Optativ

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Ganesha

Der Optativ bzw. die Wunschform ist im Sanskrit neben dem Indikativ und dem Imperativ ein Modus (d.h. eine Aussageform) des Verbs (Akhyata). Ein Verb im Optativ drückt ein zum Zeitpunkt des Sprechens (noch) nicht wirkliches Geschehen aus, oft eine Möglichkeit (eine "Option") oder etwas Wünschenswertes.

Bedeutung

Neben einer Möglichkeit und einem Wunsch kann der Optativ im Sanskrit auch eine Wahrscheinlichkeit, Ungewissheit, einen Zweifel oder eine (höfliche) Aufforderung zum Ausdruck bringen.

Im Deutschen gibt es keine genau entsprechende grammatische Form, daher wird der Optativ mit Modalverben wie "können", "sollen" oder "dürfen" bzw. mit dem Konjunktiv (ich sei, er wolle) umschrieben.

Die Form bhavet (3. Person Singular Optativ Parasmaipada der Wurzel bhū "sein, werden") kann je nach Zusammenhang bedeuten: "er (sie, es, man) kann / könne / könnte / soll / solle / sollte / darf / dürfe / dürfte / muss / müsse / müsste / mag / möge / wird / werde / würde sein; sei; wäre". Manchmal wird eine Optativform des Sanskrit auch einfach mit einem Indikativ ins Deutsche übertragen: "er ist".

In metrischen Texten steht der Optativ - insbesondere der der Wurzel bhū "sein, werden" - nicht selten im Sinne des Indikativs, d.h. die beiden Formen bhavet (Opt.) und bhavati (Ind.) werden ja nachdem, ob das Versmaß zwei oder drei Silben erfordert, ohne Bedeutungsunterschied verwendet.

Vor allen in Texten, die Anweisungen für Übungen, Rituale u.ä. enthalten (wie etwa in der Hatha Yoga Pradipika oder der Goraksha Paddhati), ist der Optativ eine sehr geläufige Form, wobei zumeist die 3. Person Singular erscheint:

  • pūrayet vom Kausativ der Wurzel pṝ "(mit Atemluft) füllen" heißt: "man atme ein, er (sie, es) soll einatmen"
  • recayet vom Kausativ der Wurzel ric "(von Atemluft) leeren" heißt: "man atme aus, er (sie, es) soll ausatmen"
  • kumbhayet von Wurzel kumbh "(den Atem) anhalten" heißt: "man halte den Atem an, er (sie, es) soll den Atem anhalten"


Bildung

Der Optativ wird durch das Anfügen des Optativ-Infixes -ī- bzw. -yā- sowie der sekundären Personalendungen an den (schwachen) Stamm, der von der Verbalwurzel‏‎ (Dhatu) abgeleitet wird, gebildet.

Innerhalb der 10 Verbklassen des Sanskrit unterscheidet sich die Bildung des Optativs, je nachdem, ob eine Verbalwurzel‏‎ der thematischen oder der athematischen Konjugation angehört. Hier folgt jeweils ein Beispiel der thematischen Wurzel bhū ("sein, werden") sowie der athematischen Wurzel as "sein":

  • bhū (Wurzel) > bhava- (Präsensstamm) + -ī- (Optativ-Infix) + -t (Personalendung 3. Person Singular Optativ) > bhavet "er (sie, es) möge sein" (a und ī verschmelzen laut Sandhi zu e)
  • as (Wurzel) > s- (schwacher Präsensstamm) + -yā- (Optativ-Infix) + -t (Personalendung 3. Person Singular Optativ) > syāt "er (sie, es) möge sein"


Übersicht 1: Optativ der Verben der Bhu Klasse

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In der folgenden Übersicht wurde das Verb "sein, werden" (Wurzel: bhū, Stamm: bhava-, Optativ-Infix: -ī-) in der Gegenwart für alle drei Personen und Numeri im Optativ Aktiv (Parasmaipada) konjugiert. Diesem Bildungstyp folgen alle Verben der thematischen Konjugation, also der 1., 4., 6. und 10. Klasse bzw. der Bhu-, Div-, Tud- und Chur Klasse.

Person Zahl Personalendung Devanagari Transliteration Transkription Übersetzung
1. P. Singular -am भवेयम् bhaveyam bhaveyam "ich möge sein, ich möge werden"
2. P. Singular -s भवेः bhaveḥ* bhaveh "du mögest sein, du mögest werden"
3. P. Singular -t भवेत् bhavet bhavet "er (sie, es) möge sein, er (...) möge werden"
1. P. Dual -va भवेव bhaveva bhaveva "wir beide(n) mögen sein, wir beide(n) mögen werden"
2. P. Dual -tam भवेतम् bhavetam bhavetam "ihr beide(n) möget sein, ihr beide(n) möget werden"
3. P. Dual -tām भवेताम् bhavetām bhavetam "diese beiden mögen sein, diese beiden mögen werden"
1. P. Plural -ma भवेम bhavema bhavema "wir mögen sein, wir mögen werden"
2. P. Plural -ta भवेत bhaveta bhaveta "ihr möget sein, ihr möget werden"
3. P. Plural -us भवेयुः bhaveyuḥ* bhaveyuh "sie mögen sein, sie mögen werden"

*Anmerkung: Ein s wird im absoluten Auslaut gemäß der Wohllautregeln des Sandhi zu Visarga . Die am häufigsten vorkommenden Verbformen sind die der 1., 2. und 3. Person Singular Optativ Aktiv, die auf -am, -s und -t enden, sowie die der 1. und 3. Person Plural, die auf -ma und -us enden. Diese fünf wichtigsten Formen sind in dieser Übersicht fett hervorgehoben.


Übersicht 2: Optativ der Verben der Ad Klasse

In der folgenden Übersicht wurde das Verb "sein" (Wurzel: as, schwacher Stamm: s-, Optativ-Infix: -yā-) in der Gegenwart für alle drei Personen und Numeri im Optativ Aktiv (Parasmaipada) konjugiert. Diesem Bildungstyp folgen alle Verben der athematischen Konjugation, also der 2., 3., 5., 7., 8. und 9. Klasse bzw. der Ad-, -Hu, Su-, Rudh-, Tan- und Kri Klasse.

Person Zahl Personalendung Devanagari Transliteration Transkription Übersetzung
1. P. Singular -am स्याम् syām syam "ich möge sein"
2. P. Singular -s स्याः syāḥ* syah "du mögest sein"
3. P. Singular -t स्यात् syāt syat "er (sie, es) möge sein"
1. P. Dual -va स्याव syāva syava "wir beide(n) mögen sein"
2. P. Dual -tam स्यातम् syātam syatam "ihr beide(n) möget sein"
3. P. Dual -tām स्याताम् syātām syatam "diese beiden mögen sein"
1. P. Plural -ma स्याम syāma syama "wir mögen sein"
2. P. Plural -ta स्यात syāta syata "ihr möget sein"
3. P. Plural -us स्युः syuḥ* syuh "sie mögen sein"

*Anmerkung: siehe unter Übersicht 1.


Übersicht 3: Optativ der 3. Person Singular einiger wichtiger Verben

In der folgenden Übersicht erscheinen einige wichtige Verben aller Verbklassen unter folgenden Aspekten: Verbalwurzel (Dhatu) nebst Klasse und Hauptbedeutung(en), der davon abgeleitete (schwache) Präsensstamm, die gebeugte (konjugierte) Form der 3. Person Singular Optativ Aktiv der Gegenwart (Präsens, Vartamana):

Verbalwurzel Klasse Bedeutung der Wurzel Präsensstamm 3. Person Singular Übersetzung
bhū 1. sein, werden bhava- bhavet er (sie, es) möge sein, er (...) möge werden
gam 1. gehen gaccha- gacchet er möge gehen
sthā 1. stehen, bleiben tiṣṭha- tiṣṭhet er möge stehen, er möge bleiben
1. trinken piba- pibet er möge trinken
div 4. spielen dīvya- dīvyet er möge spielen
tud 6. stoßen tuda- tudet er möge stoßen
cur 10. stehlen coraya- mā corayet er möge nicht stehlen
cint 10. nachdenken cintaya- cintayet er möge nachdenken
puj 10. ehren, verehren pūjaya- pūjayet er möge ehren, er möge verehren
ad 2. essen ad- adyāt er möge essen
as 2. sein s- syāt er möge sein
i 2. gehen i- iyāt er möge gehen
hu 3. opfern juhu- juhuyāt er möge opfern
3. geben dad- dadyāt er möge geben
dhā 3. setzen, stellen, legen dadh- dadhyāt er möge setzen, er möge stellen, er möge legen
su 5. auspressen sunu- sunuyāt er möge auspressen
śru 5. hören śṛṇu- śṛṇuyāt er möge hören
rudh 7. zurückhalten, einschließen rundh- rundhyāt er möge zurückhalten, er möge einschließen
yuj 7. verbinden yuñj- yuñjyāt er möge verbinden
tan 8. dehnen tanu- tanuyāt er möge dehnen
kṛ 8. machen, tun kur(u)- kuryāt er möge machen, er möge tun
krī 9. kaufen krīṇī- krīṇīyāt er möge kaufen
bandh 9. binden, verschließen badhnī- badhnīyāt er möge binden, er möge verschließen


Beispielvers aus der Hatha Yoga Pradipika

Hier folgt ein Vers aus dem zweiten Kapitel (Upadesha) der Hatha Yoga Pradipika, das der Praxis des Pranayama gewidmet ist. Der 7. Vers beschreibt die erste Phase der Reinigungsatmung (Nadi Shodhana), die auch als Wechselatmung bzw. Anuloma Viloma bekannt ist. Die beiden Optative (3. Pers. Sg.) sind pūrayet ("er soll einatmen") und recayet ("er soll ausatmen") .


बद्धपद्मासनो योगी प्राणं चन्द्रेण पूरयेत् |
धारयित्वा यथाशक्ति भूयः सूर्येण रेचयेत् || २.७ ||


baddha-padmāsano yogī prāṇaṃ candreṇa pūrayet |
dhārayitvā yathā-śakti bhūyaḥ sūryeṇa recayet || 2.7 ||


Der Yogi, der den Lotussitz (Padmasana) eingenommen hat, soll den Atem (Prana) durch den Mondkanal (das linke Nasenloch bzw. Chandra) einatmen (pūrayet).
Nachdem er (den Atem) nach Vermögen angehalten hat, soll er durch den Sonnenkanal (das rechte Nasenloch bzw. Surya) wieder ausatmen (recayet).


Weblinks

Pranayama

Siehe auch

Seminare

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