Sanskrit Kurs Lektion 75: Unterschied zwischen den Versionen

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Version vom 17. Juli 2018, 17:16 Uhr

Dieser Sanskrit Kurs führt anhand einfacher Beispielsätze und -verse in die Grammatik des Sanskrit ein. Einen ausführlichen Überblick über das Sanskrit findest Du im Artikel Sanskrit. Hinweise zur indischen Schrift, der wissenschaftlichen Umschrift (Transliteration) sowie der korrekten Aussprache gibt der Artikel Devanagari. Stichwörter, nach denen Du in der Yoga Vidya Wiki suchen kannst, sind in vereinfachter Schreibweise (Transkription) wiedergegeben.

Konsonantische Nominalstämme (4)

In Lektion 72 bis 74 haben wir die acht Fälle des Singulars der konsonantisch auslautenden Stämme auf -in betrachtet. Nun schauen wir uns den Plural an.


Bildung

Übersicht: Plural der männlichen Substantive auf -in

In der folgenden Übersicht wurde das männliche Wort Yogin "Yogi" in allen acht Fällen des Plurals (Mehrzahl, Bahuvachana) dekliniert. Die Endungen des Nominativs, Akkusativs und Vokativ sind identisch. Diesem Bildungstyp folgen alle männlichen und sächlichen Substantive und Adjektive auf -in.

Fall (Kasus) Sanskritname Frage Devanagari Transliteration Transkription deutsche Wiedergabe
1. Nominativ Prathama Wer? Was? योगिनः yoginaḥ yoginah "die Yogis"
2. Akkusativ Dvitiya Wen? Wohin? योगिनः yoginaḥ yoginah "die Yogis"
3. Instrumental Tritiya Mit wem? Womit? योगिभिः yogibhiḥ yogibhih "mit den Yogis"
4. Dativ Chaturthi Wem? योगिभ्यः yogibhyaḥ yogibhyah "den Yogis, für die Yogis"
5. Ablativ Panchami Von wem? Von wo? योगिभ्यः yogibhyaḥ yogibhyah "von den Yogis (her)"
6. Genitiv Shashthi Wessen? Wovon? योगिनाम् yoginām yoginam "der Yogis, den Yogis, für die Yogis"
7. Lokativ Saptami Wo? योगिषु yogiṣu yogishu "bei den Yogis"
8. Vokativ Sambodhana Rufform (oh ..., he ...!) योगिनः yoginaḥ yoginah "(he) Yogis!"


Beispielvers aus der Hatha Yoga Pradipika

Die gesamte Hatha Yoga Pradipika besteht aus Versen, deren häufigstes Versmaß (Chhandas) der Shloka (Anushtubh) ist. Hier folgt ein Vers aus dem vierten Kapitel (Upadesha), das der Praxis der Meditation und Versenkung (Samadhi) gewidmet ist. Der 31. Vers beschreibt die Voraussetzungen für die Auflösung (Laya) des Geistes bzw. dessen Einswerdung mit dem Meditationsobjekt.


प्रनष्टश्वासनिश्वासः प्रध्वस्तविषयग्रहः |
निश्चेष्टो निर्विकारश्च लयो जयति योगिनाम् || ४.३१ ||


  • wissenschaftliche Transliteration:
pranaṣṭa-śvāsa-niśvāsaḥ pradhvasta-viṣaya-grahaḥ |
niśceṣṭo nirvikāraś ca layo jayati yoginām || 4.31 ||


  • vereinfachte Transkription:
pranashta-shvasa-nishvasah pradhvasta-vishaya-grahah |
nishcheshto nirvikarash cha layo jayati yoginam || 4.31 ||


  • Wort-für-Wort-Übersetzung:
pranaṣṭa-śvāsa-niśvāsaḥ : (in welcher) Einatmung (Shvasa) und Ausatmung (Nishvasa, Nom. Sg. m.) verschwunden (sind, Pranashta)
pradhvasta-viṣaya-grahaḥ : (in welcher) die Wahrnehmung ("das Ergreifen", Graha, Nom. Sg. m.) der Sinnesobjekte (Vishaya) verschwunden ist (Pradhvasta)
niś-ceṣṭaḥ : (in welcher es) keine Bewegungen (des Körpers gibt, Nishcheshta, Nom. Sg. m.)
nir-vikāraḥ : (in welcher der Geist) frei von Veränderungen (ist, Nirvikara, Nom. Sg. m.)
ca : und (Cha, Partikel)
layaḥ : (eine solche) Auflösung, Absorption (Laya, Nom. Sg. m.)
jayati : ist erfolgreich, gelingt ("siegt", ji, Verb)
yoginām : der Yogis, für die Yogis (Yogin, Gen. Sg. m.)


  • Übersetzung:
Wenn Einatmung und Ausatmung verschwunden sind, wenn die Wahrnehmung der Sinnesobjekte aufgehört hat,
wenn (der Körper) bewegungslos ist, und wenn (der Geist) frei von Veränderungen ist - dann gelingt den Yogis (der Prozess der) Auflösung (des Geistes).


Erläuterungen

  • Die Nominative (Prathama) pranaṣṭa-śvāsa-niśvāsaḥ, pradhvasta-viṣaya-grahaḥ, niś-ceṣṭaḥ und nir-vikāraḥ beziehen sich als adjektivische Komposita (Bahuvrihi) auf das Substantiv layaḥ und stehen daher ebenfalls im Nominativ Singular Maskulinum. Die durch diese vier Adjektive gegebene Charakterisierung des Laya genannten Bewusstseinszustandes kann im Deutschen etwas freier mit "wo" ("in welcher, in der") oder "wenn" zum Ausdruck gebracht werden, wörtlich: "Ein Zustand der Absorption (Laya), wo ..., ist für die Yogis erfolgreich."; oder "Wenn ..., dann ..." (siehe Übersetzung). Die beiden Vorderglieder pra-naṣṭa und pra-dhvasta sind jeweils PPP der Sanskrit Verbalwurzel naś mit Präfix pra bzw. dhvas mit Präfix pra.
  • Der Nominativ layaḥ ist das logische Subjekt (Agens, Kartri) der Verbalhandlung jayati.
  • Der Genitiv (Shashthi) yoginām "der Yogis", d.h. "den Yogis, für die Yogis" steht hier im Sinne eines Dativs (Chaturthi) und bezeichnet den Empfänger bzw. Nutznießer der Handlung (Sampradana).
  • Sandhi: Die Formen niśceṣṭo und layo stehen für niśceṣṭaḥ und layaḥ, da auslautendes -aḥ vor stimmhaftem Konsonant (hier: n bzw. j) zu -o wird. Die Form nirvikāraś steht für nirvikāraḥ, da Visarga () vor palatalem c zu ś wird.


Metrische Analyse des 3. und 4. Pada

Betrachten wir das erste (Tritiya) und zweite (Chaturtha) Versviertel (Pada) dieses Shloka noch einmal hinsichtlich der Längen (Dirgha) und Kürzen (Hrasva) der einzelnen Silben (Akshara). Lange Silben enden auf langen Vokal, oder auf einen kurzen Vokal (Svara), der von zwei Konsonanten (Vyanjana) gefolgt wird (inklusive Anusvara und Visarga). Dies nennt man Positionslänge*. Kurze Silben enden auf kurzen Vokal:


Silbe 1 2 3 4 5 6 7 8 1 2 3 4 5 6 7 8
Devanagari नि श्चे ष्टो नि र्वि का श्च यो ति यो गि नाम्
Transliteration ni śce ṣṭo ni rvi ra śca la yo ja ya ti yo gi nām
Silbenlänge lang* lang lang lang* kurz lang lang* lang kurz lang kurz kurz kurz lang kurz lang
Symbol υ υ υ υ υ υ


Hinweise zur Aussprache: Alle acht Silben jedes Pada werden in einem Zuge, also ohne Pause, ausgesprochen. Zwischen den Versvierteln wird eine kurze Pause (Yati) eingehalten. Die Positionslänge der 1., 4. und 7. Silbe (Pada 3) ergibt sich durch die Aufteilung in niś-ceṣ-ṭo nir-vi-kā-raś ca.


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