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== Manas – Denken und Fühlen im Yoga und der indischen Philosophie == | |||
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Manas (Sanskrit: मनस् manas, n.) bedeutet innerer Sinn, Geist, [[Verstand]], [[Wille]] sowie Denkprinzip. Es umfasst nicht nur das [[Denken]], sondern auch das [[Fühlen]], das [[Gemüt]], das Herz und das Erkenntnisvermögen. Manas wird in vielen spirituellen Traditionen als das Denkorgan oder die „innere Steuerzentrale“ des Menschen bezeichnet. In der [[Sankhya-Philosophie]] gilt Manas als eines der 25 [[Tattvas]] (Grundprinzipien oder Kategorien der Natur) und ist damit ein zentrales Konzept in der indischen [[Philosophie]] und im [https://www.yoga-vidya.de/yoga/ Yoga]. | |||
=== Manas als Teil des Antarkarana – das innere Instrument === | |||
In den Lehren des [[Vedanta]] wird Manas als Teil des [[Antarkarana]] (inneres Instrument) verstanden. Dieses setzt sich aus vier Aspekten der [[Psyche]] zusammen: | |||
* [[Chitta]] – das Unterbewusstsein, Gedächtnis und Speicher für Eindrücke ([[Samskara]]s) und Wünsche (Vasanas). | |||
* Manas – das einfache Denken und Fühlen, das spontane Wahrnehmen und Reagieren. | |||
* [[Buddhi]] – der Intellekt, die Vernunft, die Urteilskraft und die Fähigkeit zum freien Willen. | |||
* [[Ahamkara]] – das [[Ego]], der „Ich-Macher“, der sich mit Gedanken und Handlungen [[Identifizieren|identifiziert]]. | |||
Manas ist damit das Instrument des Denkens und Fühlens, das Informationen aufnimmt, [https://www.yoga-vidya.de/yoga-buch/sivananda/die-kraft-der-gedanken/ Gedanken] erzeugt und Gefühle hervorbringt. | |||
== Manas und die Funktionsweise des Geistes == | |||
Man könnte Manas mit dem Arbeitsspeicher eines Computers vergleichen: | |||
* Chitta ist wie die Festplatte oder Speicherkarte, in der [[Erinnerung]]en und Eindrücke gespeichert sind. | |||
* Buddhi ist wie das Programm, das analysiert, bewertet und [[Entscheidung]]en trifft. | |||
* Manas ist das Feld, in dem Gedanken, Gefühle und Sinneseindrücke gerade bewusst erlebt werden. | |||
* Ahamkara schließlich ist das Ego, das sich mit diesen Gedanken identifiziert. | |||
Wenn du also ein Wort wie „Tannenbaum“ hörst, entsteht das Bild und die Assoziation zunächst im Manas. Das gespeicherte [[Wissen]] liegt im Chitta, die Analyse übernimmt die Buddhi, und das Ego (Ahamkara) identifiziert sich mit dem Wissen. | |||
=== Manas im Yoga und der Spiritualität === | |||
Im [https://schriften.yoga-vidya.de/ Yoga Sutra] von Patanjali heißt es: „Yogas Chitta Vritti Nirodhah“ – Yoga ist das Zur-Ruhe-Bringen der Bewegungen im Geist. Auch wenn Patanjali hier das Wort Chitta verwendet, spielt Manas eine entscheidende Rolle, da es die Ebene ist, auf der Gedankenwellen ([[Vrittis]]) entstehen. Werden diese Gedanken zur Ruhe gebracht, reflektiert Manas das reine [[Bewusstsein]] (Chit) und ermöglicht so die Erfahrung der wahren Natur des [[Selbst]]. | |||
Auch Tiere besitzen ein Manas – also Denken und Fühlen – jedoch ohne das ausgeprägte Buddhi (Urteilsvermögen) und ohne das bewusste Ahamkara (Ego-Bewusstsein), das den Menschen zu einem historischen, individuellen Wesen macht. | |||
=== Manas und die spirituelle Praxis === | |||
Manas ist ein wertvolles Instrument, das uns hilft, die [[Welt]] wahrzunehmen und zu gestalten. Doch gleichzeitig kann es uns in Verwirrung und [[Täuschung]] führen, wenn wir uns unbewusst mit seinen Inhalten [[identifizieren]]. Deshalb lehren die Weisen des Vedanta und die Yogis, den [[Geist]] zu [[beobachten]], Gedanken und Gefühle bewusst wahrzunehmen, ohne sich mit ihnen zu verwechseln. | |||
[[Shankaracharya]] betont in seinem berühmten [[Nirvanashatka|Nirvana Shataka]]: „Ich bin weder [[Unterbewusstsein]], noch Manas, noch Ahamkara, noch Buddhi. Ich bin [[Satchidananda]] – Sein, Wissen und Glückseligkeit.“ Damit wird klar: Der Mensch ist nicht das Manas, sondern das unsterbliche Selbst ([[Atman]]). | |||
=== Manas als Tor zwischen Bewusstsein und Welt === | |||
Manas ist das Zentrum von Denken und Fühlen, das uns [[Erfahrungen]] ermöglicht, [[Wünsche]] hervorbringt und [[Handlung]]en anstößt. Es ist sowohl Werkzeug der [[Psyche]] als auch eine Quelle für [[Illusion]] und Täuschung. Wer lernt, Manas bewusst einzusetzen und sich nicht von ihm beherrschen zu lassen, findet mehr Klarheit, [[Freiheit]] und spirituelle [[Erkenntnis]]. | |||
==Sukadev über Manas== | ==Sukadev über Manas== | ||
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[[Arjuna]] dachte, dass [[Bhima]] keinerlei Gottesverehrung abhalten würde. Er war stolz über seine äußere Art der Ehrerbietung gegenüber [[Shiva]]. Er opferte [[Bel]]-Blätter. Bhima dagegen opferte Shiva im [[Geist]]e die Bel-Blätter aller Bel-Bäume der ganzen [[Welt]]. Er vollzog Manas Puja für Shiva. Die Dienerschaft von Shiva war nicht in der Lage, all die Bel-Blätter, welche Bhima als [[Opfer]] dargebracht hatte, von seinem [[Kopf]] zu entfernen. Arjuna sah einmal eine große Gruppe von Leuten, welche Körbe voller Bel-Blätter trugen. Er dachte bei sich, dass es wohl gerade die Blätter waren, welche er Shiva, dem [[Herr]]n, dargebracht hatte und fragte so die Leute: "[[Bruder|Brüder]], woher tragt ihr diese Bel-Blätter?" Sie antworteten: "O Arjuna, diese Blätter wurden unserem Herrn Shiva von Bhima durch seine Manas Puja dargebracht. Arjuna wurde von großem Erstaunen erfasst. Er musste erfahren, dass Manas Puja mächtiger war als die äußere Art der Puja, und dass Bhima ein besserer Gottesverehrer war als er. Sein [[Stolz]] war zerstört. Er wurde sehr demütig. | [[Arjuna]] dachte, dass [[Bhima]] keinerlei Gottesverehrung abhalten würde. Er war stolz über seine äußere Art der Ehrerbietung gegenüber [[Shiva]]. Er opferte [[Bel]]-Blätter. Bhima dagegen opferte Shiva im [[Geist]]e die Bel-Blätter aller Bel-Bäume der ganzen [[Welt]]. Er vollzog Manas Puja für Shiva. Die Dienerschaft von Shiva war nicht in der Lage, all die Bel-Blätter, welche Bhima als [[Opfer]] dargebracht hatte, von seinem [[Kopf]] zu entfernen. Arjuna sah einmal eine große Gruppe von Leuten, welche Körbe voller Bel-Blätter trugen. Er dachte bei sich, dass es wohl gerade die Blätter waren, welche er Shiva, dem [[Herr]]n, dargebracht hatte und fragte so die Leute: "[[Bruder|Brüder]], woher tragt ihr diese Bel-Blätter?" Sie antworteten: "O Arjuna, diese Blätter wurden unserem Herrn Shiva von Bhima durch seine Manas Puja dargebracht. Arjuna wurde von großem Erstaunen erfasst. Er musste erfahren, dass Manas Puja mächtiger war als die äußere Art der Puja, und dass Bhima ein besserer Gottesverehrer war als er. Sein [[Stolz]] war zerstört. Er wurde sehr demütig. | ||
Manas Puja kann von fortgeschrittenen [[Schüler]]n ausgeführt werden. Anfänger sollten unbedingt die Ehrerbietung mit Blumen, [[Sandelholz]]-Paste, Räucherwerk etc. vollziehen. Du wirst mehr [[Konzentration]] haben, wenn du die Manas Puja ausführst. Setze im Geiste die [[Devata]] auf einen Thron, der mit [[Diamant]]en, [[Perle]]n, [[Smaragd]]en etc. geschmückt ist. Biete ihr den Platz an. Reibe Ihre Stirn und Ihren Körper mit Sandelholz-Paste ein. Bringe [[Arghya]]m, [[Madhuparka]] und verschiedene Sorten Blumen und [[Kleidung]] dar. Opfere verschiedene Arten von [[Obst]], [[Konfekt]] und [[ | Manas Puja kann von fortgeschrittenen [[Schüler]]n ausgeführt werden. Anfänger sollten unbedingt die Ehrerbietung mit Blumen, [[Sandelholz]]-Paste, Räucherwerk etc. vollziehen. Du wirst mehr [[Konzentration]] haben, wenn du die Manas Puja ausführst. Setze im Geiste die [[Devata]] auf einen Thron, der mit [[Diamant]]en, [[Perle]]n, [[Smaragd]]en etc. geschmückt ist. Biete ihr den Platz an. Reibe Ihre Stirn und Ihren Körper mit Sandelholz-Paste ein. Bringe [[Arghya]]m, [[Madhuparka]] und verschiedene Sorten Blumen und [[Kleidung]] dar. Opfere verschiedene Arten von [[Obst]], [[Konfekt]] und Maha [[Naivedya]]m. Opfere dem Herrn die Früchte der ganzen Welt. Geize nicht, besonders nicht in der Manas Puja. | ||
In einer Manas Puja opferte einmal ein [[Mann]] eine alte [[Kochbanane]] und eine Handvoll [[Kichererbsen]]. Was für ein elender, geiziger Mensch! Selbst in einer Manas Puja konnte er nicht großzügig und freigiebig sein. | In einer Manas Puja opferte einmal ein [[Mann]] eine alte [[Kochbanane]] und eine Handvoll [[Kichererbsen]]. Was für ein elender, geiziger Mensch! Selbst in einer Manas Puja konnte er nicht großzügig und freigiebig sein. | ||
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*[[Goraksha Paddhati|Goraksha Paddhati Vers 2.94]] | |||
*[[Goraksha Paddhati|Goraksha Paddhati Vers 2.101]] | |||
*[[Yogachudamani Upanishad|Yogachudamani Upanishad Vers 114]] | |||
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*[https://schriften.yoga-vidya.de/hatha-yoga-pradipika/1-kapitel-vers-66/ Hatha Yoga Pradipika 1.66] | |||
*[https://schriften.yoga-vidya.de/hatha-yoga-pradipika/3-kapitel-vers-20/ Hatha Yoga Pradipika 3.20] | |||
*[https://schriften.yoga-vidya.de/hatha-yoga-pradipika/3-kapitel-vers-125/ Hatha Yoga Pradipika 3.125] | |||
*[http://schriften.yoga-vidya.de/hatha-yoga-pradipika/4-kapitel-vers-5/ Hatha Yoga Pradipika 4.5] | |||
*[http://www.yoga-vidya.de/Yoga--Buch/Rajayoga/Art_Einfuehrung_Raja.htm Kommentar von Sukadev über Raja Yoga - Die Yoga Sutras von Patanjali] | *[http://www.yoga-vidya.de/Yoga--Buch/Rajayoga/Art_Einfuehrung_Raja.htm Kommentar von Sukadev über Raja Yoga - Die Yoga Sutras von Patanjali] | ||
*[https://blog.yoga-vidya.de/zuckersuess-wie-dre-apfel/ Blogbeitrag zum Thema Raja Yoga] | *[https://blog.yoga-vidya.de/zuckersuess-wie-dre-apfel/ Blogbeitrag zum Thema Raja Yoga] | ||
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==Seminare== | ==Seminare== | ||
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'''<strong>[https://www.yoga-vidya.de/seminare/seminar/jahresgruppe-sanskrit-lektuere-der-amrita-siddhi-online-l260107-1// 07.01.2026 - 16.12.2026 - Jahresgruppe Sanskrit - Lektüre der AMRITA SIDDHI - Online]</strong>''' | |||
:Die AMRITA SIDDHI ("Erlangung der Unsterblichkeit") ist ein bisher noch wenig bekannter Ur-Text zum Hatha Yoga, der aus einem asketisch orientierten buddhistischen Umfeld stammt. Niedergeschrieben wurde er vermutlich im 11. Jahrhundert in Indien von Madhava Chandra. Der Verfasser lehrt in 35 kurzen Kapiteln die praktischen und theoretischen Grundlagen … | |||
:Dr phil Oliver Hahn | |||
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Aktuelle Version vom 14. Oktober 2025, 10:22 Uhr
Manas (Sanskrit: मनस् manas n.) der innere Sinn, das innere Organ, Denkorgan, Geist, Sinn, Verstand, Wille, Denken, Gedanke, Denkprinzip, aber dazu gehört auch Denken und Fühlen; Gemüt, Seele, Gewissen, Herz; Erkenntnisvermögen. Eines der 25 Tattvas bzw. Kategorien in der Sankhya-Philosophie.
Manas मनस् manas Aussprache
Hier kannst du hören, wie das Sanskritwort Manas, मनस्, manas ausgesprochen wird:
Manas – Denken und Fühlen im Yoga und der indischen Philosophie
Manas (Sanskrit: मनस् manas, n.) bedeutet innerer Sinn, Geist, Verstand, Wille sowie Denkprinzip. Es umfasst nicht nur das Denken, sondern auch das Fühlen, das Gemüt, das Herz und das Erkenntnisvermögen. Manas wird in vielen spirituellen Traditionen als das Denkorgan oder die „innere Steuerzentrale“ des Menschen bezeichnet. In der Sankhya-Philosophie gilt Manas als eines der 25 Tattvas (Grundprinzipien oder Kategorien der Natur) und ist damit ein zentrales Konzept in der indischen Philosophie und im Yoga.
Manas als Teil des Antarkarana – das innere Instrument
In den Lehren des Vedanta wird Manas als Teil des Antarkarana (inneres Instrument) verstanden. Dieses setzt sich aus vier Aspekten der Psyche zusammen:
- Chitta – das Unterbewusstsein, Gedächtnis und Speicher für Eindrücke (Samskaras) und Wünsche (Vasanas).
- Manas – das einfache Denken und Fühlen, das spontane Wahrnehmen und Reagieren.
- Buddhi – der Intellekt, die Vernunft, die Urteilskraft und die Fähigkeit zum freien Willen.
- Ahamkara – das Ego, der „Ich-Macher“, der sich mit Gedanken und Handlungen identifiziert.
Manas ist damit das Instrument des Denkens und Fühlens, das Informationen aufnimmt, Gedanken erzeugt und Gefühle hervorbringt.
Manas und die Funktionsweise des Geistes
Man könnte Manas mit dem Arbeitsspeicher eines Computers vergleichen:
- Chitta ist wie die Festplatte oder Speicherkarte, in der Erinnerungen und Eindrücke gespeichert sind.
- Buddhi ist wie das Programm, das analysiert, bewertet und Entscheidungen trifft.
- Manas ist das Feld, in dem Gedanken, Gefühle und Sinneseindrücke gerade bewusst erlebt werden.
- Ahamkara schließlich ist das Ego, das sich mit diesen Gedanken identifiziert.
Wenn du also ein Wort wie „Tannenbaum“ hörst, entsteht das Bild und die Assoziation zunächst im Manas. Das gespeicherte Wissen liegt im Chitta, die Analyse übernimmt die Buddhi, und das Ego (Ahamkara) identifiziert sich mit dem Wissen.
Manas im Yoga und der Spiritualität
Im Yoga Sutra von Patanjali heißt es: „Yogas Chitta Vritti Nirodhah“ – Yoga ist das Zur-Ruhe-Bringen der Bewegungen im Geist. Auch wenn Patanjali hier das Wort Chitta verwendet, spielt Manas eine entscheidende Rolle, da es die Ebene ist, auf der Gedankenwellen (Vrittis) entstehen. Werden diese Gedanken zur Ruhe gebracht, reflektiert Manas das reine Bewusstsein (Chit) und ermöglicht so die Erfahrung der wahren Natur des Selbst.
Auch Tiere besitzen ein Manas – also Denken und Fühlen – jedoch ohne das ausgeprägte Buddhi (Urteilsvermögen) und ohne das bewusste Ahamkara (Ego-Bewusstsein), das den Menschen zu einem historischen, individuellen Wesen macht.
Manas und die spirituelle Praxis
Manas ist ein wertvolles Instrument, das uns hilft, die Welt wahrzunehmen und zu gestalten. Doch gleichzeitig kann es uns in Verwirrung und Täuschung führen, wenn wir uns unbewusst mit seinen Inhalten identifizieren. Deshalb lehren die Weisen des Vedanta und die Yogis, den Geist zu beobachten, Gedanken und Gefühle bewusst wahrzunehmen, ohne sich mit ihnen zu verwechseln.
Shankaracharya betont in seinem berühmten Nirvana Shataka: „Ich bin weder Unterbewusstsein, noch Manas, noch Ahamkara, noch Buddhi. Ich bin Satchidananda – Sein, Wissen und Glückseligkeit.“ Damit wird klar: Der Mensch ist nicht das Manas, sondern das unsterbliche Selbst (Atman).
Manas als Tor zwischen Bewusstsein und Welt
Manas ist das Zentrum von Denken und Fühlen, das uns Erfahrungen ermöglicht, Wünsche hervorbringt und Handlungen anstößt. Es ist sowohl Werkzeug der Psyche als auch eine Quelle für Illusion und Täuschung. Wer lernt, Manas bewusst einzusetzen und sich nicht von ihm beherrschen zu lassen, findet mehr Klarheit, Freiheit und spirituelle Erkenntnis.
Sukadev über Manas
Niederschrift eines Vortragsvideos (2014) von Sukadev über Manas
Auf eine gewisse Weise ist Manas, Denken und Fühlen, ein Teil des Antarkarana. Antarkarana, das innere Instrument, besteht aus vier Teilen: Aus Chitta, Unterbewusstsein, Gedächtnis, Erinnerung und allen Samskaras - Eindrücke im Unterbewusstsein, Vasanas – Wünschen. Als zweites Manas, das einfache Denken und Fühlen. Dann gibt es Buddhi. Buddhi ist der Intellekt, die Vernunft, der Verstand, der freie Wille, die Urteilskraft. Und dann kommt noch Ahamkara, das Ego, das sich identifiziert. Was ist jetzt Manas von alle dem?
Man könnte auch sagen, Manas ist wie das Rahmengedächtnis im Computer. Man kann sagen, Chitta ist wie die Festplatte, wie man früher gesagt hätte, oder die SD-Karte, also der Speicher jedenfalls, also, das Gedächtnis, der Speicher. Buddhi, könnte man sagen, das sind die Algorithmen, die Programme. Und Manas ist das, was irgendwo dort abläuft. Und Ahamkara ist das, was sich dort damit identifiziert. Also, wenn du jetzt zuhörst z.B. und dabei irgendwelche Gedanken und Gefühle kommen, das ist das was auf Manas ist. Wenn dabei Erinnerungen hochkommen, in dem Moment, wo sie hochgekommen sind, sind sie auf Manas, sie sind Vrittis, Gedankenwellen auf Manas. Aber Erinnerungen, die vorher da sind, die sind in Chitta.
Also, wenn ich jetzt z.B. sage, Tannenbaum, dann siehst du einen Tannenbaum. In dem Moment, wo du ihn siehst, ist die Vritti im Manas. Da ist also die Vritti im Manas, aber die Vorstellung des Tannenbaums war schon vorher im Chitta. Im Manas ist Bild, ist Wort, ist Gefühl, evtl. auch Geschmack und Geruch. Wenn du einen Tannenbaum siehst, du sagst dann geistig, „Tannenbaum“, da ist auch ein Gefühl dabei. Vielleicht das Lied „Oh Tannenbaum“, vielleicht etwas anderes, was du mit Tannenbaum assoziierst. Es ist etwas anderes, wenn ich sagen würde, Apfelbaum. Nochmal etwas anderes, wenn ich dir sagen würde, Automotor. Unterschiedliche Emotionen und Gefühle. Buddhi ist jetzt die Vernunft und der Verstand. Z.B., angenommen, ich sage jetzt, schau mal, was ist das für eine Blume?
In dem Moment, wo ich sage, was ist das für eine Blume, da schaust du vielleicht genauer hin und dann vergleichst du diese Blume mit dem, was du in deinem Gedächtnis hast, in Chitta. Zunächst mal, du siehst sie, Manas. Dann kommen alle möglichen Eindrücke hoch: „Wie könnte das denn heißen? Was ist das überhaupt?“ Und dann kommt Buddhi und sagt: „Ja, das ist das und das.“ Und dann kommt Ahamkara und sagt: „Ich weiß, das ist das und das.“ Und da identifizierst du dich mit diesem Wissen. Wenn nachher aber herauskommt, es war nicht das, was du gedacht hast, dann fühlst du dich leicht gekränkt, weil dein Ego dabei war. Also, du siehst, Manas. Manas, das Denken und das Fühlen, das bewusste Denken und Fühlen, gesteuert von Chitta im Unterbewusstsein.
Ein Tier hat auch Manas und Chitta, aber kein gut entwickeltes Buddhi und auch kein bewusst entwickeltes Ahamkara, im Sinne von, Gefühl eigener Identität als historisches Wesen und als eigene Persönlichkeit. Buddhi kann auch aussteigen. In Manas können Wünsche hochkommen und wenn ein Wunsch da ist, dann willst du etwas tun. Du kannst auch überlegen: „Sehe ich das wirklich richtig? Und was steckt dahinter?“ Da wäre Buddhi. Und wenn der Wunsch kommt, gleich was zu tun, Buddhi kann sagen: „Warum sollte ich das tun? Ich muss keinem Wunsch folgen.“ Buddhi ist das, was Freiheit ist.
Aber heute geht es ja um Manas. Manas – einfaches Denken und Fühlen. Manas – die Psyche. Manas, etwas, was ein Instrument ist, Teil des inneren Instruments, was dich aber auch in Verwirrung führen kann, auf Abwege führen kann. Daher gilt es, immer wachsam zu sein, was der Geist einem so alles erzählt. Das, was in deiner Psyche hochkommt an Gedanken und Gefühlen, das ist nicht immer angemessen und nicht immer richtig. Du kannst dich davon lösen und befreien. Nutze deinen Geist als Instrument, nutze ihn als Wahrnehmungsfähigkeit, die Welt erfährst du über den Geist, nutze ihn, um etwas zu gestalten, du kannst auch bewusst Gedanken und Gefühle steuern, und nutze ihn, um so Erfahrungen zu machen in dieser Welt, dein Karma auszuarbeiten, Gutes zu bewirken.
Aber erkenne: „Ich bin nicht das Manas.“ Shankaracharya, in seinem berühmten „Nirvana Shataka“, den sechs Strophen zur Befreiung, sagt: „Ich bin weder Unterbewusstsein, noch Manas, noch Ahamkara, noch Buddhi, ich bin nichts davon. Was bin ich? "Satchidananda Rupa Shivoham Shivoham." Meine wahre Natur ist Sein, Wissen, Glückseligkeit. Unendliches Sein, unendliches Wissen, unendliche Seligkeit, das ist meine wahre Natur.“ Lerne es, den Geist zu beobachten, die Vrittis, die Gedanken im Geist, zu beobachten, die Emotionen zu beobachten, dich nicht damit zu identifizieren. Nimm aber auch die Informationen des Geistes auf, lerne aber auch, nicht Sklave des Geistes zu sein. Du kannst den Geist steuern, und du kannst dich von Manas lösen.
Manas Puja - Erläuterungen von Swami Sivananda
Auszug aus dem Buch „Tantra Yoga, Nada Yoga and Kriya Yoga“ von Swami Sivananda, Buch I - Tantra Yoga, 5. Auflage, 2000, Shivanandanagar, S. 34 - 35. Divine Life Society
Manas Puja ist mächtiger als eine äußere Puja mit Blumen etc.
Arjuna dachte, dass Bhima keinerlei Gottesverehrung abhalten würde. Er war stolz über seine äußere Art der Ehrerbietung gegenüber Shiva. Er opferte Bel-Blätter. Bhima dagegen opferte Shiva im Geiste die Bel-Blätter aller Bel-Bäume der ganzen Welt. Er vollzog Manas Puja für Shiva. Die Dienerschaft von Shiva war nicht in der Lage, all die Bel-Blätter, welche Bhima als Opfer dargebracht hatte, von seinem Kopf zu entfernen. Arjuna sah einmal eine große Gruppe von Leuten, welche Körbe voller Bel-Blätter trugen. Er dachte bei sich, dass es wohl gerade die Blätter waren, welche er Shiva, dem Herrn, dargebracht hatte und fragte so die Leute: "Brüder, woher tragt ihr diese Bel-Blätter?" Sie antworteten: "O Arjuna, diese Blätter wurden unserem Herrn Shiva von Bhima durch seine Manas Puja dargebracht. Arjuna wurde von großem Erstaunen erfasst. Er musste erfahren, dass Manas Puja mächtiger war als die äußere Art der Puja, und dass Bhima ein besserer Gottesverehrer war als er. Sein Stolz war zerstört. Er wurde sehr demütig.
Manas Puja kann von fortgeschrittenen Schülern ausgeführt werden. Anfänger sollten unbedingt die Ehrerbietung mit Blumen, Sandelholz-Paste, Räucherwerk etc. vollziehen. Du wirst mehr Konzentration haben, wenn du die Manas Puja ausführst. Setze im Geiste die Devata auf einen Thron, der mit Diamanten, Perlen, Smaragden etc. geschmückt ist. Biete ihr den Platz an. Reibe Ihre Stirn und Ihren Körper mit Sandelholz-Paste ein. Bringe Arghyam, Madhuparka und verschiedene Sorten Blumen und Kleidung dar. Opfere verschiedene Arten von Obst, Konfekt und Maha Naivedyam. Opfere dem Herrn die Früchte der ganzen Welt. Geize nicht, besonders nicht in der Manas Puja.
In einer Manas Puja opferte einmal ein Mann eine alte Kochbanane und eine Handvoll Kichererbsen. Was für ein elender, geiziger Mensch! Selbst in einer Manas Puja konnte er nicht großzügig und freigiebig sein.
Wiederhole am Ende im Geiste: "Welche Handlung ich auch mit meinem Körper begehe, was auch immer ich mit meinen Worten, mit Gedanken, mit meinen Sinnen, mit meinem Verstand oder mit meinem Gemüt vollbringe, das alles bringe ich dem Höchsten Herrn dar." Dies wird dein Herz reinigen und den Makel, dass du eine Belohnung erwarten könntest, entfernen.
Siehe auch
- Manasa
- Manasika
- Manasvin
- Manasvini
- Manana
- Manogati
- Manoja
- Manojna
- Manoratha
- Manorama
- Manohara
- Manonmani
- Manomaya Kosha
- Amanaska
- Unmani
- Sumanas
- Sumana
- Saumanasya
- Saumanasyayani
- Indriya
- Chitta
- Raja Yoga
- Tantra
- Verehrung
- Wörterbuchform
- HYP Jahresgruppe
- Sanskrit Kurs Lektion 16
- Sanskrit Kurs Lektion 24
- Sanskrit Kurs Lektion 36
- Sanskrit Kurs Lektion 37
- Sanskrit Kurs Lektion 38
- Sanskrit Kurs Lektion 47
- Sanskrit Kurs Lektion 50
- Sanskrit Kurs Lektion 60
- Sanskrit Kurs Lektion 71
- Sanskrit Kurs Lektion 72
- Sanskrit Kurs Lektion 89
- Sanskrit Kurs Lektion 99
- Sanskrit Kurs Lektion 102
- Sanskrit Kurs Lektion 107
- Sanskrit Kurs Lektion 108
- Sanskrit Kurs Lektion 114
- Goraksha Paddhati Vers 2.86
- Goraksha Paddhati Vers 2.94
- Goraksha Paddhati Vers 2.101
- Yogachudamani Upanishad Vers 114
- Internationales Phonetisches Alphabet (IPA)
Literatur
- Swami Sivananda: "MIND - Its Mysteries and Control" Kapitel 2
- Swami Venkatesananda: Integraler Yoga
- Swami Sivananda: Japa-Yoga
- Swami Vishnu Devanada; Meditation und Mantras
- John Kabat-Zinn: Streßbewältigung durch die Praxis der Achtsamkeit
- Kundalini Tantra von Swami Satyananda
- Swami Sivananda: „Tantra Yoga, Nada Yoga and Kriya Yoga“, Divine Life Society, Shivanandanagar, 5. Auflage, 2000
Weblinks
- Hatha Yoga Pradipika 1.66
- Hatha Yoga Pradipika 3.20
- Hatha Yoga Pradipika 3.125
- Hatha Yoga Pradipika 4.5
- Kommentar von Sukadev über Raja Yoga - Die Yoga Sutras von Patanjali
- Blogbeitrag zum Thema Raja Yoga
- Tantra Yoga
- "Tantra" aus Göttliche Erkenntnis von Swami Sivananda
Seminare
Alle Seminare zu Raja Yoga, positives Denken, Gedankenkraft
- 04.01.2026 - 09.01.2026 Yoga die Macht und Kraft des Geistes
Meine Momentane Situation ist die Wirkung meiner früheren Gedanken. Hier beginnen wir zu verstehen, warum die Lebenssituation genau so ist, wie sie…- Keshava Schütz
- 09.01.2026 - 11.01.2026 Raja Yoga 1
Raja Yoga ist der Yoga der Geisteskontrolle. In diesem Raja Yoga Seminar behandeln wir das 1. Kapitel der Yoga Sutras von Patanjali. Darin geht es u…- Narayan Böhm
Meditation
- 04.01.2026 - 09.01.2026 Yin Yoga meets Vipassana
In der Ruhe, in der Weite liegt die Kraft: Mit klärender Yin Yoga-Praxis, fließend im Übergang mit Vipassana, „Buddhas Technik“. Du siehst, spürst:…- Christian Bliedtner
- 04.01.2026 - 09.01.2026 Shivalaya Stille Retreat
Stille – Schweigen – Sein. In der Abgeschiedenheit des Shivalaya Retreatzentrums fühlst du dich dem Himmel ganz nah. Mit intensiver Meditations- und…- Swami Nirgunananda, Rukmini Keilbar
Kundalini Yoga
- 09.01.2026 - 11.01.2026 Kundalini Yoga Einführung
Gründliche Einführung in die Theorie und Praxis des Kundalini Yoga, Yoga der Energie. Die praktischen Übungen des Kundalini Yoga umfassen Pranayama…- Viveka Wilde, Chandrashekara Witt
- 16.01.2026 - 18.01.2026 Kundalini Yoga Einführung
Gründliche Einführung in die Theorie und Praxis des Kundalini Yoga, Yoga der Energie. Die praktischen Übungen des Kundalini Yoga umfassen Pranayama…- Christian Bliedtner
Jahresgruppe Sanskrit - Lektüre der AMRITA SIDDHI - Online
07.01.2026 - 16.12.2026 - Jahresgruppe Sanskrit - Lektüre der AMRITA SIDDHI - Online
- Die AMRITA SIDDHI ("Erlangung der Unsterblichkeit") ist ein bisher noch wenig bekannter Ur-Text zum Hatha Yoga, der aus einem asketisch orientierten buddhistischen Umfeld stammt. Niedergeschrieben wurde er vermutlich im 11. Jahrhundert in Indien von Madhava Chandra. Der Verfasser lehrt in 35 kurzen Kapiteln die praktischen und theoretischen Grundlagen …
- Dr phil Oliver Hahn