Sanskrit Kurs Lektion 37: Unterschied zwischen den Versionen

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Version vom 27. Februar 2018, 11:19 Uhr

Dieser Sanskrit Kurs führt anhand einfacher Beispielsätze und -verse in die Grammatik des Sanskrit ein. Einen ausführlichen Überblick über das Sanskrit findest Du im Artikel Sanskrit. Hinweise zur indischen Schrift, der wissenschaftlichen Umschrift (Transliteration) sowie der korrekten Aussprache gibt der Artikel Devanagari. Stichwörter, nach denen Du in der Yoga Vidya Wiki suchen kannst, sind in vereinfachter Schreibweise (Transkription) wiedergegeben.

Konsonantische Nominalstämme (2)

In Lektion 36 haben wir die acht Fälle des Singulars der konsonantisch auslautenden Nominalstämme auf -as betrachtet. Im folgenden Beispielvers erscheint der Stamm Manas ("Geist, das Denken") im Genitiv Singular. Der Stamm manas ist von der Verbalwurzel man "denken, meinen" abgeleitet.


Beispielvers aus der Hatha Yoga Pradipika

Die gesamte Hatha Yoga Pradipika besteht aus Versen, deren häufigstes Versmaß der Shloka (Anushtubh) ist. Hier folgt ein Vers aus dem vierten Kapitel (Upadesha), das der Praxis der Meditation und Versenkung (Samadhi) gewidmet ist. Der 62. Vers beschreibt den Zusammenhang zwischen der Auflösung (Vilaya) des Denkens (Manas) und dem Kaivalya genannten Zustand:


ज्ञेयवस्तुपरित्यागाद्विलयं याति मानसम् |
मनसो विलये जाते कैवल्यमवशिष्यते || ४.६२ ||


  • wissenschaftliche Transliteration:
jñeyavastuparityāgād vilayaṃ yāti mānasam |
manaso vilaye jāte kaivalyam avaśiṣyate || 4.62 ||


  • vereinfachte Transkription:
jneyavastuparityagad vilayam yati manasam |
manaso vilaye jate kaivalyam avashishyate || 4.62 ||


  • Wort-für-Wort-Übersetzung:
jñeya-vastu-parityāgāt : aufgrund des Aufgebens (Parityaga, Abl. Sg. m.) der wissbaren, erfahrbaren, erkennbaren (Jneya) Dinge (Vastu)
vilayam : (zur) Auflösung (Vilaya, Akk. Sg. m.)
yāti : gelangt ("geht", , Verb)
mānasam : der Geist (das "Geistige", Manasa, Nom. Sg. n.)
manasaḥ : des Geistes (Manas, Gen. Sg. n.)
vilaye jāte : sobald die Auflösung (Vilaya, Lok. Sg. m.) entstanden ist (Jata, PPP Lok. Sg. m.)
kaivalyam : absolute Freiheit ("Alleinsein, Ganzsein", Kaivalya, Nom. Sg. n.)
avaśiṣyate : bleibt übrig (ava + śiṣ, Verb)


  • Übersetzung:
Aufgrund des Aufgebens der erfahrbaren Dinge löst sich der Geist auf. Sobald die Auflösung des Geistes besteht, bleibt absolute Freiheit übrig.


Erläuterungen

  • Der Ablativ (Panchami) jñeya-vastu-parityāgāt gibt eine Ursache an. Es handelt sich hierbei um ein Kompositum (Samasa) vom Typ Tatpurusha.
  • Der Akkusativ (Dvitiya) vilayam ist logisches Objekt (Karman) der Verbalhandlung yāti.
  • Die Verbform yāti ("er geht") ist die 3. Person Singular Indikativ (Parasmaipada) der Gegenwart der Verbalwurzel (Dhatu) "gehen". In Verbindung mit einem Akkusativ bedeuten Verben in der Bedeutung "gehen, gelangen, erreichen" im Sanskrit häufig "X (Nom.) gelangt in einen Zustand Y (Akk.)".
  • Der Nominativ (Prathama) mānasam ist das logische Subjekt (Agens, Kartri) der Verbalhandlung yāti.
  • Der Genitiv (Shashthi) manasaḥ steht in syntaktischem Bezug zu vilaye: "bei der Auflösung (Lok.) des Geistes (Gen.)".
  • Der Nominativ kaivalyam ist das logische Objekt (Karman) der passivisch ausgedrückten Verbalhandlung avaśiṣyate (wörtl.: "wird übrig gelassen").
  • Sandhi: Das auslautende stimmlose t von °parityāgāt wird vor stimmhaften Konsonanten (hier: v) selbst stimmhaft (d). Das auslautende m von vilayam geht vor einem Konsonanten (Vyanjana) in Anusvara () über. Die Form manaso steht für manasaḥ, da auslautendes -aḥ vor stimmhaften Konsonanten (hier: v) zu -o wird.


Metrische Analyse des 3. und 4. Pada

Betrachten wir das dritte (Tritiya) und vierte (Chaturtha) Versviertel (Pada) dieses Shloka noch einmal hinsichtlich der Längen (Dirgha) und Kürzen (Hrasva) der einzelnen Silben (Akshara). Lange Silben enden auf langen Vokal (auf den noch ein Konsonant folgen kann), oder auf einen kurzen Vokal (Svara), der von zwei Konsonanten (Vyanjana) gefolgt wird (inklusive Anusvara und Visarga). Dies nennt man Positionslänge*. Kurze Silben enden auf kurzen Vokal:


Silbe 1 2 3 4 5 6 7 8 1 2 3 4 5 6 7 8
Devanagari सो वि ये जा ते कै ल्य शि ष्य ते
Transliteration ma na se vi la ye te kai va lya ma va śi ṣya te
Silbenlänge kurz kurz lang kurz kurz lang lang lang lang lang* kurz kurz kurz lang* kurz lang
Symbol υ υ υ υ υ υ υ υ

Hinweise zur Aussprache: Alle acht Silben jedes Pada werden in einem Zuge, also ohne Pause, ausgesprochen. Zwischen den Versvierteln wird eine kurze Pause (Yati) eingehalten. Die Positionslänge der 2. und 6. Silbe des 4. Pada ergibt sich durch die Aufteilung in val-ya bzw. śiṣ-ya.


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