Kabir

Aus Yogawiki

Kabir (Hindi: कबीर Kabīr m.; Arabisch: : کبير‎ kabīr "groß") indischer Dichter und Mystiker (1440-1518). Kabir wuchs als Sohn einer muslimischen Weberfamilie auf. Kabir strebte nach einer Synthese der beiden Hauptreligionen Indiens, des Hinduismus und des Islams. Er vertrat die Lehren von Karma und Samskara, und folgte dem Bhakti Yoga als seinem Heilsweg.

Kabir mit einem Schüler. Das Gemälde stammt aus dem Jahr 1825 n. Chr. A 1825

Swami Sivananda über Kabir

Artikel aus dem Buch “Lives of Saints” der Divine Life Society, 2009.

Kabir heißt “groß” in der arabischen Sprache

Kabir wurde im Jahre 1440 nach Christus geboren. Wahrscheinliches ist er 1519 gestorben, so steht es in der Schrift „Kabir Ka Santi“. Kabir starb in Maghar nahe bei Gorakhpur. Als kleines Kind wurde er auf den Blättern einer Lotusblume auf dem See Lahar Talao nahe bei Kashi gefunden. Er wurde von Niru, einem kinderlosen mohammedanischen Weber und seiner Frau Nima gefunden, die auf dem Weg zu einer Veranstaltung in einem Nachbardorf unterwegs waren. Ihre Herzen wurden durch das im Stich gelassene Kind berührt. Und so nahmen sie das Kind mit zu sich nach Hause und zogen es wie ein eigenes Kind auf.

Ein Kazi wurde gerufen, um dem Kind einen Namen zu geben. Der Kazi sagte jedoch zu Niru, dass dieses Kind ein Dämon sei und dass es sofort getötet werden müsste. Dann geschah ein Wunder, als ein Messer in das Herz des Kindes gestoßen wurde. Denn kein einziger Tropfen Blut trat aus der Wunde aus. Kabir sprach dann einen Vers, welcher allen Anwesenden klar machte, dass er nicht aus gewöhnlichem Fleisch und Blut bestünde. Deshalb wurde dem Kind der Name „Kabir“ gegeben, denn dieses Wort bedeutet im Arabischen „groß“.

Kabir hatte wahrscheinlich hinduistische Eltern, auch wenn er als Mohammedaner adoptiert und dementsprechend aufgezogen wurde. Es gab Gerüchte, dass er von einer Brahmanischen Witwe, noch in deren Mädchenalter, in die Welt gesetzt wurde. Und diese wollte damit ihre Scham verbergen. Aber in einer Zeile des Verses leugnete Kabir seine Herkunft aus einem Mutterleib. Er sagte stattdessen, dass er weder geboren wurde noch sich vorher in einem Mutterleib befunden hätte. (Siehe auch Seite 122, Band VI, in Macauliffs Sikh Religion). Kabir wuchs ohne jedwede Nahrung auf und seine Adoptiveltern waren deshalb sehr um ihn besorgt. Schließlich begann er die Milch eines Kalbs zu trinken, die auf wundersame Weise einmal täglich Milch gab.

Das Leben von Kabir ist sehr mysteriös. Wir wissen so gut wie gar nichts über seine Ausbildung und seinen Beruf, und nur sehr wenig ist über seinen Lebenslauf bekannt. Es sind nur wenige Tatsachen bekannt: Er war ein Weber, seine Eltern waren arm, er lebte während der Herrschaft von Sikander Lodi, er war ein Schüler des großen religiösen Reformators Ramananda sowie dass er der Guru von mehreren angesehenen Schülern war. Lediglich dies ist wirklich beschrieben über Kabir.

Schon von seiner frühen Kindheit an interessierte sich Kabir sehr für Religion. Und er hatte eine starken Hang zur Reflexion und oft sehr mystische Stimmungen. Und schon als Kind nahm er an Diskussionen über Gott mit Sadhus teil. Dabei begrüßte und diente er den Sadhus and Sannyasins mit großer Hingabe und Glauben. Auch wenn ihn sein Stiefvater vermählte, so war Kabir kaum an sein Heim und an seine Familie gebunden. Er streunte durch die heilige Stadt Kashi und bestritt seinen Lebensunterhalt mittels Weben.

Kabirs Initiierung

Kabir blieb lange Zeit ohne einen Guru. Er wollte ein Schüler von Ramananda werden. Als Mohammedaner wusste er jedoch nicht, ob Ramananda ihn als seinen Schüler überhaupt annehmen würde. Eines Tages begab er sich auf die Stufen eines Ghat an den Ufer des Flusses Gangeso, zu dem Ramananda normalerweise jeden Morgen kam, um dort ein Bad zu nehmen. Und auch an diesem Tag kam der große Prediger Ramananda, um wie jeden Morgen dort sein Bad zu nehmen. Es war dunkel und so sah Ramananda nicht den schlafenden Kabir. Und so setzte er seinen Fuß auf Kabirs Brustkorb.

Als er bemerkt hatte, dass er auf einen menschlichen Körper getreten war, rief er aus: „Ram ... Ram ... “. Kabir seinerseits wachte auf und sagte: “Endlich habe ich ihn gefunden” Er fiel Ramananda zu Füßen und sagte dann: „Du hast mir die Worte für meine Initiierung gerade gegeben, so bin ich damit von nun an dein Schüler“. Ramananda war tief beeindruckt von der Ernsthaftigkeit und der Hingabe Kabirs und nahm ihn als seinen Schüler an. Und so wurde Kabir nun auch formell von diesem großartigen Lehrer initiiert.

Kabir nahm an den theologischen und philosophischen Disputen teil, und er meisterte diese sehr gut mit all den großén Mullahs und Brahmanen seiner Zeit. Ein besonders weiser Brahmane mit Namen Sarvajit, der mit Logik sehr gut vertraut war, kam eines Tages nach Kashi. Die Pandits von Kashi informierten Ramananda über die Ankunft des gelehrten Brahmanen und sagten ihm, dass niemand dessen ausgefeilte Logik schlagen könnte. Ramananda schickte Kabir, um mit dem Gelehrten zu argumentieren. Der orthodoxe Pandit fragte: "Oh Kabir! Welcher Kaste gehörst du an?” Kabir antwortet darauf: "Ich bin ein Weber". Der stolze Pandit lächelte Kabir höhnisch und verächtlich an und fragte, was denn ein Weber überhaupt sei.

Kabir antwortete ihm wie folgt: “Keiner kennt das Geheimnis des Webers, Gott hat die Webkette der gesamten Welt gewebt. Wenn du die Veden und die Puranas gehört hast, so solltest du gehört haben: Ich habe die Webkette (oder das Netz) weit ausgedehnt und habe die Erde und das Himmelsfirmament zu meiner Werkstatt gemacht. Ich habe die Sonne und den Mond in unterschiedliche Bewegung gesetzt. Durch die Arbeit meiner Beine habe ich dies ausgeführt – und mit solch einem Weber wird mein Herz erfreut“. (Macauliff)

Kabir war so wie Guru Nanak, der von beiden, den Hindus und den Mohammedanern geliebt wurde. Er gehörte nicht nur einer einzigen Religion oder Nation an. Er war der Prophet einer allgemeinen Bruderschaft. Er gehorchte auch nicht den Regeln der Kasten. Er erkannt auch die höhere Harmonie des Hinduismus und des Islams. Er erkannte die Wahrheit, dass Religion, Spiritualität, Liebe, Hingabe und das göttliche Leben nicht das Monopol einer einzigen Religion sind, sondern stattdessen in allen Religion gleich sind.

Kabirs Religion war eine Religion der Einfachheit und seine Botschaft war Liebe. Und seine Wege zur Befreiung waren Hingabe an Gott und an Gott alleine. Kabirs zu Hause war das gesamte Universum, sein Bruder war die Menschheit und sein Vater war der Vater im Himmel. Kabir verleugnete auch nicht die Welt, um sich den Praktiken zu widmen oder auch der Entsagung und der Meditation. Er war ein dynamischer Yogi. Er arbeitet am Webstuhl und zu derselben Zeit war sein Geist fest in Gott verankert.

Kabir fing an, eine große Anzahl von Menschen anzuziehen und viele wurden dann seine Schüler. Und sie alle sammelten sich um seinen Webstuhl oder um seinen Marktstand herum, um seinen süßen, die Seele berührenden und feinen Gesängen und Ausführungen zu lauschen. Mysteriös sind die Wege der Propheten und Heiligen! Sie predigen schweigend und nur den Weisen haben den Nutzen aus diesen Belehrungen. Denn nur sie können diese wirklich verstehen. Kabir predigte die Einheit der Menschen und des Glaubens.

Die orthodoxen Brahmanen von Kashi versuchten alles, um Kabir schlecht zu machen oder ihn sogar in Versuchung zu führen. Und so schickten sie ihm eine junge und schöne Kurtisane, die Kabir verführen sollte. Aber so wie die Magdalena in der Bibel, so wurde auch diese durch Kabirs spirituelle Kraft verwandelt.

Kabir war ein Vertreter des Nirguna Bhakti. Er in höchster Liebe für alle, und er war außerordentlich höflich und mitfühlend. Gleichzeitig war er furchtlos, und er bat auch niemanden, ihm zu folgen. Er schweifte durch das ganz Land und sang seine Lieder. Und er verurteilte alle Formalien und Rituale so wie er auch die bisherigen Konventionen angriff. Damit war er auch ein sozialer Revolutionär, und er setzte sich stark ein für die soziale, moralische und spirituelle Erhöhung der Menschen. So lebte er immer noch in den Herzen aller Menschen weiter.

Kabir war ein großer Verfechter seines eigenen Weges. Er versuchte immer sein Bestes, um in seiner Umgebung Eintracht und Harmonie zu fördern. Seine Dichtkunst ist voller Kritik an den Mullahs und den Priestern. Dabei predigte Kabir nicht nur, sondern lebte auch ein Leben der Eintracht von Menschen und Glaubensrichtungen. Er verwendete seine Gesänge auch als Waffen gegen die Mullahs und die Priester und sparte dabei nicht mit Worten gegenüber der muslimischen und hinduistischen Orthodoxie. Kabir war ein kraftvoller Heiliger und durch die Autorität seiner erreichten Selbstverwirklichung konnte er die Wahrheit ohne Furcht oder Einschränkungen verkünden.

Kabir sagt: "Ich bin ein Kind von Allah und von Ram." Damit ist es sehr schwer zu sagen, ob er ein Brahmane oder ein Mohammedaner ist, ein Sufi oder ein Vedantin, ein Vaishnavite oder ein Ramanandi. Die Hindus sehen ihn als einen heiligen Brahmanen an, und die Mohammedaner sehen ihn als ein Sufi an. Eine Sekte, die bekannt ist als 'Kabir-panth' und zu denen auch heute noch einige Hunderttausende der Hindus im Norden Indiens gehören, wurde von den Anhängern Kabirs gegründet. Aber Kabir selbst stand über allen Sekten, Kulten und Glaubensrichtungen. Und die Geschichte, dass sich die Hindus und die Mohammedaner um seinem Leichnam gestritten haben, da jede Gruppe ihn als einen Anhänger ihrer eigenen Glaubensrichtung ansahen, bestätigt diese Einschätzung. Narsi Mehta,Vidyapati, Umapati, Mira Bai und Raidas waren einige der bekannten Zeitgenossen von Kabir.

Kabir, der heilige Dichter von Kashi, ist eine der interessantesten Persönlichkeiten in der Geschichte des indischen Mystizismus. Er war ein erhabener und philosophischer Dichter. Er war ein hochbegabter Musiker und Dichter. Und seine Lieder sind wundervoll, denn sie sind ein spontaner Ausdruck seiner spiritueller Erfahrung und seiner Liebe.

Kabir verwendete gebräuchliche Metaphern in seinen Liedern. Dabei besang er seine Religion in populären Versen, und so wurden diese Verse oft wiederholt, sogar bis heute werden sie immer fast jedem Haushalt in Uttar Pradesh und Punjab gesungen. Kabirs Doktrinen sind seelen-aufwühlend und auch hochherzig. Viele der Verse von Kabir sind sehr mystisch.

Kabir hatte beeindruckende spirituelle Kräfte, und er vollbrachte einige Wunder. Es wird auch berichtet, dass Krishna selbst ein Gewand für ihn gewebt hatte. Es war das farbenprächtigste Gewand, welches jemals zu sehen war, denn es war nicht aus gewöhnlichen Stofffäden gewebt, sondern aus den Strahlen der Sonne selbst und zusätzlich von den wundervollsten Regenbogen durchwirkt.

Der Kazi tötete eine Kuh. Kabir brachte diese Kuh zurück ins Leben, um damit auch diesen ungeheuren Frevel zu sühnen, den es darstellt, wenn eine Kuh getötet wird. Einige Leute beklagten bei dem Herrscher Sikander Lodi, dass Kabir die Menschen durch seine falschen Lehren in die Irre führen würde. Und so wurde Kabir dem Herrscher vorgeführt. Die Hofschranzen wiesen dabei Kabir an, dem Herrscher seine Ehrerbietung zu erweisen. Kabir antwortete darauf: „Ich habe keine Angelegenheit mit dem Herrscher zu regeln, ich mache dies nur mit Gott allein. Und mein Gott ist der Unterstützer der Welt und damit ist nur er der wahre Herrscher der Welt. Ich kenne den Namen Gottes, und ich singe nur zu seinen Ehren. Auf ihn kann ich meditieren. Ich weiß nicht, wie ich mich vor weltlichen Herrschern niederwerfen sollte, denn ich habe noch niemals das Gericht in oder die Durbar eines Herrschers bislang besucht." Sikander Lodi wurde daraufhin sehr ärgerlich, als der diese Worte von Kabir vernahm. Aber, da er ein Mann mit hoher Kultur oder Bildung war, erlaubte er dennoch, dass Kabir friedlich nach Hause gehen durfte. Auch wenn sein Leben verschont wurde, so wurde er trotzdem aus der Stadt Kashi verbannt. Dies alles geschah im Jahre 1405 A.D. (n.Chr.), als Kabir sechsundfünfzig Jahre alt war.

Kabir und seine Ehefrau

Indische Briefmarke mit dem Bildnis Kabirs

Der Name von Kabirs Ehefrau war Loi und Kamal war ihr gemeinsamer Sohn. Dharam Das war sein hauptsächlicher Schüler und Jhali, die Königin von Chitore, war seine königliche Schülerin. Kabir lebte mit seiner Ehefrau in einer Hütte in einer abgelegenen Stelle außerhalb der Stadt. Er pflegte die Sadhus oder auch die Asketen zu speisen, die ihn besuchen kamen. Eines Tages hatte er keine Speisen mehr, die er verteilen konnte, und es kamen viele hungrige Asketen. Kabir war in einer aufgewühlten Stimmung.

Seine Frau sagte: “Oh Herr, wenn du es mir erlaubst, leihe ich uns etwas Geld von dem Geldverleiher.“ Kabir antwortete daraufhin: „Wie kannst du von diesem geizigen Mann Geld erbitten?“. Seine Frau antwortete dann: „Er ist sehr in mich verliebt, und er sagte neulich, dass er mir eines Tages Geld geben würde. Lass uns nun seine Geld nehmen und ihm eine Lektion erteilen." Kabir sprach daraufhin: "Das ist einen gute Idee. Gehe zu ihm und komme mit etwas Geld zurück, denn die Asketen sind sehr hungrig, sie haben seit drei Tagen nicht gegessen." Loi ging zu dem Haus des Geldverleihers und traf dessen jungen Sohn. Sie versprach, ihn später in der Nacht zu treffen, und so gab er ihr sofort so viel Geld, wie sie benötigte. Loi kam zurück zu der Hütte und händigte ihrem Ehemann das gesamte Geld aus und alle Sadhus wurden aufwändig gespeist.

In dieser Nacht gab es einen heftigen Regen und einen starken Sturm. Kabir bedeckte seine Frau mit einer Decke und trug sie auf seinen Schultern zu dem Haus des Geldverleihers. Loi betrat dann das Gemach des Sohnes des Geldverleihers. Kabir wartete außerhalb des Hauses, um seine Frau nach Hause zu begleiten. Der junge Mann war sehr erfreut beim Anblick von Loi und auch verblüfft, sie zu sehen in Anbetracht der regnerischen und stürmischen Nacht. Und so fragte er sie: „Oh meine Liebe, wie hast du es geschafft, zu meinen Haus zu kommen, du bist trocken und deine Füße sind sauber, da ist kein Schmutz an deinen Füßen. Dies ist ein großes Wunder."

Loi antwortet: “Mein Ehemann hat mich auf seinen Schultern hierher getragen.” Der junge Mann wurde von Überraschung und Ehrfurcht erfasst. Er wurde sofort verändert und weinte bitterlich. Er fragte sie: ”Hat dein Ehemann dich hierher zu mir gebracht?“. Er sah Loi als seine Mutter an und warf sich ihr zu Füßen.

Und er sagte zu ihr: „Du bist meine Mutter, vergib mir meine üblen Absichten“. Danach rannte er zu der Stelle, an welcher Kabir stand. Er fiel ihm zu Füßen und schrie: „O erhabener Guru! Ich bin ein großer Sünder, reinige mich und erhöhe mich. Segne mich, denn ich nehme Zuflucht bei deinen Lotusfüßen. Ich bin demütig in deren Angesicht. Ich bin dein demütiger Anbeter.“ Und von diesem Tage an war der Sohn des Geldverleihers einer der größten Anhänger von Kabir.

Die Wege der Heiligen und Propheten sind mysteriös. Allein durch ein einfache Berührung und den Darshan werden selbst die größten Sünder in große Heilige transformiert. Extremes Rajas wird in Sattwa umgewandelt. Der Geist des leidenschaftlichen jungen Mannes, der der Sohn des Geldverleihers war, war voller Rajas und trotzdem wurde er ein frommer und sattwiger Mann.

Eines Tages kam Jahangast, ein mohammedanischer Fakir, der von dem großartigen Ruhm von Kabir gehört hatte, um ihn zu sehen. Er war neidisch auf Kabir. Dieser band jedoch schnell ein fettes Schwein an seine Tür. Der Fakir sah nun dieses Schwein und schritt deshalb nicht durch diese Tür zu Kabirs Hütte. Kabir sagte daraufhin zu dem Fakir: „Oh großer Fakir, warum rennst du nun weg. Ich habe lediglich ein unreines Schwein an meine Tür gebunden. Aber du hingegen hast einen unreinen Ärger, Stolz, Neid und Gier an dein Herz angebunden.“ Darauf senkte der Fakir sein Haupt in Schande. Er bat Kabir um Vergebung und wurde daraufhin sofort dessen Schüler.

Kabirs Werke

Kabirs Werke bestehen zur Mehrzahl aus Sammlungen der Gesänge. Diese sind oft in den verschiedenen Versmaßen des alten Hindi. Und davon gibt es insgesamt zweiundsiebzig Werke. Die wichtigsten und bekanntestend davon sind: Die Kabir Bijak, die Suknidhan, Sabdas, Sakhis, Rekhtas, Mangal, Vasant und Holy Agams. Die Kabir Bijak ist davon die große Autorität in allen religiösen Belangen und Doktrinen der Kabir-Panthis.

Kabirs Sprache ist sehr einfach und sein Stil ist schön. Seine Ausdrücke der Ideen sind sehr klar und die poetische Komposition ist sehr natürlich. Jeder Reim oder jeder Zweizeiler besitzt eine tiefe Bedeutung. Seine Gleichnisse und Metaphern sind passend. Die weiteren Kennzeichen sind die Tiefe der Gefühle und seine direkte Sprache. Seine Ausdrücke sind, als wenn sie direkt aus seinem Herzen ausgeströmt sind. Kabirs Fähigkeit eine große Weisheit in einen Zweizeiler zu packen, ist einzigartig und ohne Gleichen. Seine Sprüche sind beispiellos. Seine Verse wühlen die Seele auf und inspirieren. Und da ist eine große Tiefe in seinen Gedanken und eine tiefe Einsicht.

Als Kabir starb, wurde sein Körper sowohl bei den Hindus als auch bei den Mohammedanern aufgebahrt. Der König von Kashi, zusammen mit Tausenden von Hindus, wollten dessen Körper verbrennen. Denn die Hindus bestanden darauf, dass Kabir ein Hindu war, und deshalb sollte dessen Körper verbrannt werden. Hingegen wollte Bizli Khan, zusammen mit Tausenden von Mohammedanern, den Körper würdevoll begraben.

Die Mohammedaner bestanden darauf, dass Kabir ein Muslim war und dementsprechend nach und mit den üblichen mohammedanischen Riten bestattet werden sollte. Und während dieser Disput stattfand, tauchte eine Geisterscheinung von Kabir auf und sagte zu den Anwesenden: „Ich war weder ein Hindu noch ein Mohammedaner. Ich war beides und zugleich auch keines von beiden. Ich war alles, und ich kann Gott in beidem wahrnehmen. Und eigentlich gibt es weder einen Hindu noch einen Muslim. Und für den, der frei von Täuschung ist, sind ein Hindu und ein Muslim letztlich das Gleiche. Werfe alle Verkleidungen ab und schau dir das Wunder an!"

Die Verhüllung wurde daraufhin zur Seite gezogen und eine große Zahl von Blumen war unter dem Tuch. Die Hälfte dieser Blumen wurde von König von Kashi genommen und wurde an den Ufern der heiligen Ganga verbrannt. Die Asche dieser Blumen wurde dann in der Erde vergraben und ein Tempel darauf erbaut. Dieser Tempel ist heute bekannt als Kabir Chaura - und einer der wichtigen Pilgerorte für die Anhänger von Kabir. Die andere Hälfte der Blumen wurde von den Mohammedanern genommen und diese Blumen wurden in Maghar beerdigt - dort, wo Kabir starb. Auf diesem Blumengrab erstand später eine Moschee und diese ist heute eine Pilgerstätte für die Mohammedaner.

Sprüche von Kabir

  • 1. Das Leben vergeht, so wie die Perlen einer Mala durch die Finger gleiten. Die Dunkelheit des Herzens wird dabei jedoch nicht zerstört. Lass‘ deshalb die Perlen durch die Hände gleiten und bewege die Perlen Deines Geistes.
  • 2. Wenn Du keine Hingabe an Gott hast, dann wirst Du auch nichts auf einer Pilgerreise erreichen können. Auch wenn Du das ganze Land durchquerst, so wird Dein Herz dann doch unrein bleiben. Derjenige, der nach Varanasi gewandert ist, um Lord Viswanath zu sehen, aber der trotzdem nicht seine Scheinheiligkeit, seine Lust und seine Gier abgelegt hat, wird ebenso nichts erreichen.
  • 3. Mir sind die Worte meines geliebten Gottes seht wichtig. Ich bekomme keinen Trost, wenn irgendjemand versucht, mich auf andere Weise zu trösten, Wenn Du einen Fisch in eine Krippe legst und gibst diesem Nektar als Getränk, so wird er schnell sterben.
  • 4. Nur der Edelsteinhändler kann den wahren Wert eines Diamanten bestimmen. Und ebenso kann auch nur derjenige, der Hingabe entwickelt hat, Gott verwirklichen.
  • 5. So wie, wenn Du eine Rose anschaust, es auch immer einen Dorn gibt, so wird es auch für die , die jemals eine Rose erblicken, immer auch den Dorn geben.
  • 6. Habe kein Zutrauen/ Anhaftung an Deinen vergänglichen Körper. Denke bei jedem Deiner Atemzüge immer an Gott, denn er ist Dein einziger Weg zu Deiner Erlösung/Befreiung
  • 7. "Warum trampelst Du auf mir herum?" schrie die Erde zu dem Töpfer, "Der Tag wird kommen, wenn ich Dich erdrücken werde."
  • 8. Der Körper ist wie eine Gaststätte und der Geist lässt sich gerne darin nieder als Gast. Es ist eine Wahrheit, dass keiner der Verwandte von Irgend-jemanden ist.
  • 9. Die Stärke wird durch Leidenschaft oder Hingabe aufrechterhalten. Und auch umgekehrt, da wo es Neid gibt, gibt es auch Tod und Zorn. Und nur Gott selbst ist die Vergebung.
  • 10. Nicht jeder Wald hat einen Sandelholzbaum, und auch nicht jede Armee hat auch echte Soldaten. Jedes Meer hat nicht unbedingt Perlen, und ebenso findet man nicht überall auf der Welt einen Sadhu oder einen Heiligen oder sogar einen Mahatma.
  • 11. Habe Geduld, alles kommt zu seiner Zeit. Der Gärtner wässert die Pflanze jeden Tag, aber diese wird trotzdem nur einmal innerhalb der Erntezeit Früchte tragen.
  • 12. Auch wenn man die gesamte Welt in Papier verwandelt könnte und alle Bäume in Schreibstifte sowie außerdem die sieben Meere in Tinte, selbst dann könnte man die Großartigkeit des Herrn dennoch nicht beschreiben.
  • 13. Es gibt kein größeres Übel als ein schlechtes Wort, denn dieses verbrennt alles zu Asche. Ein gutes Wort hingegen ist wie ein sanfter Regen, der nektargleich fällt.
  • 14. Ein Wort ist unbezahlbar, wenn jemand weiß, wie er es gut benutzt. Und deshalb wäge jedes Wort mit Deinem Herzen, bevor Du es aussprichst.
  • 15. Verschiebe niemals etwas, was Du heute tun kannst. Verschiebe es auch nicht einmal auf den Abend. Denn Du weißt nicht, wann Dich der Tod ereilen wird, und damit alle Deine Pläne durchkreuzt.
  • 16. Nur derjenige, der alle seine fünf Sinne unter seiner Kontrolle hat, ist ein wahrer Held. Und derjenige, der diese Kontrolle nicht hat, wird auch nicht Gott erreichen.
  • 17. Ein stummer Mensch, der Zucker geschmeckt hat, kann diesen Geschmack nicht in Wort fassen. Und so kann man auch die Erfahrung der Selbstverwirklichung nicht ausdrücken oder in Worte fassen.
  • 18. Und so wie auch Zuckersüßigkeiten aus Zucker gemacht sind und dieser Zucker in ihnen allen enthalten ist, so besteht auch das gesamte Universum aus Brahman und Brahman ist in ihm.
  • 19. Und so sind damit der Zucker und die daraus hergestellten Zuckersüßigkeiten keine unterschiedlichen Dinge. Sie sind damit Dasselbe. Und genau so, wenn wahres Wissen auftritt, dann wird das vielfache Universum als ein Einziges erscheinen.
  • 20. So wie ein ganzer Baum im Samen enthalten ist, und auch der Samen im oder am Baum ist, so ist die gesamte Welt in Brahman enthalten.

Siehe auch

Literatur

  • Swami Sivananda: Lives of Saints by the Divine Life Society, Yoga-Vedanta Forest Academy Press, Himalayas, India, 2009.
  • Swami Sivananda: Die Kraft der Gedanken; Books. ISBN 3-922477-94-1
  • Swami Sivananda: Shrimad Bhagavad Gita, Erläuternder Text und Kommentar von Swami Sivananda; Mangalam Books. ISBN 3-922477-06-2
  • Swami Sivananda: Hatha-Yoga / Der sichere Weg zu guter Gesundheit, langem Leben und Erweckung der höheren Kräfte; Heinrich Schwab Verlag. ISBN 3-7964-0097-3
  • Swami Sivananda: Göttliche Erkenntnis; Mangalam Books. ISBN 3-922477-00-3
  • Swami Sivananda: Sadhana; Mangalam Books. ISBN 3-922477-07-0
  • Swami Sivananda: Autobiographie von Swami Sivananda; Bad Mainberg 1999. ISBN 3-931854-24-8

Weblinks

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