Spirituelles Leben

Aus Yogawiki

Spirituelles Leben bedeutet, sein Leben Gott und der spirituellen Praxis (Sadhana) zu widmen, um Gott und spirituelle Verwirklichung zu erreichen. Das spirituelle Leben reicht in den täglichen Alltag hinein, in die Ausübung beruflicher Pflichten und in den Umgang mit anderen Menschen. Es geht darum, an sich zu arbeiten, zu erkennen, was man nicht ist und sich mehr und mehr Gott zuzuwenden. Dies ist im Normalfall nur durch sehr viel Übung möglich, denn die meisten Menschen haben das Ego zu ihrem Lehrmeister gemacht und nicht Gott. Das spirituelle Leben, der yogische Pfad weist uns den Weg aus den Irrungen und Wirrungen des Geistes heraus. Der Raja Yoga empfiehlt acht Übungen, die einen zu Gott, zur Wahrheit führen können. Die Menschen müssen lernen, ihre Persönlichkeit und ihr kleines Selbst auf das Höhere Selbst und auf Gott vorzubereiten. Zunächst müssen sie sich an gewisse Regeln (Yamas) im Umgang mit anderen Menschen halten: Sie sollten lernen niemanden zu verletzen, weder in Worten, in Taten, noch nicht einmal in Gedanken (Ahimsa). Sie sollten lernen wahrhaftig zu sein, sich selbst gegenüber und auch den anderen gegenüber (Satya). Sie sollten auch lernen, ihre Triebe und Instinkte zu beherrschen und sich nicht von ihnen beherrschen zu lassen (Brahmacharya). Ein Mensch sollte unbestechlich sein und sich allein von Gott lenken lassen und nicht von Geschenken (Aparigraha). Ein wahrhafter Mensch stiehlt nicht, er begehrt nichts, das einem anderen gehört, denn er weiß, dass Gott ihm alles gibt, was er zum Leben braucht. Der Raja Yoga empfiehlt gewisse Gebote (Niyama), die jeden einzelnen betreffen: innere und äußere Reinheit (Saucha), Zufriedenheit (Santosha), Askese (Tapas), Studium religiöser Schriften (Swadhyaya), Verehrung Gottes (Ishvarapranidhana). Asana und Pranayama sind die Körper- und Atemübungen, die den physischen und auch schon den energetischen Körper reinigen und auf Gott vorbereiten. Nach und nach sollte der Mensch dann seine Sinne von der äußeren Welt zurückziehen (Pratyahara) und den Geist auf eine einzige Sache konzentrieren (Dharana), einen äußeren oder inneren Gegenstand, eine Idee, ein Gedanke, ein Mantra und alles andere ausschließen. In Dhyana, in der völligen Absorption in den Gegenstand der Meditation, fließen dann die Gedanken nur noch zum Meditationsobjekt. Und im Samadhi ist das menschliche Bewusstsein so weit entwickelt, dass es sich im Raum des Überbewussten aufhält. Der Mensch hat sein Ziel erreicht und erkennt, das es die Seele ist, die ihr Ziel erreicht hat, das es Gott selbst ist, der sich selbst erreicht hat. Im Grunde bedeutet spirituelles Leben, sein Leben jeden Augenblick Gott zu schenken und seinen Willen in der Welt zu erfüllen. Es geht darum, Gott zu dienen und nicht dem Ego. Gott über alles zu lieben ist das größte Geschenk, das ein Mensch sich selbst und anderen machen kann.


Zwei Artikel von Sri Swami Chidananda

Ein spirituelles Leben soll kraftvoll und lebendig sein

Geliebte Sadhakas (Aspiranten)! Was Euch spirituelles Leben bedeutet, was spirituelles Sadhana (Praxis, Übung) für Euch mit sich bringt, was ein spirituelles Leben und Sadhana für Euch bewirken können, was der Guru für Euch tun kann, wie seine Weisheitslehren Euch bereichern können, wie spirituelle Bücher und Schriften Euch von Nutzen sein können, das hängt gänzlich davon ab, wie ihr selbst zu all diesen Faktoren steht.

Ihr müsst tief in Euch forschen und für Euch selbst die Antwort herausfinden: ob Eure Beziehung rein gefühlsmäßiger Natur ist, ob sie rein geistig oder intellektuell ist, oder ob Eure Einstellung zu all diesen Faktoren – spirituelles Leben und Sadhana, Guru und Lehre – kraftvoll und lebendig ist.

Ihr müsst Euch fragen und für Euch herausfinden: Welche Beziehung habe ich zu meinem spirituellen Leben? Wie stehe ich zu meinem Guru und seinen spirituellen Lehren? Wie stehe ich zu den hohen Idealen, die uns in den indischen Schriften, wie dem Ramayana, dem Mahabharata, den Puranas, vorgegeben werden? Welche Beziehung habe ich zum Mantra, das mir der Guru gegeben hat? Wenn all diese Faktoren eine Bedeutung für uns haben sollen - wenn sie uns bereichern, erheben, verwandeln sollen - dann muss unsere Beziehung zu ihnen kraftvoll und lebendig sein. Sie sollen für uns das Leben selbst bedeuten. Sie sollen unser Leben beherrschen. Sie sollen in einer alles durchdringenden Weise, in jedem Augenblick, in jedem Aspekt, bei jeder Tätigkeit in unserem Leben überwältigend gegenwärtig sein.

Unser Leben soll diese Ideale widerspiegeln. Unser Leben soll die lebendigen Lehren unseres Gurus reflektieren. In unserem Leben soll der Einfluss der Schriften auf lebendige Weise zu spüren sein. Ideale sind nicht dazu da, um verehrt zu werden, sondern um nachgeahmt, als Vorbild erwählt und gelebt zu werden.

Schriften sind nicht nur dazu da, dass wir sie lesen und kennenlernen, sondern wir sollen uns eingehend mit ihnen befassen und sie anwenden. Wir sollen sie umsetzen und praktizieren. Sie sollen unser Leben sein, das Gewebe, aus dem unser Leben besteht. Der Guru soll nicht nur verehrt werden, wir sollen ihm auch gehorchen.

All diese Faktoren sollen das A und O, die webende Grundlage Eures täglichen Lebens und Denkens sein. So und nur so könnt Ihr diese Faktoren zu einem bereichernden, dynamischen, transformierenden Prozess in Eurem Leben machen. Die Beziehung zu all diesen Faktoren soll sich nicht nur auf die Ebene unserer menschlichen Persönlichkeitsnatur beschränken, und auch nicht nur auf die psychisch-physische Ebene. Ihr könnt Asanas mit dem Körper machen, doch wenn der Körper sich nicht in ein Instrument von Sattva (Reinheit) verwandelt, von Selbstlosigkeit, Bereitschaft zum Dienst an anderen, Sadhana, Tapasya (Askese, Disziplin), und Samyama (gleichzeitige Ausübung von Meditation, Konzentration und Überbewusstsein), dann ist er für diese wichtigen spirituellen Faktoren nicht das Mittel geworden, das er sein sollte.

Eure Beziehung zu diesen Faktoren soll daher auf der tiefsten vitalen Ebene Eurer wahren Persönlichkeit angesiedelt sein. Es soll eine dynamische spirituelle Verbindung sein. Dann und nur dann wird unser spirituelles Leben zu einem stetig fortschreitenden, dynamischen Faktor unseres Daseins werden. Wir sollen Vorbilder nachahmen, dem Guru gehorchen, die Schriften erfassen und im Leben umsetzen. Sadhana soll zum eigentlichen Atem unseres täglichen Lebens werden.

Ihr sollt ständig Sadhakas und Yogis sein, nicht nur, wenn Ihr gerade in Eurem Übungsraum eine Asana haltet oder in Eurem Puja- oder Meditationsraum seid. Mit dem Verlassen Eurer Asana oder Puja oder Meditation werdet Ihr zu etwas anderem, doch so funktioniert es nicht. Leider geschieht dies meist und das ist auch der Grund, warum wir keine wirklich große Tiefe bei der spirituellen Erfahrung und Achtsamkeit erreichen, warum wir keine Fortschritte machen.

Alles, was mit Gott zusammenhängt, soll zu einem vitalen, lebendigen Faktor, einer vitalen, lebendigen Kraft in Eurem Dasein und durch Euer Dasein in allen Bewegungen und Tätigkeiten Eures täglichen Lebens werden, in Denken, Wort und Spiritualität. Alles, was zu spirituellem Leben und Sadhana gehört, alles, was mit Gottverwirklichung zusammenhängt, soll daher zu einem vitalen Element werden. Ihr müsst Euch selbst verbinden. Wir müssen selbst dazu werden. Die Beziehung soll eine zum Leben selbst sein, ein vitales, lebendiges Element.

Das ist das Geheimnis spiritueller Sadhana in einem spirituell orientierten Leben. Das Mantra wird lebendig und führt zur Manifestation Gottes durch Abhyasa (Praxis, stetige Übung), durch Japa (Mantrawiederholung). So ist es mit allem. Nicht durch Wissen erreicht man spirituelle Vollkommenheit und Gott, sondern nur durch Sein und Tun wird im spirituellen Leben alles zur Wirklichkeit und zur lebendigen Erfahrung. Möge Gott Euch segnen, damit Ihr dies klar erkennt, und mögt Ihr aus dieser klaren Wahrnehmung reichen Nutzen ziehen. Gott segne Euch!

Spiritualität im täglichen Leben

Du bist der unvergängliche göttliche Geist, jenseits von Körper und Denken. Gott ist die Quelle deines Seins und deine innere Natur ist untrennbar mit Ihm vereint. Die Menschheit des 20. Jahrhunderts hat trotz Wohlstand und Fülle keinen Frieden. Der Mensch ist in einem Zustand der Ruhelosigkeit und Unsicherheit und es gibt Zwietracht und Disharmonie auf der Welt.

Aus großer Liebe und Mitgefühl heraus zeigte der heilige Meister Swami Sivananda dem modernen Menschen den Weg zur Glückseligkeit in und durch das spirituelle Leben genau hier in dieser Welt. Wir sind hier nur vorüberziehende Pilger. Auf Grund der Kraft des Karma sind wir zeitweilig in einen Zustand physischer Verkörperung gelangt. Dies ist eine seltene, glückliche Gelegenheit, um erneut unsere verloren gegangene Verbindung zu dem Universellen Sein wiederzufinden, welches unsere Quelle ist.

Wir müssen nach Moksha streben – der Befreiung von Schmerz, Trauer und Leiden - und nach der Erlangung ewiger Glückseligkeit. Gurudev zeigte den Menschen einen einfachen Weg, sogar während sie im weltlichen Leben ihren Verpflichtungen nachkommen.

Ein spirituelles Leben bedeutet ein Leben in ständigem Bewusstsein darüber, dass du im Grunde göttlich bist; dass dein wahres Sein zeitlos, ewig und unsterbliche Seele ist. Gott ist die Grundlage und das Ziel aller Religionen, trotz ihrer unterschiedlichen Namen. Die höchste kosmische Wirklichkeit bleibt eins und non-dual, egal wo sie verehrt wird, und sie ist die gleiche höchste Wirklichkeit, die in allen Schriften der Welt verehrt wird. Ein spirituelles Leben macht sich die Gottverwirklichung zum Ziel.

Du musst dich nicht von der Welt zurückziehen, um ein spirituelles Leben zu führen, denn selbst wenn du dein normales häusliches, berufliches und soziales Leben lebst, kannst du dein Ziel erreichen. Als erstes musst du dein Herz reinigen und durch den hingebungsvollen Dienst an Anderen deinen individuellen Egoismus ablegen. Strebe sogar danach, allen zu dienen – den Kranken, den Armen, den Leidenden und Trauernden. Fühle dich gesegnet von jeder Möglichkeit, deinen Mitmenschen und allen Gottesgeschöpfen auf diesem Planeten dienen zu können. Diesem motivlosen, selbstlosen Dienst folgt ein reines Herz, welches wiederum die Hingabe zu Gott ermöglicht.

Zweitens: Verehre das Göttliche täglich, denn Gott ist der Mittelpunkt deines Seins. Er ist nicht weit entfernt von dir, sondern der immer anwesende göttliche Geist, der das gesamte Universum durchdringt. Es ist dir näher als dein eigener Atem. Vergiss dies niemals. Versuche, aus einem mit Liebe zu Ihm erfüllten Herzen deine spirituelle, liebevolle Beziehung zu Gott wiederaufzubauen. Dieser Prozess der täglichen Verehrung und des täglichen Gebets hat die Kraft, den ruhelosen Geist allmählich zu stabilisieren, seine unbeständige Natur zu überwinden und Konzentration zu erlangen.

Drittens: Der Rückzug des Geistes, die Kontrolle der Sinne und Gedanken und die Meditation über die höchste kosmische Wirklichkeit. Hingabe und Gebet erheben dein Leben und führen dich in die tägliche Meditation, die wiederum zu Beständigkeit führt. Du beginnst, die Anwesenheit Gottes in deinem Herzen zu FÜHLEN, so dass die Meditation selbst während deiner Alltagsaktivitäten zu einem ununterbrochenen, ständigen Gottesbewusstsein führt. Du beginnst zu WISSEN, dass du dein Sein in Gott hast, dass Du in Gott lebst und Dich bewegst. Meditation verleiht deinem Leben eine spirituelle Qualität, die dich zu neuen Maßstäben der Reinheit, Güte und Ganzheit erhebt. Du entwickelst dich zu einem transformierten spirituellen Wesen mit erhabenen Gedanken und Gefühlen.

Viertens: Nachdem dieser Zustand des Gottesbewusstseins erreicht worden ist, wird dein Verstand gereinigt. Philosophisches Befragen und Unterscheiden zwischen dem Bleibenden und dem Vorbeiziehenden, dem Ewigen und dem Vergänglichen, beginnen. Diese Unterscheidung sollte während jeder Stunde deines wachen Lebens andauern. Du wirst dann damit beginnen, alles Nichtspirituelle abzulehnen. Du wirst in der höchsten kosmischen Wirklichkeit verankert werden.

Frage ohne Unterlass: „Wer bin ich? Von woher bin ich in dieses Universum gekommen? Was ist mein Ziel? Was ist die Natur all dieser Sinnesobjekte?“

Versichere dir: „Ich bin NICHT dieser Körper, dieser Geist und begrenzter, endlicher Intellekt. Ich bin ungeborener, unsterblicher, ewiger Atman Satchidananda (Sat – Sein, Chid –Wissen, Ananda – Glückseligkeit).“

Wenn du ein spirituelles Leben führen möchtest, beachte drei Prinzipien des Verhaltens und Charakters in deinem weltlichen Alltagsleben. Sie sind unabdingbare Notwendigkeiten, die die Grundlage und Basis eines spirituellen Lebens des Dienstes, der Verehrung, Meditation und Gottverwirklichung bilden. Sie sind: 1. Güte und Mitgefühl gegenüber allen, in Gedanken, Worten und Taten. Dies ist Ahimsa, das Nicht-Verletzen (Gewaltlosigkeit). Sei ein kosmischer Wohltäter, habe unbegrenzte Liebe zu allen, sogar zum letzten von Gottes Geschöpfen. 2. Sei in absoluter Wahrhaftigkeit verwurzelt, und sei es auf Kosten deines eigenen Lebens. Lebe absolute Ehrlichkeit und Integrität, denn die Wahrheit ist Gott. Jemand, der in der Wahrheit verankert ist, kann Gott erreichen. 3. Reinheit des Verhaltens und Charakters, Selbstrücknahme, Enthaltsamkeit und Reinheit der Gefühle zu allen Leuten; die umfassende Kontrolle über alle grundlegenden Aspekte deines Seins.

Richte deinen Geist immer auf das höchste Ziel. Habe absoluten Glauben an deine Verbindung zu Gott. Siehe Seine unsichtbare Gegenwart in allen Dingen in und um dich herum, denn Er ist in der gesamten Schöpfung gegenwärtig.

In der Bhagavad Gita vermittelt Krishna Arjuna das Bild einer allgegenwärtigen, im gesamten Universum immanenten Gotteswahrheit, die jedes Atom der Materie auf dieser Welt ausfüllt. Verrichte alle deine Aktivitäten in diesem Bewusstsein, als Verehrung, um sie Ihm zu Seinen Füßen darzubringen.

Komm! Erhebe dich zu dieser göttlichen Erfahrung! Selbst jetzt bist du Satchidananda! Sein, Wissen und Glückseligkeit. Dies ist deine wahre Natur. In diesem Bewusstsein zu leben ist spirituelles Leben.

Gott beschütze euch alle.


Siehe auch

Literatur


Weblinks


Seminare und Ausbildungen


Multimedia

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