Flexibilität entwickeln
Flexibilität entwickeln: Wie kannst du deine Beweglichkeit verbessern, deine Dehnfähigkeit kultivieren? Flexibiliät ist eine der fünf motorischen Hauptfähigkeiten. In diesem Artikel lernst du darüber, was körperliche Flexibilität ist, wozu es gut ist, die Beweglichkeit zu verbessern. Du lernst über optimalen Trainingsreiz und Regenerationszeit für Flexibilitätstraining und die Anpassungsleistungen des Organismus durch Flexibiliätstraining.
Was ist Flexibilität?
Flexibilität ist eine Funktion der Bindegewebsstruktur des Muskels, der Faszien und der Rezeptoren des Nervensystems und bestimmt die Dehnfähigkeit der einzelnen Muskeln des Bewegungsapparates. Beweglichkeit ist eine Sache der Muskulatur (Kontraktions- und Dehnfähigkeit) im Zusammenwirken der Gelenkstrukturen (Gleitfähigkeit und Kompression der „Knochen“) und des Nervensystems (der verschiedenen Rezeptoren in Knochenhaut, Bändern, Gelenken, Muskelfaszien, Muskelsehnen und des Aktionspotentials, der elektrochemisch – mechanischen Abfolge).
Flexibilitätstraining
Beim Flexibilitätstraining geht es darum, die Muskeln und Sehnen auf einen hohen Bewegungsradius zu trainieren und daran zu gewöhnen. Dazu gehört dann auch das Dehnen, wobei das Üben von Bewegungen innerhalb eines großen Bewegungsradius hier die zentralere Rolle spielt.
Beweglichkeit
- Gelenkigkeit: von der Struktur des Gelenks abhängig
- Dehnfähigkeit: Muskulatur, Sehnen, Gelenkkapsel und Bänder
- aktive Beweglichkeit: eigene Muskelleistung; größtmöglicher Bewegungsausschlag eines Gelenks durch aktive Muskelarbeit.
- passive Beweglichkeit: durch Zugkraft von außen (Dehnung ist größer)
Flexibilität
- Ist wissenschaftlich weiter im Forschungsstadium, Faszien – Forschung...
- Stärke und Flexibilität sind unabhängig voneinander.
- Bindegewebe umgibt Muskelfasern, Muskelfaserbündel und den Muskel als Ganzes
- Bei schwachem Bindegewebe ist man sehr flexibel (Training eher kontraproduktiv),
- bei starkem Bindegewebe eher steif (Training erforderlich und effektiv)
Tipps für ein gutes Flexibilitätstraining
Grundsätze für Flexibilitätstraining:
- Dehne langsam und kontrolliert, vermeide eine federnde Dehnung.
- Dehne sanft bis zur „Schmerzgrenze“, denn ohne Spannungsgefühl tritt in der gedehnten Muskulatur keine Wirkung ein.
- „Schmerzgrenze heißt, wenn die Mundwinkel entspannt bleiben...“
Dehnungsarten: Welche Dehnmethode ist die beste?
Man kann mehrere Dehnungsarten unterscheiden:
Statisches Dehnen
Statische Dehnungen führt man in einer ruhenden Dehnung durch. Man dehnt den Muskel bis zu einer bestimmten Position und hält die Dehnung für 10 bis 30 Sekunden an. Dies beinhaltet die Dehnung bis zur Grenze des Komfortablen. Im Yoga wird länger gehalten (bis zu 3 Stunden Asana Jaya) bei ruhigem meditativem Atem, geistig mentaler Konzentration. Wir nennen diese Art der Positonseinnahme dann im Yoga fest und bequem; nach Patanjalis Yoga Sutra Kap. 2 Vers. 46. „ Sthira sukham âsanam.“ (Sthira = unbewegt, fest; sukham = bequem; âsanam = Haltung). Die Körperhaltung soll fest und bequem sein...
- Für die Meditation sollte die Sitzhaltung längere Zeit unbeweglich und entspannt möglich sein. Sie sollte auch angenehm sein. Das ergibt sich im Laufe der Zeit. Das gilt aber auch für die Hatha Yoga Asanas. Auch sie sollten fest und angenehm sein. Sie sollten keine Quälerei sein, obwohl sie auch mal anstrengend sein dürfen und können. In Vers. 47. heißt es: Prayatna-shaithilyânanta-samâpattibhyâm. Prayatna = Anstrengung; shaithilya = Entspannung; ânanta = das Endlose; samâpattibhyâm = durch Meditation. Die Stellung wird durch das Befreien von Spannung und durch Meditation auf das Unbegrenzte gemeistert.
Dynamisches Dehnen
Zum Dehnen wird ein Impuls gegeben, aber ohne die Grenzen der statischen Dehnung zu überschreiten.
Aktiv - statisch
Es ist eine Art statische Dehnung. Der Antagonist wird zum Dehnen benutzt. Er wird im Yoga genutzt, um gut und korrekt in die Asana zu gehen/ zu kommen, dann wird aber in der Asana in die Entspannung gewechselt (entspanntes, meditatives Halten).
Passiv - statisch
Ist eine statische Dehnungsart, die zum Dehnen eine externe Kraft benötigt (Partner, Physiotherapeut, Yogalehrer...). Besonders beim Partneryoga beliebt.
Aktiv dynamisch, ballistisches Dehnen
Es handelt sich hier um eine dynamische Dehnung, bei der die Grenzen der Muskeln erweitert werden. Die Dehnung wird schnell durchgeführt (Schwingen), aber im Yoga weniger genutzt.
Isometrisches Dehnen
Es handelt sich hier um einen statischen Dehnungstyp, bei dem die beteiligten Muskeln gegen die Dehnung arbeiten. Man spannt die beteiligten Muskeln an, um die Anspannung zu reduzieren. Möglich ist eine technische Dehnungskombination zwischen statisch und isometrisch. Sie beinhaltet: a) eine statische Dehnung, gefolgt von b) einer isometrischen Kontraktion gegen den Widerstand von der Dehnungsposition aus. Danach folgt c) eine Entspannung, gefolgt von d) einer neuen statischen Dehnung, die die Bewegung erhöht. Diese Kombination wird im Yoga geübt, um die Flexibilität und Beweglichkeit zu erhöhen und um die Asanas länger entspannt halten zu können... Diese Dehnung wird auch als postisometrisches Dehnen bezeichnet oder im englischen CHRS (Contract-Hold-Relax-Stretching), was im Deutschen übersetzt heißt: Anspannungs-Entspannungs-Dehnen (AED)
Kriterien für die Auswahl der Art des Flexibilitätstrainings
Stellen wir uns nun die folgenden Fragen:
- Was möchtest du mit dem Dehnen eigentlich erreichen?
- Welche Dehnungsart wähle ich, um den bestmöglichen Nutzen davon zu haben?
Hier wird gut sichtbar, wie wichtig es ist, sich immer wieder über die neuesten Erkenntnisse der Sportmedizin zu informieren, um die eigene Dehntechnik zu verbessern. Was ich vielleicht heute für richtig halte, muss nicht unbedingt das Richtige sein. Habe ich keine so gute Wirkung, kann ich Neues versuchen, um bessere Ergebnisse zu erzielen. Der Yogaaspirant wähnt sich immer in der Schülerrolle und bleibt aufgeschlossen für Neues.
Anstrengungsloses Praktizieren mit angemessener Anstrengung heißt beim Dehnen, durchaus bis zum Dehnungsschmerz zu gehen, ohne aber den Dehnanspannungsreflex auszulösen. Hat der/die Praktizierende eine hohe Flexibilität, sollte weniger oder gar nicht an der Flexibilität trainiert werden. In diesem Fall ist es ratsam, an der Kraft zu arbeiten. Hat er/sie eher eine Steifheit, so ist ein Flexibilitätstraining anzustreben. Yoga bietet hier eine weite Bandbreite, dies in angemessener Weise umzusetzen.
Trainingsreiz für Flexibilitätsentwicklung
- mehr Training nötig für Flexibilität als für Muskelkraft
- gleichmäßige Dehnung eines Muskels mind. 10-20 sec., sodass die Muskelfasern entspannen und man ans Bindegewebe kommt
- Halten von mehr als 1 Minute passive Dehnung ist wichtig
- optimaler Trainingsreiz in den Yoga Asanas ab 3 Minuten (Asana Jaya nach 2-3 Stunden)
Belastung ist gut, Grenzen beachten – Überlastung vermeiden
Um Flexibilität schnell zu entwickeln: sollte man 2x am Tag üben und gerade beim Erlernen neuer Stellungen optimal.
Regenerationszeit für Flexibilitätstraining
½ - 2 Tage je nach Trainingsintensität
Häufigkeit Flexibilitätstraining
Häufigkeit: mind. 1x pro Woche, sodass man Fortschritte macht
Nutzen des Flexibilitätstrainings
- Beweglichkeit, geistige Flexibilität
- Haltung und Ästhetik stärken das Selbstbewusstsein, geringere Verletzungsgefahr
- Lymphfluss wird angeregt, gut für Venen und Arterien, gut bei Venenerkrankungen
- gut für Nerven (besonders Spinalnerven)
- Pranablockaden abgebaut
Wirkungen der aktiven Dehnungsformen
- Aufwärmeffekt
- Kräftigung der Antagonisten (Gegenspieler) der zu dehnenden Muskulatur
- Verbesserung des Bewegungsgefühls
- Verbesserung der neuromuskulären Steuerung
- Tonussenkung oder –steigerung der Muskulatur
- Beim folgenden Krafttraining gilt: Kraftgewinn und Kraftleistung wird erhöht
Wirkung der passiven Dehnungsformen
- Energieersparnis durch wenig muskuläre Arbeit
- Entspannende Wirkung
- Senkung des muskulären Tonus
- Schmerzlinderung
- Verbesserung des Körpergefühls
- Vorübergehender Kraftverlust kann eintreten
Nach sehr hohen Beanspruchungen nur sehr vorsichtig einsetzen, da eine Behinderung der Stoffwechselprozesse (Verengung der Blutgefäße) eintreten und es zu Muskelspannungen führen kann.
Siehe auch
Alle Artikel aus dem Buch Hatha Yoga und Sport
Dieser Artikel ist ein Auszug des Buches "Hatha Yoga und Sport" von Keshava Schütz. Hier kommst du zu allen Kapiteln dieses Buches:
Allgemeine Prinzipien der Trainingslehre
- Etwas über Sport-Sportmedizin-Sportphysiologie-Trainingslehre
- Stressforscher Hans Selye und das Allgemeine Anpassungsprinzip (AAP)
- Kurze Zusammenfassung der Sportmedizinischen (kleinen) Trainingslehre: Allgemeines Anpassungsprinzip, Physiologische Anpassungen des Organismus, Hyperplasie, Atrophie, Leistungssteigerung, Regenerationszeiten, Trainingsreize, Wechselnde Trainingsreize
- Trainingsreize als Voraussetzungen für die physiologischen Anpassungen
- Kontraktionsformen
- Muskeltypen
- Etwas Anatomie: Aufbau des Muskelgewebes
Kultivierung der motorischen Hauptfähigkeiten
- Die 5 motorischen Hauptfähigkeiten (Trainingsformen):Ausdauer, Kraft, Beweglichkeit/Flexibilität/Dehnen
- Muskelkraft entwickeln: Kraftausdauer - Maximalkraft - Muskelwachstum - Sprungkraft
- Ausdauer entwickeln: Herz- Kreislauf -Training
- Flexibilität, Dehnfähigkeit, Beweglichkeit
- Koordination entwickeln
- Entspannungstraining
Hatha Yoga und Sport - Spezialfragen
- Unfallgefahren und Kontraindikationen im Yoga
- Maßnahmen bei Sportverletzungen
- Wie ernährt man sich richtig?
- Allgemeines über Aufwärmen...
- Warum Zwischenentspannungen und Endentspannungen
- Allgemeine Hinweise für Yogalehrer
- Die sieben Yoga Vidya Unterrichtsprinzipien
- Yoga Vidya Prinzipien für Unterrichten bei besonderen Beschwerden
- Trainingsprinzipien
- Wie man sich fit und gesund hält von Swami Sivananda
Seminare mit Keshava Schütz
Keshava leitet viele Seminare, Ausbildungen, Yogastunden und Satsangs. Hier eine Übersicht der nächsten Seminare mit Keshava:
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