Leidensfähigkeit

Aus Yogawiki
Version vom 3. Juni 2016, 06:18 Uhr von Sukadev (Diskussion | Beiträge) (Textersetzung - „[[organisiert, verlässlich“ durch „organisiert, verlässlich“)

Leidensfähigkeit ist die Fähigkeit, Leiden zu ertragen. Um langfristig etwas bewirken zu können inmitten von Widerständen und Misserfolgen braucht es auch Leidensfähigkeit. Und auch wenn man vom Schicksal geprüft wird, Krankheiten und Schmerzen empfindet, braucht es Leidensfähigkeit, um nicht zu verzweifeln. Es gibt die Leidensfähigkeit eines einzelnen, einer Gruppe, eines ganzen Volkes. Um einer Sache treu bleiben zu können, ist Leidensfähigkeit oft wichtig.

Leidensfähigkeit- eine Tugend. Was ist Leidensfähigkeit ? Woher stammt das Wort? Wozu ist Leidensfähigkeit gut? Was sind ihre Grenzen? Wie kann man sie kultivieren? Was ist das Gegenteil von Leidensfähigkeit ?

Leidensfähigkeit als hilfreiche Tugend

Auszug aus einem Vortrag von Sukadev Bretz

Sukadev Bretz, Gründer und Leiter von Yoga Vidya, Yogalehrer, Meditationslehrer, spiritueller Lehrer, Seminar- und Ausbildungsleiter, Autor mehrerer Bücher. Sukadev Volker Bretz lernte 12 Jahre bei Swami Vishnu-devananda.

Leidensfähigkeit ist die Fähigkeit, zu leiden. Leidensfähigkeit ist auch eine Tugend, Leidensfähigkeit ist auch eine Eigenschaft, die etwas Positives bewirkt. Leben ist eben nicht nur schön, Leben ist auch unschön. Der Körper kann gesund sein, der Körper kann auch krank sein, der Körper kann Schmerzen erzeugen, du kannst Unfälle haben. Dort gilt es, eine gewisse Schmerztoleranz zu haben, eine gewisse Leidensfähigkeit zu haben.

Es gibt Menschen, die bei kleinen Schmerzen schon verzweifeln, die schon nach ein paar Tagen irgendwelcher Schulterprobleme ihr ganzes Leben in Frage stellen. Leidensfähigkeit heißt: "Ja, da sind Schmerzen. Ja, es tut weh. Ja, ich muss mich darum kümmern. Ja, ich werde mich darum kümmern und tue dann auch etwas." Und dann aber sagen: "Und da ist Schmerz, ich bin nicht der Schmerz, ich bin etwas anderes. Ich spüre den Schmerz, ich bin nicht der Schmerz."

Wenn du diese Fähigkeit hast, deinen Geist davon abzuziehen, hast du diese Leidensfähigkeit des Körpers, aber dein Geist zieht sich davon ab. Genauso natürlich gibt es andere Dinge. Menschen werden dich enttäuschen, vielleicht wirst du sogar etwas erleben, was du als Verrat ansehen wirst, vielleicht erlebst du schlimme Sachen. Leidensfähigkeit heißt, zu erkennen: "Ja, auch darin ist eine Lektion, auch daran werde ich wachsen. Das Leben beschert mir alles, was ich brauche, um mich in meiner Persönlichkeit zu entwickeln. Auch das gehört dazu."

Leidensfähigkeit heißt dann auch, innerlich zu wissen: "Ja, das gehört dazu. Das ist jetzt eine schwierige Situation, der hat mich hoffnungslos enttäuscht, ich habe gute Gründe, gegenüber ihm wütend zu sein und ich bin auch wütend. Und das ist ok, dass ich das bin. Ich weiß, ich werde darüber hinauswachsen, ich werde nicht daran zerbrechen und ich werde jetzt weitermachen und ich werde mich bemühen. Ich lasse mich nicht unterkriegen, auch wenn das jetzt schwierig ist, auch wenn mir wieder alle möglichen Hindernisse in den Weg gelegt werden, ich werde jetzt weitermachen, es hält mich nicht davon ab. Ich gehe weiter voran, ich werde es tun."

Das ist eine Form der Leidensfähigkeit, letztlich weiterzumachen, auch inmitten von körperlichen Schwierigkeiten, äußeren Schwierigkeiten, auch inneren Schwierigkeiten, emotionalen Schwierigkeiten. Leidensfähigkeit heißt, all das ertragen zu können und weiterzumachen, Lektionen anzunehmen und loszulassen. Nicht immer gilt es aber einfach, seine Leidensfähigkeit zu kultivieren, manchmal muss man auch schauen: "Könnte ich mir Hilfe holen?"

Ich sehe es leider auf dem Yoga-Gebiet immer wieder, dass Menschen dort unvernünftig sind, z.B. sie haben eine Erkrankung und weigern sich, die behandeln zu lassen. Z.B., ich kenne durchaus ein paar Menschen, die hatten Borreliose, Anfangsstadium, rote Fläche dort, klar Borreliose, sie nehmen keine Antibiotika. Mit einer Antibiotikabehandlung hätte man vielleicht zwei bis vier Wochen lang Antibiotika nehmen müssen, es wäre einem ein bisschen übel gewesen, aber es wäre vorbei. Stattdessen riskieren sie, dass es chronisch wird und leiden dann zum Teil für den Rest ihres Lebens.

Oder vor kurzem habe ich gehört, dass jemand sogar gestorben ist, weil sie sich geweigert hat, eine schulmedizinische Behandlung bei einem behandelbaren Krebs zu machen. Da hat sie es mit der Leidensfähigkeit etwas übertrieben. Ich persönlich hätte empfohlen: "Ja, dann mache die schulmedizinische Behandlung, eine kurze Leidensfähigkeit ist dort besser, anstatt langfristig zu leiden, in dem Fall sogar zu sterben."

Also, manchmal muss man auch nicht weiter leiden. Manchmal kann man nichts ändern, man muss leiden. Manchmal muss man aber auch das leben, was heißt, Geschick im Handeln, klug zu sein, Klugheit ist auch eine wichtige Eigenschaft. Manchmal muss man in der Lage sein, eine Leidensfähigkeit kurzfristig zu haben, um nicht langfristig zu leiden. Oder auch im Umgang mit anderen Menschen, es gibt Situationen in einer Beziehung, wo man sagt: "Nein, das geht nicht." Wenn eine Frau verheiratet ist mit einem Mann, der sie schlägt und Alkoholiker ist und mehrmalige Versuche, das klar zu sagen, dass das nichts ist und vielleicht sogar Beratung.

Oder sogar vorher, man kann nach einem Mal sagen: "Wenn das noch einmal passiert, dann gehe ich." Das ist eine vorzuziehende Situation, als dort jahrelang zu leiden und immer wieder blaue Flecken zu kaschieren. Dann wird man vielleicht eine kurzfristige Leidensfähigkeit haben müssen, nämlich diesen Mann zu verlassen, zu dem es ja einen irgendwie hingezogen hat. Und vielleicht muss man auch alles mögliche andere tun, aber man kommt aus dem einen Leiden raus.

Also, Leidensfähigkeit hat viele Aspekte. Und auch, wenn ich im Rahmen dieser Tugenden schon viel über Lebensfreude und Lebhaftigkeit und Freude und Fröhlichkeit gesprochen habe, im Leben gibt es auch viel Leiden. Es gibt auch Grausamkeiten, es gibt traumatische Erfahrungen, es gibt Krankheiten, es gibt chronischen Schmerz und vieles davon ist eben nicht einfach zu ändern, vieles ist einfach da.

Manches kann man mit Geschick und mit Klugheit ändern, von manchem kann man sich innerlich lösen und manchmal kann man sagen: "Es ist gut, dass ich hier Leidensfähigkeit lerne, übe und meine Leidensfähigkeit auf die Probe stelle. Es gibt so viele andere Menschen, die auch leiden. Indem ich jetzt so leide, kann ich später Menschen auch mit mehr Mitgefühl helfen, zuhören, vielleicht sogar ihnen einen Rat geben, vielleicht auch einfach nur mitfühlend zuhören." So ist Leidensfähigkeit eine sehr wertvolle menschliche Eigenschaft, die dem Leben auch eine Tiefe gibt und eine tiefe Verankerung.

Leidensfähigkeit und andere Tugenden

In diesem Yoga Wiki werden über 1000 Tugenden und geistigen Eigenschaften beschrieben. Hier einige Erläuterungen, wie man die Eigenschaft der Leidensfähigkeit in Beziehung zu anderen Tugenden und geistigen Eigenschaften sowie in Bezug auf Laster sehen kann:

Ähnliche Eigenschaften wie Leidensfähigkeit

Ähnliche Eigenschaften wie Leidensfähigkeit, also Synonyme zu Leidensfähigkeit sind z.B. Beständigkeit, Durchhaltevermögen, Geduld, Duldungskraft.

Ausgleichende Eigenschaften

Jede Eigenschaft, jede Tugend, die übertrieben wird, wird zu einer Untugend, zu einem Laster, einer nicht hilfreichen Eigenschaft. Leidensfähigkeit übertrieben kann ausarten z.B. in Opfermentalität, Passivität, Antriebslosigkeit, Verzweiflung. Daher braucht Leidensfähigkeit als Gegenpol die Kultivierung von Gerechter Zorn, Eifer, Einsatzfreude, Gerechtigkeit, Gerechtigkeitssinn.

Gegenteil von Leidensfähigkeit

Zu jeder Eigenschaft gibt es ein Gegenteil. Hier Möglichkeiten für Gegenteil von Leidensfähigkeit, Antonym zu Leidensfähigkeit :

Leidensfähigkeit im Kontext von Tugendengruppen, Persönlichkeitsfaktoren und Temperamenten

Entwicklung von Leidensfähigkeit

Leidensfähigkeit kann man sehen als Tugend, als eine positive Eigenschaft. Vielleicht willst du ja Leidensfähigkeit in dir stärker werden lassen. Hierzu einige Tipps:

  • Nimm dir vor, eine Woche lang diese Eigenschaft der Leidensfähigkeit zu kultivieren. Du kannst nicht mehrere Tugenden auf einmal entwickeln. Aber es ist möglich, jede Woche eine Tugend, eine Eigenschaft, wachsen zu lassen.
  • Triff den Entschluss: "Während der nächsten Woche will ich die Tugend, die Eigenschaft, Leidensfähigkeit kultivieren, wachsen lassen, stärker werden lassen. Ich freue mich darauf, in einer Woche ein leidensfähigerer Mensch zu sein."
  • Nimm dir vor, jeden Tag mindestens eine Handlung auszuführen, die Leidensfähigkeit ausdrückt. Mache jeden Tag etwas, was du sonst nicht tun würdest, was aber diese Tugend zum Ausdruck bringt.
  • Wenn du morgens aufwachst, dann sage eine Affirmation, z.B.: "Ich entwickle Leidensfähigkeit ". Mehr Möglichkeiten zu Affirmationen findest du weiter unten.
  • Am Tag wiederhole immer wieder eine solche Affirmation:
  • Ich bin leidensfähig.

Affirmationen zum Thema Leidensfähigkeit

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, Affirmationen für mehr Leidensfähigkeit Unter dem Stichwort "Affirmation" und "Wunderaffirmationen" erfährst du mehr darüber.

Klassische Autosuggestion für Leidensfähigkeit

Hier die klassische Autosuggestion:

  • Ich bin leidensfähig.

Im Yoga verbindet man das gerne mit einem Mantra. Denn ein Mantra lässt die Affirmation stärker werden:

  • Ich bin leidensfähig. Om Om Om.
  • Ich bin ein Leidensfähiger, eine Leidensfähige.

Entwicklungsbezogene Affirmation für Leidensfähigkeit

Manche Menschen fühlen sich als Scheinheiliger oder als Heuchler, wenn sie sagen "Ich bin leidensfähig " - und sie sind es gar nicht. Dann hilft eine entwicklungsbezogene Affirmation:

  • Ich entwickle Leidensfähigkeit.
  • Ich werde leidensfähig.
  • Jeden Tag werde ich leidensfähiger.
  • Durch die Gnade Gottes entwickle ich jeden Tag mehr Leidensfähigkeit.

Dankesaffirmation für Leidensfähigkeit

  • Ich danke dafür, dass ich jeden Tag leidensfähiger werde.

Wunderaffirmationen Leidensfähigkeit

Du kannst es auch mit folgenden Affirmationen probieren, die Sukadev Volker Bretz als Wunderaffirmationen bezeichnet:

  • Bis jetzt bin ich noch nicht sehr leidensfähig. Und das ist auch ganz verständlich, ich habe gute Gründe dafür. Aber schon bald werde ich Leidensfähigkeit entwickeln. Jeden Tag wird diese Tugend in mir stärker werden.
  • Ich freue mich darauf, bald sehr leidensfähig zu sein.
  • Ich bin jemand, der leidensfähig ist.

Gebet für Leidensfähigkeit

Auch ein Gebet ist ein machtvolles Mittel, um eine Tugend zu kultivieren. Hier ein paar Möglichkeiten für Gebete für mehr Leidensfähigkeit:

  • Lieber Gott, bitte gib mir mehr Leidensfähigkeit.
  • Oh Gott, ich verehre dich. Ich bitte dich darum, dass ich ein leidensfähiger Mensch werde.
  • Liebe Göttliche Mutter, ich danke dir. Ich danke dir dafür, dass ich jeden Tag die Tugend Leidensfähigkeit mehr und mehr zum Ausdruck bringe.

Was müsste ich tun, um Leidensfähigkeit zu entwickeln?

Du kannst dich auch fragen:

  • Was müsste ich tun, um Leidensfähigkeit zu entwickeln?
  • Wie könnte ich leidensfähig werden?
  • Lieber Gott, bitte zeige mir den Weg zu mehr Leidensfähigkeit.
  • Angenommen, ich will leidensfähig sein, wie würde ich das tun?
  • Angenommen, ich wäre leidensfähig, wie würde sich das bemerkbar machen?
  • Angenommen, ein Wunder würde geschehen, und ich hätte morgen Leidensfähigkeit kultiviert, was hätte sich geändert? Wie würde ich fühlen? Wie würde ich denken? Wie würde ich handeln? Als leidensfähiger Mensch, wie würde ich reagieren, mit anderen kommunizieren?

Vortragsmitschnitt zu Leidensfähigkeit - Audio zum Anhören

Hier kannst du einen Vortrag von Sukadev Bretz, Gründer von Yoga Vidya, anhören. Dieser Vortrag ist die Audio Version eines Videos zu Leidensfähigkeit, Teil des Yoga Vidya Multimedia Lexikons der Tugenden. <mp3player> http://tugenden.podspot.de/files/Leidensfaehigkeit-Lexikon-der-Tugenden-Yoga-Vidya.mp3 </mp3player>

Siehe auch

Eigenschaften im Alphabet vor Leidensfähigkeit

Eigenschaften im Alphabet nach Leidensfähigkeit

Literatur

Weblinks

Seminare

Raja Yoga

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