Vandana Shiva: Unterschied zwischen den Versionen
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Aktuelle Version vom 29. Juli 2023, 16:25 Uhr
Vandana Shiva (geb. am 5. November 1952 in Dehradun, Indien) ist eine Umweltaktivistin, ehemalige Atom- und Quantenphysikerin, Philosophin sowie Autorin zahlreicher Bücher. Vandana Shiva setzt sich mit ihrem Projekt Navdanya insbesondere für die freie Verfügung der Bauern über ihre Samen ein. Vandana Shiva möchte mit ihrem Institut Navdanya ("Neun Samen") die Biodiversität sowie das traditionelle Wissen der Bevölkerung erhalten. Vandana Shiva und ihre Organisation kämpfen vor allem gegen Großkonzerne wie Monsanto und Cargill, die das Saatgut patentieren lassen.
1993 erhielt Vandana Shiva für ihre Arbeit den Right Livelihood Award, der auch als alternativer Nobelpreis bekannt ist, sowie den Global 500 Award des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen. Weitere Schwerpunkte der sozialkritischen Tätigkeit von Vandana Shiva sind Frauenrechte und Ökofeminismus sowie die Wasserversorgung.
"Der Wert der Natur darf nicht an einem von Menschen festgelegten finanziellen Wert gemessen werden." (Vandana Shiva)
Biografie
"Wir brauchen eine neue Bewegung, die uns von der dominanten, alles durchdringenden Kultur der Gewalt, der Zerstörung und des Todes wegbringt hin zu einer Kultur der Gewaltlosigkeit, des Lebens und kreativen Friedens." (Vandana Shiva)
Vandana Shiva wurde am 5. November 1952 in Dehradun, im indischen Bundesstaat Uttar Pradesh (heute Uttarakhand), geboren. Schon in der Kindheit wuchs Vandana Shiva in inniger Verbindung mit der Natur auf und wusste bereits in frühen Jahren, dass sie Wissenschaftlerin werden möchte. Ihre Eltern engagierten sich in der indischen Unabhängigkeitsbewegung. Die Mutter von Vandana Shiva war eine Verehrerin Gandhis.
Vandana Shiva studierte an der Panjab Universität in Chandigarh Physik und Naturwissenschaften. Als Atomphysikerin war Vandana Shiva ab 1973 im Forschungszentrum Bhabha Atomic Research Centre in der Nähe von Mumbai tätig. Als ihre Schwester sie fragte, ob Vandana Shiva wisse, welche Auswirkungen die Kernstrahlung auf sie habe, wurde Vandana Shiva ihre Unwissenheit darüber bewusst. Dies stellt einen Wendepunkt im Leben von Vandana Shiva dar.
Vandana Shiva wandte sich zunächst der Theoretischen Physik und Philosophie zu und promovierte in Ontario, Kanada, über Grundlagenfragen der Quantenmechanik. Seit den 1970er Jahren engagierte sich Vandana Shiva im Umweltschutz. Die Chipko-Bewegung, an der Vandana Shiva teilnahm und die hauptsächlich von den indischen Frauen getragen wurde, umarmte Bäume, um sie vor der kommerziellen Abholzung zu schützen.
Nach Beendigung des Studiums in Kanada kehrte Vandana Shiva in ihre indische Heimat zurück. Vandana Shiva nahm eine Professorenstelle am Indian Institute of Science and Management in Bangalore an und widmete sich der interdisziplinären Forschung vom Umwelt, Technik und Politik. Anfang der 1980er Jahre kam Vandana Shiva an einen Punkt, an dem sie weniger Zeit für das wissenschaftliche Arbeiten und mehr Zeit für den aktiven Umweltschutz verwenden wollte. Sie gründete 1982 die Stiftung Research Foundation for Science, Technology and Ecology (RFSTE) in Dehradun. Die Stiftung erforscht in Zusammenarbeit mit der Bevölkerung und anderen sozialen Organisationen die nachhaltige Entwicklung in der Landwirtschaft.
Vandana Shiva gründete 1991 eine weitere Abteilung von RFSTE: Navdanya. Dieses mittlerweile weltweit bekannte Institut dient der Erhaltung der Biodiversität und der Bewahrung des traditionellen indischen Wissens. Navdanya heißt „Neun Samen“ bzw. „Neun Saaten“. Diese Initiative möchte insbesondere die Vielfalt des Saatgutes und damit auch der Biosphäre schützen. Navdanya errichtete dafür Saatgutbibliotheken in bisher 13 indischen Staaten. Ziel ist es, traditionelle Sorten vor dem Aussterben zu bewahren, die Unabhängigkeit der Bauern von Saatgut-Großkonzernen wie Monsanto zu schützen, biologische Anbaumethoden zu stärken sowie die Lebensmittel auf lokalen Märkten zu verkaufen und damit der Globalisierung entgegenzuwirken.
Navdanya ist ein Netzwerk lokaler indischer Gemeinden und Organisationen. Inzwischen hat Navdanya mehr als 70.000 Mitglieder.
Um noch mehr für die Bildung und Erziehung hin zu einer nachhaltigeren Lebensweise zu tun, gründete Vandana Shiva 2004 Bija Vidyapeeth, eine internationale Hochschule für nachhaltiges Leben. Diese Hochschule hat das von Satish Kumar mitbegründete Schumacher College zum Vorbild. Aufgrund der Zusammenarbeit mit dem Schumacher College gibt Satish Kumar auch an der Bija Vidyapeeth-Hochschule Kurse.
Bija Vidyapeeth ist an die Navdanya-Farm angeschlossen. Hier wird auf praktische Weise u.a. biologische Landwirtschaft, Biodiversität, die Philosophie von Gandhi sowie Earth democracy gelehrt.
Engagement von Vandana Shiva
Vandana Shiva sieht in der Umweltzerstörung die Auswirkungen der patriarchalen Gesellschaft. Das Verhältnis, das Männer in patriarchalisch-kapitalistischen Gesellschaften zu Frauen haben, spiegele die Beziehung der Menschen zur Natur. Die Gewalt von Männern gegenüber Frauen entspreche der Gewalt der Menschen gegenüber der Natur. Die Gesellschaft - und damit auch ihre Beziehung zur Natur - sei geprägt durch Konkurrenz, Ausbeutung, Zerstörung und Militarismus. Erfolg bedeute individueller Machtzuwachs und nicht Dienst am Gemeinwohl.
Vandana Shiva möchte, dass der Wert der Natur nicht länger „an einem von Menschen festgelegten finanziellen Wert“ gemessen wird. Vandana Shiva setzt sich für den Erhalt der Artenvielfalt ein sowie gegen den Missbrauch von Patenten, d.h. Patente auf natürliche Lebensgrundlagen, die kein Produkt der Marktwirtschaft sein sollten. So konnte das Institut RFSTE von Vandana Shiva gemeinsam mit anderen Organisationen die Patentierung des Öls der Neembaum-Samen verhindern.
Vandana Shiva engagiert sich gegen die Monopolstellung großer Wirtschaftsunternehmen sowie den Erhalt und die Verbreitung des Wissens über biologische Landwirtschaft und die Rechte der Bauern. Vandana Shiva initiiert lokale, basisdemokratisch aufgebaute Organisationen, um der – wie sie sagt - „Kommerzialisierung der Landwirtschaft“ mit krankheitsanfälligen Monokulturen und Hybridpflanzen sowie der „kulturellen Desintegration“ der Bevölkerung entgegenzuwirken. Einheimisches Saatgut soll für die indischen Bauern weiterhin frei verfügbar sein.
Vandana Shiva berät auch die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen sowie andere internationale Organisationen, NGOs und ausländische Regierungen. Vandana Shiva ist Mitglied des Weltzukunftsrates. 2002 ehrte das Time-Magazin Vandana Shiva mit dem Titel "Hero for the Green Century".
Bullshit - ein Film über Vandana Shiva
PeÅ Holmquist und Suzanne Khardalian drehten den 2005 veröffentlichten Film "Bullshit" über Vandana Shiva. Hier findest Du den ersten Teil dieses Films, den man sich auf Youtube vollständig anschauen kann.
Vandana Shiva - Von Saatgut und Saatgutmultis
Ein weiterer Film über Vandana Shiva ist die 2011 fertiggestellte Dokumentation von Bertram Verhaag und Gabriele Kröber. "Quit India" - "Raus aus Indien" ruft Vandana Shiva den Saatgutgroßkonzernen wie Monsanto entgegen. Die Erhaltung der Artenvielfalt beginnt bei der Vielfalt des Saatgutes. Um dieses zu schützen, ließ Vandana Shiva Saatgutbanken einrichten, die den indischen Bauern Samen für ihr Land zur Verfügung stellen. Denn viele Bauern verschuldeten sich, als sie den Großkonzernen glaubten und deren teures Saatgut kauften, das höhere Erträge bringen sollte. Die erwartete reiche Ernte blieb aus. Stattdessen befiehlen die Gen-Pflanzen Schädlinge und andere Krankheiten. Viele Bauern konnten die Kredite nicht zurückzahlen und sahen den Selbstmord als einzigen Ausweg aus ihrer Situation. In ganz Indien begingen in den letzten Jahren über 20.000 Bauern Selbstmord. Dieser Dokumentarfilm berichtet darüber.
Zitate
"Welches Problem auch immer man betrachtet, jedes ökologische Problem entstammt der Illusion, dass wir von der Natur getrennt wären. (…) Ich glaube, dass die Sehnsucht, diese Trennung zu überwinden, viel größer ist als die aktuelle Verbreitung des ökologischen Bewusstseins. Heilung bedeutet die Rückgewinnung unserer Verbindung mit dem Netz des Lebens, mit dem gesamten Universum. (…) Einige Menschen tun dies mithilfe von Meditation und Yoga, doch viel mehr Menschen tun es, indem sie Samen aussäen und einen Garten gedeihen lassen. Indem man einen Samen in die Erde steckt, ist man mit den Zyklen und der regenerativen Kraft des Lebens eins. Das hören wir immer wieder von den Kindern, mit denen wir arbeiten und Gärten der Hoffnung mit den Samen der Freiheit erblühen lassen. Wenn wir sie fragen: "Was habt ihr gelernt?", dann reden die Kinder immer von dem Wunder des Lebens, dass aus einem winzigen Samen eine Pflanze hervorbricht, die Fülle spendet und von der man wiederum Samen ernten kann." (Vandana Shiva)
"Der Samen ist in seiner Essenz die gesamte vergangene Evolution der Erde, die Evolution der Menschheitsgeschichte sowie das Potenzial der zukünftigen Entwicklung. Der Samen ist die Verkörperung der Kultur, da die Kultur den Samen unter sorgfältiger Auswahl geformt hat – Frauen haben den besten, mannigfaltigen Samen gesammelt. Denn von einer Pflanze erhält man 200.000 Reissamen. Dies ist das Zusammenfließen von menschlicher Intelligenz und der Intelligenz der Natur. Es ist der höchste Ausdruck des Lebens, und in unserer Sprache heißt das: 'Das, aus dem das Leben aus eigener Kraft hervorgeht, für immer und ewig'." (Vandana Shiva)
"Die Übernahme der Weltwirtschaft durch global agierende Unternehmen, die sich auf eine verschwenderische Produktion und die Zerstörung der Existenzgrundlagen gründen, ist sicherlich eine der größten Bedrohungen für die Menschen in Indien." (Vandana Shiva)
"Wachstumszahlen sagen nichts darüber aus, wie viel die Leute essen, wie viel sauberes Wasser sie haben, ob sie ihren Lebensunterhalt gut bestreiten können – sie messen nur den Geschäftssektor. Wenn die Armen ihre Produkte verkaufen und dabei verhungern, wächst die Wirtschaft." (Vandana Shiva)
Vandana Shiva - Soil, not Oil
"Wir bestehen aus den 5 Elementen – Erde, Wasser, Feuer, Luft und Raum -, die das Universum bilden. Wir sind der Boden. Wir sind die Erde. Was wir dem Erdboden antun, das tun wir uns selbst an. Und dass die Wörter "Humus" und "human" (Mensch) denselben Wortstamm haben, ist kein Zufall. (…) Keine Technologie kann von sich behaupten, die Welt zu ernähren, solange sie die Lebewesen im Boden zerstört, indem sie nicht das "Gesetz der Rückkehr" beachtet, das die Erde nährt." (Vandana Shiva)
Siehe auch
- Tiefenökologie
- Permakultur
- Nachhaltigkeit
- Satish Kumar
- Transition Town
- Gemeinschaft
- Yogastadt
- Karma Konsum
- Matavenero
- Ökodorf
- Solidarische Landwirtschaft
- Soziale Landwirtschaft
- Garten
- Kräuter
- Ayurveda
- Yoga
- Meditation
Literatur
- Trauger Groh und Steven McFadden, Höfe der Zukunft: Gemeinschaftsgetragene/ Solidarische Landwirtschaft (CSA) (2013)
- Sepp Holzer, Wüste oder Paradies: Holzer'sche Permakultur jetzt! Von der Renaturierung bedrohter Landschaften über Aqua-Kultur und Biotop-Aufbau bis zum Urban Gardening (2013)
- Joseph Jenkins, The Humanure Handbook: A Guide to Composting Human Manure (2006)
- Geseko von Lüpke, Zukunft entsteht aus Krise: Antworten von Joseph Stiglitz, Vandana Shiva, Wolfgang Sachs, Joanna Macy, Bernard Lietaer u.a. (2010)
- Jacob Radloff (Hrsg.), Multiple Krise: Ende oder Anfang für eine gerechte Welt? (2009)
- Vandana Shiva, Jenseits des Wachstums: Warum wir mit der Erde Frieden schließen müssen (2014)
- Vandana Shiva u.a., Kriegswaffe Planet Erde (2013)
- Vandana Shiva, Making Peace with the Earth (2013)
- Vandana Shiva, Die Kontrolle von Konzernen über das Leben (Documenta Notebook Nr. 12) (2011)
- Vandana Shiva, Geraubte Ernte: Biodiversität und Ernährungspolitik (2011)
- Vandana Shiva, Von Saatgut und Saatgutmultis (2010)
- Vandana Shiva, Leben ohne Erdöl: Eine Wirtschaft von unten gegen die Krise von oben (2009)
- Vandana Shiva, SOIL NOT OIL (2008)
- Vandana Shiva, Erd-Demokratie: Alternativen zur neoliberalen Globalisierung (2006)
- Vandana Shiva, Der Kampf um das blaue Gold: Ursachen und Folgen der Wasserverknappung (2005)
- Vandana Shiva u.a., Biopiraterie. Kolonialismus des 21. Jahrhunderts: Eine Einführung (2002)
- Vandana Shiva, Biodiversität. Plädoyer für eine nachhaltige Entwicklung (2001)
- Vandana Shiva u.a., Das Patentierte Leben: Manipulation, Markt und Macht (1998)
- Vandana Shiva, ... schließlich ist es unser Leben. Frauen aus dem Süden und Norden schreiben über Ökologie und Gesundheit (1995)
- Vandana Shiva u.a., Ökofeminismus: Beiträge zur Praxis und Theorie (1995)
- Vandana Shiva (Hrsg.), Close to Home: Women Reconnect Ecology, Health and Development Worldwide (1994)
- Vandana Shiva u.a., Das Geschlecht des Lebens: Frauen, Ökologie und 3. Welt (1989)
- Stephanie Wild (Hgsg.), Sich die Ernte teilen. Einführung in die Solidarische Landwirtschaft (2012)
Weblinks
- Navdanya - das von Vandana Shiva gegründete ökologische Institut
- Bija Vidyapeeth - Earth University von Vandana Shiva
- Interview mit Vandana Shiva bei suedasien.info
- Interview mit Vandana Shiva in der Zeitschrift Schrot & Korn
- Vandana Shiva beim Global Oneness Project
- Vandana Shiva und der Right Livelihood Award
- Dokumentarfilm über Vandana Shiva
- Radio-Mitschnitte mit Vandana Shiva von Alternative Radio
- Vandana Shiva in Deutschland
- Bayerischer Naturschutzpreis für Vandana Shiva
- Vandana Shiva bei Veda Magazin
- Vandana Shiva auf Facebook
- Solidarische Landwirtschaft
- Solidarische Ökonomie
- Dokumentarfilm "Die Strategie der krummen Gurken": GartenCoop Freiburg
- Internationales Netzwerk CSA & Solidarische Landwirtschaft
- Reclaim the Fields Europa
- Permakultur Institut
- Permakultur.Net
- Transition Initiativen in Deutschland, Österreich und der Schweiz
- down to earth - Permakultur Design mit Markus Pölz
- Permakultur Freunde Allgäu
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- Michaela Schwidder