Purva Mimamsa
Die Mimamsa, auch Purva Mimansa (Sanskrit: पूर्वमीमांसा pūrvamīmāṃsā f.) wörtl.: "Erörterung, Reflektion (Mimamsa) zum früheren bzw. vorderen (Purva) Teil des Veda", d.h. die vedischen Samhitas.
Die Pūrvamīmāṃsā gehört zu den sechs klassischen Systemen der indischen Philosophie (Saddarshana). Als ihr Begründer gilt Jaimini, der das Mimamsa Sutra vermutlich in der Zeit zwischen 200 und 300 n. Chr. verfasste.
Gläubig-geistig orientierte Schrift: Lehre von Reinkarnation und Karma: Punya (guten Taten): Man kommt in den Himmel, sammelt gutes Karma an, um im nächsten Leben unter besseren Verhältnissen wiedergeboren zu werden. Papas (Sünden): Man kommt in die Hölle, sammelt schlechtes Karma an, um im nächsten Leben unter schwierigen Bedingungen wiedergeboren zu werden.
Die Pūrvamīmāṃsā enthält außerdem Reinheitsvorschriften, vorgeschriebene Rituale und Handlungen, Sühne- und Bußübungen. Populärster, am weitesten verbreiteter Teil der Saddarshana.
Purva Mimamsa Darshana
- Ein Vortrag von Sukadev Bretz 2019 -
Eines der sechs Klassischen Indischen Philosophiesysteme
Purva Mimamsa ist die Weltanschauung die durch die alten Veden vermittelt wird. Purva heißt ursprünglich. Purva Mimamsa sieht die Welt in einem Zusammenspiel aus Punya und Papa.
- Punya bedeutet Verdienst,
- Papa bedeutet Vergehen oder auch Sünde.
Eine Grundlage der Purva Mimamsa Philosophie ist die Karma-Lehre, Karma bedeutet in diesem Zusammenhang Belohnung für gute Taten zu erhalten und Bestrafung für Schlechte. In den Purva Mimamsa Schriften wird aufgezählt welche Dinge Gut und Schlecht sind und die entsprechenden Belohnungen und Strafen.
Purva Mimamsa ist eine Art Ethik, die bestimmte Versprechen und Drohungen macht.
Purva Mimamsa ist auch eine bestimmte Sichtweise der Welt. Alles was dir geschieht kommt, weil Du dich in der Vergangenheit gut oder schlecht Verhalten hast und wie Du dich jetzt verhältst wird für die Zukunft gutes oder schlechtes Karma schaffen.
Purva Mimamsa geht davon aus das es nicht nur ein Leben gibt, sondern mehrere Leben. Wenn Du in diesem Leben gute Dinge erlebst dann kann das sein, dass Du in einem früheren Leben gute Handlungen gemacht hast. Wenn Du in diesem Leben Leid erfährst, dann hast Du in einem früheren Leben schlimme Sachen gemacht. Jetzt geht es darum gute Sachen zu machen um die Zukunft gut zu gestalten.
Im Purva Mimamsa System gibt es verschiedene Beschreibungen wenn Du etwas Konkretes erreichen willst, zum Beispiel reich werden willst oder Macht haben willst oder viel schöne Sinnesbefriedigungen haben willst oder nach dem Tod eine Weile ein Engelswesen sein willst, dann wird beschrieben was Du tun musst um das zu erreichen.
Es werden auch Sühnepraktiken beschrieben. Angenommen Du hast etwas Schlimmes getan, Du hast also ein Papa begangen dann wird beschrieben was Du tun musst, um das Papa zu sühnen. Man könnte also sagen das Purva Mimamsa ist eine Belohnungs/Bestrafungs, eine Himmel/Hölle Philosophie nur mit dem Unterschied zur christlichen Himmel/Hölle Theologie, dass es nicht auf ein Leben beschränkt ist und das es keine ewige Verdammnis gibt.
Purva Mimamsam ist in Indien bis heute populär und viele Menschen die ein Verständnis vom Karma haben, haben es oft vom Purva Mimamsa im Sinne von gute/schlechte Erfahrungen kommen von gutem/schlechtem Handeln. Gutes/schlechtes Handeln schafft gutes/schlechtes Karma. Die Yogis haben sich seit Urzeiten gegen das enge Verständnis des Karmas gewendet und gerade Krishna in der Bhagavad Gita sagt das diese Art der Weltanschauung einen nicht zur Befreiung führt. Wer Gutes tut um belohnt zu werden und Schlechtes vermeidet aus Angst vor Bestrafung der ist gefangen in Kreislauf von Geburt und Tod, er ist auch gefangen in Wunsch und Angst und das steht der Befreiung im Wege. Und so lehnen die Yoga Meister von Krishna über Patanjali und Shankara dieses Purva Mimamsa System ab. Aber man könnte sagen es ist immerhin etwas, was Menschen die in Wünschen verhaftet sind, vielleicht eine Motivation geben kann für ethisches Handeln.
Video - Purva Mimamsa Darshana
Sukadev über Purva Mimamsa
Niederschrift eines Vortragsvideos (2015) von Sukadev über Purva Mimamsa
Purva Mimamsa – frühere Erörterung. Purva Mimamsa ist der Name einer der sechs Darshanas, der sechs Weltanschauungen oder Philosophiesysteme, einer der klassischen orthodoxen Philosophiesysteme. Klassisch-orthodox deshalb, weil sie sich auf die Veden beziehen. Purva Mimamsa ist vermutlich die ursprüngliche Darshana, das ursprüngliche Denksystem, das ursprüngliche Philosophiesystem, die ursprüngliche Weltanschauung.
Purva Mimamsa bezieht sich auf die Purva-Teile der Veden. Die Veden haben ja vier verschiedene Teile, die Samhitas, die Aranyakas, die Brahmanas und die Upanishads. Und Purva Mimamsa bezieht sich auf die Purva-Teile der Veden, die älteren Teile der Veden, und das sind eben die Samhitas, Aranyakas, Brahmanas. Währenddessen zum Beispiel Uttara Mimamsa, das heißt, die höchste Form von Mimamsa, Vedanta, bezieht sich auf die Upanishaden, den letzten Teil der Veden. So also, Purva Mimamsa, die frühere Erörterung, was auch heißt, das hat man mal früher so gedacht und es ist heute nicht mehr so wertvoll.
Purva Mimamsa, aber auch die Erörterung, die sich auf die früheren Teile der Veden bezieht. Purva Mimamsa, da könnte ich jetzt noch sehr viel darüber sagen. Auf unseren Internetseiten, auf www.yoga-vidya.de, findest du eine umfassende Erörterung von Purva Mimamsa. Also, nochmal, Purva heißt „früher“, Mimamsa – Erörterung, Darlegung, Denksystem.
Grundlagen der Purva Mimamsa Philosophie
Purva Mimamsa, „Purva“ bedeutet „vorherig“; „Mimamsa“ bedeutet „Erörterung/Reflexion“. Beides sind Sanskritausdrücke, die übersetzt soviel wie „Erörterung oder Untersuchung des vorderen Teils der Veden“, bedeuten. Als der Begründer dieser philosophischen Richtung und Verfasser deren Grundtextes, des Mimamsasutra, gilt der Weise Jaimini.
Die Pūrvamīmāṃsā war zu Krishnas Zeiten das populärste Philosophiesystem in Indien. Auch bis heute ist es im indischen Volksglauben mit das Populärste. Da Arjuna in diesem Glauben aufgewachsen, und in ihm fest verwurzelt ist, nimmt Krishna immer wieder Bezug auf dieses System. Nur so kann er Arjuna erreichen. Krishna selbst steht dieser Philosophie recht ablehnend gegenüber.
Das Pūrvamīmāṃsā System besagt: Ziel des Lebens ist, in den Himmel zu kommen, um dort ein schönes paradiesisches Leben zu führen. Ein zweites Ziel ist es in jeder Inkarnation auf dieser Erde ein schönes, angenehmes Leben zu leben.
Und um dorthin zu kommen müssen wir „Punyas“ ansammeln und „Papas“ vermeiden oder sühnen. „Punya“ kann man übersetzen als „Verdienst“ und „Papa“ kann man übersetzen als „Sünde“. Wahrscheinlich wäre es besser, „Vergehen“ zu sagen, da der christliche Sündenbegriff nicht ganz in Übereinstimmung mit dem Sündenbegriff in der Bhagavad Gita ist. Punya und Papa entstammen der Karmalehre.
- Wir tun etwas Gutes und anschließend kommt etwas Gutes auf uns zurück.
- Wir tun was Schlechtes. Konsequenz ist, dass etwas Schlechtes auf uns zurückkommt.
- Wir verletzen jemanden, wir werden verletzt.
- Wir geben eine Spende, wir werden im nächsten Leben reich - vielleicht auch schon in diesem Leben.
Weite Teile der Veden lehren diese Purva Mimamsa Philosophie. Insbesondere wird diese Lehre vom so genannten „Karma Kanda“ der Veden unterstützt. Im Karma Kanda wird beschrieben, welche Handlungen wir tun müssen, um gutes Karma zu erzeugen. Demgegenüber steht der „Jnana Kanda“. Im Jnana Kanda geht es darum, wie wir zum Wissen kommen. Die Veden selbst bestehen aus vier Teilen:
Die ersten drei zusammen formen den Karma Kanda. Der größte Teil der Veden wird also als Karma Kanda bezeichnet und ein kleiner Teil der Veden gehört zum Jnana Kanda.
Der Karma Kanda nun bildet die Grundlage der Purva Mimamsa Philosophie. Jede Handlung hat eine Konsequenz. Welche Handlung welche Konsequenz hat, wird im Karma Kanda nicht expliziert ausgeführt. Dies kann man besser in den Puranas nachlesen. Dort steht in aller Ausführlichkeit geschrieben, welche Handlung in welchen Himmel führt, welches Vergehen dich in welche Hölle bringt; was mit dir im nächsten Leben passiert, wenn du in diesem Leben jemanden umgebracht hast; was du tun musst, wenn du König werden willst; wenn du eine Frau heiraten willst; ein Brahmane werden willst; wenn du über jemanden negativ gesprochen hast; wenn du gestohlen, gelogen, geraubt, gemordet hast usw. Wer das nachlesen will, kann das in Swami Sivanandas Buch „What becomes with the Soul after death“ oder Swami Vishnus Buch „Karma und Krankheiten“ nachlesen. Da ist einiges davon beschrieben.
Punya und Papa - Verdienst und Sünde
Punya ist in der Purva Mimamsa Philosophie Verdienst, Papa ist Sünde. Punya hat als Konsequenz gutes Karma, Papa als Konsequenz schlechtes Karma. Gutes Karma wird definiert als Vergnügen, Freude, Reichtum, Glück in diesem Leben, Himmelsfreude zwischen zwei Leben, Geburt in wohlhabender Familie in einer friedvollen Weltgegen im nächsten Leben. Schlechtes Karma wird definiert als Schmerz, Leid, Krankheit, Armut, Sorgen in diesem Leben, Höllenqualen zwischen zwei Leben, Geburt in armer Familie mit Hungerqualen bzw. in einer Kriegsgegend im nächsten Leben.
Es gilt Punyas anzusammeln, Papas zu vermeiden.
Was gab es aber für Möglichkeiten, böse Taten zu sühnen? Im Karma Kanda werden uns drei Mittel angeboten, etwas Konkretes zu erreichen, Punyas anzusammeln bzw. Papas wieder gut zu machen. Diese sind:
Dana heißt gute Werke tun. Dana heißt geben. Indem wir eben einen Teil unseres Vermögens anderen zur Verfügung stellen, schaffen wir gutes Karma. Wenn wir jemandem etwas gestohlen haben, dann können wir es gut machen, indem wir ihm das wieder zurückgeben, vorzugsweise mit Zinseszins. Wenn man also Mal während seines Lebens feststellt, dass man so viele schlechte Dinge getan hat, dann kann man probieren, es wieder gut zu machen.
Tapas heißt Disziplin oder Askese. Tapas können wir machen, indem wir viel Fasten, indem wir auf dem Boden schlafen, indem wir im Ganges im kalten Wasser stehen, in dem wir ein Feuer anzünden und uns in die Mitte begeben, in dem wir in der heißen Sonne sitzen und ähnliche Praktiken machen. Krishna lehnt in der Bhagavad Gita jede extreme selbstquälerische Praxis ab, und schimpft sogar an einigen Stellen in der Bhagavad Gita darüber. Er äußert sich immer wieder abwertend über die Purva Mimamsa Philosophie. Er möchte nichts mit ihr zu tun haben und unterstellt dieser Philosophie, sie hätte nichts mit spirituellem Leben zu tun. Vor allem, weil es in diesem System auch furchtbare Askesen gibt, die er gerade im 18. Kapitel und auch in anderen Kapiteln beschreibt. Dazu zählen z.B. tagelang auf einem Bein stehen oder die Fingernägel nicht schneiden, bis sie irgendwann so lang werden, dass sie durch die Hand hindurch wachsen im Bogen. Es gibt ein sehr interessantes Buch „Das spirituelle Feuer“, erschienen im Mangalam Verlag, was die Lebensgeschichte eines Asketen in Indien beschreibt. Dieser hielt z.B. die Arme immer hochgehoben, so dass sie nicht mehr durchblutet wurden und die Hände vermoderten und er hat weitere extreme Formen von Tapas praktiziert.
Dann gibt es auch „Puja“ und „Homa“. Puja und Homa sind Gottesverehrungs- und Feuerrituale. Beides sind die heute in Indien wohl verbreitesten Formen, um Papas zu vermeiden und Punyas anzuhäufen. Dana und Tapas werden nicht mehr so häufig ausgeführt. Wenn ihr in Indien zu einem Priester geht, sagt der vielleicht: „Ich will eine Puja für euch machen.“ Als westlicher spiritueller Aspirant findet man das irgendwie toll. Dann fragen sie, was für einen Wunsch du dafür hast. Für die Puja hat man einen bestimmten Wunsch. Durch die Puja sammelt man Punyas an und diese Punyas gehen dann (nach diesem Glauben) in die Wunscherfüllung hinein. Zum Schluss will der Priester dann natürlich auch noch eine Spende dafür haben, dass das alles funktioniert.
Christentum und Purva Mimamsa
Auch in der christlichen Theologie kennt man das Problem. Dort spricht man von der Ursünde. Der Begriff der Ursache kann verschieden interpretiert werden. Zum einen spricht man von der so genannten "Urabsonderung". Wenn wir uns von Gott getrennt fühlen, dann ist das die Ursünde, mit der jeder Mensch schon geboren wird. Zum anderen kann man es so sehen: Wir entfernen uns von Gott, weil wir Vergehen im Leben begehen. Und da wir nicht umhin kommen, gegen Gottes Gebote zu verstoßen, sind wir in der Ursünde befangen.
Krishna und Purva Mimamsa Philosophie
Krishna wendet sich in der Bhagavad Gita gegen diesen philosophischen Ansatz von Purva Mimamsa. Krishnas Ansatz der Spiritualität sieht so aus, dass es nicht darum geht Dinge zu tun, um Punyas anzuhäufen. Man sollte nicht Pujas oder Homas zelebrieren, um etwas Konkretes zu erreichen. Es ist nicht richtig Tapas zu tun, um etwas zu erreichen oder Spenden zu geben mit dem Hintergedanken, dann selbst mehr zu bekommen oder gutes Karma anzuhäufen. All diese Handlungen sind aus Wünschen heraus geborene Handlungen. Sie führen dazu, dass wir denken, wenn wir all das haben, dann werden wir glücklich werden. Letztlich bleibt die Purva Mimamsa im Egoismus verhaftet.
Siehe auch
Literatur
- Dowson, John: A Classical Dictionary of Hindu Mythology and Religion – Geography, History and Religion; D.K.Printworld Ltd., New Delhi, India, 2005
- Swami Sivananda: Göttliche Erkenntnis
- Swami Sivananda: Sadhana - Ein Lehrbuch mit Techniken zur spirituellen Vollkommenheit
- Swami Sivananda: Licht, Kraft und Weisheit
Weblinks
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