Männlichkeit
Männlichkeit ist die Bezeichnung für das männliche Wesen. Was aber ist Männlichkeit? Darüber herrscht heute große Verwirrung. Es gibt Selbsterfahrungsgruppen für Männer, in welchen Männer ihre Männlichkeit erfahren wollen.Genauso gibt es Frauen, die in Seminaren ihre Weiblichkeit ergründen wollen.
Am besten ist, man geht jenseits von Männlichkeit und Weiblichkeit und erfährt sich als die Seele, als das unsterbliche Selbst, jenseits aller Geschlechter - und ist sich bewusst, dass jeder Mensch Männlichkeit und Weiblichkeit in sich trägt. Männlichkeit hat zwei Bedeutungen: Männlichkeit ist zum einen eine Zusammenfassung der Ideale, die früher für Männer gegolten haben. Zum anderen ist Männlichkeit das, was die Eigenschaften eines Mannes tatsächlich sind.
Männlichkeit - eine Tugend. Was ist Männlichkeit ? Woher stammt das Wort? Wozu ist Männlichkeit gut? Was sind ihre Grenzen? Wie kann man sie kultivieren? Was ist das Gegenteil von Männlichkeit ?
Swami Sivananda über Männlichkeit
Der indische Weise Swami Sivananda schreibt in seinem Buch "How to Cultivate Virtues und Eradicate Vices" über "Manliness"(Männlichkeit) [1] :
Männlichkeit ist Unerschrockenheit. Männlichkeit ist nicht bloß Tapferkeit. Es ist der Zustand der Seele, die offen alle Lebensbedingungen annimmt und es zu einer Ehrensache macht, nicht bestürzt oder ihrer überdrüssig zu sein. Erhabenheit ist Männlichkeit. Hohe Gesinnung ist Männlichkeit.
Männlichkeit ist Freisein von Kinderei, von Burschikosität und Feigheit. Ein mannhafter Mensch besitzt Eigenschaften wie Unerschrockenheit, Entschlossenheit. Jede Tugend, oder die höhere Stufe eines mannhaften Charakters beginnt in diesem - in Wahrheit und Sittsamkeit vor allen Mädchen; in Wahrheit und Erbarmen, in Wahrheit und Ehrfurcht zu allen Frauen.
"Mannhaft" bezieht sich auf alle Eigenschaften und Charakterzüge, nach denen ein Mann streben kann. Wir sprechen von mannhafter Entscheidung, mannhafter Liebenswürdigkeit und Nachgiebigkeit – wie Bestimmtheit, Mut, unerschrockenem Gemüt, gediegener Charakter, Vornehmheit und Würde.
Männlichkeit als hilfreiche Tugend
Auszug aus einem Vortrag von Sukadev Bretz
Was heißt Männlichkeit? Heutzutage ist das nicht mehr so klar wie früher. Früher, was man unter "männlich" verstanden hat, das hieß Tapferkeit, das hieß Kühnheit, das hieß Beharrlichkeit, das hieß Risikobereitschaft, das hieß auch Durchsetzungsvermögen usw. Das waren männliche Eigenschaften, das war Männlichkeit.
Und die weiblicheren Eigenschaften, das waren mehr Nachgiebigkeit, Vergebung, Hingabe, Einfühlungsvermögen, Liebe. Diese galten mehr als die weiblichen Eigenschaften, das ist Weiblichkeit. Auf eine gewisse Weise kann man auch sagen, archetypisch ist das auch heute noch so. Man sagt, das sind die männlicheren Eigenschaften, das sind die weiblicheren Eigenschaften.
Im Yoga sprechen wir übrigens weniger von männlich und weiblich, sondern wir sprechen von Surya, Sonne, und Chandra, Mond. Und Surya und Chandra sind beide männlichen Geschlechts, Sonnengott und Mondgott, und natürlich gibt es dann noch eine Mondgöttin und eine Sonnengöttin.
Die Sonnengöttin ist Savitri, und die Mondgöttin Chandra Devi. So ist Sonne und Mond jeweils männlich und weiblich interessanterweise. Es ist also weniger so wie im Westen, im Westen gab es ein klareres Rollenverständnis, was ist Männlichkeit und was ist Weiblichkeit.
Wenn ich jetzt also über Männlichkeit spreche, dort kann man als erstes darüber sprechen, die als männlich bezeichneten Eigenschaften, und bei Weiblichkeit, die als weiblich bezeichneten Eigenschaften. Und da ist es gut, dass man beide kultiviert.
Du brauchst mal Mut, du brauchst mal Kühnheit, du brauchst mal Durchsetzungsvermögen, auch mal Risikobereitschaft, Beharrlichkeit. Das wäre dann, du lebst deine Männlichkeit, egal, ob du Mann oder Frau bist.
Und manchmal ist es gut, die Weiblichkeit zu leben. Also, mehr das Gefühlsleben, mehr die Hingabe, mehr Liebe, Einfühlsamkeit, eine gewisse Spontanität, eine gewisse Nachgiebigkeit, eine gewisse Vergebung. Diese weiblichen Eigenschaften gilt es auch, zu kultivieren.
Und dann gibt es Situationen, da ist deine Männlichkeit wichtig, und andere Situationen, da ist deine Weiblichkeit wichtig. Das Prinzip von Männlichkeit und Weiblichkeit, das kann man auch auf Erkenntnis verwenden. Oft wird gesagt, dass Vernunft und Intellekt, das sind die männlichen Eigenschaften.
Intuition und Einfühlungsvermögen, das sind die weiblichen Erkenntnismittel. Oder auch, wie kommt man zu Erfolg? Der Mann macht es mit Durchsetzung und Kühnheit. Die Frau macht es mit Verbindungen knüpfen und mit Harmonie und mit Gemeinsamkeit.
Oder wie sorgt man dafür, dass es gemütlich wird? Der Mann sorgt für die Technik, der sorgt für das Dach über dem Kopf und Raum und dass der Bau gut ist. Und die Frau macht die Innenarchitektur und sie bemalt die Wände und sie macht einen schönen Teppich und die schönen Farben, dass die zusammenpassen usw.
Männlichkeit bei der Kleiderauswahl ist Funktionstüchtigkeit. Für die Frau ist es wichtiger, also Weiblichkeit wäre: "Passen die Farben? Fühlt es sich gut an? Wie harmoniert das miteinander?" Beides ist wichtig und beides hat sowohl Mann als auch Frau.
Und gerade im heutigen Rollenverständnis verschwimmt das ja auch. Auch Frauen stehen ihren Mann, und auch von dem Mann wird gefordert, weiblichere Eigenschaften zu haben. Und so ist eigentlich der schönere Ausdruck "Sonne und Mond" und was man im Westen als männlich bezeichnen würde, wären die Sonneneigenschaften, und was man im Westen als weiblich bezeichnen würde, wären die Mondeigenschaften.
Der Mensch hat Sonne und Mond, im Yoga ist der Sitz der Sonnenenergie der Bauch, Sonnengeflecht, und Sitz der Mondenergie ist die Stirn, Stirn, also Sitz der Intuition, auch drittes Auge. Und genauso auch rechter Energiekanal, Pingala Nadi, gilt als der Sonnen-Nadi, und der linke Energiekanal, Ida Nadi, linkes Nasenloch, gilt als Mond-Nadi.
Wiederum, die rechte Hirnhemisphäre gilt als etwas mehr dem Mond zugeordnet und die linke Hemisphäre mehr der Sonne zugeordnet. Und so heißt es auch, dass im Rhythmus des Lebens mal die Sonnen- und mal die Mond-Seite wichtig ist, was man im Westen als Männlichkeit und Weiblichkeit bezeichnen würde.
Und so kannst du öfters überlegen: "Was ist jetzt angemessener, soll ich jetzt meine männliche Seite leben oder meine weibliche Seite?" Und so kannst du bewusst leben und bekommst etwas mehr Freiheit. Yoga heißt ja auch Freiheit, Yoga ist das Gegenteil von automatisierten Reiz-Reaktionsketten.
Du kannst selbst bis zu einem gewissen Grad bestimmen, wie du auf etwas reagierst und wie du es gestaltest. Und dazu gehört auch, wie gehst du mit deiner Männlichkeit um, wie gehst du mit deiner Weiblichkeit um? Überlege selbst, denke etwas darüber nach.
Ich hoffe ja, dass ich mit diesen Vorträgen dich immer so ein bisschen zum Nachdenken bringe und dass du die ein oder andere Einsicht bekommst, die dir vielleicht hilft, dein Leben bewusster zu leben, dein Leben zu gestalten, aber auch manchmal loszulassen und mehr Liebe und Freude im Leben zu bekommen.
Männlichkeit und andere Tugenden
In diesem Yoga Wiki werden über 1000 Tugenden und geistigen Eigenschaften beschrieben. Hier einige Erläuterungen, wie man die Eigenschaft der Männlichkeit in Beziehung zu anderen Tugenden und geistigen Eigenschaften sowie in Bezug auf Laster sehen kann:
Ähnliche Eigenschaften wie Männlichkeit
Ähnliche Eigenschaften wie Männlichkeit, also Synonyme zu Männlichkeit sind z.B. Kühnheit, Mut, Tapferkeit.
Ausgleichende Eigenschaften
Jede Eigenschaft, jede Tugend, die übertrieben wird, wird zu einer Untugend, zu einem Laster, einer nicht hilfreichen Eigenschaft. Männlichkeit übertrieben kann ausarten z.B. in Wagemut, Überheblichkeit. Daher braucht Männlichkeit als Gegenpol die Kultivierung von Demut, Hingabe, Bescheidenheit.
Gegenteil von Männlichkeit
Zu jeder Eigenschaft gibt es ein Gegenteil. Hier Möglichkeiten für Gegenteil von Männlichkeit, Antonym zu Männlichkeit :
- Positive Gegenteile von Männlichkeit, man könnte diese auch als Gegenpole bezeichnen: Demut, Hingabe, Bescheidenheit
- Negative Gegenteile von Männlichkeit, also Laster, negative Eigenschaften, sind z.B. Feigheit, Angst, Antriebslosigkeit
Männlichkeit im Kontext von Tugendengruppen, Persönlichkeitsfaktoren und Temperamenten
- Männlichkeit gehört zur Tugendgruppe 9 Individualität, Originalität, Selbstbewusstsein. Die wichtigsten Tugenden dieser Tugendgruppe sind Individualität, Authentizität und Selbstbewusstsein
- Im Kontext des Persönlickeitsmodell der Big Five gehört Männlichkeit zum Persönlichkeitsfaktor N0 Neurotizismus/Labilität niedrig: selbstsicher, ruhig, stabil, entspannt
- Im Persönlichkeitsmodell DISG gehört Männlichkeit zur Grundverhaltenstendenz D - Dominanz, Durchsetzungsstärke
- Im Ayurveda zählt man Männlichkeit zum Pitta Temperament bzw. Dosha.
Vortragsmitschnitt zu Männlichkeit - Audio zum Anhören
Hier kannst du einen Vortrag von Sukadev Bretz, Gründer von Yoga Vidya, anhören. Dieser Vortrag ist die Audio Version eines Videos zu Männlichkeit, Teil des Yoga Vidya Multimedia Lexikons der Tugenden.
Siehe auch
- Tugend
- Raja Yoga
- Yoga Psychologie
- Meditation - Viele Infos und praktische Anleitungen
- Yoga Übungen
- Yogaschulen und Yoga Zentren
Eigenschaften im Alphabet vor Männlichkeit
Eigenschaften im Alphabet nach Männlichkeit
Seminare
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