Freier Wille

Aus Yogawiki

Freier Wille: Die Fähigkeit des Menschen, selbständig zu entscheiden, sein Leben zu gestalten. Der Mensch hat laut Yoga-Lehre im Unterschied zum Tier die Fähigkeit, seine Buddhi, seine Vernunft sowie seine Intuition zu benutzen, und nicht einfach nur Reiz-Reaktions-Mechanismen zu benutzen. Die indische Karma-Lehre kann deterministisch/fatalistisch oder freiheitsbetonter interpretiert werden. Die fatalistische Interpretation würde sagen, dass alles vorherbestimmt ist, und der Mensch keine Möglichkeit hat, darauf einzuwirken. Die meisten modernen Yoga Meister, darunterSwami Sivananda, sind vom freien Willen ausgegangen: Der Mensch kann, innnerhalb von bestimmten Grenzen, Entscheidungen treffen, sein Schicksal beeinflussen.

Swami Sivananda schrieb zu dem Thema "Freier Wille":

Chalk Cliffs on Rügen, von Caspar David Friedrich, 1818

In wie weit ein Mensch Freiheit über seine Aktionen besitzt muss vernünftig im Licht von Vedanta verstanden werden. Nur dann kann man eine zufriedenstellende Antwort und Lösung erhalten. Im Westen haben viele kompetente Menschen dieses Thema von unterschiedlichen Standpunkten aus diskutiert. Sie sind allerdings noch zu keinem treffenden Endergebnis gekommen. Sie haben nur die Gegenwart in Betracht gezogen. Dies ist ein trauriger Fehler. Die Gegenwart ist nur ein Fragment der Unendlichkeit. Wenn die unendliche Vergangenheit und unendliche Zukunft ebenfalls betrachtet werden, werden sie mit Sicherheit zu einer genauen Schlussfolgerung kommen, die dem rastlosen Geist Frieden und Trost bringen wird. Wie wenn ein Mann, der nur die eine Seite des Schildes gesehen hat, mit einem anderen Mann kämpft, der nur die andere Seite des Schildes gesehen hat, führen Menschen, die nur halbe Wahrheiten wissen, miteinander sinnlose Kämpfe und Kontroversen und Debatten. So wie der Mann, der beide Seiten des Schildes gesehen hat, ganz einfach den Streit zwischen den beiden schlichten kann, die nur eine Seite des Schildes kennen, kann nur ein Vedantin, der die volle Wahrheit kennt, den Disput zwischen denen schlichten, die herauszufinden versuchen, ob und wie weit der Mensch Freiheit über seine Taten besitzt.

Deterministen sagen, dass der Wille eines Menschen genau so an die Kausalitätsgesetze gebunden ist, wie der Rest aller Phänomene des Universums. Die Ethik wird zerbrechen, wenn es für den Menschen keine Freiheit gibt. Es kann ohne Freiheit keine moralische Verantwortung geben. Wie kann man einen Menschen für seine Taten zur Verantwortung ziehen, ohne dass er Freiheit über seine Taten besitzt? Wie könnten Belohnung oder Bestrafung gerecht bei einem Menschen gemessen werden, wenn er aus Zwang gehandelt hat und nicht aus freien Stücken? Der Mensch wäre wie ein Automat oder ein Holzklotz, seine Hände und Füße stramm gefesselt.

Das Bewusstsein des Selbst lässt einen Menschen fühlen, dass er überhaupt frei ist. Dieser Gedanke der Freiheit ist im Geiste jedes Menschen verwurzelt. Er ist im Bewusstsein des Selbst verborgen. Obwohl er nichts zu essen hat, obwohl er sich in sehr ungünstigen Umständen befindet, gibt es einen besonderen Instinkt im Menschen, der ihn glauben lässt, er sei immer frei. Weil der Nitya Mukta (immer freie) Atman im Hintergrund seines Geistes und seiner Gefühle vorhanden ist, fühlt er sich frei. Er weiß, dass er gebunden ist und dass er in diesem Tabernakel aus Fleisch eingeschlossen ist. Er ist sich voll bewusst, dass er ein Sklave von Maya und Avidya ist: und doch sagt ihm innerlich etwas, dass er gleichzeitig frei ist. Er hat dieses zweideutige Gefühl, weil er im Wesentlichen die alles durchdringende Masse der Weisheit (Vijnanaghana Atman) ist. Er hat dieses Aufblitzen oder einen flüchtigen Anblick der Freiheit selbst, während er sich mit widrigen Umständen herumplagen muss. Es gibt Ermutigungen für die geplagte Seele, die von innen kommen. Er liegt im Sterben. Ärzte haben den Fall für absolut hoffnungslos erklärt. Doch gibt es eine helle innere Stimme, die sagt: 'Ich bin unsterblich, ich bin frei.' Er nährt ein inhärentes Gefühl: 'Ich bin frei, obwohl ich scheinbar begrenzt bin. Diese Begrenzung ist eine Illusion.'

Lasst mich hier die Worte von Lord Krishna aus der Gita rezitieren, die auf die Freiheit des Menschen, der Karma produziert, hinweisen:

Uddharet Atmana Atmanam Natmanam Avasadayet Atmaiva Hyatmano Bandhuratmaiva Ripuratmanah.

"Lasst den Menschen sich selbst durch sich selbst erheben, last ihn sich selbst nicht erniedrigen; denn er allein ist sein eigener Freund, er allein ist sein eigener Feind." Ch. VI-5.

Bandhuratmatmanastasya Yenatmaivaatmana Jitah Anatmanastu Satrutve Vartetatmaiva Satruvat.

"Er, der sich selbst durch sich selbst besiegt hat, dessen eigenes Selbst ist sein eigener Freund, aber er, der sich nicht selbst besiegt hat, dessen eigenes Selbst nimmt den Platz eines Feindes ein, wie ein (äußerer) Gegner." Ch. VI-6.

Auch in den Upanishaden findet sich dieser Gedanke:

Uthisthita Jagrata Prapya Varan Nibodhata.

"Erwache, erhebe dich, und, wenn du einen Lehrer hast, lerne." (Katha Upanishad).

Schließlich möchte ich noch einmal betonen, dass der Mensch einen freien Willen hat. Er ist Svatantra oder unabhängig in seinen Aktionen. Wie auch immer sein gegenwärtiger Zustand sein mag, er kann eine herrliche Zukunft haben, durch rechte Anstrengung und die richtigen Gedanken. Viele haben Erfolg und Größe erreicht, viele sind mit dem richtigen Einsatz zum Ziel gelangt. Dies beinhaltet Gutes für alle. Der Mensch ist immer frei. Möge Freiheit das Ziel deines Lebens sein! Mögen alle von uns durch rechten Einsatz in die richtige Richtung gehen, um Freiheit zu erlangen, das Geburtsrecht des Menschen! Möge das höchste Sein, Antaryamin, uns bei all unseren Taten leiten!

Dieser Abschnitt wurde verfasst von Swami Sivananda, Divine Live Society, Sivananda Ashram

Freier Wille oder Schicksal?

Gott gab dir den freien Willen, um dich für das Gute zu entscheiden

- Abschnitt aus dem Buch: Yoga der Liebe von James Swartz -

Sūtras sind kryptische, axiomatische Goldklumpen voller Bedeutung für ganz bestimmte Themen und müssen auf bestimmte Weise dargelegt werden. Anders als das „Brahma-sūtra“, dessen Verse in einem strengen, logischen Format verfasst sind, sind die Verse im „Nārada-bhakti-sūtra“ eine weniger formale aber dennoch umfassende Präsentation und Erläuterung des Themas Hingabe.

Die meisten Kommentare über Hingabe verweisen auf die Vorstellung, dass Hingabe „vollkommene Unterwerfung“ sei. Diese Vorstellung, die zwar ernsthafte aber intellektuell schnell überforderte Individuen scheinbar anzuziehen scheint, beschreibt einen bhakta, der sich Gott vollkommen ergibt, indem er so lange den Namen des Herrn rezitiert, bis Gott aus dem Himmel herabsteigt und ihn oder sie zur himmlischen Befreiung führt. Diese Botschaft mag beruhigend klingen, sie stimmt aber nicht mit den Lehren von vedānta überein, denn diese bestehen auf der Anwendung unseres freien Willens.

„Man sollte sich selbst durch das Selbst erheben. Man sollte sich nicht geringer machen.“ [BhG 6.6]

„Oder Gott auf die eigene Stufe herunterziehen“, wie vedānta noch hinzufügt. Wir dürfen uns nicht unserer Verantwortung entziehen und Gott alles aufbürden. Um die tiefe und machtvolle Botschaft dieses Textes zu verstehen, müssen wir ihn auf eine Art interpretieren, die mit vedānta vereinbar ist.

Jeder ernsthaft nach Freiheit strebende Mensch braucht ein klares Verständnis über das Thema Hingabe.

Das ganze Bild – ein Wegweiser

Das ganze Bild Ein Wegweiser.jpg Dies sind die Schritte:

1. informelle dualistische Hingabe
2. formelle dualistische Hingabe
3. Selbsterforschung
4. nonduales Wissen
5. Freiheit von Dualität, die einer bedingungslosen Liebe gleichkommt

Informelle dualistische Hingabe beinhaltet die Personifizierung Gottes und die Beziehung zur eigenen Projektion, je nach den eigenen Bedürfnissen. Sie hat viele psychologische Vorteile und jeder, der sich dazu hingezogen fühlt, wird ermutigt, sie auszuüben, aber sie wird nicht als zwingend notwendige Übung betrachtet. Formelle dualistische Hingabe, wie sie in der „Bhagavad-gītā“ erklärt wird, ist karma-yoga und upāsana-yoga. Für vedantische Selbsterforschung ist sie unerlässlich und dazu da, die Qualifikationen für Befreiung zu entwickeln: Unterscheidungsvermögen, Gleichmut, Disziplin und brennendes Verlangen nach Freiheit.

„Mögest du Selbsterkenntnis erlangen, indem du dich demütig hinwendest, dienst und richtige Selbsterforschung betreibst. Die Weisen werden das nonduale Wissen an dich weitergeben.“ [BhG 4.3]

Ein „richtiger“ Erforscher seiner selbst ist ein qualifizierter bhakta und ein richtiger Lehrer ist jemand, der das Wissen der vedas erlernt hat und der vedānta-Linie angehört (guru-śiṣya-paramparā). Ein Lehrer, der diese Qualifikationen erfüllt, wird als strotriya bezeichnet, eine Person mit dem richtigen Wissen, welche die Mittel zur Erlangung der Erkenntnis gekonnt einsetzt. Außerdem muss der Lehrer nonduale Selbsterkenntnis vollkommen verinnerlicht haben und im Selbst als das Selbst verweilen, was bedeutet, dass seine Liebe bedingungslos ist. Solch ein Lehrer wird seinen Schüler früher oder später, aber stets zur richtigen Zeit, mit der Selbsterforschung bekannt machen und ihn oder sie über die einzelnen Stufen begleiten.

Siehe auch

Literatur

Seminare

Yogalehrer Ausbildung

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