebten Mutter Feuer in meinem Magen und Herzen angelegt. Lass mich auch Feuer an den Leichnam anlegen, der der Leib meiner Mutter war."

Selbsttäuschung (Moha) ist törichte Liebe zum eigenen Körper, zu Frau, Kindern, Vater, Mutter, Brüdern, Schwestern und zu seinem Eigentum. Ebenso wie die Gier nimmt die Selbsttäuschung verschiedene und immer subtilere Formen an. Die Gedanken binden sich an die eine oder andere Form oder Bezeichnung. Lösen sie sich von dem einen ab, hängen sie sich um so fester an etwas anderes.

Was ist Moha bei den Affen? Stirbt ein Affenbaby, zieht die Mutter mit der Leiche zwei bis drei Monate herum. Das ist die Kraft der Selbsttäuschung, das Geheimnis der Maya. Ein Telegramm, dass sein Sohn gestorben ist, gibt dem Vater einen Schock, so dass er ohnmächtig wird. Manchmal tötet ihn ein solcher Schlag. Die ganze Welt erhält sich durch Täuschung. Durch sie werden die Menschen an das Rad von Tod und Wiedergeburt (Samsara) gebunden.

Leid und Bindung entstehen durch Selbsttäuschung. Sie hat die Kraft, den Menschen in einem Augenblick zu berauschen. Sie macht selbst die Sannyasins im Gedanken an ihren Ashram und ihre Schüler zu ihrem Spielzeug. Man kann sich nur durch Unterscheidung (Vichara) , Urteilskraft (Viveka) und Entsagung (Vairagya), durch die Idee des Absoluten (Atma Chintana), durch Absonderung und das Studium der Vedanta-Schriften von Moha freimachen. Vollkommen kann die Selbsttäuschung nur durch Verzicht auf die Welt (Sannyasa) und durch Selbstverwirklichung aufgehoben werden.

Über die Millionen Toten des letzten Krieges hast du nicht geweint, wohl aber um den Tod deiner Frau. Warum? Weil du ihretwegen Selbsttäuschung empfindest, weil Moha den Gedanken von Ich und Mein gebiert. Du sagst: meine Frau, mein Sohn, mein Pferd, mein Haus: Das ist Versklavung, Tod.

Die Selbsttäuschung schafft törichte Liebe zu den Gegenständen der Sinne und verkehrt das Denken. Sie lässt den Menschen seinen befleckten Körper mit dem reinen und wahren geistigen Atman verwechseln und die unwirkliche Welt für eine feste Wirklichkeit halten. Das sind die Ergebnisse der Selbsttäuschung, die eine wirksame Waffe der Maya ist.

Copyright Divine Life Society

Selbsttäuschung in Beziehung zu anderen Persönlichkeitsmerkmalen

Selbsttäuschung gehört zur Gruppe der Persönlichkeitsmerkmale, Schattenseiten, Laster und Tugenden. Um dieses Charaktermerkmal besser zu verstehen, wollen wir es in Beziehung setzen mit anderen:

Synonyme Selbsttäuschung - ähnliche Eigenschaften

Synonyme Selbsttäuschung sind zum Beispiel Einbildung, Wunschbild, Wunschvorstellung, Luftschloss, Phantasiegebilde, Irrealität, Wunsch, Trug, Illusion, Traum .

Man kann die Synonyme in zwei Gruppen einteilen, solche mit positiver Konnotation und solche mit negativer Konnotation:

Synonyme mit negativer Konnotation

Synonyme, die gemeinhin als negativ gedeutet werden, sind zum Beispiel

Synonyme mit positiver Konnotation

Synonyme mit positiver Konnation können helfen, eine scheinbare Schattenseite auch positiv zu sehen. Synonyme mit positiver Konnotation sind zum Beispiel

Antonyme Selbsttäuschung - Gegenteile

Antonyme sind Gegenteile. Antonyme, also Gegenteile, von Selbsttäuschung sind zum Beispiel Realitätssinn, Realitätsnähe, Realitätsverlust . Man kann auch die Antonyme, die Gegenteile, einteilen in solche mit positiver Konnotation und solche mit negativer Konnotation.

Antonyme mit positiver Konnotation

Antonyme, also Gegenteile, zu einem Laster, einer Schattenseite, einer negativen Persönlichkeitseigenschaft, werden gemeinhin als Gegenpol interpretiert. Diese kann man kultivieren, um das Laster, die Schattenseite zu überwinden. Hier also einige Gegenpole zu Selbsttäuschung, die eine positive Konnotation haben:

Antonyme mit negativer Konnotation

Nicht immer ist das Gegenteil einer Schattenseite, eines Lasters, gleich positiv. Hier einige Beispiele von Antonymen zu Selbsttäuschung, die aber auch nicht als so vorteilhaft angesehen werden:

Eigenschaften im Alphabet davor oder danach

Hier einige Eigenschaften, die im Alphabet vor oder nach Selbsttäuschung stehen:

Eigenschaftsgruppe

Selbsttäuschung kann gezählt werden zu folgenden beiden Eigenschaftsgruppen:

Verwandte Wörter

Verwandte Wörter zu Selbsttäuschung sind zum Beispiel das Adjektiv selbsttäuschend, das Verb täuschen, sowie das Substantiv Selbsttäuscher.

Wer Selbsttäuschung hat, der ist selbsttäuschend beziehungsweise ein Selbsttäuscher.

Siehe auch

Literatur

Weblinks

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