Sanskrit Kurs Lektion 104
Dieser Sanskrit Kurs führt anhand einfacher Beispielsätze und -verse in die Grammatik des Sanskrit ein. Einen ausführlichen Überblick über das Sanskrit findest Du im Artikel Sanskrit. Hinweise zur indischen Schrift, der wissenschaftlichen Umschrift (Transliteration) sowie der korrekten Aussprache gibt der Artikel Devanagari. Stichwörter, nach denen Du in der Yoga Vidya Wiki suchen kannst, sind in vereinfachter Schreibweise (Transkription) wiedergegeben.
Die Wohllautregeln des Sandhi (4): Anusvara
In der Lektion 101 haben wir begonnen, die Regeln des Sandhi etwas systematischer zu betrachten. Diese behandeln alle lautlichen Veränderungen, die beim Aufeinandertreffen von Wörtern (Shabda) oder Wortbestandteilen mit den beteiligten Lauten (Varna) nach genau beschriebenen Gesetzmäßigkeiten vor sich gehen. In dieser Lektion betrachten wir die Regeln für das Zusammentreffen zweier Konsonanten.
Überblick
Beim Aufeinandertreffen von Wörtern oder Wortbestandteilen gibt es grundsätzlich vier mögliche Fälle. Es treffen aufeinander:
- ein Vokal (Selbstlaut, Svara) und ein Konsonant (Mitlaut, Vyanjana) (V + K, s. Lektion 101)
- ein Konsonant und ein Vokal (K + V, s. Lektion 101)
- zwei Vokale (V + V, s. Lektion 102)
- zwei Konsonanten (K + K, s. Lektion 103)
Anusvara
Bei der Verbindung von End- und Anfangskonsonanten nimmt Anusvara eine Sonderstellung ein, insofern seine Aussprache je nach dem folgenden Konsonant variiert.
Anusvara ist die Bezeichnung für einen Nasallaut, der in der Schreibung der Devanagarischrift durch einen Punkt über der entsprechenden Silbe (Akshara) gekennzeichnet wird (अं aṃ).
In der Transliteration (d.h. der wissenschaftlichen Umschrift mit lateinischen Buchstaben) wird Anusvara in der Regel durch ein ṃ, mitunter auch durch ṁ wiedergegeben.
Anusvara wird sowohl innerhalb eines Wortes (Shabda) als auch am Wortende verwendet. Dabei hängt seine Aussprache von der Art des auf ihn folgenden Konsonanten (Vyanjana) ab. Am Satzende wird anstatt Anusvara stets ein von Virama gefolgtes m ( म् ) geschrieben: ... सुकृतम् sukṛtam (Sukrita) "... wohlgetan".
Anusvara am Wortende
Steht ein m am Wortende, und das nachfolgende Wort beginnt mit einem Konsonanten, so geht m in Anusvara ṃ über. Anusvara kann dann vereinfachend als m ausgesprochen werden. In der klassischen Rezitationsweise wird Anusvara jedoch entsprechend dem folgenden Konsonanten als der jeweilige Klassennasal artikuliert. In manchen Manuskripten, seltener in gedruckten Texten, kann alternativ auch anstelle von Anusvara der Klassennasal (bspw. ṅ statt ṃ) ausgeschrieben stehen.
So ergeben gṛham + gacchati usw. folgende Schreib- und Aussprachemöglichkeiten:
- गृहं गच्छति gṛhaṃ gacchati (oder) गृहङ्गच्छति gṛhaṅ gacchati "er geht nach Hause (Griha)"
- गृहं जगाम gṛhaṃ jagāma (oder) गृहञ्जगाम gṛhañ jagāma "er ging nach Hause"
- ब्राह्मणं डम्बयति brāhmaṇaṃ ḍambayati (oder) ब्राह्मणण्डम्बयति brāhmaṇaṇ ḍambayati "er verpottet den Brahmanen"
- नरं तारयति naraṃ tārayati (oder) नरन्तारयति naran tārayati "er erretet den Mann (Nara)"
- ऋषिं पप्रच्छ ṛṣiṃ papraccha (oder) ऋषिम्पप्रच्छ ṛṣim papraccha "er fragte den Rishi"
Verwendung im Wortinneren
Anusvara repräsentiert Klassennasal
Im Wortinneren wird Anusvara in der Devanagari oft als eine Art vereinfachte Schreibweise verwendet, wobei der Punkt bzw. ṃ für jeden der fünf sogenannten Klassennasale ṅ, ñ, ṇ, n oder m stehen kann (s. unter Devanagari oder Varga), je nach dem, welcher Konsonant auf Anusvara folgt. Es wird dennoch der Klassennasal gesprochen, auch wenn dieser in der Schreibung durch Anusvara vereinfacht dargestellt wird:
- संग saṃga (oder) सङ्ग saṅga (sprich saṅga, nicht samga) "Berührung (Sanga)"
- पंच paṃca (oder) पञ्च pañca (sprich pañca nicht pamca) "fünf" (Pancha)
- पंडित paṃḍita (oder) पण्डित paṇḍita (sprich paṇḍita nicht pamḍita) "Gelehrter" (Pandita)
- संतोष saṃtoṣa (oder) सन्तोष santoṣa (sprich santoṣa nicht samtoṣa) "Zufriedenheit" (Santosha)
- संभव saṃbhava (oder) सम्भव sambhava (sprich sambhava) "Ursprung" (Sambhava)
Anusvara vor Halbvokal
Vor einem Halbvokal (Antahstha), d.h. vor einem folgenden ya, ra, la oder va wird Anusvara stets als m ausgesprochen:
- संयोग saṃyoga (sprich samyoga) "Verbindung" (Samyoga)
- संरक्ष saṃrakṣa (sprich samrakṣa) "Hüter" (Samraksha)
- संलाप saṃlāpa (sprich samlāpa) "Gespräch" (Samlapa)
- संवत्सर saṃvatsara (sprich samvatsara) "Jahr" (Samvatsara)
Anusvara vor Sibilant
Vor einem folgendem Sibilanten (Ushman), d.h. vor śa, sa oder ha wird Anusvara wahlweise als m oder ṅ (sprich /ng/) ausgesprochen:
- संशय saṃśaya (sprich samśaya oder saṅśaya) "Zweifel" (Samshaya)
- संसार saṃsāra (sprich samsāra oder saṅsāra) "Daseinswandel, Kreislauf der Wiedergeburt" (Samsara)
- संहर्ष saṃharṣa (sprich samharṣa oder saṅharṣa) "Freude" (Samharsha)
Fragen und Feedback
Für Fragen und Feedback zum Sanskrit Kurs wendet Euch gerne an Dr. phil. Oliver Hahn. Er ist Indologe und Autor für Yoga Wiki, Seminarleiter, Yogalehrer, Übersetzer und Lektor.
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Siehe auch
- Sanskrit Kurs Lektion 1
- Sanskrit Kurs Lektion 2
- Sanskrit Kurs Lektion 3
- Sanskrit Kurs Lektion 4
- Sanskrit Kurs Lektion 5
- Sanskrit Kurs Lektion 6
- Sanskrit Kurs Lektion 7
- Sanskrit Kurs Lektion 8
- Sanskrit Kurs Lektion 9
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