Körper
Der Körper in dem im nachfolgenden Artikel beschriebenen Sinn ist nach der Yogaphilosophie der physische, grobstoffliche Körper (Sthula Sharira), der die erste der fünf Hüllen des Körpers, die Nahrungshülle (Annamaya Kosha), enthält. Neben dem grobstofflichen Körper gibt es noch den feinstofflichen Körper oder Astralkörper (Sukshma Sharira oder Linga Sharira) und den Kausalkörper Karana Sharira. Der feinstoffliche Körper (Sukshma oder Linga Sharira) enthält drei Hüllen, die Energiehülle (Pranamaya Kosha), die Hülle des einfachen Denkens und der Emotionen (Manomaya Kosha) und die Hülle des Intellekts und der Unterscheidungskraft zwischen dem Wirklichen und dem Unwirklichen (Vijnanamaya Kosha).Der Kausalkörper (Karana Sharira) bringt den feinstofflichen und den grobstofflichen Körper erst hervor; er enthält die Hülle der Wonne oder Glückseligkeit (Anandamaya Kosha).
Der menschliche Körper
Artikel von Swami Sivananda aus seinem Buch „Practice of Nature Cure“ der Divine Life Society, ISBN 81-7052-229-3.
Es ist notwendig, die Struktur und die Funktionen des menschlichen Körpers zu kennen, wenn man etwas über Gesundheit und Krankheit erfahren möchte. Der menschliche Körper entsteht aus einer einfachen Eizelle. Eine Zelle ist die kleinste lebende Einheit. Das Ei teilt sich selbst im Mutterleib und so werden zwei Zellen daraus, dann vier und so weiter. Die Eizelle der Mutter verbindet sich mit dem Sperma des Vaters.
Der Körper wird durch die Nahrung, die man zu sich nimmt, gebildet. Die Knochen, die Muskeln, die Nerven, Arterien und Venen, die Haut, Nägel, Haare und Zähne, das Gehirn, die Lungen, die Leber, Nieren und Darm sind alle aus Blut entstanden. Lymphe, Blut, Muskeln, Knochen, Fett, Nerven, Fasern und Membranen bilden die Gewebe des Körpers.
Im Körper finden wir das Verdauungssystem, Ausscheidungssystem, Nervensystem, Atmungssystem, den Herzkreislauf, die Fortpflanzungsorgane, Muskeln, Knochen. Der Körper besteht aus Kopf, Hals, Rumpf, Armen und Beinen.
Die Knochen und die Muskeln bilden die Hauptstruktur und geben dem Körper Form und Beweglichkeit. Der Schädel enthält das Gehirn, welches aus Großhirn, Kleinhirn und verlängertem Rückenmark besteht.
Es gibt verschiedene Gehirnzentren wie das Atmungszentrum, welches die Atmung kontrolliert, das Zentrum, das die Temperatur des Körpers kontrolliert, das Sprach-, Hör-, Sehzentrum, das Zentrum der Intelligenz, des Fühlens, des Geschmacks und des Geruchs. Es gibt zwölf Gehirnnerven die das Gehirn verknüpfen.
Das sympathische Nervensystem wird auch unwillkürliches Nervensystem genannt, weil wir dieses System nicht durch unseren Willen kontrollieren können. Seine Funktionsfähigkeit ist unabhängig vom Gehirn. Es befindet sich an den beiden Seiten der Wirbelsäule. Eine der wichtigsten Funktionen des sympathischen Nervensystems ist die Regulierung des Herzen und der Blutgefäße. Das Rückenmark verläuft durch den Spinalkanal in der Wirbelsäule. Die Wirbelsäule hat 26 Wirbel, die Brust- und Rippenknochen sind 25, die der Arme 64, der Beine 62, die des Kopfes 8 und des Gesichts 14. Insgesamt 199.
Der Rumpf besteht aus dem oberen Teil, dem Brustkorb und dem unteren Teil, dem Bauch. Die Röhre, die die Luft während der Atmung durchfließen lässt, wird Luftröhre genannt. Am Ende des Mundes vergrößert sich diese Röhre und mündet in einer großen Öffnung, dem Kehlkopf. Hier befinden sich die Stimmbänder. Die Luft fließt durch die Luftröhre. Die Luftröhre teilt sich weiter unten in die beiden Zweige, die Bronchien genannt werden. Diese bringen die Luft in die Lungen. Es gibt zwei Lungen, die rechte und die linke.
Das Herz befindet sich zwischen den beiden Lungen im Brustkorb. Es ist die Pumpanlage für das Blut. Eine große Arterie, die Aorta hat ihren Ursprung in der Herzkammer des unteren Teils der linken Herzseite und versorgt den ganzen Körper mit reinem Blut. Die Aorta verzweigt sich bis sie schließlich in winzigen Blutgefäßen und Kapillaren endet. Das Blut versorgt den Körper mit Nährstoffen, das verbrauchte Blut fließt durch die Venen und erreicht den oberen Teil der rechten Herzseite, den Vorhof. Das Blut fließt zu den Lungen vom rechten Vorhof. Dort wird es gereinigt und kehrt zum oberen Teil des linken Herzens zurück. Das wird Blutkreislauf genannt.
Der Mund, die Zähne, die Zunge, die Speiseröhre, der Magen, der Dickdarm, der Dünndarm, Rektum, Anus, die Leber und die Bauchspeicheldrüse bilden das Verdauungssystem. Das Essen gelangt vom Mund über die Speiseröhre in den Magen. Das Essen wird teilweise im Magen verdaut, kommt dann in den Dünndarm. Dort wird es mit Pankreassaft und Galle gemischt. Die verdaute Essenz der Nahrung wird über das Blut aufgenommen und nährt den Körper. Das Unverdaute kommt in den Dickdarm und sammelt sich im Rectum als Fäkalien. Die Leber stellt Galle her, die Fett verdaut. Die Galle sammelt sich in der Gallenblase. In den Nieren wird Urin gebildet, welches sich in der Harnblase sammelt.
Die Haut besteht aus Epidermis und Derma. Schweißdrüsen, die Schweiß absondern, befinden sich in der Haut. Der Darm, die Nieren, die Lungen und die Haut sind Ausscheidungsorgane.
Die Essenz und die Vitalität eines Mannes liegen in den Hoden und bei der Frau in den Eierstöcken. Gesundheit, Kraft und Lebenslänge hängen größtenteils von der Konservierung sexueller Energie ab. Missbrauch der Sexualorgane ist die Ursache vieler Erkrankungen.
Schulung des Körpers
Swami Sivananda, der indische Weise und Yoga Meister, schreibt über die Schulung des Körpers [1]:
Körperliche Schulung oder Entwicklung des Körpers ist ebenso wichtig wie die Entfaltung des Geistes, des Willens oder des Gedächtnisses. Wird der Körper nicht kräftig und gesund, stark und aktiv gehalten, ist keine Entwicklung möglich. »Mens sana in corpore sano« - ein gesunder Geist in einem gesunden Körper - ist ein weiser Ausspruch. Der Körper ist der Tempel Gottes, der immer vollkommen sauber gehalten werden sollte.
Es gibt verschiedene Arten von körperlicher Schulung. Ihr müsst euren Notwendigkeiten, eurem Geschmack, Temperament und euren Fähigkeiten entsprechende wählen. Ein Mensch von zarter und schwächlicher Gesundheit sollte keine langen und schnellen Spaziergänge unternehmen. Man sollte immer versuchen, allein zu gehen. Dann kann man überall die Gegenwart des Allmächtigen spüren und in vollkommener Harmonie mit der Natur sein.
Sehr angenehm sind Morgenspaziergänge. Der kühle Wind ist erfrischend und belebend. Der Duft der Blumen aus den Gärten stärkt die Kräfte. Der Spaziergang sollte vor Sonnenaufgang beendet sein. Langsames Gehen wie bei einer Trauungsfeierlichkeit ist nicht segensreich. Darum gehe schnell - Schwitzen ist gesund. Du kannst hierbei Atemübungen vorteilhaft ausführen: Sechs Schritte lang einatmen, den Atem sechs Schritte lang anhalten und wieder sechs Schritte lang ausatmen. Dies ist eine gute Übung.
Noch eine andere Übung für die Schulung des Körpers: das Rennen bzw. Laufen/Joggen. Die Lungen weiten sich, das Blut wird gereinigt. Laufe in frischer Luft. Dies ist die beste Übung, die ich sehr empfehle. Besonders segensreich ist das Laufen am Meeresufer. Du kannst deine Lungen mit der doppelten Menge reinen Sauerstoffs füllen. Wiederhole dabei in Gedanken Om. Dies wird der physischen Übung einen geistigen Aspekt geben. Reibe den Schweiß mit der Hand in den Körper ein. Benutze kein Handtuch.
Das Schwimmen ist eine der besten Übungen für den Körper. Es streckt alle Rückenmuskeln. Das ist gut für Rheuma. Man kann auch beim Schwimmen Atemübungen ausführen. Ebenso ist Tennis gut und gesund. Man bewegt sich auf eine nicht anstrengende Weise und ermüdet nicht schnell. Die Fußgelenke und Finger werden hierbei gestärkt.
Wer kräftig Brust und Arme, Schultern und andere Muskeln entwickeln will, soll Gymnastik treiben. Die indischen Übungen sind besonders gut, um alle Glieder des Körpers gleichmäßig auszubilden. Man kann diese Übungen überall ausfUhren; ihre Wirkung hält an. Auch Yoga-Stellungen (Asanas) und Atemschulungen (Pranayama) haben großen Erfolg bei körperlichen Schwächen. Asanas haben auch eine geistige Wirkung. Sie können Kundalini Shakti, die Schlangenkraft, erwecken.
Asana ist mehr als eine physische Übung. Er ist eine innere Massage der inwendigen Organe und heilt dadurch Krankheiten, eine Wohltat, die durch andere Übungen kaum erreicht wird. Kriya Yoga heilt Krankheiten des Magens und verstärkt das Feuer der Verdauung. Er ist von größter Macht und Wirksamkeit. Es gibt auch ausgezeichnete Übungen, um die Wirbelsäule elastisch zu halten. Wenn dies nicht geschieht, wird das Rückgrat verknöchern und schnell degenerieren. Wer diese Übungen fUr die Elastizität der Wirbelsäule ausführt, wird immer beweglich bleiben und niemals alt wirken.
Bei jeder Übung sollten die Glieder bewegt werden: Arme und Beine kräftigen; die Wirbelsäule nach vorn, nach hinten und seitwärts beugen; Brust, Hals und Bauch bewegen. Beachte bei den Übungen folgendes:
Führe sie mit strengster Regelmäßigkeit aus. Wenn du kräftig übst, musst du substantielle Nahrung zu dir nehmen. Saure Milch, Fett, Butter, Nüsse gehören dazu. Nach Beendigung der Übungen solltest du etwas Leichtes essen. Wiege dich einmal im Monat und schreibe dein Gewicht auf. Die Übungen können am Morgen und am Abend ausgeführt werden. Zuvor ist eine halbe Stunde Ruhe notwendig. Wenn du vollkommen enthaltsam lebst, wirst du erstaunenswerte Erfolge haben. Stärke deinen Körper und gehe deinen geistigen Weg. Man sollte am Morgen Asanas ausführen, körperliche Übungen am Abend. Wenn du diese am Morgen machst, dann ruhe dich etwa 15 Minuten nach Beendigung der Asanas aus.
Die Asanas sollten an einem offenen, luftigen Ort ausgeführt: werden. Gehe bei diesen Übungen nicht ins Extrem. Es muß während der Asanas und Übung und auch danach noch ein Gefühl der Heiterkeit bestehen bleiben und keine Empfindung von Depression oder Müdigkeit auftauchen. Sonst hast du deine Fähigkeit überschritten und dich überfordert.
Behandle deinen vergänglichen Körper als Diener und Werkzeug und fühle dich vollkommen verschieden von ihm. Er besteht aus den fünf Elementen, die der Zerstörung und Vernichtung unterworfen sind, während du in deinem Wesen die Wirklichkeit, der alles durchdringende unvergängliche Atman bist. Ebenso wie das Haus, in dem du lebst, von dir getrennt ist, so ist auch dieser Körper, in dem du dank deiner Unwissenheit für eine Zeit gefangen bist, völlig gesondert von dir.
Identifizierung mit diesem Körper ist der Grund für deine Knechtschaft und die menschlichen Leiden und die Trübsal. Werde nicht der Sklave deines Körpers. Er muss zu allen Zeiten und unter allen Umständen deinen Befehlen gehorchen und nicht umgekehrt. Du mußt bereit sein, diesen Körper aufzugeben oder ihn einem gerechten und edlen Zweck zu unterstellen. Übe Selbstverleugnung, Selbstverneinung und Opfer deiner selbst.
Zum Abschluss, ihr Kinder des Lichts und der Unsterblichkeit: Haltet euren Körper stark, gesund und aktiv durch regelmäßige körperliche Schulung. Führt ein glückliches, zufriedenes Leben. Benutzt dieses Körperpferd, um eure Bestimmung, Brahma Nirvana zu erreichen. Benutzt diesen Körper als ein Boot, mit dem ihr den Strom des Lebens überquert zum anderen Ufer der Unsterblichkeit und Furchtlosigkeit hin.
Copyright Divine Life Society