Begehren
Begehren ist der Wunsch nach etwas, die Sehnsucht nach etwas. Wer etwas will, der begehrt etwas. Begehren wird manchmal insbesondere im Kontext von Sexualität gebraucht: Jemand begehrt seine Partnerin bedeutet, dass er Sex mit ihr haben kann. So kann sich sein sexuelles Begehren aber auch auf andere richten.
Begehren kann sich jedoch auf vieles richten. Es gibt auch ein Begehren nach der Gotteserfahrung. Diese Sehnsucht nach Gottverwirklichung, im Yoga Mumukshutva genannt, ist ein wichtiger Treibstoff, um auf dem spirituellen Weg voranzukommen.
Sukadev über Begehren
Niederschrift eines Vortragsvideos (2015) von Sukadev über Begehren
Heute möchte ich sprechen über Begehren. Ob das wirklich eine Tugend ist, das sei dahingestellt, aber es gehört zu den psychologischen Fähigkeiten des Menschen, Begehren. Begehren heißt zunächst mal, einen Wunsch zu haben. Begehren kann heißen, etwas zu wünschen. Begehren ist, man glaubt, etwas haben zu wollen. Begehren ist ein etwas altmodischer Begriff, es gibt unterschiedliche Arten von Begehren. Im Yoga unterscheiden wir nach sattvigen, rajasigen und tamasigen. Sattva ist rein, rajasig ist egoistisch, und tamasig ist irgendwo unrein und unethisch. Du kannst sattviges Begehren haben, rajasiges Begehren und tamasiges Begehren.
Sattviges Begehren ist zum Beispiel Begehren, Gott zu erfahren. Sattviges Begehren ist, Gutes zu bewirken. Sattviges Begehren kann aber auch sattvige Wünsche haben, zum Beispiel gesunde Bio-Nahrung zu dir zu nehmen, vegane Nahrung, die gesund ist, ethisch verantwortbar. Das kann man auch entwickeln, ein solches Begehren zu haben. Begehren kann auch heißen, an sich selbst arbeiten zu wollen. Begehren kann auch ein spirituelles Begehren sein, spirituelles Wissen, man will mehr wissen, wissen: „Wer bin ich? Woher komme ich? Wohin gehe ich?“ Es gibt alte Übersetzungen von Sanskrit-Schriften, wo es heißt, der Schüler geht zum Meister und der Meister fragt den Schüler: „Was ist dein Begehren?“ Modere Übersetzungen haben eine andere Sprache, aber: „Was ist dein Begehren? Was willst du?“ Und der Schüler sagt, „ich will Gott erfahren“ oder „ich will unendlichen Frieden erfahren, ich will die Unsterblichkeit der Seele erfahren“. Das ist alles sattviges Begehren. Und dieses sattvige Begehren, das kann man weiter entwickeln. Dann gibt es rajasiges Begehren.
Rajasiges Begehren ist egoistisches, man will mehr von allem Möglichen haben, man will mehr Geld haben, ein größeres Haus, ein besseres Smartphone, schönere Kleidung. Diese Art von Begehren ist ersteinmal rajasig. Und vor allen Dingen will man besser sein als andere. Das muss jetzt nichts Falsches sein, menschliche Gesellschaft lebt auch aus dem Ehrgeiz von Menschen. Aber wenn es zu viel wird, ist es auch nicht gut für die Umwelt.
Dann gibt es tamasiges Begehren. Tamasiges Begehren ist unethisches Begehren. Man will etwas, egal, ob es anderen schadet oder nicht, Hauptsache, die eigenen Wünsche werden befriedigt, auch wenn es unethisch ist, auch wenn es durch unethische Mittel erreicht wird, auch wenn man weiß, es ist schädlich für andere oder sogar auch für einen Selbst. Diese Art von Begehren sind tamasig und auf diese sollte man verzichten und sollte darauf hinarbeiten, dass man seine sattvigen Begehren weiter ausbaut. Begehren sind aber mehr als nur kleine Wünsche, Begehren ist oft etwas, was ein übergeordneter Wunsch ist und daher passt es auch gut in den spirituellen Kontext. Und so wird in alten Schriften der christlichen Mystiker von einem Begehren nach Gott gesprochen, es wird von einem Begehren gesprochen, die höchste Wahrheit zu erfahren.
Diese Art von Begehren ist besonders wichtig, kann kultiviert werden und du kannst sie auch kultivieren, einfach indem du dir bewusst bist: „Diese Art von Begehren macht mich dauerhaft glücklich. Diese Art von Begehren, wenn es Erfüllung und Befriedigung findet, dann ist dauerhaftes Glück da.“ So überlege selbst, was ist dein Begehren, was sind deine tieferen Bedürfnisse, Wünsche, Motivationen, wie auch immer du es ausdrücken willst. Und schaue, dass du dein Begehren ethischen entwickeln kannst, mehr auf Gott richten kannst, mehr auf tiefe Erfahrung des Höchsten.
Ähnliche Eigenschaften wie Begehren
Ähnliche Eigenschaften wie Begehren, also Synonyme zu Begehren sind z.B. Wunsch, Anliegen, Bestreben .
Ausgleichende Eigenschaften
Jede Eigenschaft, jede Tugend, die übertrieben wird, wird zu einer Untugend, zu einem Laster, einer nicht hilfreichen Eigenschaft. Begehren übertrieben kann ausarten z.B. in Gier, Habgier, Lüsternheit, Unersättlichkeit, Verlangen, Wollust . Daher braucht Begehren als Gegenpol die Kultivierung von Wunschlosigkeit, Bedürfnislosigkeit, Bescheidenheit, Genügsamkeit, Zufriedenheit .
Gegenteil von Begehren
Zu jeder Eigenschaft gibt es ein Gegenteil. Hier Möglichkeiten für Gegenteil von Begehren, Antonym zu Begehren :
- Positive Gegenteile von Begehren, man könnte diese auch als Gegenpole bezeichnen: Wunschlosigkeit, Bedürfnislosigkeit, Bescheidenheit, Genügsamkeit, Zufriedenheit
- Negative Gegenteile von Begehren, also Laster, negative Eigenschaften, sind z.B. Unzufriedenheit, Depression, Niedergeschlagenheit, Verzweiflung, Frustration, Enttäuschung, Kummer, Selbstverurteilung
Begehren im Kontext von Tugendengruppen, Persönlichkeitsfaktoren und Temperamenten
- Begehren gehört zur Tugendgruppe 1 Freude. Die wichtigsten Tugenden dieser Tugendgruppe sind Freude und Genuss
- Im Kontext des Persönlickeitsmodell der Big Five gehört Begehren zum Persönlichkeitsfaktor N1 Neurotizismus/Labilität hoch: emotional, verletzlich, ängstlich, auch E1 Extraversion hoch: gesellig, außenorientiert, gesprächig, auch O1 Offenheit hoch: neugierig, erfinderisch, experimentierfreudig, auch N1 Neurotizismus/Labilität hoch: emotional, verletzlich, ängstlich
- Im Persönlichkeitsmodell DISG gehört Begehren zur Grundverhaltenstendenz S - Stetigkeit, Mitgefühl, Teamfähigkeit
- Im Ayurveda zählt man Begehren zum Kapha-Pitta Temperament bzw. Dosha.
Vortragsmitschnitt zu Begehren - Audio zum Anhören
Hier kannst du einen Vortrag von Sukadev Bretz, Gründer von Yoga Vidya, anhören. Dieser Vortrag ist die Audio Version eines Videos zu Begehren, Teil des Yoga Vidya Multimedia Lexikons der Tugenden. <mp3player> http://tugenden.podspot.de/files/Begehren-Lexikon-der-Tugenden-Yoga-Vidya.mp3 </mp3player>
Siehe auch
- Mumukshutva
- Tugend
- Raja Yoga
- Sattwa
- Rajas
- Tamas
- Sex
- Gott
- Gottverwirklichung
- Tantra
- Kundalini
- Wunsch
- Santosha
Eigenschaften im Alphabet vor Begehren
Eigenschaften im Alphabet nach Begehren
Literatur
- Sukadev Bretz, Ulrike Schöber: Der Königsweg zur Gelassenheit; 2014
- Sukadev Bretz: Karma und Reinkarnation
- Sukadev Bretz: Die Yoga-Weisheit der Bhagavad Gita für Menschen von heute / Band 1
- Sukadev Bretz: Die Yoga-Weisheit der Bhagavad Gita für Menschen von heute / Band 2
- Sukadev Bretz: Die Yoga-Weisheit der Bhagavad Gita für Menschen von heute / Folge 3-E-book
- Sukadev Bretz: Die Yoga-Weisheit der Bhagavad Gita für Menschen von heute / Folge 4-E-book
Weblinks
- Retreat
- Praxis für mehr Lebensfreude
- Meditation - Viele Infos und praktische Anleitungen
- Yoga Übungen
- Großes Yoga Portal
Seminare
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Yoga, positives Denken, Gedankenkraft
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Zusammenfassung Begehren
Begehren heißt wünschen. Begehren als Substantiv ist ein Wunsch. Begehren ist dabei ein etwas stärkerer Wunsch, der etwas tiefer geht. Man kann jemanden Fragen: Was ist dein Begehren? Insbesondere in der Literatur findet man diese Frage manchmal. Im Yoga lernt man, über Wünsche und Begehren hinauszuwachsen. Glück kommt, wenn man weniger begehrt. Wie der Yogameister Patanjali in seinem Hauptwerk Yoga Sutra schreibt: Zufriedenheit führt zu höchstem Glück.