Wünsche

Aus Yogawiki
Kultiviere nur den einen Wunsch: den Wunsch nach Befreiung

Wünsche scheinen einem zu helfen, für sich selbst zu sorgen. Wünsche sind Ausdruck von Erfahrungen des Unterbewusstseins. Wünsche können genetisch sein, aus der Erziehung kommen, aus der Lebenserfahrung. Wünsche können aber auch geweckt werden durch Werbung, durch Medien, aus Neid und mangelndem Selbstbewusstsein. Die spirituellen Traditionen empfehlen, sich von den Wünschen zu befreien. Mehr zum Thema Umgang mit Wünschen findest du im Hauptartikel Wunsch.

Video zum Thema Wünsche

Hier ein Vortragsvideo zum Thema "Wünsche":

Wünsche und Karma

Karma verfällt nie

- Ein Vortrag von Sukadev Bretz 2019 -

Das sind einige Fragen, auf die Patanjali in den Versen 7-11 des Yoga Sutra eingeht.

Ein Yogi nimmt erwartungslos an was kommt

Vers 7:

„Für einen Yogi ist Karma weder weiß noch schwarz. Für alle anderen ist es von dreierlei Art.“

Die meisten Menschen interpretieren Karma als gut, schlecht oder gemischt: Das eine ist gut, das andere ist schlecht, das nächste ist gemischt. Das ist schön, das ist unschön, das ist irgendetwas dazwischen. Erwünscht, unerwünscht oder gemischt.

Für einen Yogi ist Karma weder weiß noch schwarz, es ist weder erwünscht noch unerwünscht – es ist einfach. Oder: Der Yogi hat nicht das Bedürfnis, dass etwas Konkretes eintritt, sondern er nimmt erwartungslos das an, was kommt, und lernt daraus. Für ihn gibt es letztlich Erfahrungen, Lernlektionen und Aufgaben – für andere gibt es Erwünschtes und Unerwünschtes.

Deshalb: Wenn du merkst, dass du wieder sagst: „O wie schlimm, dass das passiert ist“ oder „Hoffentlich tritt das und das ein“, dann bist du noch nicht ein Yogi im Sinne von Patanjali. Für einen Yogi ist Karma weder weiß noch schwarz - für ihn ist Karma Erfahrung, Lernaufgabe und Aufgabe.

Aus Karma enstehen Wünsche und aus Wünschen ensteht Karma

Vers 8:

„Aus den dreierlei Karma reifen die Früchte entsprechend der Art der Wünsche.“

Wenn du wunschgetrieben handelst, entsteht daraus Karma. Aus Karma entstehen Wünsche, und aus Wünschen entsteht Karma.

Du bist in irgendeiner Situation und jemand lobt dich – man könnte sagen, dass dies ein gewünschtes Karma ist. Es ist weiß und du freust dich darüber. Sofort denkst du: „Ich will noch mehr gelobt werden.“ Also handelst du mit dem Wunsch, dass dein Ansehen, deine Reputation noch mehr steigt.

Jetzt hängt es davon ab, wie du handelst:

  • Wenn du in Kauf nimmst, dass du unethisch handelst, anderen schadest oder andere intrigant beseitigst, sie aus dem Weg räumst, dann schaffst du negatives Karma. Vorübergehend magst du durch Intrigen usw. das bekommen, was du willst, aber nachher reifen die Früchte und du wirst irgendwie alles wieder verlieren. Du wirst eine sehr schlechte Reputation bekommen.
  • Wenn du dich aber über die tolle Reputation freust, die du bekommen hast, und du noch mehr gute Sachen machst, um eine noch bessere Reputation zu bekommen, dann kannst du anderen noch mehr helfen. Nicht uneigennützig, sondern damit deine Reputation steigt. Du schaffst also neues Karma, und deine Reputation steigt weiter, die Menschen werden dich noch mehr loben. Aber irgendwann macht dich das nicht mehr glücklich, fühlt es sich schal an.

Aus Karma entstehen Früchte, aus den Früchten kommen wieder Wünsche, und aus Wunsch plus Ethik bzw. Unethik entsteht neues Karma. Dies ist der Kreislauf von Wunsch und Karma – die meisten Menschen sind darin stecken geblieben.

Bei manchen Menschen gibt es auch schräge Karmareaktionen:

  • Beispielsweise ging es jemanden in einem Leben nicht so gut, trotzdem kümmert er sich um andere und dient ihnen.
  • Als Konsequenz führt es ihm im nächsten Leben zu einem gewissen Wohlstand. Aus diesem Wohlstand heraus denkt er, dass er noch mehr Wohlstand braucht, und er saugt andere aus, nutzt sie aus, anstatt den Wohlstand zum Wohle anderer zu nutzen.
  • Konsequenz: In einem nächsten Leben wird er weniger Wohlstand haben, um zu erkennen, wie es sich anfühlt von anderen ausgesaugt zu werden.
  • Vielleicht entsteht daraus dann wieder die Bereitschaft, anderen Gutes zu tun usw.

So ist dieser Kreislauf von Geburt und Tod, Wunsch und Karma, Karma und Wunsch usw.

Auf einen Wunsch folgt die passende Reaktion

Vers 9:

"Es gibt eine Aufeinanderfolge von Wunsch und die passende karmische Reaktion, selbst wenn sie durch soziale Stellung, Ort und Zeit unterbrochen zu sein scheint, denn es sind Erinnerungen und unterbewusste Eindrücke des gleichen Wesens."

Patanjali sagt hier also: Auch wenn es über mehrere Geburten geht – es ist der gleiche, der die Konsequenz seiner karmischen Handlungen erntet.

Es mag sein, dass jemand in diesem Leben hochgradig unethisch ist und es trotzdem so scheint, als ob er erfolgreich ist – im nächsten Leben geht es dann eben anders. Man könnte sagen: Im nächsten Leben ist jemand schuldlos in Schwierigkeiten geraten – aber vielleicht hat er sich in einem früherem Leben falsch verhalten, obgleich soziale Stellung, Ort und Zeit jetzt anders sind. Dieser Mensch war vielleicht in einem früheren Leben ein reicher Kaufmann in Deutschland. Im nächsten Leben ist er vielleicht ganz woanders, irgendwo in der Pampa in Argentinien – unterschiedlicher Ort, unterschiedliche Zeit, unterschiedliche Situation. Das Selbst ist sowieso das gleiche, aber das Jiva, die individuelle Seele hat sich mal hier und mal dort inkarniert, die Samskaras sind dabei. In diesem Sinne kommen die karmischen Konsequenzen, wenn auch nicht immer direkt.

Ich möchte hier natürlich noch ergänzen: Bei Kommentaren zum zweiten Kapitel des Yoga Sutra sagte ich, dass Karma noch viel komplexer ist als einfach nur der Kreislauf von Samskara und Karma. Wir haben auch Aufgaben, die einfach kommen. Manchmal kommen Dinge, damit wir Erfahrungen machen, ohne dass wir sie durch Wünsche und unethisches Verhalten geschaffen haben. Wenn du noch mehr wissen willst, dann schau auf den Yoga Vidya Internetseiten unter Karma nach, dann erfährst du noch mehr darüber.

Aber hier sagt Patanjali im wesentlichen, dass Wunsch und Karma einander bedingen. Wenn du kein neues Karma erschaffen willst, dann handle nicht aus Wünschen heraus.

Der Wunsch zu leben ist ewig

Vers 10:

„Die Wünsche und Eindrücke haben keinen Anfang, denn der Wunsch zu leben ist ewig.“

Manche Menschen fragen sich: „Wann hat denn alles begonnen?“ Patanjali sagt hier: „Anaditva, Anadi – ohne Anfang.“ Warum? Weil Asisa - der Wunsch zu leben, nityatvad - von Ewigkeit, von Dauer - ist. Innerhalb der Maya scheint alles ohne Anfang zu sein. Aber in dem Moment, wo du aufwachst, erkennst du: Die ganze Maya war nur eine Illusion.

Angenommen, du hast heute Nacht geträumt und du wachst auf und sagst dir: „Ach, das war glücklicherweise - oder auch: leider - nur ein Traum.“ Wenn du dich jetzt fragst, wann der Traum angefangen hat, dann könntest du zwar sagen „Ich habe mich vor einer Viertelstunde ins Bett gelegt, also kann dieser Traum maximal eine Viertelstunde gedauert haben.“ Aber die Traumwelt selbst, die war sehr lang.

Wann hat die Welt des Traumes begonnen? In dem Moment, wo der Traumwelt da ist, scheint sie ja schon immer dagewesen zu sein. Im Traum kannst du nicht sagen, dass die Welt vor zwei Jahren begonnen hat, sondern in dem Moment, wo du im Traum bist, hat die Welt schon immer existiert. So ähnlich ist es auch mit den Wünschen und Eindrücken. Sie haben keinen Anfang, der Wunsch zu leben ist ewig.

Wenn man also fragt, wann es anfing, ob der Kreislauf Wunsch – Karma – Wunsch - ... mit Karma oder mit Wünschen begann, dann sagt Patanjali: „Es hat nie angefangen, es ist Anadi - ohne Anfang.“

Beherrsche die Ursache dann verschwindet die Wirkung

Vers 11:

"Da sie - die Wünsche und Eindrücke - durch Ursache und Wirkung, Unterstützung und Objekte zusammengehalten werden, verschwinden zusammen mit diesen Faktoren auch die Wünsche."

Hier gibt uns Patanjali Tipps, wie wir die Wünsche beherrschen können. Zu diesem Vers gibt es einen langen Kommentar von mir in meinem Buch „Die Yogaweisheit des Patanjali für Menschen von heute“. Hier sage ich es nur kurz. Wie können wir die Wünsche überwinden? Zunächst einmal sagt er „Ursache, Wirkung, Unterstützung und Objekte“.

Objekte

Wenn du einen Wunsch hast und diesen grundsätzlich nicht befriedigst, das Objekt also nicht in deine Nähe kommt, dann wird der Wunsch irgendwann aufhören.

Angenommen, du hast den Wunsch eine besondere Reise zu machen. Wenn du nie eine solche Reise unternimmst, wird der Wunsch langsam schwächer. Aber wenn du diesem Wunsch nachgibst, ist in den seltensten Fällen danach der Wunsch nach so einer Reise vorbei – jetzt beginnen die Wünsche nach Reisen erst recht. Wenn ein Objekt da ist und dieses Objekt des Wunsches erfüllt wird, dann gehen die Wünsche weiter. Wenn du dir aber den Wunsch nicht erfüllst, dann wird er weniger und hört irgendwann auf.

Unterstützung

Du könntest auch vermeiden, dem Wunsch die Unterstützung zu geben. Ein Wunsch wird unterstützt, wenn du ständig daran denkst. Wenn du lernst, nicht mehr daran zu denken, dann hört auch der Wunsch langsam auf. Es ist im Grunde eine Art Ablenkung. Wenn du dir vorgenommen hast, einen bestimmten Wunsch nicht mehr zu haben, etwas bestimmtes nicht mehr zu tun, dann überlege gleich auch: Wenn der Wunsch kommt – woran denkst du? Dies geht zum Beispiel mit einem Mantra. Wenn also der Wunsch keine Unterstützung in Form von Gedanken bekommt, dann vergeht er auch.

Ursache und Wirkung

Wenn du denkst, dass du etwas dazu beitragen kannst, dass du es bekommst, dann steigt der Wunsch. Wenn du aber denkst, dass letztlich durch Gnade Gottes das kommt, was du brauchst, und es nicht an dir hängt, den Wunsch zu erfüllen – du dich also von Ursache- und Wirkungskontexten löst – dann ist der Wunsch auch vorbei. Du gehst davon aus, dass Gottes Gnade dir gibt was du brauchst, und du musst nicht die Ursache für die Erfüllung der Wünsche sein. Gott weiß besser als du, was du brauchst. Auch dies ist eine Methode, Wünsche zu beherrschen.

Du musst also nur an einem dieser Punkte arbeiten:

  • Sorge bei Wünschen dafür, dass er nicht in Erfüllung geht. Meide das Objekt der Wünsche, und so wird der Wunsch reduziert werden.
  • Löse deinen Wunsch ab davon, gib ihm keine Unterstützung durch Gedanken und Prana. Auch dann sterben die Wünsche langsam ab.
  • Denke nicht, dass du selbst verantwortlich bist, deine Wünsche zu befriedigen. Vertraue dich Gott an – aus diesem Vertrauen kommt Wunschlosigkeit.

Zu all diesen Versen habe ich in meinem Buch „Die Yogaweisheit des Patanjali für Menschen von heute“ einen Kommentar geschrieben, der über das hinaus geht was ich hier ausgeführt habe.

Video - Wünsche und Karma

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Siehe auch

Literatur

Seminare

Yogalehrer Ausbildung

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