Krankheit aus der Sicht des Raja Yoga

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Krankheit aus der Sicht des Raja Yoga Raja Yoga ist der Yoga der Geisteskontrolle, man könnte auch sagen, es ist der psychologische Yoga. Raja Yoga hat eine komplexe Sichtweise auf Krankheiten.

Krankheit aus der Sicht des Raja Yoga

Raja Yoga hat eine komplexe Sichtweise auf Krankheiten und sagt: „Die Psyche wirkt auf den Körper und der Körper wirkt auf die Psyche.“ Wir sind hier auf dieser Welt, um Erfahrungen zu machen – Krankheit ist eine solche Erfahrung und Aufgabe. Es gibt dort mehrere Aspekte, wie wir über Raja Yoga an Krankheiten herangehen können.

Krankheit als Erfahrung und Aufgabe

Man könnte überlegen:

• Welche Erfahrung wird durch diese Krankheit ermöglicht?

• Gibt es eine andere Art und Weise, wie ich diese Erfahrung erleben kann?

Beispiel: Jemand hat eine Erkältung.

Eine Erkältung heißt: „Jemand hustet dem Anderen etwas. Man hat die Nase voll, man ist benebelt.“ Das soll heißen, dass es irgendwie gilt, den Kontakt zur Außenwelt etwas zu reduzieren. So kann es bei einer Erkältung hilfreich sein, drei Tage lang Mauna zu halten (nicht zu sprechen) – vielleicht ganz bewusst Rückzug als die Lektion dieser Erkrankung zu lernen. Wenn die Erkältung nicht mit Fieber verbunden ist, könntest du auch schauen, welche Asanas dir auch diese Erfahrung des Rückzugs geben könnten. Vielleicht ist es die Vorwärtsbeuge, die du eine halbe Stunde lang halten kannst, vielleicht ist es die Stellung des Kindes. Vielleicht könntest du die Asanas vor allem im Dunklen und besonders angenehm machen. Eventuell will dich die Erkältung aber auch aus einem Stress hinausziehen, um dir etwas Ruhe zu geben. Dann könntest du sagen: „Ich will mehr meditieren und entspannen“, natürlich sofern das mit Husten und Heiserkeit geht.

Oder: Angenommen, jemand hat Rückenbeschwerden.

Man kann natürlich einiges aus dem Hatha Yoga machen. Man kann auch überlegen, in welcher Stresssituation ich war, als ich diese Rückenbeschwerden bekommen habe. Gibt es darin irgendeine Lektion? Raja Yoga könnte natürlich jetzt auch noch überlegen, wie man das mit Affirmationen oder Visualisierungen angehen kann. Und Raja Yoga könnte schauen, welche Asanas mir diese Erfahrungen geben könnten, die mir jetzt durch diese Rückenschmerzen zugefügt wurden.

Krankheit hat den Sinn, einem bestimmte Erfahrungen zu geben. Dann kann ich schauen, wie man diese Erfahrungen unterstützen, sie bewusst erleben kann. Sei es, indem man sich dieser Sache bewusst stellt, sei es, dass man sie verstärkt durch bestimmte Asanas und durch Atemübungen, die in einer bestimmten Art und Weise ausgeführt werden. So gibt es Asanas, die einen mehr zur Ruhe führen, es gibt Asanas, die einen mehr öffnen. Es gibt solche, die ein Ausdruck von Ohnmacht sind und andere, die einem helfen, weiter zu werden. Nicht immer ist es so ganz einfach, denn manchmal gilt es, die Erfahrung, die einem die Krankheit gibt, vermehrt zu erleben (sie also zu verstärken), manchmal ist es aber auch angemessen, dort herauszukommen.

Ein Beispiel: Jemand stand vor einer großen Aufgabe und immer, wenn er gerade vor einem großen Durchbruch ist, macht er etwas, um sich selbst zu torpedieren. Das kann man machen, indem man plötzlich einen Konflikt mit anderen Menschen sucht, oder indem man sich überflüssigerweise über irgendetwas aufregt, oder man kann es machen, indem man eine Erkrankung bekommt. Hier könnte man nun auch überlegen: „Jetzt mache ich mich wieder kleiner, blockiere mich selbst – ich sollte statt dessen majestätisch sein, mein Herz öffnen und weit sein.“ Das wiederum könntest du z.B. erreichen durch Anjaneyasana (insbesondere den Halbmond mit Armen oben), durch Rückbeugen, mit dem Rad oder mit einer anderen Asana (die mit der Erkrankung natürlich möglich ist) und dir diese Öffnung verschafft.

Affirmationen und Visualisierungen, Suggestion und Selbsthypnose

Dies sind weitere Aspekte des Raja Yoga. Der Geist wirkt auf den Körper. Du kannst mit Affirmationen und Visualisierungen vieles tun. In der Medizin ist bekannt, dass der Placebo-Effekt 20-80 % der Heilwirkung ausmacht, nicht nur bei naturheilkundlichen Mitteln, sondern auch bei schulmedizinischen und sogar auch bei Operationen. Es gab z.B. bei Schultern und Knien sogenannte Scheinoperationen, die man durchgeführt hat, die bei vielen Beschwerden genau so wirksam waren, wie normale Operationen. Man müsste also nur lernen, diesen Placebo-Effekt auch auf andere Weise auszulösen. Selbst wenn Schulmediziner z.T. über Homöopathie schimpfen und sagen, es sei alles nur Placebo, könnte man sagen: „Vielleicht ist die Homöopathie ein ausgezeichnetes Instrument, um Placebo-Effekte durchzuführen.“ Ich persönlich glaube allerdings, dass Homöopathie mehr Wirkungen hat, weil es sehr oft auch bei Tieren wirkt. Ob das allein der Glaube des Tierhalters ist, der auf das Tier überspringt – ich weiß es nicht. Aber selbst wenn es so wäre, wäre es ein geniales System, denn eine Heilwirkung gibt es. Ich kenne viele Menschen, die mir so viele Wirkungen von Homöopathie erzählt haben. Im Raja Yoga könnte man das einfach bewusst machen und man kann sich zusätzlich Affirmationen und Visualisierungen geben.

Kleshas-Ursachen allen leides

Weiterhin werden im Raja Yoga die sogenannten Kleshas (die Ursachen allen Leidens) beschrieben.

Dies beginnt mit dem Vergessen, wer man wirklich ist und geht weiter mit Identifikation, Wünschen, Abneigungen, schweren Emotionen wie Ärger, Angst, Depressivität usw. Dies wiederum kann dann auch zum Krankheitsgeschehen beitragen. Auch schulmedizinisch ist bekannt, dass bestimmte psychische Konstellationen eine große Rolle spielen bei manchen Allergien, bei Asthma und Bluthochdruck, bei manchen Herz- und Autoimmunerkrankungen und mehr. In diesem Sinne kann Raja Yoga einem zeigen, wo all diese Probleme beginnen und einem dann Möglichkeiten geben, die Identifikation zu überwinden, das Selbstbild anders zu gestalten, über Mögen und Nicht-Mögen hinauszuwachsen – sich zu dem zu begeben, der man wirklich ist.

Samyama

Ein weiterer Aspekt des Raja Yoga (und hier sehen wir: Raja Yoga hat so viel anzubieten bei Erkrankungen) ist Samyama - Liebevolle Achtsamkeit auf etwas.

Es gibt z.B. die Aussage „Liebevolle Achtsamkeit auf den Bauch / die Nabelgegend gibt ein intuitives Verständnis über das, was der Körper braucht.“ Jetzt kann man sagen, dass jeder, der mit Krankheit zu tun hat (Ärzte, Physiotherapeuten, Eltern – eigentlich jeder Mensch) sollte sich öfters auf seine Nabelgegend konzentrieren und spürt dann, was er oder sie selbst braucht. Man kann sich auch auf den Nabel des anderen konzentrieren und das kann Intuition geben, dass man spürt, was für den Anderen gut ist.

Oder es gibt die Aussage „Konzentriere dich auf dein Herz.“ Über die Konzentration auf dein Herz verstehst du deine Psyche und was sie braucht. Konzentrierst du dich auf das Herz eines anderen, dann spürst du, was er oder sie in seiner / ihrer Psyche braucht.

Oder: Wenn jemand getrieben oder unruhig ist - „Konzentriere dich auf die Kehle“ oder „Konzentriere dich auf die Wirbelsäule.“ Konzentration auf die Kehle führt zur Überwindung von Gier und Getriebenheit, Konzentration auf die Wirbelsäule führt zu Ruhe und Festigkeit.

Genauso kann man sich auf ein Licht oberhalb es Scheitels konzentrieren. Manchmal werden Menschen vermehrt krank, wenn die Inspiration schwindet, das Aufgehobensein in einer höheren Wirklichkeit nicht mehr so da ist. Wenn man sich auf ein Licht oberhalb des Scheitels konzentriert, dann spürt man plötzlich eine Inspiration und versteht Dinge besser.

Kriya Yoga

Dann gibt es noch etwas Weiteres im Sinne des zweiten Kapitels des Yoga Sutra - das sogenannte Kriya Yoga. Dieser gibt auch Tipps zum Umgang mit Erkrankungen:

Svadhyaya (Selbststudium)

Tapas (etwas tun)

Ishwara Pranidhana (Loslassen)

Wenn also eine Erkrankung da ist, dann kann man erst einmal überlegen, was die Krankheit ist und was sie will. Man kann logisch nachvollziehen, im Internet surfen, Ärzte und Heilpraktiker fragen usw. Man kann (im Sinne einer Achtsamkeitstechnik) die Krankheit auch beobachten, ohne sich damit zu identifizieren und lernen, das ganze etwas gelassener zu sehen. Dann kann man etwas tun (Tapas): Asana, Pranayama, Tiefenentspannung, naturheilkundliche Methoden, Fastenkuren, Ernährung, Kriyas, Medikamente nehmen, Operationen bekommen, Physiotherapie, Massagen usw. Und wenn nichts hilft: Loslassen – Ishwara Pranidhana üben, auf Gott vertrauen.

So gibt Raja Yoga also eine Menge Tipps zum Umgang mit Erkrankungen. Man könnte auch mit diesen verschiedenen Raja Yoga Thematiken jede Erkrankung durchgehen, um dann etwas zu finden, was einem hilft:

• Asana, Pranayama, Meditation üben

• mit der Kraft des Geistes üben

• den Sinn der Erkrankung erspüren

• sich nicht damit identifizieren

Manchmal ist es eine Schwierigkeit, Menschen denken: „Wenn sie krank sind, dann haben sie irgendetwas falsch gemacht.“ Dies ist unter Yoga Übenden gar nicht einmal so selten. Eine Krankheit wird als Niederlage, bei Yoga-Lehrenden sogar als Kränkung erlebt – ein Yogalehrer sollte nicht krank sein! Wenn doch, dann hat er etwas falsch gemacht. Damit setzt man sich nur noch mehr unter Stress. Es ist gut, auf einen höheren Sinn der Erkrankung zu vertrauen und davon auszugehen, dass sie für irgendetwas da sein mag. Man kann letztlich auch sagen: „Der Körper ist sterblich, der Körper schafft Probleme – es gilt, sich nicht zu sehr damit zu identifizieren.“ Wir können aber die Kraft des Geistes einsetzen, einiges zu tun und dabei helfen die Raja Yoga Techniken.

Raja Yoga kann auch bei chronischen Schmerzen sehr hilfreich sein. Zum Einen kann man bei chronischen Schmerzen oft mit Suggestionen arbeiten. Man kann auch mit Selbsthypnose arbeiten, indem man sich vorstellt, man sei irgendwo ganz anders. Man kann auch mit Achtsamkeitstechniken beobachten, ohne sich damit zu identifizieren und man kann manchmal durch den Schmerz hindurch gehen. So kann man mit der Kraft des Geistes auch Jucken und vieles andere überwinden. Damit können wir uns auch dazu bringen, die Lebensstilveränderungen einzuleiten, die hilfreich und notwendig sind.


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Siehe auch

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