Absichtslosigkeit
Absichtslosigkeit ist im Yoga die Bezeichnung eines Gemütszustandes ohne Absichten, ohne Erwartungen, ohne Wünsche. Absichtslosigkeit ist ein Grundprinzip des Karma Yoga, des uneigennützigen Dienens.
Absichtslosigkeit ist insbesondere ein wichtiges Prinzip in der Achtsamkeitsmeditation sowie bei allen anderen Achtsamkeitspraktiken: In Absichtslosigkeit, ohne konkrete Erwartungen, ohne etwas zu beurteilen, übt man etwas und beobachtet. Man akzeptiert alles, reagiert nicht und ist offen für alles, was kommt.
Absichtslosigkeit - eine Tugend. Was ist die Bedeutung des Begriffs Absichtslosigkeit? Was will man mit diesem Wort sagen? Wozu ist Absichtslosigkeit ein wichtiges Persönlichkeitsmerkmal, vielleicht gar eine Tugend? Welche weiteren Persönlichkeitsmerkmale stehen in Verbindung mit Absichtslosigkeit?
Absichtslosigkeit als hilfreiche Tugend
Aus einem Vortrag von Sukadev Bretz
Absichtslosigkeit ist ein wichtiges spirituelles Prinzip, insbesondere als einer der Pole von spirituellen Prinzipien. Absichtslosigkeit heißt, keine Absicht zu haben, das ist das Gegenteil von Zielorientiertheit. Absichtslosigkeit ist ein wichtiges Prinzip, Zielorientiertheit auch, mal ist das eine wichtig, mal das andere und häufig auch beides.
Absichtslosigkeit heißt insbesondere, dass du keine persönliche Absicht hast. Du kannst sagen: "Ich möchte Gott dienen." Du könntest sagen: "Das ist meine Absicht. Aber außerhalb des Wunsches, Gott zu dienen, habe ich keine weiteren Absichten mehr. Ich will nicht herauskriegen, was ich selbst will oder nicht will, ich will herauskriegen, was Gott von mir will und ich will dann das umsetzen, was Gott von mir will."
In diesem Sinne ist Absichtslosigkeit das Loslösen von persönlichen Absichten, von persönlichen Mögen und Nicht-Mögen, von persönlichen Wünschen. Es ist wichtig, dass du dich löst von dem, was du denkst, was du willst. Du kannst sagen: "Wieso ist das wichtig?"
Vom spirituellen Standpunkt aus ist es wichtig, wenn du immer tust, was du gerne willst und hättest, dann bleibst du im Ego gefangen. Wenn du aber weniger fragst, "was will ich", sondern "was will Gott von mir", dann erreichst du die Vollkommenheit.
So sagt es auch Patanjali im dritten Kapitel des Yoga Sutra. Dort sagt Patanjali: "Durch Samyama auf die Interessen des Selbst und nicht auf die Interessen des Individuums kommt zum einen Wissen über die Aufgaben und schließlich Samadhi, Überbewusstsein."
Solange du überlegst, "was will ich,- ich persönlich", solange bleibst du in der Dualität und im kleinen Ego und wirst nicht glücklich. Wenn du aber überlegst, "was will ich in der Tiefe meines Wesens, was will das höhere Selbst, was will das Göttliche", dann findest du es auch heraus und dann handelst du nicht aus egoistischen Motiven und Absichten, sondern als Diener Gottes.
In diesem Sinne kannst du auch manchmal zum Schluss kommen: "Gott gibt mir diese Aufgabe". Deshalb hast du vielleicht bestimmte Anliegen und bestimmte Ziele, aber es sind nicht deine Ziele, sondern es sind die Ziele und Anliegen, die dir Gott gegeben hat.
Und jetzt gilt es, umsichtig dich zu verhalten, um das umzusetzen. Es sind nicht deine persönlichen Absichten, sondern es sind die Aufgaben, die du denkst, dass Gott sie dir gegeben hat. Natürlich, selbst dort brauchst du eine gewisse Absichtslosigkeit und die Fähigkeit, loszulassen, denn als Mensch bist du dem Irrtum unterworfen.
Wenn du denkst, dass Gott dir das gegeben hat, heißt das noch lange nicht, dass es Gott gegeben hat. Du musst weiter nach ethischen Gesichtspunkten überlegen und du musst immer wieder beten und darum bitten, dass du geführt wirst. Sei dir deshalb auch nicht zu sicher, dass Gott dir diese Aufgabe gegeben hat, auch dort gilt es, Demut zu haben, Gebet zu üben und immer wieder auch zu fragen.
Nicht dauernd zu fragen, manchmal bist du dir sicher und jetzt sorge dafür, dass du es umsetzt. Aber auch im Umsetzen, halte dich an ethische Prinzipien. Das waren so einige Gedanken zu Absichtslosigkeit, vielleicht war es mehr ein Vortrag über Hingabe an Gott und Loslassen und insbesondere über Karma Yoga vom Bhakti Yoga Standpunkt aus.
Absichtslosigkeit - Antonyme und Synonyme
Persönlichkeitsmerkmale und Tugenden versteht man am besten in ihrer Beziehung zueinander. Hier einige Hinweise, wie man Absichtslosigkeit in Beziehung zu anderen Fähigkeiten und Verhaltensweisen sowie in Bezug auf Laster sehen kann:
Ähnliche Eigenschaften wie Absichtslosigkeit - Synonyme
Ähnliche Eigenschaften wie Absichtslosigkeit, also Synonyme zu Absichtslosigkeit sind z.B. Bedingungslosigkeit, Offenheit, Spontanität.
Ausgleichende Eigenschaften
Jede Eigenschaft, jede Tugend, die übertrieben wird, wird zu einer Untugend, zu einem Laster, einer nicht hilfreichen Eigenschaft. Absichtslosigkeit übertrieben kann ausarten z.B. in Orientierungslosigkeit, Verlorenheit, Ziellosigkeit. Daher braucht Absichtslosigkeit als Gegenpol die Kultivierung von Zielorientiertheit, Zentrierung, Zuverlässigkeit.
Gegenteil von Absichtslosigkeit - Antonyme
Zu jeder Eigenschaft gibt es ein Gegenteil. Hier Möglichkeiten für Gegenteil von Absichtslosigkeit, Antonyme zu Absichtslosigkeit :
- Positive Gegenteile von Absichtslosigkeit, man könnte diese auch als Gegenpole bezeichnen: Zielorientiertheit, Zentrierung, Zuverlässigkeit
- Negative Gegenteile von Absichtslosigkeit, also Laster, negative Eigenschaften, sind z.B. Verurteilung,
Absichtslosigkeit Antonyme
Antonyme Absichtslosigkeit sind z.B. Zielorientiertheit, Zentrierung, Zuverlässigkeit, Verurteilung, Beurteilung, Borniertheit.
Absichtslosigkeit und die großen Temperamentgruppen
- Absichtslosigkeit gehört zur Tugendgruppe 6 Gelassenheit, Ruhe. Die wichtigsten Tugenden dieser Tugendgruppe sind Gelassenheit und Ausgeglichenheit
- Im Kontext des Persönlickeitsmodell der Big Five gehört Absichtslosigkeit zum Persönlichkeitsfaktor O1 Offenheit hoch: neugierig, erfinderisch, experimentierfreudig
- Im Persönlichkeitsmodell DISG gehört Absichtslosigkeit zur Grundverhaltenstendenz I - Initiative, Extravertiertheit, Enthusiasmus
- Im Ayurveda zählt man Absichtslosigkeit zum Vata Temperament bzw. Dosha.
Kultivierung von Absichtslosigkeit
Absichtslosigkeit kann man sehen als Tugend, als eine positive Eigenschaft. Vielleicht willst du ja Absichtslosigkeit kultivieren. Hierzu einige Tipps:
- Nimm dir vor, eine Woche lang diese Eigenschaft der Absichtslosigkeit zu kultivieren. Vielleicht kannst du nicht alle guten Eigenschaften auf einmal kultivieren. Aber es ist möglich, innerhalb einer Woche oder innerhalb eines Monats eine Tugend, eine Eigenschaft, stark werden zu lassen.
- Triff den Entschluss: "Während der nächsten Woche will ich die Tugend, die Eigenschaft, Absichtslosigkeit kultivieren, wachsen lassen, stärker werden lassen. Ich freue mich darauf, in einer Woche ein absichtsloserer Mensch zu sein."
- Mache jeden Tag wirklich etwas, was du sonst nicht tun würdest und das Absichtslosigkeit ausdrückt. Tue jeden Tag etwas, was du sonst nicht tun würdest, was aber diese Tugend zum Ausdruck bringt.
- Wenn du morgens aufwachst, dann sage eine Affirmation, z.B.: "Ich entwickle Absichtslosigkeit."
- Am Tag wiederhole immer wieder eine Autosuggestion, Affirmation wie z.B.: Ich bin absichtslos."
Affirmationen zum Thema Absichtslosigkeit
Hier einige Affirmationen für mehr Absichtslosigkeit. Unter dem Stichwort "Affirmation" und "Wunderaffirmationen" erfährst du mehr zu Funktion und Wirkungsweise von Affirmationen. Nicht alle unten aufgeführten Affirmationen passen - nutze diejenigen, die für dich stimmig erscheinen.
Klassische Autosuggestion für Absichtslosigkeit
Hier die klassische Autosuggestion:
- Ich bin absichtslos.
Im Yoga verbindet man das gerne mit einem Mantra. Denn ein Mantra lässt die Affirmation stärker werden:
- Ich bin absichtslos. Om Om Om.
- Ich bin ein Absichtsloser, eine Absichtslose OM.
Entwicklungsbezogene Affirmation für Absichtslosigkeit
Manche Menschen fühlen sich als Scheinheiliger oder als Heuchler, wenn sie sagen "Ich bin absichtslos " - und sie sind es gar nicht. Dann hilft eine entwicklungsbezogene Affirmation:
- Ich entwickle Absichtslosigkeit.
- Ich werde absichtslos.
- Jeden Tag werde ich absichtsloser.
- Durch die Gnade Gottes entwickle ich jeden Tag mehr Absichtslosigkeit.
Dankesaffirmation für Absichtslosigkeit
- Ich danke dafür, dass ich jeden Tag absichtsloser werde.
Wunderaffirmationen Absichtslosigkeit
Du kannst es auch mit folgenden Affirmationen probieren:
- Bis jetzt bin ich noch nicht sehr absichtslos. Und das ist auch ganz verständlich, ich habe gute Gründe dafür. Aber schon bald werde ich Absichtslosigkeit entwickeln. Jeden Tag wird diese Tugend in mir stärker werden.
- Ich freue mich darauf, bald sehr absichtslos zu sein.
- Ich bin jemand, der absichtslos ist.
Gebet für Absichtslosigkeit
Auch ein Gebet ist ein machtvolles Mittel, um eine Tugend zu kultivieren. Hier ein paar Möglichkeiten für Gebete für mehr Absichtslosigkeit:
- Lieber Gott, bitte gib mir mehr Absichtslosigkeit.
- Oh Gott, ich verehre dich. Ich bitte dich darum, dass ich ein absichtsloser Mensch werde.
- Liebe Göttliche Mutter, ich danke dir. Ich danke dir dafür, dass ich jeden Tag die Tugend Absichtslosigkeit mehr und mehr zum Ausdruck bringe.
Frage dich: Was müsste ich tun, um Absichtslosigkeit zu entwickeln?
Du kannst dich auch fragen:
- Was müsste ich tun, um Absichtslosigkeit zu entwickeln?
- Wie könnte ich absichtslos werden?
- Lieber Gott, bitte zeige mir den Weg zu mehr Absichtslosigkeit.
- Angenommen, ich will absichtslos sein, wie würde ich das tun?
- Angenommen, ich wäre absichtslos, wie würde sich das bemerkbar machen?
- Angenommen, ein Wunder würde geschehen, und ich hätte morgen Absichtslosigkeit kultiviert, was hätte sich geändert? Wie würde ich fühlen? Wie würde ich denken? Wie würde ich handeln? Als absichtsloser Mensch, wie würde ich reagieren, mit anderen kommunizieren?
Siehe auch
Eigenschaften im Alphabet vor Absichtslosigkeit
Eigenschaften im Alphabet nach Absichtslosigkeit
Literatur
- Kurt A. Richter: Sich ändern-statt ärgern-Vom Umgang mit turbulenten Gefühlen
- Eckhart Tolle: Jetzt! Die Kraft des Jetzt.
- Swami Sivananda: Göttliche Erkenntnis
- Swami Sivananda: Inspirierende Geschichten
- Swami Sivananda, Die Kraft der Gedanken (2012)
- Swami Sivananda: Sadhana - Ein Lehrbuch mit Techniken zur spirituellen Vollkommenheit
- Swami Sivananda: Licht, Kraft und Weisheit
- Swami Sivananda: Japa Yoga
- Swami Sivananda: Die Wissenschaft des Pranayama
- Swami Sivananda: Die Überwindung der Furcht
- Swami Sivananda: Vedanta für Anfänger
- Swami Sivananda: Japa Yoga
- Swami Sivananda: Göttliches Elixier
- Swami Sivananda: Götter und Göttinnen im Hinduismus
Weblinks
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