Selbstwertschätzung
Selbstwertschätzung ist die Wertschätzung, die man für sich selbst hat. Selbstwertschätzung kann sich auf den eigenen Körper beziehen und bedeutet, dass man seinen eigenen Körper mag, ihn für schön hält.
Selbstwertschätzung kann sich auf den eigenen Charakter beziehen. Selbstwertschätzung kann sich beziehen auf die eigene Leistung und die eigenen Fähigkeiten. Wenn man Selbstwertschätzung besitzt, dann ist man weniger auf Lob und Anerkennung durch andere angewiesen.
Wenn man sich selbst als Kind Gottes wertschätzt und weiß, dass Gott einem die Fähigkeiten gibt, die man braucht um die Aufgaben zu bewältigen, die Gott einem gibt, dann hat man eine tiefe Quelle der Selbstwertschätzung. Niedrige Selbstwertschätzung hat auch ihre Qualitäten, gerade wenn man viele Fähigkeiten besitzt: Niedrige Selbstwertschätzung hält einen in Demut und Bescheidenheit, auch wenn man viel leistet.
Selbstwertschätzung - eine Tugend. Was ist Selbstwertschätzung ? Woher stammt das Wort? Wozu ist Selbstwertschätzung gut? Was sind Synonyme, was das Gegenteil von Selbstwertschätzung ? Umfangreicher Artikel mit Vortragsvideo und Tipps.
Selbstwertschätzung als hilfreiche Tugend
Aus einem Vortrag von Sukadev Bretz
Selbstwertschätzung ist etwas, was gerade in der modernen Psychologie sehr stark betont wird. Da wird sehr viel Wert darauf gelegt, dass man sich selbst annimmt, wie man ist, dass man Selbstliebe entwickelt, Eigenliebe entwickelt, dass man ein gutes Selbstwertgefühl bekommt.
Es gibt einen Psychologen, der diese ganze Thematik begründet hatte. Er heißt Adler. Er hatte davon gesprochen, dass der Mensch den Wunsch hat, beachtet zu werden, dass er den Wunsch hat, respektiert und wertgeschätzt zu werden und dass er durchaus auch Macht haben will.
Auch Sigmund Freud hat gesagt, der Mensch strebt danach, sich irgendwo gut zu fühlen, er will mit sich selbst im Reinen sein. Und notfalls macht er irgendwelche Selbstbetrügereien und macht emotional komische Sachen, nur um sich irgendwo mit sich selbst gut zu fühlen.
Es gibt auch einen Psychologen namens Festinger, der hat die Theorie der kognitiven Dissonanz entwickelt. Er sagt, der Mensch will irgendwo vorgeben, er sei logisch und wenn er irgendwie etwas tut, was unlogisch ist, dann wird er Gründe finden, warum das, was er tut, logisch ist.
Angenommen, ein Mensch kauft sich ein Auto einer bestimmten Marke, dann weiß man, dass er, nachdem er das Auto gekauft hat, mehr Informationen über das Auto einholt als vorher. Er sucht Gründe, warum es gut war, diese Entscheidung zu treffen. Die meisten Menschen entscheiden vieles oder das meiste emotionale, aber anschließend wollen sie gute Gründe haben, warum sie es entscheiden.
Der Mensch will sich irgendwo selbst wertschätzen. Allerdings, gewisse Selbstbetrügereien sind da nicht besonders hilfreich. Sie helfen auch, ein positives Selbstbild aufrecht zu erhalten. Besser noch als diese Techniken ist, sich bewusst zu machen, welche Eigenschaften man hat, und sich bewusst zu machen, wozu sie gut sind.
Und wenn man so ein bisschen erkennet, zum einen: "Ja, ich habe besondere Fähigkeiten. Zum Beispiel, ich bin ungeduldig." Da kann man sich darüber ärgern oder man kann sagen: "Ja, und deshalb kriege ich Sachen gut geschafft." Man kann sagen: "Ich bin Choleriker, ich ärgere mich über alles Mögliche." Dann kann man sagen: "Und das führt dazu, dass ich mich engagiere für die gute Sache." Man kann sagen: "Ich liebe Essen und werde zu dick." Man kann aber auch sagen: "Ich kann Essen genießen und ziehe daraus Kraft heraus und esse gerne gemütlich mit anderen."
In diesem Sinne kann es manchmal hilfreich sein, zu überlegen: "Welche Eigenschaften habe ich und welches Gute habe ich damit bewirkt?" Manchmal ist es gut, zu überlegen: "Was habe ich bisher schon in meinem Leben alles bewirkt? Wie viele Menschen habe ich positiv beeinflusst?"
Der Mensch hat manchmal auch die Neigung, selbstkritisch zu sein. Das ist interessant, zum einen hat der Mensch die Neigung, sich selbst zu betrügen, dass er ein gutes Selbstbild aufrechterhalten kann, zum anderen überbetont er die Negativitäten. Ich kenne es z.B. von Yogalehrern, und ich bin ja selbst Yogalehrer, wenn sie zehn Schüler hatten und am Ende des Yogakurses, vielleicht nach fünf oder nach zehn Wochen, gibt es eine Feedbackrunde.
Angenommen, von den zehn sind sechs enthusiastisch und sagen: "Das Yoga ist so toll und wie du da unterrichtest, ich fühle mich so gut und ich habe Energie und der Tag ist anders und ich habe keine Schlafstörungen mehr und mein Asthma ist besser geworden und Rückenschmerzen sind auch verschwunden."
Das geschieht fast immer, wenn man einen zehnwöchigen Yoga-Kurs gibt, dass Menschen das berichten. Und dann gibt es vielleicht noch zwei, die sagen: "Es ist schön, wir fühlen uns irgendwie besser." Dann gibt es vielleicht noch zwei, die sagen: "Also, ich habe schon mal Yogastunden genommen bei jemand anders, das war besser." Oder: "In der vierten Stunde hast du das und das nicht beachtet." Menschen haben dann oft eine Neigung, die kleine Kritik über zu bewerten.
Aber auch das ist nicht falsch, auch dafür kannst du dich wertschätzen, wenn du selbstkritisch bist. Du kannst sagen: "Toll, dass ich so selbstkritisch bin, toll, dass ich Fehler suche, denn so arbeite ich an mir selbst, so finde ich weitere Möglichkeiten, mich zu verbessern. Es ist gut, dass ich selbstkritisch bin."
In dem Moment, wo du auf diese Weise selbstkritisch bist und anerkennst, es ist gut, dass du das bist, schätzt du dich wieder wert. Normalerweise empfehle ich z.B., dass man freundlich zu sich spricht, wertschätzend auch zu sich selbst spricht, gewaltfreie Kommunikation auch gegenüber sich selbst hat.
Aber es gibt Menschen, die können das nicht lassen und sagen: "Du Idiot, ich kann überhaupt nichts und es geht überhaupt nicht und was ich da wieder veranstaltet habe." Du könntest probieren dich zu ändern, manchmal klappt es. Wenn es dir schwerfällt, kannst du es anders sagen: "Toll, dass ich diese extreme Form von Selbstkritik habe, es ist großartig, so habe ich wenigstens Demut und so werde ich nie überheblich und arrogant sein und ich werde nie steckenbleiben, denn ich werde mich ständig beschimpfen. Und dass ich mich selbst beschimpfe, hat eine positive Seite."
Und das nächste Mal, wenn du dich selbst beschimpfst, dann klopfe dir auf die Schulter: "Toll, dass ich so bin." Spätestens dann hast du eine Selbstwertschätzung. Und du kannst weiter mit dir schimpfen und du kannst dankbar dafür sein, dass du so bist.
Das waren jetzt einige Gedanken zum Thema "Selbstwertschätzung". Überlege selbst, schätzt du dich wert? Wenn ja, sei dir dankbar. Wenn nein, sei dir auch dankbar. Sich selbst nicht wertzuschätzen, das ist auch eine gute Eigenschaft, Demut und Hingabe ist auch etwas Tolles, und seine Fehler zu erkennen, ist auch etwas Tolles. In diesem Sinne, ob du dich selbst wertschätzt oder nicht, es ist in jedem Fall gut.
Selbstwertschätzung in Beziehung zu anderen Eigenschaften
In diesem Yoga Wiki werden über 1000 Tugenden und Persönlichkeitsmerkmale beschrieben. Hier einige Erläuterungen, wie man die Eigenschaft der Selbstwertschätzung in Beziehung zu anderen Fähigkeiten und Verhaltensweisen sowie in Bezug auf Laster sehen kann:
Ähnliche Eigenschaften wie Selbstwertschätzung
Ähnliche Eigenschaften wie Selbstwertschätzung, also Synonyme zu Selbstwertschätzung sind z.B. Sicherheit, Stolz, Selbstbewusstsein, Mut, Vertrauen, Selbstvertrauen.
Ausgleichende Eigenschaften
Jede Eigenschaft, jede Tugend, die übertrieben wird, wird zu einer Untugend, zu einem Laster, einer nicht hilfreichen Eigenschaft. Selbstwertschätzung übertrieben kann ausarten z.B. in Dünkelhaftigkeit, Überheblichkeit, Anmaßung, Unverfrorenheit, Dreistigkeit. Daher braucht Selbstwertschätzung als Gegenpol die Kultivierung von Demut, Bescheidenheit, Nachgiebigkeit, Respekt.
Gegenteil von Selbstwertschätzung
Zu jeder Eigenschaft gibt es ein Gegenteil. Hier Möglichkeiten für Gegenteil von Selbstwertschätzung, Antonyme zu Selbstwertschätzung:
- Positive Gegenteile von Selbstwertschätzung, man könnte diese auch als Gegenpole bezeichnen: Demut, Bescheidenheit, Nachgiebigkeit, Respekt
- Negative Gegenteile von Selbstwertschätzung, also Laster, negative Eigenschaften, sind z.B. Unterwürfigkeit, Fügsamkeit, Unsicherheit
Selbstwertschätzung im Kontext von Tugendengruppen, Persönlichkeitsfaktoren und Temperamenten
- Selbstwertschätzung gehört zur Tugendgruppe 9 Individualität, Originalität, Selbstbewusstsein. Die wichtigsten Tugenden dieser Tugendgruppe sind Individualität, Authentizität und Selbstbewusstsein
- Im Kontext des Persönlickeitsmodell der Big Five gehört Selbstwertschätzung zum Persönlichkeitsfaktor N0 Neurotizismus/Labilität niedrig: selbstsicher, ruhig, stabil, entspannt
- Im Persönlichkeitsmodell DISG gehört Selbstwertschätzung zur Grundverhaltenstendenz D - Dominanz, Durchsetzungsstärke
- Im Ayurveda zählt man Selbstwertschätzung zum Pitta Temperament bzw. Dosha.
Entwicklung von Selbstwertschätzung
Selbstwertschätzung kann man sehen als Tugend, als eine positive Eigenschaft. Vielleicht willst du ja Selbstwertschätzung in dir stärker werden lassen. Hierzu einige Tipps:
- Nimm dir vor, eine Woche lang diese Eigenschaft der Selbstwertschätzung zu kultivieren. Vielleicht kannst du nicht alle guten Eigenschaften auf einmal kultivieren. Aber es ist möglich, innerhalb einer Woche oder innerhalb eines Monats eine Tugend, eine Eigenschaft, stark werden zu lassen.
- Triff den Entschluss: "Während der nächsten Woche will ich die Tugend, die Eigenschaft, Selbstwertschätzung kultivieren, wachsen lassen, stärker werden lassen. Ich freue mich darauf, in einer Woche ein selbstbewussterer Mensch zu sein."
- Nimm dir vor, jeden Tag mindestens eine Handlung auszuführen, die Selbstwertschätzung ausdrückt. Mache jeden Tag etwas, was du sonst nicht tun würdest, was aber diese Tugend zum Ausdruck bringt.
- Wenn du morgens aufwachst, dann sage eine Affirmation, z.B.: "Ich entwickle Selbstwertschätzung."
- Am Tag wiederhole immer wieder eine Autosuggestion, Affirmation wie z.B.: Ich bin selbstbewusst."
Affirmationen zum Thema Selbstwertschätzung
Hier einige Affirmationen für mehr Selbstwertschätzung. Unter dem Stichwort "Affirmation" und "Wunderaffirmationen" erfährst du mehr zu Funktion und Wirkungsweise von Affirmationen.
Klassische Autosuggestion für Selbstwertschätzung
Hier die klassische Autosuggestion:
- Ich bin selbstbewusst.
Im Yoga verbindet man das gerne mit einem Mantra. Denn ein Mantra lässt die Affirmation stärker werden:
- Ich bin selbstbewusst. Om Om Om.
- Ich bin ein Selbstwertschätzung Zeigender, eine Selbstwertschätzung Zeigende OM.
Entwicklungsbezogene Affirmation für Selbstwertschätzung
Manche Menschen fühlen sich als Scheinheiliger oder als Heuchler, wenn sie sagen "Ich bin selbstbewusst " - und sie sind es gar nicht. Dann hilft eine entwicklungsbezogene Affirmation:
- Ich entwickle Selbstwertschätzung.
- Ich werde selbstbewusst.
- Jeden Tag werde ich selbstbewusster.
- Durch die Gnade Gottes entwickle ich jeden Tag mehr Selbstwertschätzung.
Dankesaffirmation für Selbstwertschätzung
- Ich danke dafür, dass ich jeden Tag selbstbewusster werde.
Wunderaffirmationen Selbstwertschätzung
Du kannst es auch mit folgenden Affirmationen probieren:
- Bis jetzt bin ich noch nicht sehr selbstbewusst. Und das ist auch ganz verständlich, ich habe gute Gründe dafür. Aber schon bald werde ich Selbstwertschätzung entwickeln. Jeden Tag wird diese Tugend in mir stärker werden.
- Ich freue mich darauf, bald sehr selbstbewusst zu sein.
- Ich bin jemand, der selbstbewusst ist.
Gebet für Selbstwertschätzung
Auch ein Gebet ist ein machtvolles Mittel, um eine Tugend zu kultivieren. Hier ein paar Möglichkeiten für Gebete für mehr Selbstwertschätzung:
- Lieber Gott, bitte gib mir mehr Selbstwertschätzung.
- Oh Gott, ich verehre dich. Ich bitte dich darum, dass ich ein selbstbewusster Mensch werde.
- Liebe Göttliche Mutter, ich danke dir. Ich danke dir dafür, dass ich jeden Tag die Tugend Selbstwertschätzung mehr und mehr zum Ausdruck bringe.
Was müsste ich tun, um Selbstwertschätzung zu entwickeln?
Du kannst dich auch fragen:
- Was müsste ich tun, um Selbstwertschätzung zu entwickeln?
- Wie könnte ich selbstbewusst werden?
- Lieber Gott, bitte zeige mir den Weg zu mehr Selbstwertschätzung.
- Angenommen, ich will selbstbewusst sein, wie würde ich das tun?
- Angenommen, ich wäre selbstbewusst, wie würde sich das bemerkbar machen?
- Angenommen, ein Wunder würde geschehen, und ich hätte morgen Selbstwertschätzung kultiviert, was hätte sich geändert? Wie würde ich fühlen? Wie würde ich denken? Wie würde ich handeln? Als selbstbewusster Mensch, wie würde ich reagieren, mit anderen kommunizieren?
Vortragsmitschnitt zu Selbstwertschätzung - Audio zum Anhören
Hier kannst du einen Vortrag von Sukadev Bretz, Gründer von Yoga Vidya, anhören. Dieser Vortrag ist die Audio Version eines Videos zu Selbstwertschätzung, Teil des Yoga Vidya Multimedia Lexikons der Tugenden.
Siehe auch
Eigenschaften im Alphabet vor Selbstwertschätzung
Eigenschaften im Alphabet nach Selbstwertschätzung
Literatur
- Swami Sivananda: Göttliche Erkenntnis
- Swami Sivananda: Inspirierende Geschichten
- Swami Sivananda, Die Kraft der Gedanken (2012)
- Swami Sivananda: Sadhana - Ein Lehrbuch mit Techniken zur spirituellen Vollkommenheit
- Swami Sivananda: Licht, Kraft und Weisheit
- Swami Sivananda: Japa Yoga
- Swami Sivananda: Die Wissenschaft des Pranayama
- Swami Sivananda: Die Überwindung der Furcht
- Swami Sivananda: Vedanta für Anfänger
- Swami Sivananda: Japa Yoga
- Swami Sivananda: Göttliches Elixier
- Swami Sivananda: Götter und Göttinnen im Hinduismus
Weblinks
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