Sanskrit Kurs Lektion 85: Unterschied zwischen den Versionen

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:'''khecarīm''' : [[Khechari]] ([[Mudra]], das "Siegel der im Luftraum Wandelnden", Akk. Sg. f.)
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:'''tāvat''' : so lange ([[Tavat]], adv.)
:'''tāvat''' : so lange ([[Tavat]], adv.)
:'''yāvat''' : bis ("wie", [[Yavat]], adv.)
:'''yāvat''' : bis ("wie lange", [[Yavat]], adv.)
:'''syāt''' : (er) ist ("sei", [[as]], Verb)
:'''syāt''' : (er) ist ("sei", [[as]], Verb)
:'''yoga-nidritaḥ''' : im Schlaf ([[Nidrita]], Nom. Sg. m.) des [[Yoga]]  
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:'''na''' : nicht ([[Na]], Partikel)
:'''na''' : nicht ([[Na]], Partikel)
:'''asti''' : existiert ("ist", [[as]], Verb)
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:'''kadā-cana''' : nicht mehr ("niemals", [[Kadachana]], adv.)     
:'''kadā-cana''' : jemals, mehr ("irgendwann", [[Kadachana]], adv.)     




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:'''Man übe [[Khechari Mudra]] solange, bis man sich im yogischen Schlaf befindet.
:'''Man übe [[Khechari Mudra]] solange, bis man sich im yogischen Schlaf befindet.
:Für den, der den Yoga-Schlaf erreicht hat, gibt es keine Zeit (keinen Tod).'''
:Für den, der den Yoga-Schlaf erreicht hat, gibt es keine Zeit (keinen Tod).'''
===Erläuterungen===
*'''[[Anvaya|Syntax]]:''' Der erste Halbvers (erster und zweiter [[Pada]]) besteht aus einem Haupt- und Relativsatz, der zweite Halbvers (dritter und vierter Pada) aus einem einfachen Satz.
*Die Verbform '''abhyaset''' ("er/sie/es/man übe, soll üben") ist die 3. Person Singular [[Optativ]] der Gegenwart der Verbalwurzel '''[[as]]''' "werfen" (4. bzw. [[Div Klasse]]), die in Verbindung mit dem '''Verbalpräfix''' ([[Upasarga]]) '''abhi''' "üben, wiederholen" bedeutet. Der Optativ drückt hier eine neutrale Aufforderung aus, die im Deutschen der Verwendung des Modalverbs "sollen" entspricht. Das logische Subjekt (der [[Yogin]] bzw. "man") wird hier nicht ausdrücklich erwähnt, sondern aus dem Gesamtzusammenhang des Verses im Text ergänzt.
*Der Akkusativ ([[Dvitiya]]) '''khecarīm''' ist das '''logische Objekt''' ([[Karman]]) der Verbalhandlung '''abhyaset'''.
*Die beiden [[Sanskrit Adverb|Adverbien]] '''tāvat''' "so lange dauernd" und '''yāvat''' "wie lange dauernd" beziehen sich wie die [[Sanskrit Kurs Lektion 23|Korrelativpronomen Yad und Tad]] aufeinander, wobei '''tāvat''' den Hauptsatz und '''yāvat''' den Relativsatz einleitet. Der Hauptsatz lautet '''abhyaset khecarīṃ tāvad''', der Relativsatz '''yāvat syād yoga-nidritaḥ'''.
*Die [[Sanskrit Verb‏‎|Verbform]] '''syāt''' ("er sei") ist die 3. Person Singular [[Optativ]] der Gegenwart der [[Sanskrit Verbalwurzel|Verbalwurzel]] ([[Dhatu]]) '''[[as]]''' "sein" (2. bzw. [[Ad Klasse]]). Der Optativ drückt hier einen Zustand aus, der in der Zukunft mit Wahrscheinlichkeit eintreten wird.
*Der Nominativ ([[Prathama]]) '''yoga-nidritaḥ''' ist das logische Subjekt (Agens, [[Kartri]]) der Verbalhandlung '''syāt'''.
*Der Genitiv ([[Shashthi]]) '''samprāpta-yoga-nidrasya''' ist ein Kompositum ([[Samasa]]) des Typs [[Bahuvrihi]]. Es besteht aus [[Yoga Nidra]] (das seinerseits ein Kompositum des Typs [[Tatpurusha]] ist) und [[Samprapta]]. Es steht in syntaktischer Beziehung zum Nominativ '''kālaḥ''' und bezeichnen denjenigen (Yogi), für den die Zeit bzw. der Tod nicht mehr existiert.
*Der Nominativ '''kālaḥ''' ist das logische Subjekt (Agens, [[Kartri]]) der Verbalhandlung '''asti'''.
*Die [[Nipata|Negationspartikel]] '''na''' gehört syntaktisch zum Verb '''asti''': '''nāsti''' "existiert nicht".
*Die [[Sanskrit Verb‏‎|Verbform]] '''asti''' ("es ist, existiert, gibt") ist die 3. Person Singular ([[Indikativ]] Präsens [[Aktiv im Sanskrit|Aktiv]] bzw. [[Parasmaipada]]) der [[Sanskrit Verbalwurzel|Verbalwurzel]] ([[Dhatu]]) '''[[as]]''' "sein, existieren" (2. bzw. [[Ad Klasse]]).
*Das [[Sanskrit Pronomen|Interrogativpronomen]] '''kadā''' "wann" bildet mit der Partikel '''cana''' ein [[Sanskrit Pronomen|Indefinitpronomen]] und bedeutet "irgendwann, jemals".
*'''[[Sandhi]]''':


==Weblinks==
==Weblinks==

Version vom 17. Juli 2018, 13:04 Uhr

Dieser Sanskrit Kurs führt anhand einfacher Beispielsätze und -verse in die Grammatik des Sanskrit ein. Einen ausführlichen Überblick über das Sanskrit findest Du im Artikel Sanskrit. Hinweise zur indischen Schrift, der wissenschaftlichen Umschrift (Transliteration) sowie der korrekten Aussprache gibt der Artikel Devanagari. Stichwörter, nach denen Du in der Yoga Vidya Wiki suchen kannst, sind in vereinfachter Schreibweise (Transkription) wiedergegeben.

Die Verben der 2. Klasse bzw. Ad Klasse (3)

In Lektion 83 und 84 haben wir die Beugung (Konjugation) der Verben der 2. Klasse (Ad Klasse), die zur athematischen Konjugation gehört, betrachtet. Nun folgt ein weiterer Beipsielvers aus der Hatha Yoga Pradipika, die Auflösung des Verb-Rätsels aus Lektion 84 sowie ein neues Verb-Rätsel.

Beispielvers aus der Hatha Yoga Pradipika

Die gesamte Hatha Yoga Pradipika besteht aus Versen, deren häufigstes Versmaß (Chhandas) der Shloka (Anushtubh) ist. Wir betrachten einen Vers aus dem vierten Kapitel (Upadesha), das der Praxis der Meditation und Versenkung (Samadhi) gewidmet ist. Der 49. Vers steht im Zusammenhang mit Khechari Mudra.


अभ्यसेत्खेचरीं तावद्यावत्स्याद्योगनिद्रितः |
सम्प्राप्तयोगनिद्रस्य कालो नास्ति कदाचन || ४.४९ ||


  • wissenschaftliche Transliteration:
abhyaset khecarīṃ tāvad yāvat syād yoga-nidritaḥ |
samprāpta-yoga-nidrasya kālo nāsti kadā-cana || 4.49 ||


  • vereinfachte Transkription:
abhyaset khecharim tavad yavat syad yoga-nidritah |
samprapta-yoga-nidrasya kalo nasti kada-chana || 4.49 ||


  • Wort-für-Wort-Übersetzung:
abhyaset : (der Yogi) übe (abhi + as, Verb)
khecarīm : Khechari (Mudra, das "Siegel der im Luftraum Wandelnden", Akk. Sg. f.)
tāvat : so lange (Tavat, adv.)
yāvat : bis ("wie lange", Yavat, adv.)
syāt : (er) ist ("sei", as, Verb)
yoga-nidritaḥ : im Schlaf (Nidrita, Nom. Sg. m.) des Yoga
samprāpta-yoga-nidrasya : für den, der den Yoga-Schlaf (Yoga Nidra, Gen. Sg. m.) erreicht hat (Samprapta)
kālaḥ : die Zeit, der Tod (Kala, Nom. Sg. m.)
na : nicht (Na, Partikel)
asti : existiert ("ist", as, Verb)
kadā-cana : jemals, mehr ("irgendwann", Kadachana, adv.)


  • Übersetzung:
Man übe Khechari Mudra solange, bis man sich im yogischen Schlaf befindet.
Für den, der den Yoga-Schlaf erreicht hat, gibt es keine Zeit (keinen Tod).


Erläuterungen

  • Syntax: Der erste Halbvers (erster und zweiter Pada) besteht aus einem Haupt- und Relativsatz, der zweite Halbvers (dritter und vierter Pada) aus einem einfachen Satz.
  • Die Verbform abhyaset ("er/sie/es/man übe, soll üben") ist die 3. Person Singular Optativ der Gegenwart der Verbalwurzel as "werfen" (4. bzw. Div Klasse), die in Verbindung mit dem Verbalpräfix (Upasarga) abhi "üben, wiederholen" bedeutet. Der Optativ drückt hier eine neutrale Aufforderung aus, die im Deutschen der Verwendung des Modalverbs "sollen" entspricht. Das logische Subjekt (der Yogin bzw. "man") wird hier nicht ausdrücklich erwähnt, sondern aus dem Gesamtzusammenhang des Verses im Text ergänzt.
  • Der Akkusativ (Dvitiya) khecarīm ist das logische Objekt (Karman) der Verbalhandlung abhyaset.
  • Die beiden Adverbien tāvat "so lange dauernd" und yāvat "wie lange dauernd" beziehen sich wie die Korrelativpronomen Yad und Tad aufeinander, wobei tāvat den Hauptsatz und yāvat den Relativsatz einleitet. Der Hauptsatz lautet abhyaset khecarīṃ tāvad, der Relativsatz yāvat syād yoga-nidritaḥ.
  • Die Verbform syāt ("er sei") ist die 3. Person Singular Optativ der Gegenwart der Verbalwurzel (Dhatu) as "sein" (2. bzw. Ad Klasse). Der Optativ drückt hier einen Zustand aus, der in der Zukunft mit Wahrscheinlichkeit eintreten wird.
  • Der Nominativ (Prathama) yoga-nidritaḥ ist das logische Subjekt (Agens, Kartri) der Verbalhandlung syāt.
  • Der Genitiv (Shashthi) samprāpta-yoga-nidrasya ist ein Kompositum (Samasa) des Typs Bahuvrihi. Es besteht aus Yoga Nidra (das seinerseits ein Kompositum des Typs Tatpurusha ist) und Samprapta. Es steht in syntaktischer Beziehung zum Nominativ kālaḥ und bezeichnen denjenigen (Yogi), für den die Zeit bzw. der Tod nicht mehr existiert.
  • Der Nominativ kālaḥ ist das logische Subjekt (Agens, Kartri) der Verbalhandlung asti.
  • Die Negationspartikel na gehört syntaktisch zum Verb asti: nāsti "existiert nicht".


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