Gebet: Unterschied zwischen den Versionen

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Version vom 1. Januar 2014, 11:00 Uhr

Das Gebet (abgeleitet von dem deutschen Substantiv "Bitte") bezeichnet eine zentrale Glaubenspraxis vieler Religionen. Gebete können gesungen, gesprochen oder still formuliert sein. Je nach Religion und Konfession unterscheiden sich Körperhaltungen und Gesten: stehen, knien, niederwerfen, den Kopf senken, die Hände erheben oder falten...Mudras, Namaste... auch Asanas, Tai-Chi... Ebenso mag die Haltung individuell frei gewählt sein.

Swami Sivananda im Kreis seiner Schüler am Ganges

Gebet

Artikel von Swami Sivananda aus dem Buch „Lives of Saints“ von der Divine Life Society

Bitten um Gottes Segen

Oh barmherziger Gott! Die Zeit verfliegt. Die Sinne rebellieren. Der Geist springt umher. Maya führt in die Irre. Die drei Feuer brennen. Die fünf Leiden quälen. Freunde stören. Krankheiten plagen. Die Hitze des Sommers ist sengend. Fliegen, Moskitos, Käfer und Skorpione reizen. Der Zauber der Welt ist verführerisch. Ich kann weder meditieren noch mich konzentrieren. Ich kann auf dem spirituellen Pfad gar nichts tun, ohne Deine gütige Gnade. Oh Herr! Du bist ein Ozean der Gnade. Segne mich. Wenn ich nur einen Tropfen aus dem Ozean erlange, wird er vertrocknen?

Die Suche nach Gott

Oh anbetungswürdiger Gott! Die Menschen verkünden, dass du Deenabhandhu, Deenanath, Kripa Nidham, Karuna Sagar, Anatha Rakshaka bist. Du hast Ahalya, Draupadi, Prahlad, Dhruva, Gajendra erretet, aber in meinem Fall hast Du nichts getan. Ich bin immer noch in Schmerz, Qual und Dunkelheit. Ich rufe laut nach Deiner Gnade und Hilfe. Oh Du abwesender Herr dieser Welt! Wohin bist Du gegangen?

Gott ist die Seel' meiner Seele

Oh strahlender Gott! Der Fisch kann nicht ohne Wasser leben. Die Sonnenblume kann nicht ohne Sonne leben. Die Pativrata kann nicht ohne ihren Mann leben. Der Geist kann nicht ohne Prana leben. Die Flamme der Lampe kann nicht ohne Öl brennen. Und so kann auch ich nicht leben ohne Dich. Oh Herr, komm, komm, nimm Deinen Thron in meinem Herzen. Du bist das Prana meines Pranas. Du bist die Seele meiner Seele.

Gott ist die Seele des Universums

Du bist göttliches Licht. Du bist das Licht des Wissens. Du vertreibst die Dunkelheit. Du bist der höchste Guru. Du bist jenseits von Geist und Sprache. Du bist jenseits aller Begrenzungen. Du bist die Überseele. Du bist das Selbst des Universums. Du leuchtest aus Dir selbst. Du bist ohne Teile, ohne Handlung, ohne Glieder, ohne Makel oder Fehler, ohne Geburt und Tod. Du bist unser Vater, Mutter, Bruder, Freund, Guru, Verwandter und einzige Zuflucht. Du verkörperst Frieden, Glückseligkeit, Wissen, Macht, Stärke und Schönheit.

Was geschieht durch Gottes Gnade?

Oh gnädiger Gott! Durch Deine Gnade ...

möge ich die Wahrheit erkennen!
möge ich immer erhabene Gedanken denken!
möge ich mich als das göttliche Licht verwirklichen!
möge ich der Menschheit mit höchster Hingabe dienen!
möge ich frei sein von Gier, Lust, Egoismus, Eifersucht und Hass!
möge ich das eine süße unsterbliche Selbst in allen Wesen erblicken!
möge ich Brahman mit reinem Verständnis verwirklichen!

Möge dieses Licht der Lichter mich immer führen! Möge Er meinen Geist von allen Unreinheiten befreien! Möge Er mich inspirieren! Möge Er mir Kraft, Mut und Stärke verleihen! Möge Er die Schleier von meinem Geist beseitigen! Möge er alle Hindernisse auf dem spirituellen Weg beseitigen! Möge Er mein Leben glücklich und fruchtbar machen! Ich verneige mich vor Dir, oh Gott der Götter, oh Herr der Herren, oh Brahman der Upanishaden, Unterstützer von Maya und Ishvara!

Gebet an den Guru

Aus dem Buch "Yoga im täglichen Leben von Swami Sivananda:

O anbetungswürdiger Guru! Ich grüße dich und beuge mich vor dir. Du hast mir diese Art Sadhana vorgeschrieben und diese Übungen. Ich bin voll übler Eigenschaften. Immer wieder, bewusst oder unbewusst, habe ich verschiedentlich schlecht gehandelt. Wenn meine Erlösung oder der Gewinn des Gottesbewusstseins von meinen Bemühungen, von der Anwendung verschiedener Techniken abhinge, wo bliebe dann deine Gnade? Wo bleiben deine Segnungen? Sei mir gnädig, ich bitte dich darum. Erhöhe meine Seele!

Copyright Divine Life Society

Hinduismus

In der Frühzeit des Hinduismus, der vedischen Zeit (1200 v.Chr.), wurden Hymnen an die Götter gerichtet, die oft mit Bitten verbunden waren und einen durchaus utilitaristischen Charakter hatten. Auch die Rezitation von Mantras (wörtl.: Mittel zum Denken) war von frühester Zeit an ein wichtiges Mittel religiöser Versenkung.

Heute ist wie bei Gläubigen aller Religionen das tägliche Gebet auch bei Hindus üblich. Gebetet wird in fast allen hinduistischen Richtungen, vor allem im Bhakti Yoga ist die persönliche Hingabe an Gott und somit die Kommunikation mit ihm wichtig.

Eine populäre Form der Verehrung ist die Anbetung Gottes in einem Bild oder einem Emblem. Andererseits lehnen auch sehr viele Hindus die Verehrung in Bildern völlig ab – wie beispielsweise die Anhänger des Arya Samaj oder die Lingayats, eine im 12. Jahrhundert gegründete shivaitische Bewegung.

Hinduistische Gebetspraxis

Allgemeine Vorschriften für Gebete und feste Gebetszeiten, die für alle Hindus gelten, fehlen. Sehr unterschiedlich gelebte Familientraditionen sind:

  • die weit verbreitete tägliche Lichtkreiszeremonie, das Arati; zu Hause oder in den kleinen und großen Tempeln. Meist am Beginn sowie am Ende des Tages schwenkt man eine Butterlampe vor dem Bildnis oder dem Emblem des Göttlichen und läutet dazu eine kleine Glocke. Das Gebet - gesprochen, geflüstert, in Gedanken rezitiert oder gesungen - gehört wesentlich zu der Zeremonie.
  • Viele Hindus beten beim Verlassen des Hauses oder zu Beginn einer Unternehmung. Sie sprechen oft nur ein kurzes Gebet, indem sie etwa sagen: „Ganesha, ich verehre dich!“ oder „Om Kali!“. Insbesondere an bestimmten Wochentagen verehrt man die einzelnen Formen des Göttlichen, an Donnerstagen etwa beten manche Hausfrauen zu Lakshmi, der Göttin des Glücks und des Wohlbefindens. Am Montag steht bei vielen Shiva besonders im Mittelpunkt.
  • Zu Feiertagen kann man einen Priester ins Haus rufen, der Gebete oder Gottesdienste (Pujas) für alle durchführt. Genauso kann man auch überlieferte, spezifische Gebete für diesen Tag während einer Andacht selber beten, allein oder gemeinsam mit anderen.
  • Anstelle eines Tischgebetes ist es oft üblich, die Speise, meistens nur eine kleine Portion davon, auf den Altar zu stellen, mit Gebeten anzubieten und dann die so gesegnete Mahlzeit zu essen.
  • Sehr verbreitet ist das andachtsvoll gesungene Gebet, Bhajan, das man allein singt oder in Gemeinschaft, oft mit einem Instrument begleitet.
  • Eine andere beliebte Gebetsform stellt das wiederholte Anrufen des Namen Gottes dar, häufig mit Hilfe einer Gebetskette mit einhundertacht Kugeln, sooft wird der Name meistens zitiert. Dieses Japa dient der Versenkung und kann der Übergang zur Meditation sein.

Eine vorgeschriebene Körperhaltung für das Gebet gibt es nicht. Es muss in jedem Fall eine Haltung des Respekts sein. Darum zieht man vorher immer die Schuhe aus, wäscht sich möglichst zumindest die Hände und wählt einen Sitz, der tiefer liegt als der Altar. Meistens sitzt man mit verschränkten Beinen im Schneidersitz auf dem Boden oder steht vor dem Bildnis. Vor dem Hausaltar oder im Tempel ist auch die kniende Verbeugung üblich, bei der die Stirn den Boden berührt.

Zur Gebetshaltung gehören auch die vor der Brust gefalteten Hände; wobei man diese oft vor und nach Beginn des Gebetes als Respektsgeste jeweils kurz an die Stirn führt; oder man betet mit vor der Stirn gefalteten Händen, was besondere Inbrunst ausdrückt. Letztlich ist keine äußere Form zwingend, nur die innere Haltung.

Quellen und Beispiele von Hindugebeten

Quellen vieler Gebete sind die Veden, die Puranas und nicht zuletzt die Beispiele großer Bhaktas, der Verehrer Gottes. Selbst von jenen Personen, die das Göttliche als letztlich absolut formloses, unpersönliches Brahman definieren, sind inbrünstige Gebete überliefert, etwa vom großen Philosophen Shankara:

„Ich bete an den Herrn, das höchste Sein, dem einen ersten Samen des Universums, dem wunschlosen Formlosen, der durch die Silbe Om erkannt werden kann, durch den das Universum ins Dasein gelangte, der es erhält und in dem es wieder vergeht.“ (Vedasarasivastava)

Das bekannteste Gebet ist das "Gayatri-Mantra", eine vedische Hymne, welche das Göttliche in Form der Sonnenkraft, Surya, um geistiges Licht anruft. Viele Hindus sprechen oder singen es täglich, wobei der Gebrauch sich nicht auf Brahmanen beschränkt, wie oft behauptet, sondern alle beten es.

Das "Mrityunjaya-Mantra" verehrt Shiva:

„Wir verehren den Dreiäugigen der duftet und alle Wesen nährt.
Wie eine reife Gurke von ihrer Bindung (am Stängel) gelöst wird, möge er uns vom Tod befreien in die Unsterblichkeit.“

Ziel der Gebete und Anrufungen sind die verschiedenen, oft, aber nicht immer, anthropomorph gedachten Formen des letztlich formlosen Höchsten. Entgegen einer weit verbreiteten Meinung ist der Hinduismus nicht polytheistisch. Alle Schulen lehren das formlose Eine, wenn auch in unterschiedlichen Philosophien. Die am meisten verbreiteten Philosophien sehen die verschiedenen Götter und Göttinnen als verschiedene Formen des höchsten Einen, das letztlich formlos ist.

Ein sehr populäres Gebet, das Millionen von Hindus täglich singen, besonders zur täglichen Lichtkreis-Zeremonie, dem Arati, ist das "Jay Jagadish Hare". In diesem Text kommt deutlich zum Ausdruck, dass das Wissen um die Einheit auch in den Gebeten der einfachen Gläubigen enthalten ist. Ein Ausschnitt:

„Ehre sei Dir, O Herr der Welt! Ehre sei dem ewigen Herrn! …
Du bist meine Mutter, mein Vater bist du. Wo sonst finde ich Zuflucht, O Herr?
Außer Dir ist kein Zweiter, kein anderer neben Dir.
Auf wen kann ich hoffen, wenn nicht auf Dich! Ehre sei Dir, O Herr der Welt!
Nimm die Gier von mir und alles Übel, O Herr!
Vermehre die Hingabe und Liebe zu Dir, und lass mich den Heiligen dienen!
Ehre sei Dir, O Herr der Welt!“

Siehe auch

Weblinks

Multimedia

Das Dhanvantari-Gebet

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Gelassenheitsgebet

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Gebet ist mehr als nur bitten – mp3 Kurzvortrag

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