Körper: Unterschied zwischen den Versionen

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==Verhältnis der Seele zum Leibe==
==Verhältnis der Seele zum Leibe==
'''Artikel aus dem Buch „Das System des Vedanta“ von Paul Deussen''', Elibron Classics, 2. Auflage, 1906.
'''Artikel aus dem Buch „Das System des Vedanta“ von Paul Deussen''', Elibron Classics, 2. Auflage, 1906.
In dem Abschnitte 2,3,19-32, den wir im gegenwärtigen Kapitel analysieren wollen, wird die in der liberschrift ange-deutete Frage vorwiegend nach der quantitativen Seite behan-delt, sofern dabei die Untersuchung der (räumlichen) Gröfse der Seele im Vordergrunde steht. Bei dieser Gelegenheit aber kommt es zu Erörterungen, welche wesentlich dazu bei¬tragen werden, im weitern Verlaufe eine deutliche Vorstellung (soweit eine solche überhaupt möglich ist) über das Verhält¬nis der Seele 1) zu ihren Organen (Mukhya prâna, Manas und Indriya's), 2) zu dem sie tragenden, aus den Samen der Ele¬mente bestehenden feinen Leibe, welcher an der Wanderung teilnimmt, 3) zu dem aus den Elementen selbst bestehenden groben Leibe, d. h. dem Körper, zu gewinnen.
Ein klarer Begriff von der Raumlosigkeit des Ansichseien-den fehlt noch in unserm Systeme; an seine Stelle tritt die Lehre von der unendlichen Gröfse (vibhutvam) oder Allgegen¬wart (servagatatvam) der Seele; ihr entgegen stehen zwei an¬dere Auffassungen: die Ansicht, dafs die Seele von minimaler Gröfse (anu) und die Meinung der Jaina's, wonach die Seele von einer bestimmten, mittleren Gröfse, nämlich so grofs wie der Leib ist. Wir beginnen mit der Erörterung der letzteren Ansicht, die wir aus 2,2,34-36 in diesen Zusammenhang herübernehmen.
1. Die Meinung der Jaina's, dais die Seele
so grofs sei wie der Leib.
Ist die Seele, wie die Ârhata's wollen, so grofs wie der Leib, so ist sie begrenzt und folglich, wie alle begrenzten Dinge, nicht ewig (vgl. Anm. 43, S. 72). Dazu konimt, dais die Gröfse des Leibes wechselt. Geht nun z. B. die Seele des Menschen, zufolge des Reifens der Werke, in einen Ele¬fantenleib ein, so kann sie diesen nicht ganz füllen; und soll sie in einen Termitenleib eingehen, so hat sie in diesem keinen Platz. Dieselbe Einwendung ist in bezug auf die ver¬schiedene Gröfse des Leibes im Kindes- und Mannesalter zu erheben (p. 587,6).
Oder besteht etwa die Seele aus unendlich vielen Teilchen (avayava), die in einem kleinen Leibe zusammenrücken, in einem grofsen auseinanderrücken. Dann fragt sich, ob diese Teilchen Undurchdringlichkeit (pratighâta) besitzen oder nicht. Sind sie undurchdringlich, so ist für unendlich viele Teilchen in einem begrenzten Raume kein Platz; sind sie es nicht, so nehmen sie alle zusammen nur den Raum eines Teilchens ein, können die [erforderliche] Ausdehnung nicht hervorbringen und die ganze Seele ist von minimaler Gröfse (p. 587,12).
Oder soll man annehmen, dais bei Vergröfserung und Ver-kleinerung des Leibes die Seele neue Teilchen zubekommt und alte verliert; dann ist die Seele dem Wandel unterworfen und vergänglich, so wie die Haut, und die Lehren [der Jaina's] von der Bindung und Erlösung können nicht bestehen, nach welchen die mit der Achtzahl der Werke umkleidete und in
den Ozean des Samsâra versenkte Seele, wie eine Flaschen¬gurke (aldvu), nach Durchschneidung des Bandes in die Höhe
steigen soll (p. 588,9). Auch sind solche wechselnde Teilchen
ebenso wenig zum Selbste (atman) gehörig, wie der Leib; soll aber ein Teil derselben als Seele beharren, so ist nicht
zu bestimmen, welches dieser ist (p. 588,12). — Und woher
kommen die neuen Teile, wohin gehen die alten? Nicht aus den Elementen, und nicht in sie zuriick: denn die Seele be
steht nicht aus den Elementen; ein anderer gemeinsamer Be¬hälter der Seelenteilchen ist aber nicht erweisbar (p. 589,5).
Oder beharrt die Seele etwa, bei allem Wechsel ihrer Teilchen, wie der Strom beim Wechsel des Wassers? Auch das geht nicht: denn ist diese Kontinuität ein Nicht-reales, so gibt es gar keine Seele, ist sie ein Reales, so ist die Seele eben dem Wechsel unterworfen (p. 590,4).
Soll die Seele, wie die Jaina's wollen, dem Bestande nach, welchen sie zur Zeit der Erlösung hat, ewig sein, so ist jener Endbestand als ihre eigentliche Gröfse, und somit ein be¬stimmter Körper, nicht aber jeder frühere Körper, als ihr Mafs anzusetzen; dann aber ist nicht einzusehen, warum sie nicht mit eben dem Rechte, wie in jenem Endzustande, in jedem frühern beharren soll (p. 590,9). Somit kommen wir zu dem Schlusse, dafs die Seele als unveränderlich, sei es als minimal (anu), sei es als grofs (mahant), nicht aber, wie die Jaina's wollen, in der (wechselnden) Gröfse des Körpers an¬genommen werden mufs (p. 591,2).
2. Meinung, dais die Seele von minimaler Gröfse
(a tau) sei, Nach 2,3,19-28.
1. Dafs die Seele so grofs sei wie der Leib, ist bei Unter¬suchung der Lehre der Jaina's widerlegt worden (p. 651,2). Somit bleibt übrig, sie entweder als sehr grofs (d. h. unend¬lich, vibhu), oder als minimal klein (atyt,) anzunehmen. Das unendlich Grofse kann sich nicht bewegen (p. 651,1), von der Seele aber müssen wir annehmen, dais sie sich bewegt, weil ihr ein Auszug (aus dem Leibe), ein Hingehen (zum Monde) und eine Wiederkehr (zu neuer Verkörperung) von der Schrift zugeschrieben werden (p. 650,9). Und wenn sich auch der Auszug, sofern man ihn als ein Aufhören der Herrschaft über den Leib auffafste, allenfalls mit der Unbeweglichkeit ver¬einigen liefse (p. 651,5), so doch nicht das Hingehen und das Wiederkehren, welche entschieden als Bewegung anerkannt werden müssen (p. 651,7), wodurch wir genötigt sind, auch den Auszug als ein wirkliches Weggehen zu betrachten (p. 651,9). Da somit die Seele, als beweglich, nicht unend¬lich grofs, noch auch, wie gezeigt, von mittlerer Gröfse sein kann, so müssen wir dieselbe als minimal grofs (anu) an¬nehmen (p. 651,8).
2. Allerdings wird von der Schrift die Seele als grofs, all-gegenwärtig, unendlich bezeichnet, aber diese Ausdrücke be¬ziehen sich nur auf die höchste, nicht die individuelle Seele (p. 652,9); und wenn es Brih. 4,4,22 (S. 210) heilst: „wahr-„Hell, dieses grofse, ungeborne Selbst, das ist unter den Lebens-„organen jener aus Erkenntnis bestehende", so wird zwar hier die individuelle Seele als „die grofse" bezeichnet, jedoch nur, sofern man, vermöge einer angebornen Sehergabe, wie Vitma-deva sie hatte (Rigv. 4,26,1. 27,1. Brih. 1,4,10. Ait. 2,5; vgl. S. 194 und Anm. 83), ihre Identität mit der höchsten Seele durchschaut (p. 653,1). Hingegen wird an andern Stellen der Schrift die Seele ausdrücklich als minimal bezeichnet; so Mund. 3,1,9 als „das feine Selbst” (anur âtmâ), Çvet. 5,8 als „einer Ahle Spitze grofs" und Çvet. 5,9 als so grofs wie ein Hundertstel von dem hundertsten Teil einer Haarspitze.
3. Aber wenn die Seele von minimaler Gröfse ist, so kann sie doch nur an einer Stelle des Körpers sein; wie kann es dabei geschehen, dafs sie durch den ganzen Leib hin wahr¬nimmt? Denn man empfindet doch nach einem Bade in der Gangii. die Kälte und zur Sommerzeit die Hitze am ganzen Leibe (p. 653,11). — Wir antworten: so wie ein Stückchen Sandelholz, auch wenn es den Leib nur an einer Stelle be-riihrt, den ganzen Leib erfrischt (p. 654,2), ebenso befindet sich die Seele nur an einer Stelle des Leibes, nämlich, wie die Schrift an vielen Orten lehrt, im Herzen (p. 655,5) und empfindet von hier aus durch den ganzen Leib (p. 654,3). Dies geschieht durch Vermittlung des Gefühlssinnes (tvac): die Seele ist mit dem ganzen Gefühlssinne verbunden, der Gefühlssinn aber durchzieht den ganzen Leib. Oder auch man kann dieses Empfinden der minimalen Seele durch den ganzen Leib aus ihrer Qualität der Geistigkeit (caitanya-guna) erklären (p. 655,10), welche hier über die Substanz hinaus-reicht, wie wir ja auch sonst in der Erfahrung sehen, dais die Qualität weiter reicht als ihre Substanz, wenn z. B. das Licht eines Edelsteins oder einer Lampe, die sich nur an einer Stelle des Zimmers befinden, sich von dort aus durch das ganze Zimmer verbreitet (p. 655,11), oder wenn wir den Blumenduft riechen auch ohne die Blume zu berühren (p. 656,9). Und so lehrt auch die Schrift von der Seele, dais sie, obgleich minimal grofs im Herzen wohnend, vermöge ihrer Qualität der Geistigkeit den Leib „bis zu den Haaren und Nägeln hin" (Kaush. 4,20; vgl. Brih. 1,4,7) durchdringt (p. 658,1), und auch an andern Stellen (Kaush. 3,6. Brih. 2,1,17) wird die Seele von der Erkenntnis (prajïaci, vijiiiinam), mit der sie den Leib durchdringt, unterschieden (p. 658,4).
3. Die Seele ist unendlich grofs (vibhu). Nach 2,8,29.
Die Seele ist nicht entstanden (Kap. XXIII, 1), sondern beruht nur darauf, dais das höchste Brahman in die Elemente eingegangen ist (S. 249); hieraus folgt die Identität beider: die individuelle Seele ist nichts anderes als das höchste Brah¬man selbst (p. 658,11). Ist dem so, dann mufs die Seele ebenso grofs wie Brahman und mithin alldurchdringend sein (p. 658,13), wie es auch die Stelle Brih. 4,4,22: „wahrlich „dieses grofse, ungeborne Selbst, das ist unter den Lebens-„organen jener aus Erkenntnis bestehende", ausdrücklich be¬sagt (p. 659,1). Auf die Argumente des Gegners erwidern wir:
(Gegen 3.) 'Wäre die Seele minimal grofs, so könnte sie nicht durch den ganzen Leib durch empfinden. Die Ver¬bindung mit dem Gefühlssinn (tvac) genügt nicht, dieses zu erklären; auch der Dorn, in den man getreten hat, ist mit dem ganzen Gefühlssinn verbunden (p. 659,5), und doch spürt man den Schmerz davon nur an der Fufssohle und nicht im ganzen Leibe (p. 659,6). Dais die Qualität über ihre Sub¬stanz hinausreiche, geben wir nicht zu: die Flamme der Lampe und ihr Schein verhalten sich nicht wie Substanz und Quali¬tät, sondern sind beide Feuersubstanz, nur dais ihre Teilchen (avayava) in der Flamme dichter zusammen, in dem aus¬strahlenden Lichte weiter auseinander gerückt sind (p. 656,5). Ebenso beruht die Wahrnehmung des Geruches darauf, dais feine Atome (parain€î u) von den Gegenständen, ohne deren Volumen zu vermindern (p. 657,1), nach allen Seiten aus¬strömen und in die Nasenhöhle gelangen (p. 657,4). Will man dies nicht gelten lassen, weil die Atome nichts sinnlich Wahrnehmbares seien (p. 657,5), weil man nicht die Gegen¬stände, sondern deren Geruch rieche (p. 657,6), weil, was vorn Gesichtssinne vielleicht gelte, darum noch nicht auf den Ge¬ruchssinn übertragen werden dürfe (p. 657,8), — so müssen wir doch bestreiten, dais der Geruch eine blofse Qualität sei, weil er dann nur von seiner Substanz aus sich verbreiten könnte und nicht von andern Substanzen her, auf die er über¬gegangen (p. 659,10). Dafs nämlich dem so ist, bezeugt der erhabene .Dvaipäyana, wenn er (Mahtlbhàratam 12,8518) sagt:
„Es schreiben den Geruch Unkand'ge nur
„Dem Wasser zu, wo sie ihn wahrgenommen;
„Stets zu der Erde hin fuhrt seine Spur,
„Von wo in Luft und Wasser er gekommen."
Wäre es somit wahr, dais die Geistigkeit der Seele den ganzen Leib durchdränge, so könnte diese nicht minimal grofs sein, denn die Geistigkeit verhält sich nicht zu ihr wie eine Qualität zu ihrer Substanz, sondern macht ihr eigenstes Wesen aus, wie Wärme und Licht das des Feuers (p. 660,3); dais aber die Seele so grofs sei wie der Leib, haben wir wider¬legt: somit bleibt übrig, dais sie nur unendlich gross sein kann (p. 660,5).
(Gegen 2.) Aber wie kann dann die Seele von der Schrift als ana bezeichnet werden? — Hierauf dient zur Antwort:
weil sie im Samsàrastande der Kern (sâra) der Qualitäten der Buddhi ist." Solche Qualitäten der Buddhi sind: Liebe, Hals, Lust, Schmerz usw. (p. 660,7). Man mufs nämlich unter-scheiden die Seele aufser dem Samsàrastande, wo sie nicht handelnd, nicht leidend, ewig frei ist, und die Seele im Sam-sàrastande, wo sie handelnd und leidend nur dadurch wird, dafs die Qualitäten des Upâdhi der Buddhi auf sie übertragen werden (p. 660,10). In diesem Stande hat die Seele den Um-fang der Buddhi (p. 661,1), ist also (nach Çvet. 5,9) so grofs wie der zehntausendste Teil einer Haaresspitze (p. 661,4), oder (nach Çvet. 5,8) so grofs wie einer Ahle Spitze (p. 661,11) und wohnt, wie die Buddhi, im Herzen (p. 662,7). Die mini¬male Gröfse der Seele ist somit uneigentlich (aupacârika) zu nehmen, im Sinne der höchsten Realität (pararârtha) ist sie unendlich grofs (p. 661,7). Dementsprechend heilst es in den Stellen, auf die der Gegner sich berief (Çvet. 5,8-9) :
„Durch Eigenschaft der Buddhi und des Leibes „Grofs einer Ahle Spitze scheint der andre.
„Spalt' hundertmal des Haares Spitze und nimm davon ein Hundertstel, ,.Das wisse als der Seele Gröfse, und sie wird zur Unendlichkeit"
Wenn hingegen Mund. 3,1,9 der Seele das Beiwort anu (fein) gegeben wird, so bedeutet dies entweder nicht ihre Klein¬heit, sondern die Schwierigkeit ihrer Erkenntnis, die nicht durch Sinneswahrnehmung, sondern nur durch die Gnade des Wissens möglich ist (p. 661,13), oder es ist auch hier auf die Upddhi's zu beziehen.
(Gegen 1.) Ebenso beziehen sich Auszug, hingehen und Wiederkehr der Seele nur insofern auf dieselbe, als sie mit den Upâdhi s verbunden und somit von minimaler Gröfse ist (p. 662,8); wie ja auch die höchste Seele zum Zwecke der Verehrung in den Sagunâ vidyâh als verbunden mit Upâdha's und demzufolge (Chând. 3,14, übersetzt S. 164) als „kleiner als ein Reiskorn oder Gerstenkorn" vorgestellt wird (p. 662,13).
— Die Inkonsequenz unseres Autors, wenn er zuerst die Möglichkeit eines Empfindens der minimalen Seele durch den ganzen Leib bestreitet und hinterher für den Samsârastand die minimale Gröfse der Seele selbst zugibt, liegt offen zu¬tage. Eine Erklärung, wie die Seele im Samsârastande die Zustände des Leibes empfindet, läfst sich nur aus den Grün¬den, die er bestreitet, entnehmen. Zwar sagt er p. 715,2: „die genannten Prâna's [das Manas und die zehn Indriya's] „sind als minimal (anu) anzunehmen; die Minimalheit aber „bedeutet bei ihnen Subtilität (saukshmyam) und Begrenztheit „(pariccheda), nicht Atomgröfse (paramânu-tulyatvam), weil „[bei einer solchen] eine den ganzen Leib durchdringende „Wirkung nicht möglich ist." Aber in der Stelle, die wir betrachtet haben, hat er die Möglichkeit der leiblichen Empfin¬dung nicht für die atomgrofse (paramämu-tulya), sondern für die minimale (anu) Seele bestritten. — Freilich laufen dabei Gründe und Gegengründe in einem solchen Gewirre duroh-einander, dafs die Annahme einer Fusion verschiedener Texte in hohem Grade wahrscheinlich wird.
4. Verbindung der Seele mit dem Intellekte
(buddhi). Nach 2,3,30-32.
Die höchste Seele wird zur individuellen Seele, wie wir sahen, dadurch, dais sie sich mit den auf dem Nichtwissen beruhenden Upadhi's, und zwar speziell mit dem Upâdhi der Buddhi verbindet, worunter hier, wie das Folgende zeigen wird, der Intellekt mit Ausschlufs der Sinnesorgane (Indriya's) einerseits, der „zuschauenden" Seele (Säkshin) anderseits, also nichts anderes als was das System Manas nennt, zu ver¬stehen ist.
a) Dauer dieser Verbindung.
Was wird aus der Seele, wenn sie sich von der Buddhi trennt? Ist diese Trennung ein Übergehen in das Nichtsein oder ein Austreten aus dem Samsâra (p. 663,3)? — Hierauf dient zur Antwort: solange nicht durch die universelle Er¬kenntnis der Samsârastand aufgehoben wird, solange besteht auch die Verbindung, und solange die Verbindung besteht, solange besteht die individuelle Seele als solche (p. 663,8). Im Sinne der höchsten Realität aber besteht sie überhaupt nicht, denn es gibt aufser dem ewigen, freien, allwissenden Gott kein anderes geistiges Element (p. 663,12), wie die Schrift¬stellen: „es gibt aufser ihm kein Sehendes" (Brih. 3,8,11), „das bist du" (Chând. 6,8,7), „ich bin Brahman" (Brih. 1,4,10) beweisen. Dafs aber die Verbindung der Seele mit der Buddhi auch über den Tod hinaus und bis zur Erlösung fortbesteht, wird erstens von der Schrift gelehrt, wenn sie sagt (Brih. 4,3,7, übersetzt S. 203) : „Es ist unter den Lebensorganen der aus „Erkenntnis bestehende, in dem Herzen innerlich leuchtende „Geist. Dieser durchwandert, derselbe bleibend, beide Wel-„ten; es ist, als ob er sänne, es ist, als ob er schwankend „sich bewegte ;° — „aus Erkenntnis bestehend" bedeutet hier „aus Buddhi bestehend"; dafs er, derselbe bleibend, beide Welten durchwandert, beweist, dafs mit dem Tode keine Trennung von der Buddhi stattfindet; sein Denken und sein Bewegen ist durch das Denken und Bewegen der Buddhi bedingt; darum heilst es: „es ist, als ob er sänne, — sich be¬wegte;" an sich (svatas) sinnt er nicht und bewegt sich nicht (p. 664,13). — Weiter folgt das Fortbestehen der Verbindung daraus, dafs dieselbe auf der falschen Erkenntnis (mithyt-jnânam) beruht, diese aber durch kein anderes Mittel als die universelle Erkenntnis (samyag jiiânam) gehoben werden kann; darum mufs die Verbindung fortbestehen bis zum Erwachen des Bewufstseins der Einheit mit Brahman (p. 664,16), denn nur durch dieses Erwachen kann sie gelöst werden, wie auch die Schrift sagt (Çvet. 3,8) :
„Den grofsen Geist jenseits der Dunkelheit
„Wie Sonnen leuchtend habe ich gesehen;
„Wer diesen schaut, dem wird Unsterblichkeit,
„Nicht gibt es einen andren Weg zum Gehen."
b) Potentialität und Aktualität der Verbindung.
Aber wie steht es mit dieser Verbindung im Zustande des Tiefschlafes und des Todes, bei denen nach der Schrift (Chând. 6,8, übersetzt S. 284) ein Eingehen in Brahman stattfindet? — Sie ist in diesen Zuständen potentiell (çakti-ttmant) vorhanden und wird durch das Erwachen und Geborenwerden offenbar (aktuell), ebenso wie die Zeugungskraft schon im Kinde keimartig (vija-atmand) vorhanden ist, aber erst, wenn es zum Manne geworden ist, offenbar wird (p. 665,8). Ein solches potentielles Bestehen mufs angenommen werden, weil nichts ohne seine bestimmte Ursache entstehen kann, indem sonst alles aus allem entstehen würde (p. 665,13).
c) Notwendigkeit eines solchen verbindenden Organes.
Der in Rede stehende Upâdhi der Seele, — „mag man ihn nun Anta?karanam, Manas, Buddhi, Vijnânam, Cittam be¬nennen, oder auch, wie einige tun, zwischen Manas und Buddhi scheiden und jenem die Funktion des Zweifelns, dieser die des Entschliefsens beilegen" (p. 666,7), — ist unentbehrlich als Bindeglied zwischen der Seele und den Sinnesorganen, indem ohne ein solches entweder, falls Seele und Sinne zur Erkennt¬nis ausreichen, ein fortwährendes Erkennen, oder, falls sie nicht ausreichen, gar kein Erkennen statthaben würde; denn die Seele ist unveränderlich, und in den Sinnen liegt kein Grund, warum sie zu einer Zeit wirken und dann wieder nicht wirken sollten. Man mufs somit ein Bindeglied zwischen beiden annehmen, durch dessen Aufmerken (avadheinar, und Nicht-Aufmerken die Apperzeption (upalabdhi) und Nicht-Apperzeption entstehen : dieses Bindeglied ist das Manas (der Verstand). Darum sagt die Schrift: „ich war mit meinem Verstande anderswo, darum sah ich nicht, hörte ich nicht" und: „mit dem Verstande sieht man, mit dem Verstande hört man" (Brih. 1,5,3); als Funktionen des Manns aber nennt sie (ebendaselbst): „Wunsch, Entschlufs, Zweifel, Glaube, Un-„glaube, Beständigkeit, Unbeständigkeit, Scham, Denken und „Furcht" (p. 666,5-668,3).


==Siehe auch==
==Siehe auch==

Version vom 24. Januar 2014, 10:51 Uhr

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Der Körper in dem im nachfolgenden Artikel beschriebenen Sinn ist nach der Yogaphilosophie der physische, grobstoffliche Körper (Sthula Sharira), der die erste der fünf Hüllen des Körpers, die Nahrungshülle (Annamaya Kosha), enthält. Neben dem grobstofflichen Körper gibt es noch den feinstofflichen Körper oder Astralkörper (Sukshma Sharira oder Linga Sharira) und den Kausalkörper Karana Sharira. Der feinstoffliche Körper (Sukshma oder Linga Sharira) enthält drei Hüllen, die Energiehülle (Pranamaya Kosha), die Hülle des einfachen Denkens und der Emotionen (Manomaya Kosha) und die Hülle des Intellekts und der Unterscheidungskraft zwischen dem Wirklichen und dem Unwirklichen (Vijnanamaya Kosha).Der Kausalkörper (Karana Sharira) bringt den feinstofflichen und den grobstofflichen Körper erst hervor; er enthält die Hülle der Wonne oder Glückseligkeit (Anandamaya Kosha).

Der menschliche Körper

Artikel von Swami Sivananda aus seinem Buch „Practice of Nature Cure“ der Divine Life Society, ISBN 81-7052-229-3.

Es ist notwendig, die Struktur und die Funktionen des menschlichen Körpers zu kennen, wenn man etwas über Gesundheit und Krankheit erfahren möchte. Der menschliche Körper entsteht aus einer einfachen Eizelle. Eine Zelle ist die kleinste lebende Einheit. Das Ei teilt sich selbst im Mutterleib und so werden zwei Zellen daraus, dann vier und so weiter. Die Eizelle der Mutter verbindet sich mit dem Sperma des Vaters.

Der Körper wird durch die Nahrung, die man zu sich nimmt, gebildet. Die Knochen, die Muskeln, die Nerven, Arterien und Venen, die Haut, Nägel, Haare und Zähne, das Gehirn, die Lungen, die Leber, Nieren und Darm sind alle aus Blut entstanden. Lymphe, Blut, Muskeln, Knochen, Fett, Nerven, Fasern und Membranen bilden die Gewebe des Körpers.

Im Körper finden wir das Verdauungssystem, Ausscheidungssystem, Nervensystem, Atmungssystem, den Herzkreislauf, die Fortpflanzungsorgane, Muskeln, Knochen. Der Körper besteht aus Kopf, Hals, Rumpf, Armen und Beinen.

Die Knochen und die Muskeln bilden die Hauptstruktur und geben dem Körper Form und Beweglichkeit. Der Schädel enthält das Gehirn, welches aus Großhirn, Kleinhirn und verlängertem Rückenmark besteht.

Es gibt verschiedene Gehirnzentren wie das Atmungszentrum, welches die Atmung kontrolliert, das Zentrum, das die Temperatur des Körpers kontrolliert, das Sprach-, Hör-, Sehzentrum, das Zentrum der Intelligenz, des Fühlens, des Geschmacks und des Geruchs. Es gibt zwölf Gehirnnerven die das Gehirn verknüpfen.

Das sympathische Nervensystem wird auch unwillkürliches Nervensystem genannt, weil wir dieses System nicht durch unseren Willen kontrollieren können. Seine Funktionsfähigkeit ist unabhängig vom Gehirn. Es befindet sich an den beiden Seiten der Wirbelsäule. Eine der wichtigsten Funktionen des sympathischen Nervensystems ist die Regulierung des Herzen und der Blutgefäße. Das Rückenmark verläuft durch den Spinalkanal in der Wirbelsäule. Die Wirbelsäule hat 26 Wirbel, die Brust- und Rippenknochen sind 25, die der Arme 64, der Beine 62, die des Kopfes 8 und des Gesichts 14. Insgesamt 199.

Der Rumpf besteht aus dem oberen Teil, dem Brustkorb und dem unteren Teil, dem Bauch. Die Röhre, die die Luft während der Atmung durchfließen lässt, wird Luftröhre genannt. Am Ende des Mundes vergrößert sich diese Röhre und mündet in einer großen Öffnung, dem Kehlkopf. Hier befinden sich die Stimmbänder. Die Luft fließt durch die Luftröhre. Die Luftröhre teilt sich weiter unten in die beiden Zweige, die Bronchien genannt werden. Diese bringen die Luft in die Lungen. Es gibt zwei Lungen, die rechte und die linke.

Das Herz befindet sich zwischen den beiden Lungen im Brustkorb. Es ist die Pumpanlage für das Blut. Eine große Arterie, die Aorta hat ihren Ursprung in der Herzkammer des unteren Teils der linken Herzseite und versorgt den ganzen Körper mit reinem Blut. Die Aorta verzweigt sich bis sie schließlich in winzigen Blutgefäßen und Kapillaren endet. Das Blut versorgt den Körper mit Nährstoffen, das verbrauchte Blut fließt durch die Venen und erreicht den oberen Teil der rechten Herzseite, den Vorhof. Das Blut fließt zu den Lungen vom rechten Vorhof. Dort wird es gereinigt und kehrt zum oberen Teil des linken Herzens zurück. Das wird Blutkreislauf genannt.

Der Mund, die Zähne, die Zunge, die Speiseröhre, der Magen, der Dickdarm, der Dünndarm, Rektum, Anus, die Leber und die Bauchspeicheldrüse bilden das Verdauungssystem. Das Essen gelangt vom Mund über die Speiseröhre in den Magen. Das Essen wird teilweise im Magen verdaut, kommt dann in den Dünndarm. Dort wird es mit Pankreassaft und Galle gemischt. Die verdaute Essenz der Nahrung wird über das Blut aufgenommen und nährt den Körper. Das Unverdaute kommt in den Dickdarm und sammelt sich im Rectum als Fäkalien. Die Leber stellt Galle her, die Fett verdaut. Die Galle sammelt sich in der Gallenblase. In den Nieren wird Urin gebildet, welches sich in der Harnblase sammelt.

Die Haut besteht aus Epidermis und Derma. Schweißdrüsen, die Schweiß absondern, befinden sich in der Haut. Der Darm, die Nieren, die Lungen und die Haut sind Ausscheidungsorgane.

Die Essenz und die Vitalität eines Mannes liegen in den Hoden und bei der Frau in den Eierstöcken. Gesundheit, Kraft und Lebenslänge hängen größtenteils von der Konservierung sexueller Energie ab. Missbrauch der Sexualorgane ist die Ursache vieler Erkrankungen.

Schulung des Körpers

Swami Sivananda, der indische Weise und Yoga Meister, schreibt über die Schulung des Körpers [1]:

Körperliche Schulung oder Entwicklung des Körpers ist ebenso wichtig wie die Entfaltung des Geistes, des Willens oder des Gedächtnisses. Wird der Körper nicht kräftig und gesund, stark und aktiv gehalten, ist keine Entwicklung möglich. »[[Mens sana in corpore sano]]« - ein gesunder Geist in einem gesunden Körper - ist ein weiser Ausspruch. Der Körper ist der Tempel Gottes, der immer vollkommen sauber gehalten werden sollte.

Es gibt verschiedene Arten von körperlicher Schulung. Ihr müsst euren Notwendigkeiten, eurem Geschmack, Temperament und euren Fähigkeiten entsprechende wählen. Ein Mensch von zarter und schwächlicher Gesundheit sollte keine langen und schnellen Spaziergänge unternehmen. Man sollte immer versuchen, allein zu gehen. Dann kann man überall die Gegenwart des Allmächtigen spüren und in vollkommener Harmonie mit der Natur sein.

Sehr angenehm sind Morgenspaziergänge. Der kühle Wind ist erfrischend und belebend. Der Duft der Blumen aus den Gärten stärkt die Kräfte. Der Spaziergang sollte vor Sonnenaufgang beendet sein. Langsames Gehen wie bei einer Trauungsfeierlichkeit ist nicht segensreich. Darum gehe schnell - Schwitzen ist gesund. Du kannst hierbei Atemübungen vorteilhaft ausführen: Sechs Schritte lang einatmen, den Atem sechs Schritte lang anhalten und wieder sechs Schritte lang ausatmen. Dies ist eine gute Übung.

Noch eine andere Übung für die Schulung des Körpers: das Rennen bzw. Laufen/Joggen. Die Lungen weiten sich, das Blut wird gereinigt. Laufe in frischer Luft. Dies ist die beste Übung, die ich sehr empfehle. Besonders segensreich ist das Laufen am Meeresufer. Du kannst deine Lungen mit der doppelten Menge reinen Sauerstoffs füllen. Wiederhole dabei in Gedanken Om. Dies wird der physischen Übung einen geistigen Aspekt geben. Reibe den Schweiß mit der Hand in den Körper ein. Benutze kein Handtuch.

Das Schwimmen ist eine der besten Übungen für den Körper. Es streckt alle Rückenmuskeln. Das ist gut für Rheuma. Man kann auch beim Schwimmen Atemübungen ausführen. Ebenso ist Tennis gut und gesund. Man bewegt sich auf eine nicht anstrengende Weise und ermüdet nicht schnell. Die Fußgelenke und Finger werden hierbei gestärkt.

Wer kräftig Brust und Arme, Schultern und andere Muskeln entwickeln will, soll Gymnastik treiben. Die indischen Übungen sind besonders gut, um alle Glieder des Körpers gleichmäßig auszubilden. Man kann diese Übungen überall ausfUhren; ihre Wirkung hält an. Auch Yoga-Stellungen (Asanas) und Atemschulungen (Pranayama) haben großen Erfolg bei körperlichen Schwächen. Asanas haben auch eine geistige Wirkung. Sie können Kundalini Shakti, die Schlangenkraft, erwecken.

Asana ist mehr als eine physische Übung. Er ist eine innere Massage der inwendigen Organe und heilt dadurch Krankheiten, eine Wohltat, die durch andere Übungen kaum erreicht wird. Kriya Yoga heilt Krankheiten des Magens und verstärkt das Feuer der Verdauung. Er ist von größter Macht und Wirksamkeit. Es gibt auch ausgezeichnete Übungen, um die Wirbelsäule elastisch zu halten. Wenn dies nicht geschieht, wird das Rückgrat verknöchern und schnell degenerieren. Wer diese Übungen fUr die Elastizität der Wirbelsäule ausführt, wird immer beweglich bleiben und niemals alt wirken.

Bei jeder Übung sollten die Glieder bewegt werden: Arme und Beine kräftigen; die Wirbelsäule nach vorn, nach hinten und seitwärts beugen; Brust, Hals und Bauch bewegen. Beachte bei den Übungen folgendes:

Führe sie mit strengster Regelmäßigkeit aus. Wenn du kräftig übst, musst du substantielle Nahrung zu dir nehmen. Saure Milch, Fett, Butter, Nüsse gehören dazu. Nach Beendigung der Übungen solltest du etwas Leichtes essen. Wiege dich einmal im Monat und schreibe dein Gewicht auf. Die Übungen können am Morgen und am Abend ausgeführt werden. Zuvor ist eine halbe Stunde Ruhe notwendig. Wenn du vollkommen enthaltsam lebst, wirst du erstaunenswerte Erfolge haben. Stärke deinen Körper und gehe deinen geistigen Weg. Man sollte am Morgen Asanas ausführen, körperliche Übungen am Abend. Wenn du diese am Morgen machst, dann ruhe dich etwa 15 Minuten nach Beendigung der Asanas aus.

Die Asanas sollten an einem offenen, luftigen Ort ausgeführt: werden. Gehe bei diesen Übungen nicht ins Extrem. Es muß während der Asanas und Übung und auch danach noch ein Gefühl der Heiterkeit bestehen bleiben und keine Empfindung von Depression oder Müdigkeit auftauchen. Sonst hast du deine Fähigkeit überschritten und dich überfordert.

Behandle deinen vergänglichen Körper als Diener und Werkzeug und fühle dich vollkommen verschieden von ihm. Er besteht aus den fünf Elementen, die der Zerstörung und Vernichtung unterworfen sind, während du in deinem Wesen die Wirklichkeit, der alles durchdringende unvergängliche Atman bist. Ebenso wie das Haus, in dem du lebst, von dir getrennt ist, so ist auch dieser Körper, in dem du dank deiner Unwissenheit für eine Zeit gefangen bist, völlig gesondert von dir.

Identifizierung mit diesem Körper ist der Grund für deine Knechtschaft und die menschlichen Leiden und die Trübsal. Werde nicht der Sklave deines Körpers. Er muss zu allen Zeiten und unter allen Umständen deinen Befehlen gehorchen und nicht umgekehrt. Du mußt bereit sein, diesen Körper aufzugeben oder ihn einem gerechten und edlen Zweck zu unterstellen. Übe Selbstverleugnung, Selbstverneinung und Opfer deiner selbst.

Zum Abschluss, ihr Kinder des Lichts und der Unsterblichkeit: Haltet euren Körper stark, gesund und aktiv durch regelmäßige körperliche Schulung. Führt ein glückliches, zufriedenes Leben. Benutzt dieses Körperpferd, um eure Bestimmung, Brahma Nirvana zu erreichen. Benutzt diesen Körper als ein Boot, mit dem ihr den Strom des Lebens überquert zum anderen Ufer der Unsterblichkeit und Furchtlosigkeit hin.

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Verhältnis der Seele zum Leibe

Artikel aus dem Buch „Das System des Vedanta“ von Paul Deussen, Elibron Classics, 2. Auflage, 1906.

In dem Abschnitte 2,3,19-32, den wir im gegenwärtigen Kapitel analysieren wollen, wird die in der liberschrift ange-deutete Frage vorwiegend nach der quantitativen Seite behan-delt, sofern dabei die Untersuchung der (räumlichen) Gröfse der Seele im Vordergrunde steht. Bei dieser Gelegenheit aber kommt es zu Erörterungen, welche wesentlich dazu bei¬tragen werden, im weitern Verlaufe eine deutliche Vorstellung (soweit eine solche überhaupt möglich ist) über das Verhält¬nis der Seele 1) zu ihren Organen (Mukhya prâna, Manas und Indriya's), 2) zu dem sie tragenden, aus den Samen der Ele¬mente bestehenden feinen Leibe, welcher an der Wanderung teilnimmt, 3) zu dem aus den Elementen selbst bestehenden groben Leibe, d. h. dem Körper, zu gewinnen.

Ein klarer Begriff von der Raumlosigkeit des Ansichseien-den fehlt noch in unserm Systeme; an seine Stelle tritt die Lehre von der unendlichen Gröfse (vibhutvam) oder Allgegen¬wart (servagatatvam) der Seele; ihr entgegen stehen zwei an¬dere Auffassungen: die Ansicht, dafs die Seele von minimaler Gröfse (anu) und die Meinung der Jaina's, wonach die Seele von einer bestimmten, mittleren Gröfse, nämlich so grofs wie der Leib ist. Wir beginnen mit der Erörterung der letzteren Ansicht, die wir aus 2,2,34-36 in diesen Zusammenhang herübernehmen.

1. Die Meinung der Jaina's, dais die Seele so grofs sei wie der Leib.

Ist die Seele, wie die Ârhata's wollen, so grofs wie der Leib, so ist sie begrenzt und folglich, wie alle begrenzten Dinge, nicht ewig (vgl. Anm. 43, S. 72). Dazu konimt, dais die Gröfse des Leibes wechselt. Geht nun z. B. die Seele des Menschen, zufolge des Reifens der Werke, in einen Ele¬fantenleib ein, so kann sie diesen nicht ganz füllen; und soll sie in einen Termitenleib eingehen, so hat sie in diesem keinen Platz. Dieselbe Einwendung ist in bezug auf die ver¬schiedene Gröfse des Leibes im Kindes- und Mannesalter zu erheben (p. 587,6). Oder besteht etwa die Seele aus unendlich vielen Teilchen (avayava), die in einem kleinen Leibe zusammenrücken, in einem grofsen auseinanderrücken. Dann fragt sich, ob diese Teilchen Undurchdringlichkeit (pratighâta) besitzen oder nicht. Sind sie undurchdringlich, so ist für unendlich viele Teilchen in einem begrenzten Raume kein Platz; sind sie es nicht, so nehmen sie alle zusammen nur den Raum eines Teilchens ein, können die [erforderliche] Ausdehnung nicht hervorbringen und die ganze Seele ist von minimaler Gröfse (p. 587,12). Oder soll man annehmen, dais bei Vergröfserung und Ver-kleinerung des Leibes die Seele neue Teilchen zubekommt und alte verliert; dann ist die Seele dem Wandel unterworfen und vergänglich, so wie die Haut, und die Lehren [der Jaina's] von der Bindung und Erlösung können nicht bestehen, nach welchen die mit der Achtzahl der Werke umkleidete und in den Ozean des Samsâra versenkte Seele, wie eine Flaschen¬gurke (aldvu), nach Durchschneidung des Bandes in die Höhe steigen soll (p. 588,9). Auch sind solche wechselnde Teilchen ebenso wenig zum Selbste (atman) gehörig, wie der Leib; soll aber ein Teil derselben als Seele beharren, so ist nicht zu bestimmen, welches dieser ist (p. 588,12). — Und woher kommen die neuen Teile, wohin gehen die alten? Nicht aus den Elementen, und nicht in sie zuriick: denn die Seele be steht nicht aus den Elementen; ein anderer gemeinsamer Be¬hälter der Seelenteilchen ist aber nicht erweisbar (p. 589,5).

Oder beharrt die Seele etwa, bei allem Wechsel ihrer Teilchen, wie der Strom beim Wechsel des Wassers? Auch das geht nicht: denn ist diese Kontinuität ein Nicht-reales, so gibt es gar keine Seele, ist sie ein Reales, so ist die Seele eben dem Wechsel unterworfen (p. 590,4). Soll die Seele, wie die Jaina's wollen, dem Bestande nach, welchen sie zur Zeit der Erlösung hat, ewig sein, so ist jener Endbestand als ihre eigentliche Gröfse, und somit ein be¬stimmter Körper, nicht aber jeder frühere Körper, als ihr Mafs anzusetzen; dann aber ist nicht einzusehen, warum sie nicht mit eben dem Rechte, wie in jenem Endzustande, in jedem frühern beharren soll (p. 590,9). Somit kommen wir zu dem Schlusse, dafs die Seele als unveränderlich, sei es als minimal (anu), sei es als grofs (mahant), nicht aber, wie die Jaina's wollen, in der (wechselnden) Gröfse des Körpers an¬genommen werden mufs (p. 591,2).

2. Meinung, dais die Seele von minimaler Gröfse (a tau) sei, Nach 2,3,19-28.

1. Dafs die Seele so grofs sei wie der Leib, ist bei Unter¬suchung der Lehre der Jaina's widerlegt worden (p. 651,2). Somit bleibt übrig, sie entweder als sehr grofs (d. h. unend¬lich, vibhu), oder als minimal klein (atyt,) anzunehmen. Das unendlich Grofse kann sich nicht bewegen (p. 651,1), von der Seele aber müssen wir annehmen, dais sie sich bewegt, weil ihr ein Auszug (aus dem Leibe), ein Hingehen (zum Monde) und eine Wiederkehr (zu neuer Verkörperung) von der Schrift zugeschrieben werden (p. 650,9). Und wenn sich auch der Auszug, sofern man ihn als ein Aufhören der Herrschaft über den Leib auffafste, allenfalls mit der Unbeweglichkeit ver¬einigen liefse (p. 651,5), so doch nicht das Hingehen und das Wiederkehren, welche entschieden als Bewegung anerkannt werden müssen (p. 651,7), wodurch wir genötigt sind, auch den Auszug als ein wirkliches Weggehen zu betrachten (p. 651,9). Da somit die Seele, als beweglich, nicht unend¬lich grofs, noch auch, wie gezeigt, von mittlerer Gröfse sein kann, so müssen wir dieselbe als minimal grofs (anu) an¬nehmen (p. 651,8).

2. Allerdings wird von der Schrift die Seele als grofs, all-gegenwärtig, unendlich bezeichnet, aber diese Ausdrücke be¬ziehen sich nur auf die höchste, nicht die individuelle Seele (p. 652,9); und wenn es Brih. 4,4,22 (S. 210) heilst: „wahr-„Hell, dieses grofse, ungeborne Selbst, das ist unter den Lebens-„organen jener aus Erkenntnis bestehende", so wird zwar hier die individuelle Seele als „die grofse" bezeichnet, jedoch nur, sofern man, vermöge einer angebornen Sehergabe, wie Vitma-deva sie hatte (Rigv. 4,26,1. 27,1. Brih. 1,4,10. Ait. 2,5; vgl. S. 194 und Anm. 83), ihre Identität mit der höchsten Seele durchschaut (p. 653,1). Hingegen wird an andern Stellen der Schrift die Seele ausdrücklich als minimal bezeichnet; so Mund. 3,1,9 als „das feine Selbst” (anur âtmâ), Çvet. 5,8 als „einer Ahle Spitze grofs" und Çvet. 5,9 als so grofs wie ein Hundertstel von dem hundertsten Teil einer Haarspitze. 3. Aber wenn die Seele von minimaler Gröfse ist, so kann sie doch nur an einer Stelle des Körpers sein; wie kann es dabei geschehen, dafs sie durch den ganzen Leib hin wahr¬nimmt? Denn man empfindet doch nach einem Bade in der Gangii. die Kälte und zur Sommerzeit die Hitze am ganzen Leibe (p. 653,11). — Wir antworten: so wie ein Stückchen Sandelholz, auch wenn es den Leib nur an einer Stelle be-riihrt, den ganzen Leib erfrischt (p. 654,2), ebenso befindet sich die Seele nur an einer Stelle des Leibes, nämlich, wie die Schrift an vielen Orten lehrt, im Herzen (p. 655,5) und empfindet von hier aus durch den ganzen Leib (p. 654,3). Dies geschieht durch Vermittlung des Gefühlssinnes (tvac): die Seele ist mit dem ganzen Gefühlssinne verbunden, der Gefühlssinn aber durchzieht den ganzen Leib. Oder auch man kann dieses Empfinden der minimalen Seele durch den ganzen Leib aus ihrer Qualität der Geistigkeit (caitanya-guna) erklären (p. 655,10), welche hier über die Substanz hinaus-reicht, wie wir ja auch sonst in der Erfahrung sehen, dais die Qualität weiter reicht als ihre Substanz, wenn z. B. das Licht eines Edelsteins oder einer Lampe, die sich nur an einer Stelle des Zimmers befinden, sich von dort aus durch das ganze Zimmer verbreitet (p. 655,11), oder wenn wir den Blumenduft riechen auch ohne die Blume zu berühren (p. 656,9). Und so lehrt auch die Schrift von der Seele, dais sie, obgleich minimal grofs im Herzen wohnend, vermöge ihrer Qualität der Geistigkeit den Leib „bis zu den Haaren und Nägeln hin" (Kaush. 4,20; vgl. Brih. 1,4,7) durchdringt (p. 658,1), und auch an andern Stellen (Kaush. 3,6. Brih. 2,1,17) wird die Seele von der Erkenntnis (prajïaci, vijiiiinam), mit der sie den Leib durchdringt, unterschieden (p. 658,4).

3. Die Seele ist unendlich grofs (vibhu). Nach 2,8,29.

Die Seele ist nicht entstanden (Kap. XXIII, 1), sondern beruht nur darauf, dais das höchste Brahman in die Elemente eingegangen ist (S. 249); hieraus folgt die Identität beider: die individuelle Seele ist nichts anderes als das höchste Brah¬man selbst (p. 658,11). Ist dem so, dann mufs die Seele ebenso grofs wie Brahman und mithin alldurchdringend sein (p. 658,13), wie es auch die Stelle Brih. 4,4,22: „wahrlich „dieses grofse, ungeborne Selbst, das ist unter den Lebens-„organen jener aus Erkenntnis bestehende", ausdrücklich be¬sagt (p. 659,1). Auf die Argumente des Gegners erwidern wir:

(Gegen 3.) 'Wäre die Seele minimal grofs, so könnte sie nicht durch den ganzen Leib durch empfinden. Die Ver¬bindung mit dem Gefühlssinn (tvac) genügt nicht, dieses zu erklären; auch der Dorn, in den man getreten hat, ist mit dem ganzen Gefühlssinn verbunden (p. 659,5), und doch spürt man den Schmerz davon nur an der Fufssohle und nicht im ganzen Leibe (p. 659,6). Dais die Qualität über ihre Sub¬stanz hinausreiche, geben wir nicht zu: die Flamme der Lampe und ihr Schein verhalten sich nicht wie Substanz und Quali¬tät, sondern sind beide Feuersubstanz, nur dais ihre Teilchen (avayava) in der Flamme dichter zusammen, in dem aus¬strahlenden Lichte weiter auseinander gerückt sind (p. 656,5). Ebenso beruht die Wahrnehmung des Geruches darauf, dais feine Atome (parain€î u) von den Gegenständen, ohne deren Volumen zu vermindern (p. 657,1), nach allen Seiten aus¬strömen und in die Nasenhöhle gelangen (p. 657,4). Will man dies nicht gelten lassen, weil die Atome nichts sinnlich Wahrnehmbares seien (p. 657,5), weil man nicht die Gegen¬stände, sondern deren Geruch rieche (p. 657,6), weil, was vorn Gesichtssinne vielleicht gelte, darum noch nicht auf den Ge¬ruchssinn übertragen werden dürfe (p. 657,8), — so müssen wir doch bestreiten, dais der Geruch eine blofse Qualität sei, weil er dann nur von seiner Substanz aus sich verbreiten könnte und nicht von andern Substanzen her, auf die er über¬gegangen (p. 659,10). Dafs nämlich dem so ist, bezeugt der erhabene .Dvaipäyana, wenn er (Mahtlbhàratam 12,8518) sagt:

„Es schreiben den Geruch Unkand'ge nur „Dem Wasser zu, wo sie ihn wahrgenommen; „Stets zu der Erde hin fuhrt seine Spur, „Von wo in Luft und Wasser er gekommen."

Wäre es somit wahr, dais die Geistigkeit der Seele den ganzen Leib durchdränge, so könnte diese nicht minimal grofs sein, denn die Geistigkeit verhält sich nicht zu ihr wie eine Qualität zu ihrer Substanz, sondern macht ihr eigenstes Wesen aus, wie Wärme und Licht das des Feuers (p. 660,3); dais aber die Seele so grofs sei wie der Leib, haben wir wider¬legt: somit bleibt übrig, dais sie nur unendlich gross sein kann (p. 660,5). (Gegen 2.) Aber wie kann dann die Seele von der Schrift als ana bezeichnet werden? — Hierauf dient zur Antwort: weil sie im Samsàrastande der Kern (sâra) der Qualitäten der Buddhi ist." Solche Qualitäten der Buddhi sind: Liebe, Hals, Lust, Schmerz usw. (p. 660,7). Man mufs nämlich unter-scheiden die Seele aufser dem Samsàrastande, wo sie nicht handelnd, nicht leidend, ewig frei ist, und die Seele im Sam-sàrastande, wo sie handelnd und leidend nur dadurch wird, dafs die Qualitäten des Upâdhi der Buddhi auf sie übertragen werden (p. 660,10). In diesem Stande hat die Seele den Um-fang der Buddhi (p. 661,1), ist also (nach Çvet. 5,9) so grofs wie der zehntausendste Teil einer Haaresspitze (p. 661,4), oder (nach Çvet. 5,8) so grofs wie einer Ahle Spitze (p. 661,11) und wohnt, wie die Buddhi, im Herzen (p. 662,7). Die mini¬male Gröfse der Seele ist somit uneigentlich (aupacârika) zu nehmen, im Sinne der höchsten Realität (pararârtha) ist sie unendlich grofs (p. 661,7). Dementsprechend heilst es in den Stellen, auf die der Gegner sich berief (Çvet. 5,8-9) :

„Durch Eigenschaft der Buddhi und des Leibes „Grofs einer Ahle Spitze scheint der andre. „Spalt' hundertmal des Haares Spitze und nimm davon ein Hundertstel, ,.Das wisse als der Seele Gröfse, und sie wird zur Unendlichkeit"

Wenn hingegen Mund. 3,1,9 der Seele das Beiwort anu (fein) gegeben wird, so bedeutet dies entweder nicht ihre Klein¬heit, sondern die Schwierigkeit ihrer Erkenntnis, die nicht durch Sinneswahrnehmung, sondern nur durch die Gnade des Wissens möglich ist (p. 661,13), oder es ist auch hier auf die Upddhi's zu beziehen.

(Gegen 1.) Ebenso beziehen sich Auszug, hingehen und Wiederkehr der Seele nur insofern auf dieselbe, als sie mit den Upâdhi s verbunden und somit von minimaler Gröfse ist (p. 662,8); wie ja auch die höchste Seele zum Zwecke der Verehrung in den Sagunâ vidyâh als verbunden mit Upâdha's und demzufolge (Chând. 3,14, übersetzt S. 164) als „kleiner als ein Reiskorn oder Gerstenkorn" vorgestellt wird (p. 662,13).

— Die Inkonsequenz unseres Autors, wenn er zuerst die Möglichkeit eines Empfindens der minimalen Seele durch den ganzen Leib bestreitet und hinterher für den Samsârastand die minimale Gröfse der Seele selbst zugibt, liegt offen zu¬tage. Eine Erklärung, wie die Seele im Samsârastande die Zustände des Leibes empfindet, läfst sich nur aus den Grün¬den, die er bestreitet, entnehmen. Zwar sagt er p. 715,2: „die genannten Prâna's [das Manas und die zehn Indriya's] „sind als minimal (anu) anzunehmen; die Minimalheit aber „bedeutet bei ihnen Subtilität (saukshmyam) und Begrenztheit „(pariccheda), nicht Atomgröfse (paramânu-tulyatvam), weil „[bei einer solchen] eine den ganzen Leib durchdringende „Wirkung nicht möglich ist." Aber in der Stelle, die wir betrachtet haben, hat er die Möglichkeit der leiblichen Empfin¬dung nicht für die atomgrofse (paramämu-tulya), sondern für die minimale (anu) Seele bestritten. — Freilich laufen dabei Gründe und Gegengründe in einem solchen Gewirre duroh-einander, dafs die Annahme einer Fusion verschiedener Texte in hohem Grade wahrscheinlich wird.

4. Verbindung der Seele mit dem Intellekte (buddhi). Nach 2,3,30-32.

Die höchste Seele wird zur individuellen Seele, wie wir sahen, dadurch, dais sie sich mit den auf dem Nichtwissen beruhenden Upadhi's, und zwar speziell mit dem Upâdhi der Buddhi verbindet, worunter hier, wie das Folgende zeigen wird, der Intellekt mit Ausschlufs der Sinnesorgane (Indriya's) einerseits, der „zuschauenden" Seele (Säkshin) anderseits, also nichts anderes als was das System Manas nennt, zu ver¬stehen ist.

a) Dauer dieser Verbindung.

Was wird aus der Seele, wenn sie sich von der Buddhi trennt? Ist diese Trennung ein Übergehen in das Nichtsein oder ein Austreten aus dem Samsâra (p. 663,3)? — Hierauf dient zur Antwort: solange nicht durch die universelle Er¬kenntnis der Samsârastand aufgehoben wird, solange besteht auch die Verbindung, und solange die Verbindung besteht, solange besteht die individuelle Seele als solche (p. 663,8). Im Sinne der höchsten Realität aber besteht sie überhaupt nicht, denn es gibt aufser dem ewigen, freien, allwissenden Gott kein anderes geistiges Element (p. 663,12), wie die Schrift¬stellen: „es gibt aufser ihm kein Sehendes" (Brih. 3,8,11), „das bist du" (Chând. 6,8,7), „ich bin Brahman" (Brih. 1,4,10) beweisen. Dafs aber die Verbindung der Seele mit der Buddhi auch über den Tod hinaus und bis zur Erlösung fortbesteht, wird erstens von der Schrift gelehrt, wenn sie sagt (Brih. 4,3,7, übersetzt S. 203) : „Es ist unter den Lebensorganen der aus „Erkenntnis bestehende, in dem Herzen innerlich leuchtende „Geist. Dieser durchwandert, derselbe bleibend, beide Wel-„ten; es ist, als ob er sänne, es ist, als ob er schwankend „sich bewegte ;° — „aus Erkenntnis bestehend" bedeutet hier „aus Buddhi bestehend"; dafs er, derselbe bleibend, beide Welten durchwandert, beweist, dafs mit dem Tode keine Trennung von der Buddhi stattfindet; sein Denken und sein Bewegen ist durch das Denken und Bewegen der Buddhi bedingt; darum heilst es: „es ist, als ob er sänne, — sich be¬wegte;" an sich (svatas) sinnt er nicht und bewegt sich nicht (p. 664,13). — Weiter folgt das Fortbestehen der Verbindung daraus, dafs dieselbe auf der falschen Erkenntnis (mithyt-jnânam) beruht, diese aber durch kein anderes Mittel als die universelle Erkenntnis (samyag jiiânam) gehoben werden kann; darum mufs die Verbindung fortbestehen bis zum Erwachen des Bewufstseins der Einheit mit Brahman (p. 664,16), denn nur durch dieses Erwachen kann sie gelöst werden, wie auch die Schrift sagt (Çvet. 3,8) :

„Den grofsen Geist jenseits der Dunkelheit „Wie Sonnen leuchtend habe ich gesehen; „Wer diesen schaut, dem wird Unsterblichkeit, „Nicht gibt es einen andren Weg zum Gehen."

b) Potentialität und Aktualität der Verbindung.

Aber wie steht es mit dieser Verbindung im Zustande des Tiefschlafes und des Todes, bei denen nach der Schrift (Chând. 6,8, übersetzt S. 284) ein Eingehen in Brahman stattfindet? — Sie ist in diesen Zuständen potentiell (çakti-ttmant) vorhanden und wird durch das Erwachen und Geborenwerden offenbar (aktuell), ebenso wie die Zeugungskraft schon im Kinde keimartig (vija-atmand) vorhanden ist, aber erst, wenn es zum Manne geworden ist, offenbar wird (p. 665,8). Ein solches potentielles Bestehen mufs angenommen werden, weil nichts ohne seine bestimmte Ursache entstehen kann, indem sonst alles aus allem entstehen würde (p. 665,13).

c) Notwendigkeit eines solchen verbindenden Organes.

Der in Rede stehende Upâdhi der Seele, — „mag man ihn nun Anta?karanam, Manas, Buddhi, Vijnânam, Cittam be¬nennen, oder auch, wie einige tun, zwischen Manas und Buddhi scheiden und jenem die Funktion des Zweifelns, dieser die des Entschliefsens beilegen" (p. 666,7), — ist unentbehrlich als Bindeglied zwischen der Seele und den Sinnesorganen, indem ohne ein solches entweder, falls Seele und Sinne zur Erkennt¬nis ausreichen, ein fortwährendes Erkennen, oder, falls sie nicht ausreichen, gar kein Erkennen statthaben würde; denn die Seele ist unveränderlich, und in den Sinnen liegt kein Grund, warum sie zu einer Zeit wirken und dann wieder nicht wirken sollten. Man mufs somit ein Bindeglied zwischen beiden annehmen, durch dessen Aufmerken (avadheinar, und Nicht-Aufmerken die Apperzeption (upalabdhi) und Nicht-Apperzeption entstehen : dieses Bindeglied ist das Manas (der Verstand). Darum sagt die Schrift: „ich war mit meinem Verstande anderswo, darum sah ich nicht, hörte ich nicht" und: „mit dem Verstande sieht man, mit dem Verstande hört man" (Brih. 1,5,3); als Funktionen des Manns aber nennt sie (ebendaselbst): „Wunsch, Entschlufs, Zweifel, Glaube, Un-„glaube, Beständigkeit, Unbeständigkeit, Scham, Denken und „Furcht" (p. 666,5-668,3).

Siehe auch

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