Shiva Samhita
Shiva Samhita (Sanskrit: शिवसंहिता śivasaṃhitā f.) wörtl.: "Shivas Sammlung (Samhita über Yoga)"; eine der vier Hauptschriften im Hatha Yoga. Die übrigen drei sind die Hatha Yoga Pradipika, die Gheranda Samhita und das Goraksha Shataka.
Shiva Samhita ist eines der wichtigsten Werke über Hatha Yoga. Shiva Samhita, auch geschrieben "Shivasamhita" und "Sivasamhita", ist ein Dialog zwischen Shiva und Parvati. Shiva erklärt Parvati die wichtigsten Aspekte und Übungen des Hatha Yoga. Shiva Samhita gilt auch als Vedanta Werk. In der Shiva Samhita verschmelzen Hatha Yoga, Kundalini Yoga und Jnana Yoga, Vedanta. In der Shiva Samhita werden Shiva, Vishnu und Shakti verehrt. So ist Shiva Samhita ein verbindendes Werk. Das Sanskritwort "Samhita" heißt übrigens "Sammlung, Zusammenstellung".
Sukadev über Shiva Samhita
Niederschrift eines Vortragsvideos (2014) von Sukadev über Shiva Samhita
Shiva Samhita ist eine Samhita, also eine Hymne oder Abhandlung, Shivas. Shiva Samhita ist eines der Hauptwerke des Hatha Yoga, das noch gar nicht so alt ist. Indologen sagen gerne, es ist irgendwann im 17. Jahrhundert geschrieben worden, aber genau weiß man es nicht. Man weiß nur, das älteste Manuskript stammt wahrscheinlich aus dem 17. Jahrhundert. Vielleicht gibt es auch ältere Manuskripte, die man noch nicht gefunden hat. Shiva Samhita ist ein Werk über Hatha Yoga.
In der Shiva Samhita unterhält sich Parvati mit Shiva. Parvati fragt Shiva, Shiva antwortet. Oder Shiva fragt und Parvati antwortet. Und so wird in der Shiva Samhita Hatha Yoga erläutert. Das Interessante an der Shiva Samhita ist, es ist nicht nur ein Werk über Hatha Yoga, es ist auch ein Werk über Jnana Yoga. In der Shiva Samhita wird Hatha Yoga und Vedanta, Jnana Yoga, zusammen verbunden. Etwas, was wir ja auch bei Yoga Vidya machen und was Swami Sivananda auch gemacht hat. Eine Zeit lang scheint dieses Wissen etwas verlorengegangen zu sei. Swami Sivananda hat es wiederbelebt oder eine uralte Tradition fortgesetzt und populär gemacht.
Shiva Samhita ist also eine Abhandlung über Hatha Yoga, ein Werk, welches hauptsächlich aus Worten von Shiva besteht. Die Shiva Samhita erläutert Asanas, Pranayamas, Mudras, Bandhas, Meditationstechniken und außerdem die Vedanta-Philosophie und die Methode der Selbstbefragung: "Wer bin ich?" Erkenne dein Selbst und sei frei. Und wenn du Hatha Yoga übst, hast du mehr Energie, du fühlst dich subtiler, du merkst, du bist nicht der physische Körper, dann fällt es leichter, wirklich Atman, dein wahres Selbst, zu erfahren, Brahman, das höchste Bewusstsein zu werden bzw. zu sein, zu verwirklichen.
Shiva Samhita - Erläuterungen zum Text
Diese Erläuterungen gehen auf eine Yogalehrer Weiterbildung zur Shiva Samhita mit Swami Saradananda (London) zurück (2015)
Einleitung
Die Shiva Samhita ist eine sehr alltagsnahe, gut verständliche und bedeutende Abhandlung über Hatha Yoga. Es handelt es sich hierbei um einen Dialog zwischen Parvati und ihrem Gemahl Shiva. Paravati fragt, Shiva antwortet, doch es hört nicht nur Parvati zu, sondern auch ein Fisch, der wissbegierig all das Wissen über Hatha Yoga, Jnana Yoga und Vedanta in sich aufnimmt. Der Fisch wird mit Hilfe Shivas göttlichen Gnade in den Menschen namens Matsyendra ("König der Fische") verwandelt. So wird uns nach der Überliefung das Wissen der Shiva Samhita zuteil.
Die Shiva Samhita gilt als die umfassendste Abhandlung über Hatha Yoga. Sie ist eine der bedeutesten Hauptschriften im Hatha Yoga, neben der Hatha Yoga Pradipika, der Gheranda Samhita und der Goraksha Shataka. Man kann die Shiva Samhita den tantrischen Textquellen zuordnen.
Die Shiva Samhita hat einen philosophischen Charakter und erläutert Asanas, Pranayamas, Mudras, Bandhas und Meditationstechniken. So verschmelzen Hatha Yoga, Kundalini Yoga und Jnana Yoga miteinander. Sehr detailliert und genau werden vier Asanas der insgesamt 84 genannten Asanas erläutert und die Beherrschung der Vayus. Ausdrücklich heißt es, dass Anwendung der Lehren auch für den Haushälter, sprich für den Menschen gedacht ist, der in familiären Verpflichtungen eingebunden ist. Die Shiva Samhita unterscheidet sich hierin deutlich von der Hatha Yoga Pradipika oder anderen vedantischen Schriften.
Worum geht es in der Shiva Samhita?
- Kapitel: Das erste Kapitel ist eine philosophische Abhandlung. Hier geht es um die Wahrheit und die Methoden zur Befreiung. Hier geht es um Vedanta.
- Kapitel: Im zweiten Kapitel geht es um den Mikro- und Makrokosmos. Im Mikrokosmos findet sich der Mensch mit seinem inneren Feuer, den Nadis und den fünf Elementen wieder, die sich im menschlichen Körper zeigen.
- Kapitel: Im dritten Kapitel geht es um Prana, Pranayama, die Vayus, die Bedeutung des Lehrers für den Schüler.
- Kapitel: Im 4. Kapitel geht es um die Bandhas, Mudras und die Erweckung der Kundalini. Schwerpunkt sind hier die Mudras, die begleitet von Visualisierungstechniken die Aktivierung des Mentalkörpers zum Ziel haben.
- Hier werden die Hindernisse beschrieben, die der Befreiung des Schülers im Weg stehen. Desweiteren werden die vier unterschiedlichen Arten von Schülern beschrieben, sowie wunderschöne Meditationen, die es sonst in keiner anderen überlieferten Schrift gibt.
Kapitel 1
Jeder sagt, dass seine Meinung/Ansicht, wie man zur Erlösung kommt, die einzig richtige ist – je nachdem, auf welche Schrift sie sich berufen. Menschen beziehen sich beispielsweise auf die Bibel und sagen, dass das wahr ist. Es gibt unzählig viele Theorien und Diskussionen, was die richtige Ansicht ist.
Ein Trost gibt es, denn Shiva erklärt: „Ich, Ishvara, der diejenigen liebt, die ihm ergeben sind und der geistige Befreiung allen Lebewesen schenkt, erkläre somit die Wissenschaft des Yoga. In ihr sind alle Irrlehren weggelassen. Sie dient der geistigen Befreiung von Personen, deren Denken nicht zerstreut und ganz auf mich gerichtet ist.“ (Vers 2.-3, Kapitel1)
Shiva sagt weiterhin sinngemäß, dass er alles studiert hat. Er will den Menschen eine einfache Lehre von Yoga geben, die sie befolgen können. Die Lehre ist eine geheime Schrift, die nur von den Schülern verstanden werden kann, die bereit dazu sind, das Wissen in sich aufzunehmen. Wissen führt zur Erkenntnis dessen, was wahr ist. Der nicht-wissende Mensch wird von seinen Sinnen beeinflusst, die ihm suggerieren, was wahr ist. Der Mensch wird durch seine Sinne getäuscht. Der Mensch glaubt, was die Sinne ihm sagen, und ist geprägt von dem, was er wahrnimmt. Doch alles verändert sich. So glaubt man im Dunkeln eine Schlange vor sich zu haben, bei Licht betrachtet wird jedoch aus der Schlange ein Seil. Die Sinne sagen uns nicht wirklich, was geschieht, und doch glauben wir ihnen, weil wir so konditioniert sind. Wenn wir den Glauben loslassen, verstehen wir, was wirklich wahr ist.
Ein Schüler muss bereit sein, die Wissenschaft des Yoga aufzunehmen. Es gibt verschiedene Arten von Schülern und daher verschiedene Yoga-Übungen. Wichtig ist, dass der Schüler sich reinigt und regelmäßig Yoga praktiziert. Der Schüler sollte es anderen nicht erzählen. Yoga ist eine Geheimwissenschaft. Es ist deshalb geheim, weil es andere nicht verstehen, wenn sie nicht bereit sind. Der Schüler sollte daher sich selbst und auch die Lehre schützen und das Wissen für sich behalten.
Punyas und Papas
Es gibt Regeln; Dinge, die du tun solltest und Dinge, die du nicht tun solltest. Wenn du die Dinge nicht tust, die du tun solltest, machst du eine Sünde. Sünde heißt hier alles, was dich von deiner Praxis wegzieht oder ein negatives Ergebnis hat.
Purnyas sind die positiven Dinge, die du tust. Papas sind die negativen Dinge. Wenn du leidest, dann bedenke, dass die Devas auch im Himmel leiden und neidisch sind, weil sie keine phyischen Körper haben, mit dem sie Karma abbauen können. Jedes Wesen leidet - selbst die Devas im Himmel. Selbst wenn du die Früchte deiner Taten in diesem Leben nicht mehr genießen kannst, dann sag dir, es ist Karma Yoga.
„Diese Intelligenz, die alle Bestrebungen zur Tugend oder zum Laster hin anregt, das bin ich, Shiva“. Wie im Traum erweckt der Geist viele Illusionen. Das, was wir glauben, das ist für uns auch wahr. Die Welt ist so, wie wir sie wahrnehmen. Zur Illustration wird folgende Geschichte erzählt: Man sieht etwas im Dunkeln und glaubt, es sei eine Schlange. Bei Dunkelheit betrachtet ist es allerdings ein Seil. Wenn wir bei Licht wahrnehmen, dass die Schlange ein Seil ist, verschwindet die Illusion, die Welt hat sich jedoch nicht verändert.
Die Welt erscheint, wie wir sie sehen. Jeder muss inkarnieren, es sei denn du erkennst, dass die Welt unwirklich ist. Die Welt ist wie der Schaum auf den Wellen. Wir denken, dass die Wellen etwas anderes sind wie der Ozean. Aber in Wahrheit sind Wellen, Schaum und Ozean eins. Wir nehmen die Vielfalt wahr und denken, alles existiere getrennt voneinander. Die Welt ist jedoch genauso eine Einheit wie Wellen, Schaum und Ozean. Sie ist wie eine Leinwand, die sich nicht verändert und auf der nur ein Film projiziert wird.
Die fünf Elemente
Jnana Yoga sagt: Alles Prana kommt von Atman. Atman durchdringt alles. In der Welt erschafft es die fünf Elemente. Doch die Elemente sind falsch und können zerstört werden. Doch Atman ist ewig und kann nicht zerstört werden.
Die Welt besteht aus den fünf Elementen. Keines dieser Elemente ist perfekt. Atman allein ist perfekt. Gib deine Wünsche und Verhaftungen auf. Dann erscheint dem Yogi sein eigenes Atman. Es gibt keine wahre Sinnesfreude. Die Wahrheit liegt nicht im Objekt. Wenn du deine Freude vom Objekt abhängig machst, z.B. deine Freude beim Eisessen, denkst du, dass Eis dir Freude bereitet. Wenn das wirklich wahr wäre, dann würden zwanzig Eiskugeln dir zwanzigmal so viel Freude bereiten - aber das ist nicht so. Das Vergnügen liegt nicht im Objekt, sondern in der Wahrnehmung davon. Die ganze Welt ist die Überlagerung von Subjekt und Objekt. Wir überlagern unseren Geist, unsere Gedanken auf die Welt der Obbjekte. Wir stülpen die Vorstellung einer Schlange über das Seil. Wir identifizieren uns mit unseren Rollen (Beruf, etc.) in der Gesellschaft. Doch der weise Yogi identifiziert sich mit Atman.
„Der Herr war willens, seine Kreaturen hervorzubringen. Durch seinen Willen entstand Unwissenheit, die Mutter dieses falschen Universums. Dort fand die Vereinigung des Reinen Brahma mit der Avidya (Unwissenheit) statt, daraus entstand Brahma und daraus kam das Akasha hervor.“ Vers 69-70, Kapitel 1
Das bedeutet: Zunächst war der Geist und dann kam Avidya, die Unwissenheit. Dann kommt Akasha, dann Luft. Aus Luft entstand Feuer. Aus Feuer entstand Wasser. Aus Wasser entstand Erde. Solange etwas nicht manifest ist, haben wir das subtile Element (Tanmatra). Tanmatra ist das subtile Element bestehend aus der jeweiligen Energie der Erde, des Feuers, des Wassers, der Luft, des Äthers. Jedes teilt sich in zwei Hälften. Diese Hälfte teilen sich in Viertel. Um das physische Element (Maha Bhuta) zu bilden, braucht es für die Erde: ¼ Luft, ¼ Wasser, ¼ Äther, ¼ Feuer und ½ Erde. Das Element Erde besteht also zu einem Achtel auch aus den anderen Elementen.
Äther hat die Qualität von Klang. Luft hat die Qualität der Bewegung. Luft können wir hören und fühlen. Sie ist dichter als Äther. Noch etwas dichter ist Feuer. Wir können Feuer hören, fühlen und sehen. Noch dichter wird Wasser. Wasser können wir hören, fühlen, sehen und schmecken. Und Erde ist am dichtesten.
Äther spricht nur einen einzigen Sinn an. Das ganze Universum entsteht aus dem Bewusstsein und in Wirklichkeit gibt es nur Bewusstsein. Das Wissen über die Elemente hilft uns, das Bewusstein über die Elemente zu erhalten. In Meditation können wir die Erde zu Wasser zurück führen. Die Schwingungsebene wird erhöht (wie Wasser, das kocht), sodass das Wasser zu Feuer wird, dann zu Luft und schließlich zu Äther. Das ist die sogenannte Laya Meditation, in der sich alles auflöst.
Vikshepa Shakti und Avarana Shakti
„Es gibt zwei Kräfte: Vikshepa, die hinausgehende Energie, und Avarana, die transformierende Energie, die zusammen großes Potential und große Kraft besitzen und dessen Ausdruck Freude ist (…)“ (Vers 79, Kapitel 1)
Es wird erklärt, wie die Welt erschaffen worden ist. Die Welt hat zwei Kräfte: Vikshepa Shakti und Avarana Shakti. Avarana Shakti ist eine tamasige Kraft, die versteckt oder verschleiert. Sie verdunkelt die Dinge, und wir sehen nicht, was da ist. Vikshepa Shakti ist eine Kraft, die Unruhe und Bewegung verursacht, wie ein Magier, der täuscht. Der Magier lenkt dich ab und auf der anderen Seite erscheint "plötzlich" etwas anderes. Du wirst abgelenkt und getäuscht. So wirst du durch diese Kraft weggezogen und in Unruhe versetzt - wie Wasser, das du schüttelst. Du siehst nicht, was da ist, wegen der Unruhe darin. Vikshepa Shakti ist eine rajasige Kraft.
Ishwara ist der Herr des Universums bzw. das ist das absolute Bewusstsein. Das absolute Bewusstsein wirkt durch die drei Gunas: Tamas und das Zerstörerische wird Durga zugeordnet und mit dem Bewusstseinszustand von Shiva gleichgesetzt. Harmonie und Balance wird durch Lakshmi repräsentiert. Der Charakter ist sattvig und in Harmonie. Lakshmi hält die Dinge im Gleichgewicht und nährt. Sie wird Vishnu zugeordnet. Der kreative Aspekt, Bewegung, wird durch Saraswati dargestellt. Ihr Aspekt ist rajasig, und sie wirkt erschaffend, schöpferisch.
Das Bewusstsein, dass damit in Verbindung gebracht wird, ist Brahman. Ishwara trägt auch diese Gunas in sich. Gunas sind die drei Aspekte: Rajas, Tamas, Sattwa. Brahman, das Absolute, wird absorbiert von dem Geist und manifestiert sich in Ishwara. Shakti, als die weibliche Energie, kann all diese Formen von Laksmi, Durga, Saraswati annehmen.
Die Energie erschafft das Universum. Diese Energie kann nach den Gunas erscheinen. Es kann Energie sein, die im Gleichgewicht/Harmonie ist (Lakshmi), die Energie, die zerstörerisch (Durga) ist oder die immer in Bewegung (Saraswati) ist. Wir sollten die Energie dahinter verstehen. Alle Objekte sind begrenzt. Auch die Götter sind begrenzt. Keiner davon ist real, sondern nur Ausdruck der einen Kraft. Hinter allen ist Brahman, Atman. Der Weise nimmt einen Körper an, damit er Karma erfährt. Den Körper, den du bekommen hast, ist nur ein Käfig, damit du Strafe für dein vorheriges Leben erleben kannst, damit du leiden kannst und dein Karma erfahren und abbauen kannst.
Im Mikrokosmus ist der Mensch das Ei von Brahman. Durch die Interaktionen von Shiva und Shakti werden alle Wesen geboren. Jiva, das individuelle Bewusstsein, besteht aus den fünf Elementen. Shiva betritt den menschlichen Körper, um Karma zu erfahren. Der Sinn von Yoga ist nicht, gesund zu sein oder einen tollen Körper zu haben. Der Sinn von Yoga ist Erleuchtung. Die Welt ist unwirklich, aber es gibt eine Wirklichkeit, die dahinter ist. Verstehe das Unwirkliche, und löse dich davon. Das wird dir helfen, die Wirklichkeit zu verstehen. Die Wirklichkeit ist Brahman, Atman. "Wenn durch das Wissen, dass alle Wahrnehmung illusorisch (Arupa) ist, und durch das Zurückweisen (Apavada) von anderen Doktrinen, dieses Universum in das Eine aufgelöst wird, dann existiert dieses Eine und sonst nichts; dann wird dies klar durch das Bewusstsein wahrgenommen." (Vers 88, Kapitel 1)
Kapitel 2
Der Berg Meru im Mikrokosmos (der menschliche Körper)
Der Berg Meru ist ein mythologischer Berg. Es heißt, dass er die Mitte des Universums bildet. Manche glauben, der Berg Kailash in Tibet wäre der Berg Meru. Der Berg Meru wird im Menschen durch die Wirbelsäule dargestellt. Die große Perle an der Mala wird auch "Meru" genannt. Im Körper ist der Berg Meru umgeben von sieben Inseln, Flüssen, Seen und Feldern, Sterne und Schreine. Auch die Gottheiten, die in den Schreinen wohnen, sind im Körper enthalten. Alle Elemente sind auch im Körper – wie im Makrokosmos so im Mikrokosmos. So gibt es Feuer im Außen aber auch im Inneren, im Manipura Chakra. Alle drei Ebenen stellen unterschiedliche Schwingungsebenen dar, die es in den drei Welten gibt. Sie umgeben den Berg Meru. Jeder hat dabei unterschiedliche Aufgaben.
Energiekanäle
Es gibt zudem Nervenzentren und Nadis, Energiekanäle. Die wichtigsten Nadis sind Ida, Pingala und Sushumna. Die Sushumna teilt den Körper in links (Sonne, Ida) und rechts (Pingala, Mond). Sie fließen die feinstoffliche Wirbelsäule entlang. An der Spitze der Wirbelsäule gibt es einen Nektar ausstrahlenden Mond. Diese Flüssigkeit wird Ambrosia genannt. Dieser fließt durch die Ida abwärts und versorgt den Körper (Brahmanda) mit Nahrung. Dies hält den Körper jung und gesund. Je mehr wir ihn verbrennen, desto älter werden wir. Wenn wir das umkehren, dann kannst du den Alterungsprozess umkehren. Am Grunde des Meru, des Körpers, ist die Sonne, auch Manipura genannt. Ihre Energie wird durch Pingala aufwärts getragen.
Die Sonne geht durch den Körper und Shiva gibt die wichtigsten Orte an. Shiva sagt, im menschlichen Körper gibt es 3,5 Mio Nadis. 14 wichtige Nadis gibt es. Die drei wichtigsten sind Ida, Pingala und Sushumna. Alle anderen sind weniger wichtig. Alle Nadis haben ihren Mund nach unten. Sie stehen für Sonne, Mond und Feuer. Wie dünne Fäden, die nach unten gehen, so sehen Nadis aus. Ähnlich wie Lotusblüten. Chitra Nadi, die innerste Nadi, liegt in der Sushumna und ist noch dünner und feiner. Chitra Nadi hat Fäden wie ein Regenbogen – fünf Farben: rot, lila, blau, grün, gelb.
In der Beckenregion liegt Adhara Lotus, zwei Finger breit nach dem Anus und den Geschlechtsorganen. Es ist gleichzusetzen mit dem Muladhara Chakra. Die Nadis beginnen im Muladhara und gehen in die verschiedenen Körperregionen. Aus den 14 Nadis erhalten wir durch die vielen Verästelungen die 3,5 Mio Nadis im gesamten Körper.
Das Verdauungsfeuer
Im Unterleib brennt das Verdauungsfeuer. Das Feuer verleiht Leben, durch das Verbrennen entstehen Nährstoffe, die den Körper mit Energie erfüllen. Das gibt dem Körper Schnelligkeit.
In der ganzen indischen Tradition gibt es nicht das Konzept, dass man Danke sagt. Weil du ein gutes Karma hast und gesegnet bist, kommt es zu dir. Danach übergibst du es dem Feuer in dir. Jedes Mal, wenn du isst, opferst du die Nahrung deinem inneren Feuer. Hierin erkennst du die Einheit von Brahman. Wir danken nicht. Alles ist Teil der Einheit. Feuer ist der Träger auf subtile Ebenen, daher auch die Rituale mit dem Feuer. Wenn man etwas Wichtiges tut (z.B. Einweihung, Heirat), dann übergibst du es dem Feuer. Das Feuer ist ein Zeuge und transportiert es in die höheren Ebenen. Weise Yogis entzünden das Feuer und nähren es.
Karma von Jiva (der individuellen Seele)
Der Mikrokosmos hat viele Teile. In diesem Körper lebt Shiva. Shiva ist geschmückt mit vielen Wünschen und angekettet am Karma. Der Jiva (die individuelle Seele), der gutes Karma angesammelt hat, hat viel Freude im Leben, kann genießen und lebt ohne Schwierigkeiten. Doch auch die Person, die gutes Karma ansammelt, muss wieder wiedergeboren werden. "Von welcher Natur auch immer Vasana (das natürliche Verlangen) ist, das durch verschiedene Verkörperungen hindurch dem Jiva (individuelle Seele) anhaftet und ihn begleitet, dementsprechend sind die Trugbilder, an denen er leidet - je nach seinen Taten und Missetaten." (Vers 50, Kapitel 2) Alle diese Wünschen und die Verschiedenheit verschwinden durch Wissen.
Kapitel 3
Prana
Im dritten Kapitel der Shiva Samhita erhält der Yogi konkrete Hinweise zur Yogapraxis. Zunächst geht es um die Bija Mantras. Im Herz-Yantra sind die Bjias dargestellt (die Samen) und die ersten 12 Konsonanten des Sanskrit-Alphabets(k, kh, g, gh, ñ, ch, chh, j, jh, n, t, th). Auch das Prana hat seinen Sitz im Herzen.
Prana hat viele Aspekte: „Prana (Lebenskraft), Apana (Ausscheidung), Samana (Verdauung), Udana (die Kraft sich aufzurichten), Vyana (Die Durchdringung des Körpers mit Prana), Naga (aufstoßen), Kurma (blinzeln), Krikara (Hunger-Durstgefühl, niesen), Devadaita (gähnen) und Dhananjaya (die Vorgänge des Körpers nach dem Tod).“ (Vers 4, Kapitel 3)
Der Guru
Es geht auch um die Wichtigkeit des Gurus: "Nur das Wissen, das durch einen spirituellen Lehrer mitgeteilt wird, ist kraftvoll und nützlich. Ohne mündliche Unterweisung wird es fruchtlos und enttäuschend." Dazu kann man erläuternd eine Geschichte erzählen von einem Löwenbaby, das in der Schafsherde aufwuchs. Es dachte, er wäre ein Schaf und fraß Gras. Es kam ein männlicher Löwe und schnappte sich das Löwenbaby. Er brachte das Baby zu einem See. Er ließ das Baby in dem See sich selbst sehen. Genau das macht auch ein Lehrer mit uns. Wir verstehen durch den Lehrer, wer wir wirklich sind. Der Lehrer zeigt uns nur unsere wirkliche Realität.
Man hat ein elterliches Verhältnis zum Guru. "Es gibt nicht den geringsten Zweifel, dass der spirituelle Lehrer wie ein Vater und eine Mutter ist." Es gibt eine Legende über die zwei Kinder von Shiva und Parvati, Subrahmanja und Ganesha. Shiva hat ein Wettbewerb machen lassen unter seinen Söhnen. Wer zuerst dreimal die Welt umrundet und zuerst wieder zurück ist, bekommt ein Geschenk. Subrahmanja strengt sich an und beeilt sich, während Ganesha dreimal seine Eltern umrundet und zuerst da war. Die Eltern stellen das erste Universum in dem Leben der Kinder dar, wie ein Gott. Daher sollte man den Eltern und auch dem Lehrer Respekt zeigen.
Wichtige Einstellungen und Eigenschaften, die man mitbringen oder kultivieren sollte, um Yoga zu üben: Man sollte Vertrauen haben. "Die erste Bedingung für Erfolg ist der feste Glaube, dass dieses Wissen in der Anwendung erfolgreich und nützlich sein wird." Die Sprache sollte freundlich sein. Man sollte nicht weltlichem Vergnügen nachgehen und nur mäßig Essen und Trinken. Es wird der richtige Platz zum Praktizieren erklärt und die Wechselatmung. Man sollte die Wechselatmung 20 Runden viermal täglich machen über 3 Monate. Dann wird man frei von Polaritäten und die Nadis sind gereinigt. Das erste Stadium wird so erreicht (Arambha).
„Der Körper eines Übenden entwickelt sich harmonisch, riecht gut und sieht schön und anmutig aus. In allen Arten des Yoga gibt es vier Stufen des Pranayama:
- Arambha Avastha (Anfänger Stadium)
- Ghata Avastha (Der Zustand der Zusammenarbeit des Selbst mit dem höheren Selbst)
- Parichaya Avastha (Wissen)
- Nishpatti Avasha (die höchste Vollendung)“ (Vers 29, Kapitel 3).
Durch die Praxis von Pranayama erreicht der Yogi das zweite Stadium. Im dritten Stadium sammelst du die Energie und Reinheit von den ersten zwei Stadien. Die Kundalini steigt auf bis zum Kronenchakra. Der Yogi kann alle Auswirkungen von Karma verstehen. Man soll Konzentration praktizieren (Dharana).Dazu ist Pranayama wichtig und auch die Beachtung der Regeln, was man essen sollte bzw nicht essen sollte und zu welchen Zeiten. Dann erreicht der Yogi Siddhis, ungewöhnliche Kräfte. Es gibt 8 Siddhis, die im Vers 54 genannt werden, z.B. Hellsichtigkeit und Prophetie.
All diese Kräfte solltest du nicht egoistisch benutzen. Du bekommst die Kraft der Rede. Alles was du sagst, wird wahr werden. Es gibt 84 unterschiedliche Asanas. Aber Shiva spricht über die 4 wichtigsten und beschreibt sie:
- Siddhasana:Sitz. Eine Ferse an der Dammregion. Das andere Bein im kreuzbeinigen Sitz auf der Hüfte.
- Padmasana: Lotussitz
- Ugrasana: Beine grätschen. Die Hände auf den Füssen, Kopf zum Boden geben (gegrätschte Vorwärtsbeuge)
- Swastikasana
Kapitel 4
Yoni Mudra: Der Heilige Trank der Kaulas
"Kaula" kommt von Kula, was Haus oder Familie bedeutet. Hier ist die Familie von Shiva und Shakti gemeint. Um zu diesem Haus, in welchem Shiva und Shakti zusammen kommen, zu gelangen, setzt du dich in eine meditative Haltung. Die Energie wird von der Yoni, die sich im Bereich des Damms befindet, nach oben und wieder herunter geleitet. Das Anspannen der Yoni ist ein sehr machtvolles Werkzeug und verhilft den Übenden zur Siddhis. 2xAugen, 2x Nasenlöcher, 1x Mund, 2x Ohren, 1x Anus und 1x Geschlechtsorgane. Alle Nadis werden aktiv, das Leben entfacht, die Krankheiten werden geheilt.
Maha Mudra (Vers 17-20)
Das linke Bein ist ausgestreckt, das rechte Bein ist angewinkelt (abwechseln), die Ferse des rechten Beins gegen das Pereneum/ Yoni pressen. Du sitzt auf der Ferse. Dann den Oberkörper über das gestreckte Bein strecken. Dann alle Bandhas setzen, Kopf Richtung Brustkorb senken und Atem anhalten.
Maha Bandha (Vers 21-22)
Danach spannst du Maha Bandha an. „Nachdem das rechte Bein (in Maha Mudra) ausgestreckt war, lege nun den rechten Fuß auf den linken Oberschenkel, ziehe die Beckenbodenmuskulatur zusammen und bringe Apana Vayu durch die Sushumna nach oben. Verbinde ihn mit Samana Vayu (Energie der Verdauung), beuge Prana Vayu (Atemenergie) nach unten. Dann lass den weisen Yogi diese Dreiheit im Nabel zusammenführen (d.h. Prana, Apana verbinden sich mit Samana in der Nabelregion. (..)“ (Vers 21, Kapitel 3).
Maha Vedha (Vers 23-30)
Du sitzt in der Maha Bandha Haltung. Du atmest ein, setzt deine Bandhas und hältst diese. Bringe die Hände auf den Boden und bringe den Po/ Steißbein hoch und runter auf den Boden. Maha Mudra und Maha Bandha machen nur Sinn zusammen mit Maha Vedha. Mache es 4x täglich. Mache das sechs Monate, dann wirst du es verstehen. Behalte das als dein Geheimnis. Du kannst es nicht jedem erklären. Das, was du dadurch erfahren wirst, wird ein anderer nicht verstehen.
Kchechari Mudra (Vers 31-37)
Setze dich Vajrasana (Fersensitz). Bringe den Blick zu dem Punkt zwischen den Augenbraunen und lege deine Zunge ganz weit nach hinten. Kchechari kommt von dem Wort Akasha. Akasha steht für Raum. Der Geist wird ganz fixiert.
Jalandhara Bandha (Vers 38, Kapitel 3)
Die Muskeln der Kehle zusammenziehen und das Kinn auf die Brust pressen. Jalandhara (Jaaalha gesprochen) heißt Netzwerk. Wir dehnen das Netzwerk. Zunge nach hinten ziehen, dann schlucken, das zieht die Zunge weiter nach hinten, dann das Kinn zur Brust ziehen.
Mula Bandha (Vers 41-47)
Mula heißt Wurzel. Du ziehst den Beckenboden zusammen. Du ziehst die Energie nach oben. Du kannst dir vorstellen: Du trinkst jede Menge Chai und fährst dann in Indien Bus. D.h. es schaukelt etwas, und plötzlich merkst du, du musst auf Toilette. Das, was du dann machst, ist Mula Bandha.
Viparit Karana (Vers 45-47)
Die Übung ist dem Schulterstand ähnlich. „Den Kopf auf dem Boden legen, die Beine nach oben ausgestreckt und sie kreisend bewegen, das ist Viparit Karana“. (Vers 45). Hier ist "kreisend" eine schlechte Übersetzung von Sanskrit in Englisch. Du solltest die Asana halten. Dabei machst du Jalandhara Bandha.
Uddiyana Bandha (Vers 48-52)
Du atmest aus und ziehst die Organe im Unterleib zusammen. Den Bauchnabel in Richtung Wirbelsäule ziehen. Du sitzt im Schneidersitz und hast die Hände auf dem Boden. Es bringt Udana Vayu (nach oben) dazu, nach oben zu fließen.
Shakti Chalana (Vers 53-56)
Alle Bandhas halten und das Gesäß noch oben und nach unten auf dem Boden aufschlagen lassen. Die Beinhaltung ist anders wie bei Maha Vedha.
Tue die Bandhas nicht automatisch, sondern mit Bewusstsein und mit voller Konzentration. Merke auch dabei: Ein Hund, der gebadet worden ist, ist sauber. Aber er wird, sobald er rausgelassen worden ist, sich wieder im Dreck suhlen. Warum macht der Hund das? Weil es in der Natur des Hundes liegt. Die Grundnatur wird durch die Säuberung nicht verändert. Mit der Säuberung und dem Dreck verhält es sich ähnlich beim Menschen. Wir sollten uns immer wieder reinigen, aber auch den Dreck akzeptieren.
Siehe auch
- Shivapriya
- Shivaksha
- Shivadruma
- Shivambu
- Shivalinga
- Shiva Puja
- Shiva Archanam
- Shivashekhara
- Shivapriya
- Shivaksha
- Shivadruma
- Shivadvishta
- Shivavalli
- Shivambu
- Shiveshta
- Shaivala
- Shivaja
- Shitashiva
- Mahashivaratri
- Yoga Schriften
Literatur
- Götter und Göttinnen im Hinduismus von Swami Sivananda
- Die Bildersprache des Hinduismus
- SHIVA - Der wilde, gütige Gott von Wolf-Dieter Storl
Weblinks
Seminare
Indische Schriften
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Jnana Yoga, Philosophie Jnana Yoga, Philosophie
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