Lebenseinstellung

Aus Yogawiki

Lebenseinstellung ist die Einstellung, die du deinem Leben gegenüber hast. Der nachfolgende Artikel hebt hervor, wie wichtig es ist, eine spirituelle Lebenseinstellung zu pflegen, sein Leben als Lernaufgabe zu sehen, das einem von Karma und Schicksal vorgegeben werden. Die spirituelle Lebenseinstellung hilft dir auch, deinem Leben Sinn zu geben und ein klare Ziel zu verfolgen: Brahman.

Buddhistische Gelassenheit

Es gilt dabei, durch das Schauspiel von Maya und durch das Leiden hindurch zu gehen, um am Ende bereit zu sein für die Gnade Gottes und die letztendliche Befreiung. Ein wichtiger Aspekt der spirituellen Lebenseinstellung ist die spirituelle Praxis, Sadhana, die man als Bemühung Gott entgegenbringt und so um seine Gnade bittet.

Gelassenheit durch spirituelle Lebenseinstellung – die 7 Konzepte spiritueller Lebensphilosophie

Niederschrift eines Podcasts (2014) von Sukadev <html5media>https://sukadev.podspot.de/files/09_die-7-worte-spiritueller-philosophie.mp3</html5media>

Spirituelle Lebenseinstellung ist vermutlich die tiefste Weise gelassen im Alltag zu sein. Was ist eine spirituelle Lebenseinstellung? Und was heißt überhaupt Spiritualität? Ich fasse gerne Spiritualität in 7 Worten zusammen. Ich nenne das auch die 7 Worte spiritueller Philosophie. Eine spirituelle Lebenseinstellung gibt dem Leben einen tieferen Sinn. Und vor dem Hintergrund eines tieferen spirituellen Sinns kannst du alles im Leben in einem anderen Licht sehen und deshalb gelassen sein. Die 7 Worte sind: Brahman – das Absolute, eine höhere Wirklichkeit, das Göttliche. 2. Maya – die Illusion, die Täuschung, 3. Dukha – essentielles Leiden, 4. Moksha – die Befreiung, 5. Sadhana – spirituelle Praxis, 6. Karma – in diesem Kontext, das Leben als eine Schule und 7. Kripa – die Gnade Gottes.

Was heißt das genauer? Brahman heißt, dass es eine höhere Wirklichkeit gibt. Alles, was du siehst, alles was du erlebst, alles was ist, ist auch Ausdruck einer höheren Wirklichkeit. Das Konzept von Brahman, das man auch als das Göttliche, das Nominose bezeichnen kann, sagt: was du siehst, ist nicht so, wie es aussieht, sondern alles ist Teil einer höheren Wirklichkeit. Maya heißt Täuschung, Illusion. Es drückt aus: was du wahrnimmst, nicht so ist wie du es wahrnimmst. Das Leben ist nicht so wie du es wahrnimmst. Letztlichist auch das Universum nicht so wie du es wahrnimmst. Die Welt der Namen und Formen ist nicht so wie du sie wahrnimmst. Insbesondere sagt Maya, dass du die Welt in der Dualität siehst. Du siehst dich selbst getrennt von anderen Menschen. Du siehst dich getrennt von der Erde. Du siehst dich getrennt von der höheren Wirklichkeit. Du nimmst vieles wahr, und es ist nicht so wie du es wahrnimmst. Konsequenz ist Dukha, Leiden.

In diesem Kontext heißt Dukha existenzielles oder essentielles Leiden. Dukha ist nicht deshalb, weil du nicht das bekommst, was du brauchst, weil Menschen sich nicht so verhalten, wie du es gerne hättest, weil dein Chef nicht so ist, wie du es gerne hättest, weil dein Vermieter nicht freundlich genug ist. Dukha ist auch nicht deshalb, weil du nicht gut genug bist, sondern Dukha (Leiden) kommt daher, weil du Brahman nicht wahrnimmst. Weil du in Maya bist und dich in der Welt der Dualität befindest.

Man kann sagen, dass Moksha die frohe Botschaft ist. Moksha, auch Kaivalya genannt oder Erleuchtung, besagt, das es möglich ist, Brahman wahrzunehmen. Es ist möglich, das Höchste zu verwirklichen. Es ist möglich, die höhere Wirklichkeit zu erfahren. Das ist eben auch das, was eine spirituelle Lebenseinstellung auszeichnet. Spiritualität kann mit Religiösität verbunden sein, muss es aber auch nicht. Man kann gläubig sein und spirituell, man kann gläubig sein und nicht wirklich spirituell, man kann spirituell sein, ohne gläubig zu sein.

Was verstehe ich darunter? Ein religiöser Mensch kann annehmen, wenn er sich nur richtig verhält, wird er nach dem Tod die Erlösung erfahren. In diesem Leben erfährt er sie zwar nicht, aber er hat Vertrauen, am Ende seines Lebens erlöst zu werden. Ein spiritueller Mensch will nicht so lange warten. Ein spiritueller Mensch will in diesem Leben das Göttliche erfahren, will in diesem Leben das Göttliche verwirklichen. Spiritualität kann im Kontext einer spezifischen Religion stattfinden, muss es aber nicht. Ein spiritueller Mensch geht davon aus, es ist möglich, das Transzendente, das Göttliche zu erfahren, wie auch immer man es ausdrücken will.

Wie kannst du jetzt dieses Göttliche, dieses Transzendente, erfahren? Dazu gibt es drei Dinge. Das sind die nächsten drei Worte. 1. Sadhana – spirituelle Praxis, das heißt, du kannst selbst etwas tun. 2. Karma – was auch immer kommt, ist etwas, was dir weiter hilft auf dem spirituellen Weg und 3. Gripa – es gibt die Gnade Gottes. Sadhana, die eigene spirituelle Praxis, heißt, dass du selbst etwas dafür tun kannst, um dich spirituell weiter zu entwickeln. Du kannst vor diesem Hintergrund, dass Moksha dich letztlich glücklich macht, spirituelle Praktiken üben und du kannst darauf vertrauen, langfristig werden sie dich zur höchsten Befreiung führen. Du weißt, dass es eine Weile dauern wird und du nicht alles gleich erreichen wirst können. Aber es ist wichtig, dass du eine spirituelle Praxis hast. Und indem du jeden Tag eine spirituelle Praxis übst, kommst du der Gelassenheit immer näher.

Welche Lebenseinstellung hast du? Ist das Glas Wasser halb voll oder halb leer?

Du kannst auch darauf vertrauen, dass du, wenn du jeden Tag meditierst, jeden Tag vielleicht Asanas und Pranayama übst, oder andere spirituelle Praktiken machst, dann werden diese spirituellen Praktiken dich langfristig zur Erfahrung von Brahman und damit zur Erleuchtung und zur Befreiung führen. Schon allein die Tatsache, dass du täglich Sadhana übst und dein Leben auf ein höheres Ziel ausrichtest, kann dir Gelassenheit geben. Du hast das große Vertrauen, dass irgendwann die Erleuchtung kommt, dass du irgendwann die höhere Wirklichkeit erfahren wirst. Daher übe jeden Tag Meditation und vertraue darauf, dass du langfristig Moksha erlangen wirst.

Das sechste Wort, Karma, hat so viele verschiedene Bedeutungen. Hier in diesem Kontext heißt Karma, die Einstellung, dass das Leben eine Schule ist. Das alles was kommt, darauf ausgerichtet ist, dass du zur höchsten Verwirklichung kommst. So hat das Leben einen höheren Sinn. Karma heißt also konkret, dass du davon ausgehen kannst, dass, was auch immer geschieht, es dich auf dem spirituellen Weg weiterbringen wird.

Wenn also z. B. dein Chef mit dir schimpft und du deshalb genervt bist, kannst du davon ausgehen, dass dein Chef nicht mit dir schimpft, weil er ein böser Chef ist, nur weil du etwas falsch gemacht hast, sondern damit du die Erfahrung machst, dass ein Chef mit dir schimpft. Und durch diese Erfahrung, dass der Chef mit dir schimpft, hast du eine Lernaufgabe, an der du wachsen kannst. Du weißt zwar zunächst nicht, was die genaue Aufgabe ist, vielleicht ist die Aufgabe, dass du Demut übst, vielleicht ist die Aufgabe, dass du die Kritik annimmst, vielleicht ist die Aufgabe, dass du Feedback gelassener annimmst, vielleicht ist die Aufgabe, dass du dich auch mal zur Wehr setzt. Was auch immer deine Aufgabe dabei ist, ist zunächst noch nicht klar. Das musst du dich fragen, aber du gehst davon aus, was auch immer geschieht, es geschieht nur, damit du daran wächst.

Oder angenommen, du kommst zum Parkplatz und stellst fest, dass dein Auto eine Delle hat. Warum ist das so? Du kannst dich dann furchtbar drüber aufregen oder aber du kannst sagen, die Delle ist deshalb gekommen, dass ich daran wachse. Vielleicht hast du dich zu sehr ans Auto verhaftet und so ist es gut, dass jemand dein Auto anfährt, damit du etwas Verhaftungslosigkeit lernst. Vielleicht hast du dich vor kurzem darüber beschwert, dass andere ihr Auto mit einer Delle durch die Gegend fahren, anstatt das reparieren zu lassen. Und vielleicht hast du jetzt nicht das Geld, es selbst reparieren zu lassen. Vielleicht ist sogar das Auto so sehr beschädigt, dass du gar nicht weiterfahren kannst. Vielleicht ist dann deine Aufgabe, dich mit der Polizei auseinanderzusetzen. Dann kann es sein, dass du deswegen einen Termin nich schaffst, den du dir eigentlich vorgenommen hast. Dann setzt du dich mit Versicherungen auseinander usw. Eine Grundeinstellung von Karma ist, dass, was auch immer geschieht, du daran wächst.

Der siebente Ausdruck ist "Gripa". Gripa bedeutet Gnade. Das Konzept von Gnade besagt, dass du nicht alles in deiner eigenen Hand hast. Du musst dich nicht unter Leistungsdruck setzen. Noch nicht mal für die spirituelle Praxis, denn du gehst davon aus, dass Gott dir langfristig helfen wird, zur höchsten Verwirklichung zu kommen. Du weißt nicht genau, wann es geschieht. Du kannst einiges dafür tun: über Sadhana, über eine spirituelle Lebenseinstellung und indem du dein Karma, dein Schicksal annimmst, aber letztlich ist nicht alles in deiner Hand. Du kannst loslassen und vertrauen.

Ich will nochmal durch diese 7 Eigenschaften des Aspiranten hindurchgehen, weil da noch einige weitere Konzepte dabei sind. Das Konzept von Brahman besagt ja, dass es eine höhere Wirklichkeit gibt. Das Konzept von Brahman kann dir allein schon Gelassenheit geben. Brahman heißt letztlich, es gibt eine unendliche Wirklichkeit. Diese unendliche Wirklichkeit drückt sich aus, als Sat, Chid und Ananda. "Sat" bedeutet unendliches Sein, "Chit" – unendliches Wissen, "Ananda" – Freude. Und dieses ist letztlich alles hinter dem Universum. Es ist schwierig, über Brahman zu sprechen, denn Brahman ist jenseits aller geistigen Konzepte. Brahman ist erfahrbar. Brahman heißt aber auch die ganze Welt, wie wir sie wahrnehmen, ist ein Traum, Maya.

Man kann auch so sagen, die ganze Welt ist wie ein Schauspiel. Deshalb brauchst du dich über die Dinge im Leben nicht so sehr aufzuregen, denn hinter allem steckt die eine unendliche Wirklichkeit. Und du kannst diese Wirklichkeit auch vorübergehend erfahren. Du musst nicht warten, um die höchste Wirklichkeit zu erfahren, bis du irgendwann erleuchtet bist. Das Konzept von Brahman sagt auch, in jedem Moment kannst du einen Moment inne halten und das Göttliche erfahren. Zum Beispiel kannst du jetzt einen Moment inne halten, du kannst jetzt einen Moment in dein Herz hinein gehen. Du kannst jetzt einen Moment in dich hinein spüren und in dir spürst du, tief im Herzen Ananda, Freude.

Tief in dir selbst spürst du einen Ort der jenseits aller Gedanken ist. Tief in dir spürst du, dass dort Verbundenheit ist. Oder du schaust in den Himmel, und einen Moment lang schaust du zum Himmel, einen Moment lang spürst du vom Herzen den Himmel. Einen Moment lang spürst du auch im Himmel, dass er Ausdruck einer höheren Wirklichkeit ist. Wenn du das ein paar Mal erfahren hast, dann kannst du auch weitergehen. Du kannst dann auch in jedem Menschen etwas spüren. Wenn du dich über einen Menschen aufregst, kannst du einen Moment inne halten, tief im Inneren ist jeder Mensch göttlich, auch der Mensch, über den du dich gerade aufregst. Auch dieser ist tief im Inneren göttlich. Er ist Ausdruck von Brahman, einer höheren Wirklichkeit. Tief im Inneren seid ihr miteinander verbunden.

Auch der zweite Ausdruck Maya kann dir helfen. Maya heißt das Bewusstsein, letztlich ist alles eine Täuschung. Angenommen, du schaust diese Welt an, und dass es überhaupt eine Welt gibt, ist schon mal eine Täuschung. Du kannst es auch als Schauspiel bezeichnen, du kannst es als Traum bezeichnen, du könntest es als Film bezeichnen. Die Welt, wie du sie wahrnimmst, ist nicht wirklich. Du kannst sie als göttliches Spiel ansehen. Und in diesem Sinne kannst du es auch humorvoll nehmen. Du brauchst die Welt nicht so ernst zu nehmen. Im Konzept von Maya ist auch enthalten, das alles was einen Anfang hat, auch ein Ende hat. Alles in Maya hat irgendwann ein Ende. Wenn du das weißt, kannst du das, was ist, annehmen, akzeptieren und auch wieder loslassen. Dann brauchst du dich auch nicht zu sehr aufzuregen über alles, es ist letztlich ein Teil eines Schauspiels.

Durch welche Brille siehst du dein Leben?

Angenommen du siehst einen Fernsehfilm, vielleicht identifizierst du dich, vielleicht regst du dich auch drüber auf, was dort alles passiert, aber wenn du weißt: das ist alles nur ein Schauspiel, das alles ist nur ein Film, es ist nicht Wirklichkeit, dann kannst du auch loslassen. In diesem Sinn kannst du die ganze Welt als ein Schauspiel ansehen oder als einen Traum, in dem du Teil bist. Maya macht schon irgendwo einen Sinn, und du weißt nicht, welcher Sinn, du bist Teil davon, aber du kannst auch loslassen. Maya ist ein wichtiges Konzept, alles nicht zu ernst zu nehmen, humorvoller zu nehmen.

Sogar das Konzept von Dukha kann dir helfen, zu Gelassenheit zu kommen. Das Konzept von Dukha, existenzielles Dukha, besagt ja auch, dass in dieser Welt kein dauerhaftes Glück zu finden ist, denn solange du in Maya bist, findest du kein dauerhaftes Glück. Dauerhaftes Glück ist zu finden, wenn du Brahman verwirklichst. Denn Brahman ist auch Ananda, Brahman ist Wonne. Und gerade, weil du tief im inneren Brahman bist, sehnst du dich nach Brahman. Und Brahman ist Sat – unendliches Sein. Brahman ist Chid – unendliches Wissen. Brahman ist Ananda - unendliche Freude. Weil Du tief im Inneren weißt, du bist unendliches Sein, wirst du dich nie mit etwas begrenztem zufrieden geben. Du wirst dich nicht zufrieden geben mit begrenzten Fähigkeiten. Du wirst dich nicht zufrieden geben mit begrenztem Geld. Du wirst dich nicht zufrieden geben mit begrenzter Zeit. Du willst ewig leben. Auch wenn du weißt, es ist nicht möglich. Du willst unendlich frei sein, auch wenn du weißt, in dieser Welt ist es nicht möglich. Daher dieses existenzielle Dukha. Auch du willst unendlich glücklich sein. Du wirst nicht glücklich sein mit etwas Begrenztem. Selbst wenn du alles bekommen könntest, was du gerne hättest, wärst du nicht dauerhaft glücklich. Nichts in diesem Universum kann dir dauerhaftes Glück schenken. Wenn du das erstmal erkannt hast, dann weisst du, Dukha – Leiden, ist eben nicht, weil du nicht genügend bekommst, ist auch nicht, weil Menschen nicht ausreichend freundlich sind. Sondern Dukha ist deshalb, weil du dein höheres Selbst nicht verwirklicht hast.

Wenn Du das weißt, dann kannst du die kleinen Leiden humorvoll nehmen. Dann magst du dich immer noch aufregen, wenn jemand das Fenster aufmacht obgleich es zieht. Du magst dich weiter aufregen, wenn jemand anders dich unfreundlich behandelt, aber du kannst es gleichzeitig humorvoll nehmen. Denn du weißt, dass es nicht ganz so wichtig ist. Jetzt kommen wir fast schon zu dieser stoischen Einstellung aber was wichtig ist, ist die höchste Verwirklichung. Wenn du dieses Konzept von Sukha verstanden hast, dann kannst du dich durchaus auch an kleineren Freuden erfreuen. Weil du von Wunscherfüllung zum Beispiel nicht vollständige Erfüllung erwartest, kannst du dich an kleinen Freuden freuen.

Also wenn du beispielsweise den großen Wunsch hast, eine Mango zu essen, dann isst du eine Mango. Du genießt es, aber du weißt, danach ist es auch zu Ende. Wenn du gerne in Urlaub fährst, dann weißt du ja, es ist schön in Urlaub zu fahren, wenn ich ankomme werde ich mich freuen, aber es wird nicht so sein, dass der Urlaub mir dauerhafte Erfüllung gibt, und es muss auch nicht so sein, dass ich nachher dauerhaft glücklich bin. Oder du suchst eine Wohnung und du findest eine Idealwohnung. Du freust dich an einer Idealwohnung, aber du erwartest nicht, dass du dauerhaft darüber glücklich bist.

Es kann sein, dass sie nachher dann doch nicht so ideal ist, wie du dir vorgestellt hast. Es kann sein, obgleich sie so ideal ist, wie du dir das vorgestellt hast, dass sie dich nicht so glücklich macht. Es macht dir nichts aus, denn du weißt, existenziell glücklich wirst du erst sein, wenn du Satchidananda erfahren hast, deine wahre Natur. So hilft das Konzept der Buddhisten „alles Leben ist Leiden“ auch, heitere Gelassenheit zu üben. Du erwartest nicht von Wunscherfüllung Glück, du erwartest nicht, dass du durch das Verhalten anderer zum Glück kommst, noch nicht mal, dass du durch dein eigenes Verhalten zum Glück kommst. Du weißt, langfristig wirst du Kaivalya, Moksha, Erleuchtung erlangen und bis dahin gehört Leiden zum Leben dazu, und du genießt die kleineren Freuden.

Spirituelle Lebenseinstellung im Alltag

Niederschrift eines Podcasts (2014) von Sukadev <html5media>https://sukadev.podspot.de/files/10_beispiele-spiritualitaet-im-alltag.mp3</html5media>

Ich hatte über sieben Worte spiritueller Philosophie gesprochen, die 7 Konzepte der spirituellen Philosophie. Eine spirituelle Lebenseinstellung gibt dem Leben einen höheren Sinn. Vor dem Hintergrund eines tieferen, spirituellen Sinns, kann man alles im Leben in einem anderen Licht sehen und deshalb gelassen sein. So hat es auch mal der westliche Psychotherapeut Viktor Frankl ausgedrückt. Er war ja der Begründer der Logotherapie, man kann auch sagen, der Sinntherapie. Er hat gemeint, wenn Menschen einen Sinn sehen in ihrem Leben, dann sind sie bereit alles zu tun und alles zu ertragen. Solange man einen tieferen Sinn sieht, kann man alles akzeptieren und sich für alles einsetzen. Der höchste Sinn im Leben ist die spirituelle Entwicklung. Der höchste Sinn im Leben heißt, Brahman zu erfahren.

Beispiel 1: Der Zug hat Verspätung

Was heißen jetzt diese 7 Worte konkret? Ich will das anhand von drei Beispielen erklären. Zunächst ein banales Beispiel: Der Zug hat Verspätung, Anschluss wird verpasst und das kann heißen, dass man einen wichtigen Termin versäumt. Wie geht man vor dem Hintergrund der 7 Konzepte spiritueller Lebenseinstellungen damit um? Das ist durchaus auch ganz praktische Lebenshilfe. Du kannst, wenn du in der Situation bist, diese 7 Konzepte einfach durchgehen. 1. Brahman – es gibt eine höhere Wirklichkeit. Gerade wenn du die Durchsage erhälst, dass der Zug vermutlich eine halbe Stunde Verspätung haben wird und du alle Anschlüsse verpassen wirst und du weißt, der nächste Anschlusszug ist zwei Stunden später, dann mag es sein, dass du anfängst, dich darüber zu ärgern und Phantasien kommen.

Du könntest aber auch einen Augenblick inne halten und dir bewusst machen, dass hinter allem eine höhere Wirklichkeit ist. Du kannst einen Moment lang auch in die Tiefen deines Wesens eintauchen. Du kannst in dich hineinspüren und bemerken, dass es tief im Inneren einen Ort gibt, der davon unberührt bleibt. Du kannst einen Moment lang die Gedanken spüren, du kannst einen Moment lang die Emotionen spüren, du kannst einen Moment lang tief nach innen gehen und dann gehst du zu dem Punkt, der jenseits aller Emotionen ist, jenseits aller Gefühle. Und für einen Augenblick kannst du dich tief vom Inneren her Eins fühlen mit allem. Und dann ist plötzlich die ganze Aufregung, die du und andere über die Verspätung zeigen, nicht mehr so wichtig. Tief im Inneren weißt du, dass du das das Unendliche und das Ewige bist.

Das nächste ist Maya. Du machst dir bewusst, dass diese äußere Welt ein Spiel ist. Sie ist ein Traum. Oder sie ist eine Matrix. Und dann kannst du das Ganze auch von dem humorvollen Aspekt her sehen. Ja, du kannst beobachten, wie alle aufgeregt sind, wie Leute stöhnen, du kannst auch sehen, wie selbst in dir all die Emotionen hochkochen, du kannst das beobachten und heiter gelassen sehen. Dukha bedeutet, dass du weißt, in dieser Welt gibt es Leiden. Und dazu gehört auch, dass die Welt vergänglich ist, alles was einen Anfang hat, hat auhch ein Ende. Und ähnlich auch die Zugreise, auch sie wird ein Ende haben, und es ist nicht so erheblich, was jetzt gerade passiert.

Moksha – du weißt, langfristig wirst du die Befreiung erfahren. Sadhana - Du kannst überlegen, hast du jetzt vielleicht ein paar Momente gewonnen, für Sadhana, für spirituelle Praxis. Du hast jetzt vielleicht zwei Stunden oder noch mehr Zeit gewonnen. Statt dich jetzt zu ärgern, kannst du auch einfach mit dem Handy Bescheid sagen, der Zug hat Verspätung, werde leider erst zwei, drei Stunden später kommen können. Und dann hast du vielleicht Zeit zu meditieren. Du hast vielleicht Zeit ein paar Minuten ein Mantra zu wiederholen, bewusst zu atmen, ein spirituelles Buch zu lesen. Nimm es als Möglichkeit, Sadhana zu üben. Das nächste ist Karma im Sinne von Schicksal als Chance, Leben als Schule. Du kannst dir bewusst machen: Was jetzt geschieht, geschieht, damit du spirituell wachsen kannst. Du kannst auch überlegen, wie wächst du damit spirituell? Vielleicht war dir der Termin so wichtig und jetzt erreichst du ihn nicht. Vielleicht ist Pünktlichkeit für dich immer so wichtig, und du kannst jetzt nicht pünktlich sein. Das ist eine große Lektion. Das ist eine wichtige Lektion. Du kannst künftig mitfühlend damit umgehen.

Es kann auch sein, dass du vielleicht jemand bist, der alles sehr gern sehr gut organisiert hat. Wenn du jetzt in einem Zug bist, der Verspätung hat, ist nichts mehr gut organisierbar, denn du weißt ja nicht, vielleicht wird sich die Verspätung noch steigern, vielleicht wirst du umsteigen müssen und der Zug geht ganz kaputt. Wie auch immer. Es kann also eine gute karmische Lektion sein, los zu lassen. Die karmische Lektion kann auch darin liegen, dass du diesen Termin verpasst, dass du deshalb auch einen wichtigen Auftrag nicht bekommst, vielleicht wird irgendwas nicht funktionieren, weil du zu spät kommst. Dann kannst du sagen, dass auch darin eine Lektion liegt. Sei dir also bewusst, der Zug fährt nicht deshalb zu spät, weil die Bahn so dumm ist oder der Zugführer so dumm ist oder weil Menschen sich nicht drum kümmern, oder die Zeit schlimm ist, sondern geh davon aus, dass der Zug zu spät kommt, damit du das erlebst, was du gerade jetzt brauchst, um spirituell zu wachsen. Gripa – göttliche Gnade. Du kannst in dem Moment schauen, ob göttliche Gnade erfahrbar ist, vielleicht hast du die zwei Stunden bekommen, um jetzt und in diesem Moment göttliche Gnade zu erfahren. Öffne dich für einen Augenblick. Gott ist erfahrbar.

Beispiel 2: Verlust des Arbeitsplatzes

Angenommen, du kommst an einem Montag zu deiner Arbeit und merkst, irgendetwas ist anders. Der Pförtner sagt, es gibt um 10 Uhr eine Betriebsversammlung und auf dieser Betriebsversammlung ist dann der Chef zusammen mit den Betriebsratsvorsitzenden und dort wird eben gesagt, die Konjunktur ist so, dass jetzt die Hälfte entlassen werden muss und nachher erfährst du noch, dass du dazugehörst. Zunächst regst du dich furchtbar auf. Du hast Ängste, du weißt nicht, wie es weitergehen soll. Du hast dich so auf diese Firma verlassen. Du hast dich so für die Firma eingesetzt.

Wie kommst du in so einer Situation zu einer Gelassenheit anhand der sieben Konzepte? Du machst dir zunächst bewusst, dass hinter allem eine höhere Wirklichkeit, Brahman, ist. Und diese höhere Wirklichkeit ist erfahrbar. Diese höhere Wirklichkeit bist du und der Betriebsrat und der Chef und die Konjunktur und alle. Überall ist diese höhere Wirklichkeit. Vielleicht kannst du sogar einen Moment lang inne halten und schauen, ist diese tiefe Wirklichkeit in dir erfahrbar? Tief in dir bleibst du verbunden mit allem, inmitten der Aufregung, die jetzt herrscht. Tief im Inneren bist du verbunden.

Zweiter Aspekt – Maya. Wenn du einen Moment lang zu dieser höheren Wirklichkeit gekommen bist, kannst du diese Welt akzeptieren als eine Welt der Höhen und Tiefen, des Kommens und Gehens, der Vergänglichkeit, letztlich ist sie ein Schauspiel, ein Traum, wie ein Film. Und so kannst du dir bewusst machen, das alles, was da gerade abläuft, nicht wirklich ist. Es ist wie ein Traum, ein Schauspiel, ein Film, und du kannst das akzeptieren.

Das Konzept von Dukha besagt, dass diese Welt eben aus Höhen und Tiefen besteht, aus Verlusten und Vergänglichkeit, und du kannst dir bewusst machen, dass du dich vielleicht mit deinem Arbeitsplatz verhaftet hast, mit dieser scheinbaren Sicherheit. Über diese scheinbare Sicherheit hast du zwar einiges leisten können, aber jetzt wird dir diese Sicherheit genommen. Du kannst daraus lernen, dass alles vergänglich ist.

Moksha: Du weißt, langfristig gesehen, wirst du zur Erleuchtung kommen, und dann weißt du, dass all deine jetzigen Erfahrungen, nicht mehr so wichtig sein werden. So ähnlich ist es, wenn Eltern den Kindern gesagt haben, wenn du mal später groß bist und heiratest, dann wirst du drüber lächeln. So kannst du dir auch bewusst machen, irgendwann werde ich die höchste Erleuchtung erlangen. Du könntest dir sogar überlegen, wie du mit dieser Sitautaion als erleuchtetes Wesen umgehen würdest. Das wäre eine gute Idee.

Dann kannst du über Sadhana nachdenken und dir vornehmen, wenn du diesen Arbreitsplatz verlierst, kannst du mehr Sadhana praktiziren. Ist ja nicht schlecht. Vermutlich wird es ja einen Sozialplan geben, vermutlich wirst du Arbeitslosengeld bekommen. So kann du eine Weile mehr spirituelle Praktiken üben. Ist doch schön, ist doch großartig.

Karma: Du kannst sehen, da steckt auch eine karmische Lektion dahinter. Welche karmische Lektion, weißt du allerdings noch nicht. Vielleicht ist ja die karmische Lektion, dass du dich bemühst, dass dir doch nicht gekündigt wird und dass du den Arbeitsplatz behältst, vielleicht ist die karmische Lektion, dass es Zeit ist, diesen Arbeitsplatz loszulassen. Sei es, dass du ja schon eine Weile weißt, eigentlich will ich das nicht mehr und jetzt wird dir das ermöglicht. Du hattest nämlich nicht den Mut gehabt, ins kalte Wasser zu springen. Sei es, dass du dich so sehr mit diesem Job identifiziert hast, dass es jetzt gut ist, dass du diesen Job verlierst, dass du diese Identifikation verlierst. Vielleicht ist die karmische Lektion aber auch, dass du es jetzt lernen musst, dich zu verkaufen, in dem du jetzt viele Bewerbungsschreiben ausfüllst und dich häufiger bewirbst. Vielleicht ist die karmische Lektion, dass du wirklich ins kalte Wasser springst, eine Selbstständigkeit aufnimmst. Vielleicht ist die karmische Lektion, dass du die Demütigung in Kauf nimmst, eine Weile arbeitslos zu sein, wo du bisher immer über Arbeitslose und Hartz-IV-Empfänger geschimpft hast. Was auch immer, du weißt es nicht genau, was die karmische Lektion ist, aber es ist eine karmische Lektion.

Gripa ist Gnade. Du akzeptierst, dass hinter allem die Gnade Gottes ist. Und Du kannst auch einen Moment lang innehalten und schauen, ob Gott spürbar ist. Ist Gott erfahrbar? Es ist vielleicht ähnlich wie Moksha und Brahman, aber es ist gut, an mehreren Stellen diese höhere Wirklichkeit zu spüren.

Beispiel 3: Unfall

Unfälle gehören zum Leben. Angenommen du hast einen schmerzhaften Unfall und musst ins Krankenhaus eingeliefert und operiert werden. Wie gehst Du damit um? Natürlich ist da zunächst Verzweiflung, natürlich überlegst du, was du falsch gemacht hast, vielleicht ist da der physische Schmerz und Ängste und Ärger über dich selbst oder die anderen. All das mag da sein, aber von all dem kannst du dir bewusst machen, dass es trotzdem eine höhere Wirklichkeit gibt, Brahman. Du selbst bist nicht dieser Körper, du selbst bist nicht diese Schmerzen, du selbst bist nicht diese Emotionen. In Wahrheit bist du das unendliche und das ewige Bewusstsein. Und ob jetzt diese Operation gelingt oder nicht gelingt, ob du sogar an der Operation stirbst oder nicht, ist nicht wirklich so wichtig, denn in Wahrheit bist du das Unendliche, das Ewige, Brahman.

Maya – Täuschung. Du kannst das Ganze sehen wie ein Schauspiel, wie ein Traum. Du bist nicht wirklich der Kranke, du bist nicht wirklich der Verletzte, du bist etwas anderes und das Ganze ist jetzt ein Schauspiel. Du spielst jetzt einen Verletzten und die Ärzte spielen Ärzte und gleich wird das Schauspiel Operation durchgeführt. Das kannst du so sehen.

Dhuka: Zur Welt gehört Leiden dazu. Der Körper hat seine Schmerzen, der Körper geht durch Alter, Krankheit, Tod, Unfälle, Schmerzen. Emotionen fahren Achterbahn. All das gehört zum Leben dazu. Es ist nicht zu vermeiden. Indem du das weißt, leidest du nicht mehr so darunter und du weißt auch, das Leiden ist immer präsent in dieser relativen Welt.

Aber es gibt einen Standpunkt jenseits dieser relativen Welt, Moksha, den kannst du auch erfahren. Langfristig wirst du Befreiung erlangen, und dann wird diese Episode der Krankheiten, des Unfalls, der Operation und des Krankenhausaufenthalts wie eine Chimäre erscheinen oder eben wie eine kleine Erinnerung. In diesem Sinne kannst du auch überlegen, wie du mit dieser Sitaution umgehen würdest, wenn du ein Heiliger wärst. Das kann eine große Hilfe sein.

Sadhana: spirituelle Praxis. In dieser SituationDu kannst du überlegen, welche spirituelle Praxis du machen kannst. Du kannst überlegen, wie kann ich meine spirituelle Praxis anpassen? Vielleicht sind die Yoga Asanas nicht möglich, Meditation nicht mehr kreuzbeinig möglich, aber Sadhana ist möglich. Du kannst im Liegen meditieren, ein Mantra wiederholen, ein spirituelles Buch zu lesen. Vielleicht ist es durch die Medikamente und durch den Schmerz nicht möglich zu meditieren. Überlege welche Sadhana du auch in dieser Situation machen kannst?

Karma: Welche Lektion steckt dahinter? Gehe davon aus, dass der Unfall nicht deshalb geschehen ist, weil du unvorsichtig warst, weil andere Menschen rücksichtslos waren, weil irgendjemand verantwortungslos gewesen ist. Mag sein, dass das auch eine Rolle gespielt hat, mag sein, dass man im Sinne von Verantwortung auch etwas tun muss. Aber Karma heißt eben auch annehmen und daraus lernen. Vielleicht warst du sehr verhaftet an die Gesundheit, vielleicht wolltest du gerade etwas machen, was jetzt nicht mehr machbar ist, vielleicht warst du nicht mitfühlend mit anderen, die Unfälle hatten, vielleicht sollst du mal die Erfahrung machen, auf die Hilfe anderer angewiesen zu sein. Vielleicht sollst du mal die Erfahrung der Ohnmacht machen. Vielleicht sollst du einfach erfahren, wie es ist, Schmerzen zu haben. All das kann Karma sein.

Gut, zum Karma gehört auch Dharma, die eigene Aufgabe. Vielleicht wird dadurch, dass du jetzt diese Erfahrung des Unfalls hast, sich etwas bei dir verändern. Du wirst beispielsweise nachher mitfühlend mit anderen umgehen können. Vielleicht warst du auch dabei, etwas zu planen, was nicht in deinem Karma ist, und da hat dich der Unfall davon abgehalten.

Gripa: Gnade Gottes. Sei dir bewusst, dieser Unfall geschieht auch aus der Gnade Gottes. Versuche die Gnade Gottes zu erfahren. Inmitten von Schmerzen, inmitten von Leiden, kannst du loslassen und schauen, ob Gott jetzt erfahrbar ist, kannst du dich jetzt mit Gott verbinden? Und du kannst auch zu Gott beten, kannst Gott bitten: Bitte hilf mir zur höchsten Verwirklichung zu kommen. Gripa heißt auch, sich an die Gnade Gottes zu wenden, indem du betest.

Karma Yoga und Raja Yoga spirituelle Lebenseinstellung

Im Yoga Sutra 2. Kapitel Verse 12-23 beschreibt Patanjali eine spirituelle Lebenseinstellung gebenüber Schicksal, Alltag und die damit zusammenhängenden Herausforderungen. Hier zwei Videovorträge dazu:

Karma Yoga Lebenseinstellung - Yoga Sutra II 12-17

Fünffacher Sinn im Leben - Yogasutra II 18-

Siehe auch

Literatur

Weblinks

Seminare

Meditation

Der RSS-Feed von https://www.yoga-vidya.de/seminare/interessengebiet/meditation/?type=2365 konnte nicht geladen werden: Fehler beim Parsen von XML für RSS

Raja Yoga, positives Denken, Gedankenkraft

Der RSS-Feed von https://www.yoga-vidya.de/seminare/interessengebiet/raja-yoga-positives-denken-gedankenkraft/?type=2365 konnte nicht geladen werden: Fehler beim Parsen von XML für RSS

Seminare zum Thema "Gelassenheit"