Justitia
Justitia ist die Gerechtigkeit. Justitia ist auch die Göttin der Gerechtigkeit. Justitia wird oft blind dargestellt - denn die Gerechtigkeit soll ohne Ansehen der Person das entscheiden, was gerecht ist. Justitia, auch geschrieben Iustitia, ist eine der vier Tugenden, die Platon postulierte und die in der mittelalterlichen Philosophie von erheblicher Bedeutung waren. Justitia - Was ist Justitia? Woher stammt das Wort? Wozu ist Justitia gut? Was sind ihre Grenzen? Wie kann man sie kultivieren? Was ist das Gegenteil von Justitia? Darum soll es im weiteren Artikel gehen. Das Wort Justitia kommt natürlich vom Lateinischen her. Iustitia heißt Gerechtigkeit, die Göttin der Gerechtigkeit, von iustus, gerecht.
Justitia als hilfreiche Tugend
Aus einem Vortrag von Sukadev Bretz
Justitia ist die Gerechtigkeit, Justitia war auch im alten Rom die Göttin der Gerechtigkeit. Im alten Rom wurde Justitia dargestellt als Göttin mit blinden Augen, mit einer Waagschale, was heißen soll, dass Justitia urteilen muss, ohne Ansehen der Person und ohne zu berücksichtigen, wie sehr man jemand mag oder nicht mag. Justitia wägt die Argumente ab und urteilt dann gerecht. Diese Art von Gerechtigkeit ist ein Ideal, was selten erreichbar ist und selbst wenn es eine reine Regelgerechtigkeit ist, wird sie oft Menschen nicht gerecht. Dennoch, Menschen haben ein Bedürfnis nach Justitia, nach Gerechtigkeit. Dieses Justitia-Prinzip der Gerechtigkeit ist ein wichtiges im ethischen Zusammensein mit Menschen.
Schon Kinder haben ein feines Gespür für Justitia, es scheint irgendwo im Menschen drin zu sein. Angenommen, es sind zwei Geschwister und die Eltern bevorzugen ein Geschwisterteil, dann wird das andere irgendwo merken, da stimmt was nicht. Und selbst das Geschwisterteil, das bevorzugt wird, merkt auch, irgendwie stimmt es nicht. Es ist sogar so, dass Menschen bereit sind, auf einiges an persönlichem Vorteil zu verzichten, wenn sie dabei Gerechtigkeit erzeugen können. Es gibt da in der Spieltheorie verschiedene Experimente, ich will da jetzt nicht zu sehr darauf eingehen, Justitia, Gerechtigkeit, ist ein menschliches Anliegen auf der einen Seite. Und Menschen mögen es gar nicht, wenn zu sehr gegen Justitia verstoßen wird.
Andererseits, einfach nur kalte Gerechtigkeit walten zu lassen, nach irgendwelchen übergeordneten Prinzipien, wird Menschen auch nicht gerecht. Es ist auch mal so, dass Menschen durch unterschiedliche Phasen gehen und etwas anderes brauchen. Und so gilt es immer wieder, abzuwägen, die Bedürfnisse des einzelnen und die Möglichkeiten, die man hat, und dann eben auch die Prinzipien der Gerechtigkeit. Justitia ist also zum einen, angenommen, du selbst hast Kinder, dann ist es wichtig, dass du so handelst, dass die Kinder es als gerecht empfinden. Angenommen, du hast verschiedene Mitarbeiter, dann ist es auch wichtig, dass du versuchst, so zu handeln, dass es als gerecht empfunden wird.
Angenommen, du hast Kollegen, gut, es wird dann jemand geben, den du mehr magst oder weniger magst, das ist dann wiederum nicht ganz so kritisch. Aber gerade dann, wenn du in einer Machtposition bist, das klingt jetzt etwas massiv, aber wenn du in irgendeiner Form etwas hast, was du an andere gleichmäßig geben kannst, dort ist Justitia ein wichtiges Prinzip. Wenn dort zu sehr dagegen verstoßen wird, dann gibt es Unruhe und dann demotiviert das die Menschen oder es kann irgendwann auch zu einer starken Unruhe führen.
Ich kann mich erinnern, ich bin ja von Yoga Vidya, Gründer und Leiter einer spirituellen Gemeinschaft, als wir dort begonnen hatten, dort hatten wir es sogar so gemacht, jeder wirkt so viel, macht so viel uneigennützigen Dienst, wie er mag und wie er für richtig hält, jeder nimmt sich so viel freie Tage, wie er braucht, jeder nimmt sich so viel Urlaub, wie er braucht. Jeder weiß natürlich, dass uneigennütziges Dienen wichtig ist, dass wir als spirituelle Gemeinschaft Yoga verbreiten wollen und dass wir davon ausgehen, spirituelles Wachstum geschieht, wenn man sich engagiert. Und dann gab es dann so einen, der gemeint hat, wenn er ein paar Stunden am Tag etwas macht, ist gut, er braucht seine paar Tage Urlaub in der Woche und er braucht ein paar Wochen alle paar Monate und das hat irgendwo das Gerechtigkeitsempfinden erheblich gestört. Und so mussten wir dann bestimmte Regeln aufstellen, denn wenn etwas nicht als gerecht empfunden wird, dann stört es das gesamte Gerechtigkeitsgefüge.
In diesem Sinne, wenn man irgendwo für etwas Verantwortung hat, gilt es, Justitia zu beachten. Justitia ist wichtig, wenn auch nicht vollständig herstellbar, denn eine kalte Justitia wäre auch nicht angemessen, sondern Menschen sind unterschiedlich und so gilt es manchmal, abzuwägen. Justitia im Äußeren, im Schicksal dagegen zu entdecken, ist schwieriger. Und auch wenn du von anderen immer erwartest, dass sie alle gerecht behandeln, dann hast du genügend Möglichkeiten, dich ständig aufzuregen. Denn Schicksal ist nicht unbedingt gerecht, mindestens nicht kurzfristig betrachtet und auch Menschen, selbst wenn sie sich um Justitia, um Gerechtigkeit, bemühen, oft gelingt es ihnen nicht und sie beziehen andere Gesichtspunkte ein als dir recht ist.
Und so kannst du immer überlegen, solltest du aus einem Gekränktsein heraus handeln oder wäre es klüger, aus einer anderen Emotion zu handeln. Natürlich, es gibt objektivierbare Ungerechtigkeiten und dort gilt es auch, manchmal dagegen anzugehen und mit anderen zusammen und zu schauen: "Wie kann ich das ändern?" Aber viele Menschen haben einen übersteigerten Gerechtigkeitssinn und schon wenn sie nicht genügend Beachtung finden oder wenn der andere irgendwas Subtiles mehr kriegt als man selbst oder man meint, sind sie schwer gekränkt, das ist eine Übersteigerung von dem Justitia-Sinn. Und oft machen Menschen etwas unbeabsichtigt.
In diesem Sinne, wenn du selbst Verantwortung hast, versuche, so gerecht wie möglich zu sein. Ansonsten im Leben geht es nicht, mindestens kurzfristig, gerecht zu. Yogis sagen zwar, langfristig gibt es Karma und das Karma ist das Gesetzt von Ursache und Wirkung und langfristig kommt alles wieder ins Lot. Aber in der Zeitspanne, die du überschaust, ist es eben nicht so. Es gibt Menschen, die kommen in ein Elternhaus, das reich ist, und andere in ein Elternhaus, wo vielleicht nur noch ein Elternteil da ist und wo irgendwo wenig Wohlstand ist, sondern im Gegenteil Armut.
Es gibt Menschen, die kommen behindert auf die Welt und andere irgendwo mit einer Frohnatur und einer Gesundheit und einer physischen Konstitution, die scheinen nie krank zu werden. Das ist erstmal betrachtet ungerecht. Vom yogischen Standpunkt aus ist es nicht ungerecht, sondern es sind Aufgaben, die da sind. Und in diesem Sinne, anstatt ständig zu überlegen, wirst du vom Schicksal gerecht oder ungerecht behandelt, schaue: "Was kann ich lernen?" Justitia könnte in diesem Sinne heißen, du gehst davon aus: "Es gibt irgendwo einen höheren Sinn im Leben, den verstehe ich jetzt nicht und ich will ihm so gut wie möglich gerecht werden in meinen Lebensumständen, so gut wie möglich das Beste daraus machen."
Raus aus der Opferhaltung, hinein in das Annehmen und das Akzeptieren, das Gestalten, es bewusst leben. Und wenn du eine große Ungerechtigkeit siehst, die objektiv ungerecht ist, dann kannst du überlegen: "Wie wäre es möglich, aus dieser Injustitia Justitia werden zu lassen?" Dieser angeborene Gerechtigkeitsinstinkt des Menschen veranlasst ihn auch, gegen politische, wirtschaftliche und ökologische und andere Ungerechtigkeiten, soziologische Ungerechtigkeiten anzugehen und hoffentlich die Gesellschaft voranzubringen.
Das waren ein paar Gedanken zu Justitia, zur Gerechtigkeit, laut Plato eine der vier Kardinaltugenden und so ist es gut, sich öfters mal damit zu beschäftigen, auseinanderzusetzen, sowohl dass du überlegst: "Lebe ich Justitia im Sinne von, dass ich andere so gerecht wie möglich behandle?" Zweitens: "Erwarte ich vielleicht zu viele Gerechtigkeit von Schicksal und von anderen?" Und drittens: "Sollte ich mich selbst mehr einsetzen für mehr Justitia, mehr Gerechtigkeit, in den Bereichen, wo ich etwas ändern kann und wo wirklich objektiv und übergeordnet Ungerechtigkeit ist?"
Justitia und andere Tugenden
In diesem Yoga Wiki werden über 1000 Tugenden und geistigen Eigenschaften beschrieben. Hier einige Erläuterungen, wie man die Eigenschaft der Justitia in Beziehung zu anderen Tugenden und geistigen Eigenschaften sowie in Bezug auf Laster sehen kann:
Ähnliche Eigenschaften wie Justitia
Ähnliche Eigenschaften wie Justitia, also Synonyme zu Justitia sind z.B. Gerechtigkeit, Gerechtigkeitssinn, Treue, Verlässlichkeit.
Ausgleichende Eigenschaften
Jede Eigenschaft, jede Tugend, die übertrieben wird, wird zu einer Untugend, zu einem Laster, einer nicht hilfreichen Eigenschaft. Justitia übertrieben kann ausarten z.B. in Kaltblütigkeit, Kaltschnäuzigkeit, Rücksichtslosigkeit, Prinzipienreiterei. Daher braucht Justitia als Gegenpol die Kultivierung von Erbarmen, Gnade, Liebe.
Gegenteil von Justitia
Zu jeder Eigenschaft gibt es ein Gegenteil. Hier Möglichkeiten für Gegenteil von Justitia, Antonym zu Justitia:
- Positive Gegenteile von Justitia, man könnte diese auch als Gegenpole bezeichnen: Erbarmen, Gnade, Liebe
- Negative Gegenteile von Justitia, also Laster, negative Eigenschaften, sind z.B. Ungerechtigkeit, Willkür, Unberechenbarkeit
Justitia im Kontext von Tugendengruppen, Persönlichkeitsfaktoren und Temperamenten
- Justitia gehört zur Tugendgruppe 4 Zuverlässigkeit, Ordentlichkeit, Ehrlichkeit. Die wichtigsten Tugenden dieser Tugendgruppe sind Zuverlässigkeit, Verantwortung und Ehrlichkeit
- Im Kontext des Persönlickeitsmodell der Big Five gehört Justitia zum Persönlichkeitsfaktor C1 Gewissenhaftigkeit hoch: effektiv, organisiert, verlässlich
- Im Persönlichkeitsmodell DISG gehört Justitia zur Grundverhaltenstendenz G - Gewissenhaftigkeit
- Im Ayurveda zählt man Abgeklärtheit zum Pitta Temperament bzw. Dosha.
Entwicklung von Justitia
Justitia kann man sehen als Tugend, als eine positive Eigenschaft, die man entwickeln kann. Heutzutage spricht zwar kaum jemand davon, dass er Justitia entwickeln will. Aber Gerechtigkeitssinn, Gerechtigkeitsgefühl, das ist durchaus erstrebenswert. Zu viel Gerechtigkeitssinn kann natürlich auch zu Problemen führen. Justitia muss durch Misericordia, Barmherzigkeit, ausgeglichen werden.
Vielleicht willst du ja Justitia, Gerechtigkeitsgefühl in dir stärker werden lassen. Hierzu einige Tipps:
- Nimm dir vor, eine Woche lang diese Eigenschaft der Justitia, des Gerechtigkeitssinns, zu kultivieren. Du kannst nicht mehrere Tugenden auf einmal entwickeln. Aber es ist möglich, jede Woche eine Tugend, eine Eigenschaft, wachsen zu lassen.
- Triff den Entschluss: "Während der nächsten Woche will ich Justitia, Gerechtigkeitssinn kultivieren, wachsen lassen, stärker werden lassen. Ich freue mich darauf, in einer Woche ein gerechterer Mensch zu sein."
- Nimm dir vor, jeden Tag mindestens eine Handlung auszuführen, die Justitia ausdrückt. Mache jeden Tag etwas, was du sonst nicht tun würdest, was aber diese Tugend zum Ausdruck bringt: Überlege bei verschiedenen Handlungen: Was wäre gerecht? Im Umgang mit anderen Menschen frage dich: Wie sollte ich vom Standpunkt der Gerechtigkeit aus handeln? Wenn du dir deinen eigenen Lebensstil anschaust, frage dich: Ist das gerecht, dass ich so viele Dinge habe? Wäre es nicht gerechter, ich würde mehr teilen?
- Wenn du morgens aufwachst, dann sage eine Affirmation, z.B.: "Heute will ich Justitia ehren, indem ich gerecht lebe".
- Am Tag wiederhole immer wieder eine solche Affirmation:
- Ich bin ein gerechter Mensch.
Affirmationen zum Thema Justitia, Gerechtigkeitssinn
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, Affirmationen für mehr Justitia, Gerechtigkeitssinn.
- Ich habe Gerechtigkeitsgefühl.
- Ich bin ein gerechter Mensch. Om Om Om.
Entwicklungsbezogene Affirmation für Justitia
- Ich entwickle Gerechtigkeitssinn.
- Jeden Tag handle ich gerechter.
Dankesaffirmation für Justitia
- Ich danke dafür, dass ich ein gerechter Mensch bin.
Gebet für bzw. an Justitia Auch ein Gebet ist ein machtvolles Mittel, um eine Tugend zu kultivieren. Hier ein paar Möglichkeiten für Gebete für mehr Justitia:
- Lieber Gott, bitte gib mir mehr Gerechtigkeitssinn. Bitte gib mir die Kraft, gerecht zu sein, ethisch zu sein.
- Oh Gott, ich verehre dich. Ich bitte dich darum, dass ich ein gerechter Mensch werde.
- Liebe Justitia, Göttin der Gerechtigkeit, ich danke dir. Ich danke dir dafür, dass ich jeden Tag immer gerechter werde.
Was müsste ich tun, um Justitia zu entwickeln Du kannst dich auch fragen:
- Angenommen, ein Wunder würde geschehen, und ich würde morgen gerecht denken und handeln, was hätte sich geändert? Wie würde ich fühlen? Wie würde ich denken? Wie würde ich handeln? Als gerechter Mensch, wie würde ich reagieren, mit anderen kommunizieren?
Siehe auch
Eigenschaften im Alphabet vor Justitia
Eigenschaften im Alphabet nach Justitia
Literatur
- Swami Sivananda: Göttliche Erkenntnis
- Swami Sivananda: Inspirierende Geschichten
- Swami Sivananda, Die Kraft der Gedanken (2012)
- Swami Sivananda: Sadhana - Ein Lehrbuch mit Techniken zur spirituellen Vollkommenheit
- Swami Sivananda: Licht, Kraft und Weisheit
- Swami Sivananda: Japa Yoga
- Swami Sivananda: Die Wissenschaft des Pranayama
- Swami Sivananda: Die Überwindung der Furcht
- Swami Sivananda: Vedanta für Anfänger
- Swami Sivananda: Japa Yoga
- Swami Sivananda: Göttliches Elixier
- Swami Sivananda: Götter und Göttinnen im Hinduismus
Weblinks
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