Sanskrit Kurs Lektion 114: Unterschied zwischen den Versionen

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Die gesamte [[Hatha Yoga Pradipika]] besteht aus Versen, deren häufigstes Versmaß ([[Chhandas]]) der [[Shloka]] ([[Anushtubh]]) ist. Hier folgt ein Vers aus dem vierten Kapitel ([[Upadesha]]), das der Praxis der Meditation und Versenkung ([[Samadhi]]) gewidmet ist. Der 42. Vers steht im Kontext des höchsten, non-dualen Bewusstseinszustandes, der u.a. als [[Unmani]] bezeichnet wird.  
Die gesamte [[Hatha Yoga Pradipika]] besteht aus Versen, deren häufigstes Versmaß ([[Chhandas]]) der [[Shloka]] ([[Anushtubh]]) ist. Hier folgt ein Vers aus dem vierten Kapitel ([[Upadesha]]), das der Praxis der Meditation und Versenkung ([[Samadhi]]) gewidmet ist. Der 42. Vers steht im Kontext des höchsten, non-dualen Bewusstseinszustandes, der u.a. als [[Unmani]] bezeichnet wird.  


*[[Devanagari]]:  
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:'''diva na pujayel lingam ratrau chaiva na pujayet |
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:'''sarvada pujayel lingam diva-ratri-nirodhatah || 4.42 ||
:'''sarvada pujayel lingam diva-ratri-nirodhatah || 4.42 ||


*Wort-für-Wort-Übersetzung:
*Wort-für-Wort-Übersetzung:


:'''divā''' : bei Tage ([[Diva]], adv.)
:'''divā''' : bei Tage ([[Diva]], adv.)
:'''na''' : nicht ([[Na]])
:'''na''' : nicht ([[Na]], [[Nipata|Partikel]])
:'''pūjayet''' : (man) verehre ([[puj|pūj]], Verb)
:'''pūjayet''' : (man) verehre ([[puj|pūj]], Verb)
:'''liṅgam''' : das [[Linga]] ("Merkmal, Kennzeichen, männliches Glied", Akk. Sg. n.)
:'''liṅgam''' : das [[Linga]] ("Merkmal, Kennzeichen, männliches Glied", Akk. Sg. n.)
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===Erläuterungen===
===Erläuterungen===


*'''[[Anvaya|Syntax]]:''' Dieser Vers besteht aus drei Sätzen ([[Vakya]]), die sich jeweils über das erste und zweite Versviertel ([[Pada]]) sowie über den zweiten Halbvers (Pada 3-4) erstrecken.
*Das [[Sanskrit Adverb|Adverb]] '''divā''' "bei Tage" bezieht sich auf den Optativ '''pūjayet''' im ersten Pada. Es handelt sich formal um den Instrumental Sg. n. des Substantivs [[Div]] "Tag".
*Die [[Nipata|Negationspartikel]] '''na''' bezieht sich auf die Verbalhandlung '''pūjayet'''.
*Die [[Sanskrit Verb|Verbform]] '''pūjayet''' ("man verehre") ist die 3. Person Singular [[Optativ]] (Präsens [[Aktiv im Sanskrit|Aktiv]] bzw. [[Parasmaipada]]) der [[Sanskrit Verbalwurzel|Verbalwurzel]] [[puj|pūj]] "verehren, achten" (10. bzw. [[Chur Klasse]]). Der Optativ drückt hier eine neutrale Anweisung aus.
*Der Akkusativ ([[Dvitiya]]) '''liṅgam''' das logische Objekt ([[Karman]]) der Verbalhandlung '''pūjayet'''.
*Der Lokativ ([[Saptami]]) '''rātrau''' "bei Nacht" bezieht sich auf den Optativ '''pūjayet''' im zweiten Pada.
*Die [[Nipata|Verbindungspartikel]] '''ca''' "und, auch" steht nie am Satzanfang und wird dem Wort, auf das sie sich bezieht, nachgestellt.
*Die [[Nipata|emphatische Partikel]] '''eva''' "gewiss" hebt das vorangehende Wort hervor. In der Verbindung mit '''ca''' steht '''eva''' häufig nur zur Auffüllung des [[Chhandas|Metrum]]s.
*Das Adverb '''sarvadā''' "immer, stets" bezieht sich auf den Optativ '''pūjayet''' im dritten Pada.
*Der Ablativ ([[Panchami]]) '''divā-rātri-nirodhataḥ''' ist ein Kompositum ([[Samasa]]) des Typs [[Tatpurusha]], dessen ersten beiden Glieder ein duales Kompositum ([[Dvandva]]) "Tag und Nacht" bilden.


==Weblinks==
==Weblinks==

Version vom 19. August 2020, 16:28 Uhr

Dieser Sanskrit Kurs führt anhand einfacher Beispielsätze und -verse in die Grammatik des Sanskrit ein. Einen ausführlichen Überblick über das Sanskrit findest Du im Artikel Sanskrit. Hinweise zur indischen Schrift, der wissenschaftlichen Umschrift (Transliteration) sowie der korrekten Aussprache gibt der Artikel Devanagari. Stichwörter, nach denen Du in der Yoga Vidya Wiki suchen kannst, sind in vereinfachter Schreibweise (Transkription) wiedergegeben.


Die Verben der 10. Klasse bzw. Chur Klasse (3)

In Lektion 112 und 113 haben wir die Beugung (Konjugation) der Verben der 10. bzw. Chur Klasse der thematischen Konjugation) in der Gegenwart betrachtet. Nun folgt ein Beispielvers aus der Hatha Yoga Pradipika, die Auflösung des Formen-Rätsels aus Lektion 113 sowie ein neues Formen-Rätsel.


Beispielvers aus der Hatha Yoga Pradipika

Die gesamte Hatha Yoga Pradipika besteht aus Versen, deren häufigstes Versmaß (Chhandas) der Shloka (Anushtubh) ist. Hier folgt ein Vers aus dem vierten Kapitel (Upadesha), das der Praxis der Meditation und Versenkung (Samadhi) gewidmet ist. Der 42. Vers steht im Kontext des höchsten, non-dualen Bewusstseinszustandes, der u.a. als Unmani bezeichnet wird.


दिवा न पूजयेल्लिङ्गं रात्रौ चैव न पूजयेत |
सर्वदा पूजयेल्लिङ्गं दिवारात्रिनिरोधतः || ४२ ||


  • wissenschaftliche Transliteration:
divā na pūjayel liṅgaṃ rātrau caiva na pūjayet |
sarvadā pūjayel liṅgaṃ divā-rātri-nirodhataḥ || 4.42 ||


  • vereinfachte Transkription:
diva na pujayel lingam ratrau chaiva na pujayet |
sarvada pujayel lingam diva-ratri-nirodhatah || 4.42 ||


  • Wort-für-Wort-Übersetzung:
divā : bei Tage (Diva, adv.)
na : nicht (Na, Partikel)
pūjayet : (man) verehre (pūj, Verb)
liṅgam : das Linga ("Merkmal, Kennzeichen, männliches Glied", Akk. Sg. n.)
rātrau : bei Nacht (Ratri, Lok. Sg. f.)
ca : und, auch (Cha)
eva : gewiss (Eva)
na : nicht
pūjayet : (man) verehre
sarvadā : immer (Sarvada)
pūjayet : (man) verehre
liṅgam: das Linga (Akk. Sg. n.)
divā-rātri-nirodhataḥ : nach dem Anhalten (Nirodha, Abl. Sg. m.) von Tag (Diva) und Nacht (Ratri)


  • Übersetzung:
Nicht am Tage verehre man das Linga, auch nicht in der Nacht verehre man das Linga.
Nach dem Anhalten von Tag und Nacht verehre man das Linga immerzu.


Erläuterungen

  • Syntax: Dieser Vers besteht aus drei Sätzen (Vakya), die sich jeweils über das erste und zweite Versviertel (Pada) sowie über den zweiten Halbvers (Pada 3-4) erstrecken.
  • Das Adverb divā "bei Tage" bezieht sich auf den Optativ pūjayet im ersten Pada. Es handelt sich formal um den Instrumental Sg. n. des Substantivs Div "Tag".
  • Der Akkusativ (Dvitiya) liṅgam das logische Objekt (Karman) der Verbalhandlung pūjayet.
  • Der Lokativ (Saptami) rātrau "bei Nacht" bezieht sich auf den Optativ pūjayet im zweiten Pada.
  • Die Verbindungspartikel ca "und, auch" steht nie am Satzanfang und wird dem Wort, auf das sie sich bezieht, nachgestellt.
  • Die emphatische Partikel eva "gewiss" hebt das vorangehende Wort hervor. In der Verbindung mit ca steht eva häufig nur zur Auffüllung des Metrums.
  • Das Adverb sarvadā "immer, stets" bezieht sich auf den Optativ pūjayet im dritten Pada.
  • Der Ablativ (Panchami) divā-rātri-nirodhataḥ ist ein Kompositum (Samasa) des Typs Tatpurusha, dessen ersten beiden Glieder ein duales Kompositum (Dvandva) "Tag und Nacht" bilden.

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